Zusammenfassung des Urteils LY140031: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall handelt es sich um ein Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, betreffend Ehescheidung und vorsorgliche Massnahmen. Der Kläger fordert monatliche Unterhaltsbeiträge in Höhe von Fr. 7'400.00, während die Beklagte Unterhaltsbeiträge von Fr. 18'500.00 verlangt. Das Einzelgericht am Bezirksgericht Horgen verpflichtet den Kläger, der Beklagten monatlich Fr. 9'800.- zu zahlen. Die Parteien sind Eltern von zwei Kindern und haben seit Oktober 2008 getrennt gelebt. Die Vorinstanz hat entschieden, ohne die Parteien persönlich zu befragen, was zu einer Berufung führte. Das Obergericht entscheidet, dass eine persönliche Befragung der Parteien notwendig ist und weist den Fall zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LY140031 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 19.12.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ehescheidung (vorsorgliche Massnahmen) |
Schlagwörter : | Parteien; Berufung; Beklagten; Befragung; Recht; Vorinstanz; Verfahren; Kinder; Verhandlung; Gericht; Massnahmen; Horgen; Entscheid; Verfügung; Bezirksgericht; Verfahrens; Klägers; Berufungskläger; Unterhaltsbeiträge; Kinderzulagen; Geschäfts-Nr; Berufungsverfahren; Geschäfts-Nr:; Unterhaltszahlungen |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ;Art. 158 ZGB ;Art. 272 ZPO ;Art. 273 ZPO ;Art. 276 ZPO ;Art. 53 ZPO ;Art. 56 ZPO ;Art. 6 EMRK ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LY140031-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin Dr. D. Oser
in Sachen
, Dr.,
Kläger und Berufungskläger
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
gegen
,
Beklagte und Berufungsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y. ,
betreffend Ehescheidung (vorsorgliche Massnahmen)
Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Horgen vom 10. Juli 2014 (FE120264-F)
Der Kläger sei zu verpflichten, der Beklagten für sich und die Kinder für die Dauer des Verfahrens monatlich im Voraus zahlbare und ab Verfall zu 5 % verzinsliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 18'500.00 zu bezahlen, zuzüglich allfällig vertraglich geregelter gesetzlicher Familienzulagen, wobei Fr. 2'500.00 auf jedes Kind und Fr. 13'500.00 auf die Beklagte persönlich entfallen, alles rückwirkend ab 1. Oktober 2012.
Es sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten für sich und die Kinder für die Dauer des Scheidungsverfahrens monatliche im Voraus zahlbare Unterhaltsbeiträge von insgesamt Fr. 7'400.00, mithin je Fr. 1'500.00 für jedes Kind sowie Fr. 4'400.00 für die Beklagte persönlich zu bezahlen, zuzüglich allfälliger vertraglicher gesetzlicher Kinderzulagen, erstmals ab dem 1. April 2014;
Es sei festzustellen, dass mit den bereits bezahlten Unterhaltsbeiträgen des Klägers ab dem 1. Oktober 2012 bis zum 28. Februar 2014 von Fr. 177'300.00 (zuzüglich Kinderzulagen), mithin durchschnittlich Fr. 10'425.00 pro Monat, zuzüglich Kinderzulagen, der Bedarf der Beklagten und der Kinder bereits vollständig finanziert ist;
Es sei davon Vormerk zu nehmen, dass der Kläger vom 1. Oktober 2012 bis zum 28. Februar 2014 Unterhaltszahlungen von insgesamt Fr. 177'300.00 zuzüglich Kinderzulagen von monatlich Fr. 400.00 an die Beklagte bezahlt hat;
Es seien die von der Beklagten in Ziff. 2.1 bis 2.3.6 gestellten Anträge zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben;
Es sei die Ziffer 3 des Antrags der Beklagten auf Befragung des Klägers gutzuheissen;
alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MwSt.) zulasten der Beklagten.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten für sich persönlich für die Dauer des Verfahrens einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 9'800.zu bezahlen, rückwirkend ab dem 1. Oktober 2012, zahlbar jeweils monatlich im Voraus auf den ersten eines jeden Monats. Der Kläger ist berechtigt, bereits geleistete Unterhaltsbeiträge an seine Zahlungspflicht anzurechnen.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten für die beiden Kinder C. , geb. tt.mm.2004, und D. , geboren tt.mm.2006, je Fr. 1'600.zuzüglich gesetzlicher vertraglicher Familienzulagen zu bezahlen, rückwirkend ab dem 1. Oktober 2012, zahlbar jeweils monatlich im Voraus auf den ersten eines jeden Monats. Der Kläger ist berechtigt, bereits geleistete Unterhaltsbeiträge an seine Zahlungspflicht anzurechnen.
