E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils NA110050: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller wurde aufgrund einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Klinik C. eingewiesen, nachdem er von Verfolgungsideen und aggressivem Verhalten berichtet hatte. Trotz Rekurs wurde sein Entlassungsgesuch abgelehnt, da er an einer Geistesschwäche leide und eine stationäre Behandlung als notwendig erachtet wurde. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung ab. Die Gerichtskosten wurden von 1'100 CHF auf 500 CHF reduziert, und dem Gesuchsteller wurde die unentgeltliche Prozessführung bewilligt.

Urteilsdetails des Kantongerichts NA110050

Kanton:ZH
Fallnummer:NA110050
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NA110050 vom 23.12.2011 (ZH)
Datum:23.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entlassung aus der Psychiatrischen Klinik
Schlagwörter : Gesuchsteller; Klinik; Entlassung; Urteil; Vorinstanz; Berufung; Freiheit; Behandlung; Freiheitsentziehung; Sinne; Gutachterin; Oberarzt; Entscheid; Anstalt; Zustand; Gesuchstellers; Krankheit; Bundesgericht; Obergericht; Horgen; Polizei; Einweisung; Prozessführung; Ausführungen; Entlassungsfall
Rechtsnorm:Art. 123 ZPO ;Art. 397a ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts NA110050

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NA110050-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur.

P. Diggelmann und Ersatzrichtein Prof. Dr. I. Jent-Sørensen sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Isler.

Beschluss und Urteil vom 23. Dezember 2011

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsteller und Berufungskläger,

    sowie

  2. ,

Verfahrensbeteiligte,

betreffend Entlassung

aus der Psychiatrischen Klinik C.

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung des Bezirkes Horgen vom 13. Dezember 2011 (FF110119)

Erwägungen:

1.

Am 7. Dezember 2011 wurde A. im Sinne einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung in die Psychiatrische Klinik C. eingewiesen. Die einweisende Ärztin hielt fest (act. 8):

Pat. ging selbst zur Polizei, wollte Anzeige machen, dass er überwacht werde, Video von ihm in Whg. erstellt werde, er werde abgehört, auch Polizei sei da involviert, spricht x-mal von Clan. Gestern bereits auf Polizeiwache in Z. mit gleichem Problem. Mehrmals auf gleicher Sympt. auffällig diese Wo, auch Bedroh. d. ExEF, am 22.11.11 sein eigenes Auto angezündet. Gespannt aggressiv V.a. [Verdacht auf] paranoid-psychot. ZB [Zustandsbild]

Mit am 9. Dezember 2011 beim Bezirksgericht Horgen eingegangener Eingabe erhob A. Rekurs gegen die Einweisung mit der Begründung, gesünder zu sein als viele, die jetzt draussen seien (act. 1). Der Einzelrichter bestellte Dr. med. D. als gerichtliche Gutachterin (act. 2). An der Verhandlung vom 13. Dezember 2011 wurden das psychiatrische Gutachten mündlich erstattet und der Gesuchsteller sowie ein Oberarzt der Klinik angehört (Prot. I S. 3 ff.). Mit Urteil vom gleichen Tag wies der Einzelrichter das Entlassungsgesuch ab. Gleichzeitig bewilligte er dem Gesuchsteller die unentgeltliche Prozessführung (act. 17 und 20).

2.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2011, welches die Klinik im Auftrag bzw. entsprechend dem Wunsch des Patienten, gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Horgen Rekurs einzureichen, an das Obergericht übermittelte, ersuchte dieser darum, ihm die Freiheit zurückzugeben (act. 21 und 22). Nachdem das Obergericht ihn mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 darauf hingewiesen hatte, dass er innert fünf Tagen von der Zustellung der begründeten Ausfertigung des angefochtenen Urteils an mindestens ganz grob ausführen müsse, weshalb er mit der Begründung im einzelrichterlichen Entscheid nicht einverstanden sei (act. 24), machte er in einer am 19. Dezember 2011 der Post übergebenen Eingabe weitere Ausführungen (act. 25). Die erstinstanzlichen Akten wurden beigezogen.

3.

