E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF220043: Obergericht des Kantons Zürich

Die Gesuchstellerin und Berufungsklägerin hat vor dem Obergericht des Kantons Zürich eine Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts des Bezirksgerichts Bülach eingereicht, die ihr Gesuch um ein gerichtliches Verbot abgelehnt hatte. Die Berufungsklägerin argumentierte, dass Unberechtigte wiederholt Fahrzeuge auf ihrem Grundstück abstellten und beantragte ein gerichtliches Verbot. Das Obergericht wies die Berufung ab, da die Berufungsklägerin nicht glaubhaft machen konnte, dass die Störung durch einen unbekannten Personenkreis erfolgte. Die Berufungsklägerin wurde für das zweitinstanzliche Verfahren kostenpflichtig und es wurde keine Parteientschädigung zugesprochen. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 600 festgesetzt.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF220043

Kanton:ZH
Fallnummer:LF220043
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF220043 vom 11.08.2022 (ZH)
Datum:11.08.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gerichtliches Verbot
Schlagwörter : Berufung; Berufungsklägerin; Störung; Mieter; Verbot; Vorinstanz; Person; Personenkreis; Recht; Fahrzeug; Gesuch; Besucher; Störungen; Fahrzeuge; Gericht; Besucherparkplätze; Unterlagen; Besitz; Verfügung; Entscheid; Grundstück; Störer; Parkplätze; Kontrollschild; Fahrzeugen
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 258 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 92 ZPO ;
Referenz BGE:130 III 321; 131 III 243; 133 III 638;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts LF220043

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF220043-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler

Urteil vom 11. August 2022

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin und Berufungsklägerin vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend gerichtliches Verbot

Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Bülach vom 13. Mai 2022 (EH220016)

Erwägungen:

1.

    1. Mit Eingabe vom 21. März 2022 gelangte die Gesuchstellerin und Berufungsklägerin (fortan Berufungsklägerin) an das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Bülach (fortan Vorinstanz) und ersuchte um Erlass eines gerichtlichen Verbotes mit dem folgenden Wortlaut (act. 1):

      Unberechtigten wird das Führen und Abstellen von Fahrzeugen aller Art auf der Liegenschaft Kat. Nr. 1 und 2, B. -strasse 1-2 und C. -gasse 1-2, … D. , verboten.

      Berechtigt sind nur die Mieter in Bezug auf die von ihnen gemieteten Parkplätze, die Besucher während der Dauer ihres Besuches in Bezug auf die dafür zugewiesenen Parkplätze, Lieferanten während der Dauer des Warenumschlags und die Dienstbarkeitsberechtigten im Rahmen ihrer Dienstbarkeit.

      Wer dieses Verbot missachtet, wird auf Antrag mit einer Busse bis zu CHF 2'000.00 bestraft.

      Mit Verfügung vom 5. April 2022 setzte die Vorinstanz der Berufungsklägerin Frist an, ihr Gesuch zu ergänzen, da sie dieses als offensichtlich unvollständig erachtete (act. 4). Mit Eingabe vom 20. April 2022 ergänzte die Berufungsklägerin ihr Gesuch (act. 6).

      Mit Verfügung vom 13. Mai 2022 trat die Vorinstanz auf das Gesuch nicht ein (act. 8 = act. 11 = act. 13, nachfolgend zitiert als act. 11). Der Entscheid wurde der Berufungsklägerin am 20. Mai 2022 zugestellt (act. 9).

    2. Gegen diese Verfügung gelangt die Berufungsklägerin rechtzeitig an die Kammer und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, die Gutheissung ihres Gesuchs und eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz (act. 12).

Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1–9). Mit Verfügung vom 2. Juni 2022 wurde der Berufungsklägerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses für das Berufungsverfahren angesetzt und es wurde die Prozessleitung delegiert (act. 15). Der Vorschuss wurde innert Frist geleistet (act. 17). Mangels Gegenpartei ist keine Berufungsantwort einzuholen. Die Sache ist spruchreif.

2.

    1. Die Berufung ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten gegen erstinstanzliche Endentscheide zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.– beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Da das vorliegende Verfahren den Besitzschutz am verfahrensgegenständlichen Grundstück bezweckt, liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor (vgl. auch: BGer 5A 453/2007 vom 3. Oktober 2007 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 III 638). Weder die Vorinstanz noch die Berufungsklägerin äussern sich zum konkreten Streitwert. Das beantragte gerichtliche Verbot zielt indes u.a.

      darauf ab, Unberechtigten das Abstellen von Fahrzeugen auf der Liegenschaft zu untersagen. Geht man zur Festsetzung des streitwerten Interesses daher vom kapitalisierten Nutzwert der Parkplätze aus (vgl. Art. 92 Abs. 2 ZPO), käme dieser ohne weiteres über Fr. 10'000.– zu liegen. Die Berufung ist damit zulässig.