(Mitteilungssatz)
(Rechtsmittelbelehrung)
des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 1 S. 2):
Es sei die Ziff. 1 der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 10. Juli 2014 (Geschäfts-Nr.: FE120264) aufzuheben und es sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten für sich persönlich für die Dauer des Verfahrens einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von maximal Fr. 7'300.-, rückwirkend ab dem 1. Oktober 2012, zahlbar jeweils monatlich im Voraus auf den Ersten eines jeden Monats sowie maximal Fr. 6'300.ab dem 1. Januar 2015 für die Dauer des Scheidungsverfahrens zu bezahlen;
Es sei die Ziff. 1 der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 10. Juli 2014 (Geschäfts-Nr.: FE120264) aufzuheben und es sei der Kläger berechtigt zu erklären, die von ihm ab dem 1. Oktober 0212 bis zum 1. Juli 2014 geleisteten Unterhaltszahlungen von insgesamt Fr. 231'700.00 (inkl. Kinderzulagen) anzurechnen;
Es sei die Ziff. 2 der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 10. Juli 2014 (Geschäfts-Nr.: FE120264) aufzuheben und es sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten für die beiden Kinder C. , geb. tt.mm.2004 und D. , geb. am tt.mm.2006 je Fr. 1'500.-, rückwirkend ab dem 1. Oktober 2012, zahlbar jeweils monatlich im Voraus auf den Ersten eines jeden Monats, zu bezahlen;
Es sei die Ziff. 2 der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 10. Juli 2014 (Geschäfts-Nr.: FE120264) aufzuheben und es sei der Kläger berechtigt zu erklären, die von ihm ab dem 1. Oktober 2012 geleisteten Unterhaltszahlungen in der Höhe von insgesamt Fr. 231'700.- (inkl. Kinderzulagen) anzurechnen;
Es sei der Kläger berechtigt zu erklären, allfällige zu viel geleistete Unter-
haltsbeiträge im Falle der Gutheissung seiner Berufung von der Beklagten zurückzuverlangen die zu viel geleisteten Unterhaltszahlungen mit allfällig geschuldeten güterrechtlichen Ausgleichszahlungen zu verrechnen; alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Beklagten.
der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 10 S. 2):
Es sei auf die Berufung nicht einzutreten.
Eventualiter sei die Berufung vollumfänglich abzuweisen und die Verfügung
des Bezirksgerichts Horgen vom 10. Juli 2014 zu bestätigen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. 8 % Mehrwertsteuer)
zu Lasten des Berufungsklägers. Prozessualer Antrag:
Es sei die vom Berufungskläger eingereichte Beilage 2 (act. 4/2) aus dem
Recht zu weisen.
Editionsbegehren (Urk. 10 S. 12), falls das Obergericht auf die Berufung eintrete (mit Hinweis auf Urk. 5/57 Rz 6.3.5):
Es sei der Kläger zu verpflichten, lückenlose Unterlagen und Auskünfte zu
sämtlichen vertraglichen Abreden zwischen ihm und der E.
AG, samt
allen Nebenabreden, betreffend das Verwaltungsratsmandat zu edieren,
wobei diese im Unterlassungsfall direkt bei der E. zu edieren sind.
AG, [Adresse],
I.
Die Parteien schlossen am tt. Oktober 2005 die Ehe. Sie sind die Eltern
der Kinder C.
