Zusammenfassung des Urteils LZ210018: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Klage bezüglich Unterhalt und weiterer Kinderbelange, bei der der Kläger und Berufungskläger gegen die Beklagte und Berufungsbeklagte antrat. Das Einzelgericht im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Meilen trat nicht auf die Klage ein und setzte die Gerichtskosten dem Kläger zu. Der Kläger erhob Berufung gegen diese Entscheidung und argumentierte unter anderem, dass bereits vorher Schlichtungsverhandlungen stattgefunden hatten. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung ab, bestätigte die Entscheidung des Einzelgerichts und legte die Gerichtskosten erneut dem Kläger auf.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LZ210018 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 22.09.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Unterhalt und weitere Kinderbelange |
Schlagwörter : | Berufung; Klage; Verfahren; Unterhalt; Verfügung; Meilen; Klägers; Vorinstanz; Gericht; Kindes; Entscheid; Beklagten; Berufungsverfahren; Bezirk; Schlichtungsversuch; Kindesschutzbehörde; Bundesgericht; Kinderbelange; Parteien; Frist; Schlichtungsverfahren; Erwägung; Einigung; Recht; Unterhalts; Entschädigung; Kantons; Einzelgerichts; Bezirksgericht; Sorge |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 197 ZPO ;Art. 209 ZPO ;Art. 298b ZGB ;Art. 304 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LZ210018-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Ersatzoberrichter Dr. M. Nietlispach sowie Gerichtsschreiber lic. iur. A. Baumgartner
Beschluss vom 22. September 2021
in Sachen
,
Kläger und Berufungskläger
gegen
,
Beklagte und Berufungsbeklagte
sowie
,
Verfahrensbeteiligter
betreffend Unterhalt und weitere Kinderbelange
Rechtsbegehren:
(Urk. 2 S. 2; sinngemäss)
Der bei der KESB Meilen gestellte Antrag der Beklagten auf Zuteilung der alleinigen elterlichen Sorge und alleinigen Obhut über den gemeinsamen Sohn C. sei abzuweisen.
Der Sohn C. sei unter die alleinige Obhut und alleinige elterliche Sorge des Klägers zu stellen.
Der Beklagten sei ein angemessenes Besuchsrecht (inkl. Ferienbesuchsrecht) zu gewähren.
Die Beklagte sei zur Leistung von angemessenen Kinderunterhaltsbeiträgen für den Sohn C. , zahlbar an den Kläger, zu verpflichten.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Verfügung des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Meilen:
(Urk. 22 S. 5 f. = Urk. 25 S. 5 f.)
Auf die Klage wird nicht eingetreten.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 700.-.
Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt.
Der Beklagten wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
(Schriftliche Mitteilung.)
(Rechtsmittelbelehrung.)
Berufungsanträge des Klägers:
(Urk. 24 S. 2; sinngemäss)
Die vorinstanzliche Verfügung vom 28. April 2021 sei aufzuheben.
Es sei die Vorinstanz anzuweisen, auf die erstinstanzliche Klage des Klägers umgehend einzutreten und das Verfahren der KESB Meilen mangels Zuständigkeit zu entziehen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten, eventualiter der KESB Meilen.
Erwägungen:
1. a) Die Parteien standen seit dem 6. April 2021 vor Erstinstanz in einem Verfahren betreffend Unterhalt und weitere Kinderbelange (Urk. 1).
Mit Verfügung vom 28. April 2021 trat die Vorinstanz mangels Durchführung eines dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden Schlichtungsverfahrens auf die Klage des Klägers und Berufungsklägers (fortan Kläger) nicht ein (Urk. 22 = Urk. 25).
Innert Frist erhob der Kläger mit am letzten Tag der Berufungsfrist der Post übergebener Eingabe vom 7. Juni 2021 (hierorts am 9. Juni 2021 eingegangen) Beschwerde (recte: Berufung gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO) gegen die Verfügung vom 28. April 2021 mit eingangs erwähnten Anträgen (Urk. 24).
Mit Eingabe vom 11. Juni 2021 (am 13. Juni 2021 der Post übergeben; am
Juni 2021 hierorts eingegangen) ergänzte der Kläger seine Berufungsschrift vom 7. Juni 2021 (Urk. 29).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (vgl. Urk. 1-23/2).
Auf die im Berufungsverfahren gemachten Ausführungen des Klägers ist nachfolgend nur insoweit einzugehen, als sich dies für die Entscheidfindung als notwendig erweist. Insbesondere ist auf die Vorbringen des Klägers in der Berufungsschrift vom 7. Juni 2021 zum angeblichen Verhalten von lic. iur. D. der KESB Bezirk Meilen (Urk. 24 S. 4 ff. Ziff. 4) nicht einzugehen, da diese keinen Zusammenhang mit den Erwägungen der angefochtenen Verfügung zum fehlen- den Schlichtungsverfahren (Urk. 25 S. 3 ff. E. 2) aufweisen.