Eine mündige entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen schwerer Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht zurückbehalten werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Die Zurückbehaltung in einer Anstalt kann nur unter den in Art. 397a Abs. 1 ZGB aufgeführten Voraussetzungen erfolgen. Sowohl bei der Einweisung in eine Anstalt als auch bei der Zurückbehaltung des Betroffenen ist das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen. Vorausgesetzt ist mit anderen Worten, dass der Betroffene infolge der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihm nur in einer Anstalt gewährt werden kann. Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Per-

son für ihre Umgebung bedeutet (Art. 397a Abs. 2 ZGB). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss die von der fürsorgerischen Freiheitsentziehung betroffene Person entlassen werden, sobald ihr Zustand es erlaubt. Die Zurückbehaltung in einer Anstalt im Rahmen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung ist namentlich gerechtfertigt, wenn im Fall der Entlassung die professionelle Nachbetreuung der betroffenen Person nicht sichergestellt ist, wenn diese über keine Wohngelegenheit verfügt, ihr Verwahrlosung droht wenn sie sich selbst andere gefährdet (Urteile des Bundesgerichtes 5A_387/2007 vom 2. August 2007, Erw. 2; 5A_474/2007 vom 19. September 2007, Erw. 2;

5A_766/2007 vom 22. Januar 2008, Erw. 4).

4.

Die Vorinstanz geht in ihrem Urteil davon aus, dass der Gesuchsteller zumindest an einer Geistesschwäche im Sinne des Gesetzes leide (act. 20 Erw. 2.2.2). Sie stützt sich im Wesentlichen auf die Ausführungen der beigezogenen Gutachterin (Prot. I S. 4 ff.), die Einschätzung der einweisenden Ärztin im Einweisungszeugnis, eine schriftliche Stellungnahme der Klinik (act. 9) und die eigene Wahrnehmung an der Hauptverhandlung.

Die Klinik hielt in ihrer schriftlichen ärztlichen Stellungnahme vom 9. Dezember 2011 fest, dass der Gesuchsteller in einem akut-psychotischen, agitiertaggressiven Zustandsbild mit akuter Selbstund Fremdgefährdung zugewiesen worden sei. Die Eintrittsdiagnose habe gelautet: Akute polymorph-psychotische Störung mit Symptomen einer Schizophrenie mit fraglich akuter Belastung. Der Gesuchsteller habe berichtet, beobachtet zu haben, dass die Schweiz die grösste Schwarzgeldwäscherei der Welt sei. Er habe dies bisher nicht gemeldet, nun würde diese Organisation jedoch seine Familie zerstören, so dass er kämpfen müsse. Er werde überwacht, selbst auf der Toilette sei ein kompliziertes und teures Überwachungssystem installiert worden. Aufgrund der Überwachungssituation habe er vor einigen Tagen sein eigenes Auto angezündet (act. 9 S. 1 f.; Letzteres bestritt der Gesuchsteller an der Hauptverhandlung: Der Richter müsse dies beweisen [Prot. I S. 10]).

Die von der Vorinstanz beigezogene Gutachterin hielt fest, der Gesuchsteller sei im ersten psychotischen Schub in die Klinik eingewiesen worden. Dieser Schub habe sich schon einige Wochen vorher angebahnt. Sie äusserte den Verdacht auf eine paranoide Schizophrenie. Es scheine, dass der Gesuchsteller die Ersterkrankung einer paranoid-schizophrenen Störung erlebe. Er habe seit dem Sommer 2010 reale soziale Belastungen durchmachen müssen. Seine geschäftliche, finanzielle Situation sei ziemlich schwierig und desolat, weshalb naheliegend sei, dass er die erlittenen Schicksalsschläge (darunter auch die Ehescheidung) paranoid verarbeite (Prot. I S. 7 f.).

Der Oberarzt der Klinik hielt fest, dass beim Gesuchsteller ein ausgeprägtes Wahnsystem vorliege. Er habe paranoide Beeinträchtigungs-, Verfolgungsund Beobachtungsideen, die schon richtig systematisiert seien (Prot. I S. 15).

Als der Einzelrichter dem Gesuchsteller vorhielt, dass der anwesende Oberarzt eine Fortsetzung der Behandlung befürworte, entgegnete er, er sei sicher, dass sich der Arzt so äussere, weil er im Entlassungsfall mit einem Mafioso Probleme bekäme; man möge sich bei CIA und Interpol erkundigen (Prot. I S. 18).

Der vorinstanzlichen Annahme einer Geistesschwäche im Sinne von Art. 397a ZGB ist unter den gegebenen Umständen ohne Weiteres zu folgen.

5. Die Vorinstanz erwog weiter, dass zum jetzigen Zeitpunkt angesichts des momentan ausgeprägten Krankheitsbildes und der fehlenden Krankheitseinsicht des Gesuchstellers keine anderen Massnahmen ersichtlich seien als die Unterbringung in der Klinik, um das Risiko einer Eskalation zu vermindern und den Gesuchsteller vor einer weiteren Verschlechterung der Krankheit zu schützen. Eine ambulante Betreuung scheine derzeit nicht durchführbar (act. 20 Erw. 2.8).