(geboren am tt.mm.2004) und D.
(geboren am
tt.mm.2006). Im Oktober 2008 nahmen die Parteien das Getrenntleben auf. Mit Eingabe vom 2. November 2012 reichte der Kläger und Berufungskläger (nachfolgend Kläger) bei der Vorinstanz die Scheidungsklage samt Beilagen ein (Urk. 5/1 - Urk. 5/4, Urk. 5/5/3-8). An der Einigungsverhandlung vom 15. März 2013 konnte eine Teilvereinbarung über die Kinderbelange und den Ausgleich der beruflichen Vorsorge erzielt werden (Urk. 5/21, Prot. VI S. 4 und S. 12). Betreffend die offen gebliebenen Scheidungsnebenfolgen reichte der Kläger eine schriftliche Klagebegründung am 10. Juni 2013 ein (Urk. 5/27). Die Klageantwort der Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend Beklagte) datiert vom 30. September 2013. Darin verlangte sie unter anderem den Erlass von Unterhaltszahlungen für die Dauer des Verfahrens mit dem eingangs wiedergegebenen Antrag (Urk. 5/35 S. 4).
An der Instruktionsverhandlung/Verhandlung vom 28. Februar 2014 über diese beantragten vorsorglichen Massnahmen konnte keine Einigung erzielt werden. Der Kläger reichte anlässlich der Verhandlung die Gesuchsantwort mit den oben aufgeführten Anträgen ein (Urk. 5/45, Prot. VI S. 18). Zu den darin enthaltenen Noven reichte die Beklagte ihre Stellungnahme mit Eingabe vom 23. Mai 2014 ein (Urk. 5/57). Die Stellungnahme samt Beilagen wurde dem Kläger am 26. Mai 2014 zugestellt (Urk. 5/59).
Am 10. Juli 2014 erliess die Vorinstanz den oben zitierten vorsorglichen Massnahmeentscheid (Urk. 2). Hiergegen richtet sich die vorliegende Berufung vom 25. Juli 2014 mit den oben aufgeführten Anträgen (Urk. 1). Die Prozesskaution von Fr. 5'500.wurde rechtzeitig geleistet (Urk. 36). Die Berufungsantwort datiert vom 18. September 2014 (Urk. 10). Sie wurde dem Kläger am 1. Oktober 2014 zur Kenntnisnahme zugestellt (Prot. S. 4).
Ein weiteres Rechtsmittelverfahren zwischen den Parteien ist derzeit bei der Kammer unter der Geschäfts-Nr. LY140035 hängig. Auf die Parteivorbringen ist im Folgenden insoweit einzugehen, als dies für die Entscheidfindung erforderlich ist.
Wie erwähnt, fand am 28. Februar 2014 eine Instruktionsverhandlung und Verhandlung über vorsorgliche Massnahmen statt. Die Parteien waren aufgefordert worden, zur Verhandlung unabhängig des Beizugs eines Vertreters persönlich zu erscheinen, da zu einer persönlichen Befragung der Parteien durch das Gericht nach Art. 56 ZPO vorgeladen werde (Urk. 5/37). Die Verhandlung begann um 13.30 Uhr mit der Präsentation eines Vergleichsvorschlages durch das Gericht. Nachdem die darauffolgenden Vergleichsgespräche gescheitert waren, gab die Rechtsvertreterin der Beklagten an, dass sie an ihrer Begründung zu den vorsorglichen Massnahmen festhalte und nichts zu ergänzen habe. Darauf reichte die Rechtsvertreterin des Klägers die 51-seitige Gesuchsantwort zu den vorsorglichen Massnahmen unverlesen ein (Urk. 5/45). Anschliessend informierte die Vorsitzende die Parteien über den weiteren Verlauf des Verfahrens, insbesondere werde sie der Beklagten Frist zur Stellungnahme zu den in der eingereichten Gesuchsantwort enthaltenden Noven ansetzen. Ob anschliessend eine Befragung der Parteien durchgeführt werde, werde die Vorsitzende im Anschluss entscheiden. Darauf schloss sie die Verhandlung um 15.25 Uhr (Prot. VI S. 18).