a) Dem Entscheidverfahren geht ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus (Art. 197 ZPO). Das Schlichtungsverfahren entfällt gemäss Art. 198 lit. bbis ZPO bei Klagen über den Unterhalt des Kindes und weitere Kinderbelange, wenn vor der Klage ein Elternteil die Kindesschutzbehörde angerufen hat (Art. 298b und 298d ZGB). Sinn und Zweck von Art. 198 lit. bbis ZPO
ist es, Schlichtungsverfahren in Fällen auszuschliessen, in denen bereits ein Einigungsversuch stattgefunden hat, weshalb erneute Vermittlungsbemühungen zwecklos wären. Ein Leerlauf kann jedoch nur bejaht werden, wenn der letzte Schlichtungsversuch nicht zu weit in der Vergangenheit liegt. Entsprechend hat ein Einigungsverfahren vor der Kindesschutzbehörde eine zeitlich limitierte Geltungsdauer (BGer 5A_459/2019 vom 26. November 2019, in: FamPra 2020
S. 526 ff.). Hinsichtlich der Wirkungsdauer eines Vermittlungsverfahrens vor der Kindesschutzbehörde äussert sich das Gesetz nicht. Im Lichte des Gesetzeszwecks besehen, kann ein solches Verfahren vor der Kindesschutzbehörde keine unbeschränkte Wirkung haben. Je weiter der Vermittlungsversuch vor der Kin- desschutzbehörde zurückliegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Verhältnisse verändert haben und ein erneuter Schlichtungsversuch sinnvoll sein kann bzw. kein Leerlauf darstellen würde. In der Lehre wird in Analogie zu Art. 209 Abs. 3 ZPO eine Frist von drei Monaten ab formellem Abschluss des Vermittlungsverfahrens postuliert. In Anlehnung an die Praxis des Kantons Basel- Stadt wird überdies eine Frist von sechs Monaten genannt (BGer 5A_459/2019 vom 26. November 2019, E. 3.3.3 m.w.H.). Das Bundesgericht erwog in Erwägung 4.1.2 seines Urteils 5A_459/2019 in der Folge, dass eine Klage, welche knapp acht Monate nach Ausstellung der schriftlichen behördlichen Bestätigung des Scheiterns der Vermittlungsbemühungen erfolgt sei, im konkreten Fall als verspätet zu betrachten sei.
b) Der Kläger rügt in seiner Berufungsschrift vom 7. Juni 2021, dass entgegen den vorinstanzlichen Behauptungen in Erwägung 2 der angefochtenen Verfügung bezüglich der Unterhaltsfrage anfangs Juli 2017 beim Friedensrichteramt E._ [Ortschaft] eine Schlichtungsverhandlung stattgefunden habe, an welcher sowohl die Beklagte und Berufungsbeklagte (fortan Beklagte) wie auch er teilgenommen hätten (unter Hinweis auf Urk. 27/4). So habe die Beklagte bereits am 19. Mai 2017 eine sehr umfangreiche Klage auf Unterhaltsleistung gegen ihn eingereicht (unter Hinweis auf Urk. 27/5). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung sei keine Einigung erzielt worden (Urk. 24 S. 2 f.).
Der Kläger gelangte mit Eingabe vom 1. April 2021, mit welcher er unter an- derem auch die Regelung von Kinderunterhaltsbeiträgen beantragte, an die Vorinstanz (Urk. 1). Die Klage auf Unterhalt erfolgte somit drei Jahre und neun Monate nach der vom Kläger genannten Schlichtungsverhandlung beim Friedensrichteramt E. _. Eine Wirkungsdauer des Schlichtungsversuchs von drei Jahren und neun Monaten ist klarerweise abzulehnen. Dies nur schon aus dem Grund, dass die Klagebewilligung lediglich während dreier Monate nach Eröffnung zur Einreichung der Klage beim Gericht berechtigt (Art. 209 Abs. 3 ZPO). Zudem ist davon auszugehen, dass sich die Streitsache nach beinahe vier Jahren verändert hat. Dass im derzeit bei der KESB Bezirk Meilen hängigen Verfahren entgegen den Ausführungen der Vorinstanz (Urk. 25 S. 4 f. E. 2.3) Einigungsversuche betreffend den Kindesunterhalt vorgenommen worden seien, macht der Kläger sodann nicht geltend (Urk. 24). Die Vorinstanz hat somit zu Recht mangels vorgängiger Durchführung eines Schlichtungsversuchs die Unterhaltsklage des Klägers nicht an die Hand genommen. Da gemäss Art. 298b Abs. 3 ZGB und Art. 304 Abs. 2 ZPO das Gericht über die elterliche Sorge und die weiteren Kinderbelange nur entscheiden darf, wenn dieses Gericht auch für die Behandlung der Klage auf Leistung des Unterhalts zuständig ist, ist die Vorinstanz korrekterweise auf die ganze Klage nicht eingetreten.
Im Übrigen setzt sich der Kläger nicht mit den vorinstanzlichen Erwägungen der angefochtenen Verfügung auseinander. Damit erweist sich die Berufung als offensichtlich unbegründet. Es kann daher davon abgesehen werden, eine Berufungsantwort einzuholen (Art. 312 ZPO). Die Berufung ist abzuweisen und der angefochtene Entscheid zu bestätigen (Art. 318 Abs. 1 lit. a ZPO).
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens sind ausgangsgemäss dem Kläger aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidgebühr ist gestützt auf
§ 5 Abs. 1 sowie § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 600.festzusetzen.
Mangels wesentlicher Umtriebe sind der Beklagten und dem Verfahrensbeteiligten für das Berufungsverfahren keine Entschädigungen zuzusprechen (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Der Kläger seinerseits hat als unterliegende Partei keinen Anspruch auf Entschädigung (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Es wird beschlossen:
Die Berufung des Klägers wird abgewiesen und die Verfügung des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Meilen vom 28. April 2021 wird bestätigt.
Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren wird auf Fr. 600.festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte (für sich und den Verfahrensbeteiligten) unter Beilage der Doppel der Urk. 24, 26, 27/2-12, 29, 30 und 31/1-2, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 22. September 2021
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. A. Baumgartner versandt am:
ip
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