Die Gutachterin erachtete eine stationäre Behandlung des Gesuchstellers als erforderlich. Sein Zustand würde sich im Entlassungsfall rapid verschlechtern. Da er die Notwendigkeit der Medikation nicht einsehe, würde er die Medikamente absetzen. Die von ihm (seit 17. November 2011) geschiedene Ehefrau, mit der er bis zur Einweisung zusammengelebt habe, die nun jedoch zu den Eltern gezogen sei, sei nach wie vor seine Hauptbezugsperson. Sie fürchte sich vor ihm und wäre im Entlassungsfall einer realen Gefährdung ausgesetzt. Er sei bereits einmal tätlich geworden und habe sie geohrfeigt. Wie er sich allein in seiner Wohnung zurechtfinden würde er habe Angst vor Überwachung -, wisse man nicht. Eine Entlassung könne nach einer entsprechenden neuroleptischen Behandlung ins Auge gefasst werden, allenfalls nach Sicherung der Diagnose. Nach Abklingen des aktuellen Schubes werde eine ambulante psychiatrische Behandlung notwendig sein. Die berufliche Situation des Gesuchstellers müsste angegangen werden, es müsste für einen strukturierten Tagesablauf gesorgt werden.

Der Oberarzt der Klinik gab zu Protokoll, dass der Gesuchsteller keine Krankheitseinsicht und schon gar keine Behandlungseinsicht habe. Eine Zwangsmedikation sei notwendig geworden. Je nach Zustand habe er die Medikamente genommen nicht. Die Medikation habe bisher bewirkt, dass er ruhiger geworden sei, weniger angespannt sei. Das Gespräch an der Hauptverhandlung sei nur aufgrund der Medikation möglich (Prot. I S. 15/16). Er erachte die Fortdauer des Klinikaufenthalts als notwendig, um zumindest die neuroleptische Behandlung fortführen zu können. Bei einer Entlassung sähe er eine Fremdgefährdung, aber keine Selbstgefährdung. Die Fremdgefährdung sähen sie darin, dass er noch voll in seinem Wahnsystem verhaftet sei, was schnell zu Konfliktsituationen führen könnte. In den vergangenen Monaten sei es zu einer steten Verschlechterung der

Symptomatik gekommen, was man daran gesehen habe, dass er ein Auto angezündet habe, seine Frau bedroht habe und dass es zu einer Eskalation bei der Polizei gekommen sei. Er könne sich vorstellen, dass im Entlassungsfall noch mehr passieren würde (Prot. I S. 15 ff.).

In Anbetracht der Ausführungen der Gutachterin und des Oberarztes der Klinik erscheint die Einschätzung der Vorinstanz überzeugend. Der Gesuchsteller setzt sich damit nicht auseinander, sondern hält im Wesentlichen einzig an der schon vor Vorinstanz geäusserten Auffassung fest, gesund zu sein. Zudem verspricht er, seine Ex-Frau brauche sich vor ihm nicht zu fürchten. Substanziertes, was Zweifel an der vorinstanzlichen Beurteilung zu wecken vermöchte, ist seinen Ausführungen nicht zu entnehmen (act. 25).

Angesichts der kurzen Zeitspanne seit dem vorinstanzlichen Entscheid ist auch nicht davon auszugehen, dass sich das Krankheitsbild des Gesuchstellers mittlerweile so erheblich verändert hätte, dass eine Entlassung ins Auge gefasst werden könnte.

Die psychiatrische Klinik C. ist zur Behandlung des Gesuchstellers geeignet. Eine weniger einschneidende Massnahme als der einstweilige Freiheitsentzug ist nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen der fürsorgerischen Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 397a ZGB sind deshalb mit der Vorinstanz zu bejahen. Die Berufung ist abzuweisen.

6.

Es erscheint angemessen, die von der Vorinstanz auf Fr. 1'100.festgesetzte Gerichtsgebühr (Dispositiv-Ziff. 2 des vorinstanzlichen Urteils) auf Fr. 500.zu ermässigen (§ 5 Abs. 1 GebV OG).

Wie für das erstinstanzliche Verfahren ist dem Gesuchsteller auch für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen.

Es wird beschlossen:
  1. Dem Gesuchsteller wird für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Prozessführung bewilligt.

  2. Schriftliche Mitteilung zusammen mit dem nachfolgenden Erkenntnis.

Es wird erkannt:
  1. Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil des Einzelgerichts des Bezirkes Horgen vom 13. Dezember 2011 wird mit Ausnahme der Gerichtsgebühr bestätigt.

  2. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr von Fr. 1'100.wird auf Fr. 500.ermässigt.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.festgesetzt.

  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Gesuchsteller auferlegt, jedoch zufolge der ihm gewährten unentgeltlichen Prozessführung einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Der Gesuchsteller wird auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO hingewiesen.

  5. Schriftliche Mitteilung an den Gesuchsteller und die verfahrensbeteiligte Klinik sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Isler versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.