Die Vorinstanz erwog im angefochtenen Entscheid unter anderem Folgendes: Aufgrund der umfangreichen Rechtsschriften und Beilagen der Parteien erscheine die Durchführung einer persönlichen Befragung nicht als zweckgemäss, da die Parteien bereits ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, eigene Behauptungen aufzustellen und die Positionen der Gegenseite zu bestreiten. Es sei davon auszugehen, dass diese Bestreitungen auch in Bezug auf die Aussagen der Parteien erfolgen würden. Daher rechtfertige es sich, direkt über das Begehren der Beklagten um Erlass von vorsorglichen Massnahmen zu entscheiden
(Urk. 2 S. 4). Weiter führte sie im Zusammenhang mit der Bedarfsposition chemische Reinigung aus, es lasse sich nicht eruieren, wie hoch die Kosten für die chemische Reinigung der Beklagten seien. Beispielhaft für sämtliche weiteren Bedarfspositionen sei an dieser Stelle festgehalten, dass auch eine persönliche Befragung der Beklagten nichts ändern würde, da der Kläger bereits in der Gesuchsantwort deutlich gemacht habe, dass er bestreite, dass der Beklagten für die chemische Reinigung die beantragten Kosten entstünden. Es könne der Beklagten daher nur der Betrag von Fr. 20.für diese Position angerechnet werden (Urk. 2 S. 10 f.).
Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, das Gericht habe zu Unrecht auf eine persönliche Befragung der Parteien verzichtet, obschon der Sachverhalt trotz umfangreicher Ausführungen dem Gericht offensichtlich nicht klar und viele Positionen beidseitig bestritten seien. Die Parteien müssten persönlich an der Verhandlung erscheinen, insbesondere auch damit sie befragt werden könnten. Die persönliche Befragung sei daher im Berufungsverfahren nachzuholen die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die Parteien persönlich befrage und danach neu entscheide. Die Vorinstanz habe diverse Standpunkte des Klägers nicht übernommen, weil diese anlässlich der Instruktionsverhandlung vom 28. Februar 2014 noch nicht vollständig belegt und von der Beklagten wider besseres Wissen in ihrer Stellungnahme zu den Noven bestritten seien. Hätte die Vorinstanz die Parteien danach zu einer Parteibefragung eingeladen, hätten allfällige Unklarheiten ohne Weiteres ausgeräumt werden können. Der Kläger hätte im Rahmen einer Parteibefragung seinen Standpunkt glaubhaft machen können. Er habe seine Befragung offeriert und nie darauf verzichtet. Das Gericht habe die Parteien am 28. Februar 2014 bloss deshalb nicht befragt, weil keine formelle Verhandlung durchgeführt worden sei und die Rechtsvertreterin des Klägers die Plädoyernotizen unverlesen zu den Akten gereicht habe, da die Zeit zufolge der erfolglos geführten Konventionsgespräche an jenem Freitagnachmittag schon fortgeschritten gewesen sei. Es sei üblich und notwendig, dass die Parteien, unabhängig von der Dimension ihrer schriftlichen Ausführungen, in einem summarischen Verfahren befragt werden müssten (Urk. 1 S. 6 f.).
Die Beklagte hingegen beanstandet das Auslassen der persönlichen Befragung im Ergebnis nicht: Die Vorinstanz habe mit guten Gründen auf die persönliche Befragung der Parteien verzichtet. Im Übrigen seien diverse Ausgabepositionen der Beklagten ebenfalls mit dem Argument gekürzt worden, sie hätte diese (über die belegten Ausgaben hinaus) nicht glaubhaft machen können. Auch sie habe eine Befragung explizit beantragt. Eine Ungleichbehandlung der Parteien sei somit nicht gegeben. Schliesslich sei es notorisch, dass bei bestrittenen Positionen eine persönliche Befragung keine Klarheit bringe, da jede Partei nur ihren eigenen Standpunkt bekräftige. Der Beweiswert solcher Befragungen sei daher gering und deshalb nur bedingt geeignet, die Bedarfsauslagen rechtsgenüglich nachzuweisen. Mithin könne damit es gehe nur um Unterhaltsbeiträge - nichts weiter gewonnen werden (Urk. 10 S. 8).
Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht vorliegend auf die persönliche Befragung der Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung verzichten durfte. Ist dies zu verneinen, ist über eine Rückweisung zu entscheiden.
Das Bundesgericht hielt bereits unter altem Recht unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung fest, dass nicht nur im strittigen Eheschutzverfahren eine mündliche Verhandlung unabdingbar sei, sondern auch im Massnahmeverfahren des Scheidungsprozesses. Dies im Unterschied zum Massnahmeverfahren im Abänderungsprozess (BGer 5P.349/2001 E. 3, vom 6. November 2001 m.w.H.).
Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die bis anhin geltende Rechtsprechung unter dem neuen Recht nicht mehr ihre Gültigkeit behalten sollte: Gemäss Art. 273 Abs. 1 und 2 ZPO ist das Eheschutzverfahren von klaren und unbestrittenen Verhältnissen abgesehen mündlich und die Parteien haben persönlich zu erscheinen. Somit kann in aller Regel auf die direkte Befragung der Parteien zur Klärung des Sachverhalts und zur Anordnung der verschiedenen Massnahmen nicht verzichtet werden (ZK-ZPO, Sutter-Somm/Vontobel, Art. 273 N 6 m.w.H.; Schwander, in: Gehri/Kramer [Hrsg.], ZPO Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 273 N 10; BK-Spycher, Art. 273 N 4 ff.; Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. November 2013, LE130028, E. 3.4). Durch den daraus resultierenden direkten Kontakt des Gerichts mit den Parteien
kann, auch im Hinblick auf die vorgeschriebene eingeschränkte Untersuchungsmaxime (Art. 272 ZPO), die Aufklärungsund Fragepflicht durch das Gericht optimal ausgeübt werden. Auch bietet der direkte Kontakt den Vorteil, einen persönlichen Eindruck der Parteien zu erhalten, und dient der Prozessbeschleunigung, was dem Charakter des summarischen Verfahrens entspricht (ZK-ZPO, SutterSomm/Vontobel, Art. 273 N 5).
Gemäss Art. 276 Abs. 1 ZPO sind für vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens die Bestimmungen über die Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft sinngemäss anwendbar. Dies gilt sowohl in verfahrensrechtlicher als auch in materieller Hinsicht (KUKO ZPO-Van de Graaf, Art. 276 N 3; DIKE-ZPO, Dolge, Art. 276 N 14), dies nur schon, damit das Gericht seiner Untersuchungspflicht nachkommen kann (Dolge, a.a.O.).
Zwar macht die Beklagte geltend, bei einer persönlichen Befragung werde jeweils nur die gegnerische Position bestritten (Urk. 10 S. 8). Dem ist entgegenzuhalten, dass der Zweck der persönlichen Befragung auch darin besteht, dass die Partei regelmässig mehr weiss, als sich aus den Vorträgen der Anwälte ergibt. Erst die Parteibefragung gibt häufig die Grundlage für eine gütliche Prozesserledigung. Zu beachten ist sodann, dass die die Parteiaussagen begleitenden nicht verbalen Signale wie Mimik, Gestik, Sprachmelodie, Lautstärke und Unterbrechungen oft zuverlässiger sind als Worte (Spühler/Frei-Maurer, Berner Kommentar, Art. 158 aZGB N 121). Das persönliche Anhörungsrecht ergibt sich zudem aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 53 ZPO), welchem grundsätzlich volle Beachtung zu schenken ist (ZK-ZPO, Sutter-Somm/Vontobel, Art. 273 N 8). Auch leitet sich das Recht auf persönliche Teilnahme, d.h. auf mündliche Verhandlung, für eherechtliche Verfahren aus Art. 6 EMRK ab (5P.186/2001 vom
24. Juli 2001 E. 3. b) m.w.H.). Es ist somit grundsätzlich von einem Obligatorium
der persönlichen Befragung der Parteien im strittigen Massnahmeverfahren auszugehen. Ausnahmen davon sind z.B. bei Geisteskrankheit unbekannter Abwesenheit erlaubt (Spühler/Frei-Maurer, a.a.O.).
Vorliegend hat die Vorinstanz die Parteien nie persönlich befragt. Stattdessen trifft sie einerseits zahlreiche Annahmen, ohne die Parteien wie im Gesetz gemäss analoger Verweisung in Art. 276 Abs. 1 ZPO vorgeschrieben und von den Parteien beantragt zu den umstrittenen Punkten zu befragen. Andererseits wirft sie dem Kläger wiederholt vor, dass er seiner Glaubhaftmachungspflicht nicht nachgekommen sei (vgl. etwa Urk. 2 S. 38 f., S. 43, S. 45). Somit stellt sie den Sachverhalt in einem wesentlichen Teil unvollständig fest und verletzt das Recht des Klägers auf Beweis, indem sie das zentrale Glaubhaftmachungsmittel der persönlichen Befragung nicht abgenommen hat.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Verfahren nicht spruchreif ist. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Berufungsinstanz, den Sachverhalt anstelle der ersten Instanz zu erstellen (ZK-ZPO, Reetz/Hilber, Art. 318 N 35 m.w.H.). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als vor Vorinstanz überhaupt keine persönliche Befragung der Parteien zu den umstrittenen Punkten stattgefunden hat und die Berufungsinstanz daher durch eine nachträgliche persönliche Befragung im Berufungsverfahren faktisch die Aufgabe der Vorinstanz wahrnehmen würde. Hinzu kommt, dass im Falle einer umfassenden persönlichen Befragung durch die Berufungsinstanz diese als erste Instanz über wichtige Tatfragen entscheiden würde und die Parteien im Ergebnis eine Instanz verlieren würden.
Somit rechtfertigt es sich, das Verfahren zur Durchführung einer persönlichen Befragung und neuer Entscheidung zurückzuweisen (Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 ZPO). Vor diesem Hintergrund ist über die beiden in der Berufungsantwort gestellten prozessualen Begehren der Beklagten nicht zu entscheiden (Urk. 10
S. 2 und S. 12).
Gemäss Art. 104 Abs. 4 ZPO kann die Rechtsmittelinstanz in einem Rückweisungsentscheid die Verteilung der Prozesskosten des Rechtsmittelverfahrens der Vorinstanz überlassen, also vom definitiven Ausgang des Verfahrens abhän-
gig machen. Anders vorzugehen ist nur, wenn besondere hier nicht ersichtliche
- Gründe vorliegen, wie beispielsweise bei mutoder böswilligem Prozessieren. Die Höhe ihrer Gerichtskosten muss die obere Instanz aber selber festlegen (Botschaft ZPO, S. 7296; ZK-ZPO, Jenny, Art. 104 N 11). Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung der §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 2'000.festzusetzen. Der Entscheid über die Kostenauflage und die Regelung der Entschädigungsfolgen ist dem Endentscheid der Vorinstanz vorzubehalten.
Die Verfügung des Einzelgerichts am Bezirksgericht Horgen vom 10. Juli 2014 (FE120264-F/Z09) wird aufgehoben und die Sache wird zur Ergänzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.festgesetzt.
Die Höhe der Parteientschädigung im Berufungsverfahren sowie die Verlegung der Prozesskosten des Berufungsverfahrens wird dem neuen Entscheid der Vorinstanz vorbehalten. Die Vorinstanz wird darauf hingewiesen, dass der Kläger für das Berufungsverfahren einen Kostenvorschuss von Fr. 5'500.geleistet hat.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien und an das Bezirksgericht Horgen, Einzelgericht, je gegen Empfangsschein.
Die erstund zweitinstanzlichen Akten werden der Vorinstanz nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist zugestellt.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert übersteigt Fr. 30'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 19. Dezember 2014
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
Dr. D. Oser versandt am:
kt
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