    2. Das Berufungsverfahren richtet sich nach den Art. 308 ff. ZPO. Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Aus der Begründungspflicht ergibt sich fer- ner, dass die Berufung zudem (zu begründende) Rechtsmittelanträge zu enthalten hat. Mit der Berufung kann die unrichtige Rechtsanwendung und die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Berufungsverfahren zugelassen, wenn sie (a) ohne Verzug vorgebracht werden und (b) trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 ZPO).

3.

    1. Gestützt auf Art. 258 Abs. 1 ZPO kann, wer an einem Grundstück dinglich berechtigt ist, beim Gericht beantragen, dass jede Besitzesstörung zu unterlassen ist und eine Widerhandlung auf Antrag mit einer Busse bis zu Fr. 2'000.– bestraft wird (sog. gerichtliches Verbot). Das gerichtliche Verbot stellt eine besondere Form des strafrechtlichen Schutzes von Grundeigentum dar, der zum zivilrechtlichen Besitzesschutz nach Art. 928 ff. ZGB hinzutritt. Das Verbot im Sinne von

      Art. 258 ZPO besteht dabei in einer an jedermann, d.h. die Allgemeinheit gerichteten, aber auf ein konkretes Grundstück bezogenen Anordnung, in Zukunft eine

      bestimmte Besitzesstörung zu unterlassen. Es richtet sich dabei grundsätzlich gegen einen unbestimmten Personenkreis, wobei ein bestimmter Personenkreis vom Verbot ausgenommen werden kann (LAZOPOULOS/LEIMGRUBER, in Gehri/Jent- Sörensen/Sarbach, OFK ZPO, 2. Aufl. 2015, Art. 258 N 1 m.w.H.). Das gerichtliche Verbot ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, mithin in einem Einparteienverfahren ohne Anhörung möglicher Betroffener, zu beantragen (BSK ZPO-TENCHIO/TENCHIO, 3. Aufl. 2017, Art. 258 N 1; SCHWANDER, DIKE-Komm-

      ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 258 N 14 f.). Der Erlass eines gerichtlichen Verbotes setzt gemäss Art. 258 Abs. 2 ZPO voraus, dass die gesuchstellende Partei ihr dingliches Recht beweist und zudem eine bestehende drohende Störung glaubhaft macht.

    2. Die Vorinstanz prüfte in einem ersten Schritt, ob die Berufungsklägerin ihr dingliches Recht am Grundstück bewiesen habe. Dies bejahte sie zwar grundsätzlich (act. 11 E. 6 erster Satz). Sie erwog aber, die Berufungsklägerin hätte mit Blick darauf auch den Beweis zu erbringen gehabt, dass die sich auf dem Grundstück befindlichen, angeblich wiederholt widerrechtlich benutzten Besucherparkplätze auch tatsächlich fertiggestellt worden seien. Selbiges ergebe sich aus den eingereichten Unterlagen aber nicht zweifelsfrei (act. 11 E. 6.).

Diese vorinstanzliche Auffassung, dass dieser Nachweis nicht erbracht wor- den sei bzw. überhaupt nötig wäre, rügt die Berufungsklägerin (act. 12 Rz. 19 ff.).

Bereits an dieser Stelle ist aber festzuhalten, dass auf diese Frage nicht näher eingegangen zu werden braucht, da – wie sogleich zu zeigen ist – die Berufung deshalb abzuweisen ist, weil die Störung durch einen unbekannten Perso- nenkreis und damit die Voraussetzung der bestehenden drohenden Störung durch die Berufungsklägerin nicht glaubhaft gemacht ist:

      1. In ihrem bei der Vorinstanz eingereichten Gesuch machte die Berufungsklägerin hinsichtlich der bestehenden drohenden Störung geltend, auf der sich in ihrem Alleineigentum befindlichen verfahrensgegenständlichen Liegenschaft komme es immer wieder zum unberechtigten Führen und Parkieren von Fahrzeugen. Insbesondere würden die markierten Besucherparkplätze wiederholt widerrechtlich genutzt, indem Unberechtigte über längere Zeit ihr Fahrzeug dort abstellten. Konkret hätten sich schon wiederholt Mieter darüber beschwert, dass ihre Besucher kaum mehr freie Besucherparkplätze finden könnten. Die Berufungsklägerin reichte zum Beleg drei E-Mails ein, einmal vom 28. November 2021 und zweimal vom 14. März 2022 (act. 1).

      2. Die Vorinstanz setzte der Berufungsklägerin daraufhin – wie gezeigt (vgl.

        E. 1.1) – Frist zur Vervollständigung ihres Gesuchs an. Sie erwog u.a., die eingereichten Reklamationen taugten nur eingeschränkt dazu, eine Störung durch ei- nen unbekannten Personenkreis glaubhaft zu machen, beschränkten sie sich doch auf Störungen durch die Besitzer der Fahrzeuge mit den Kontrollschildern ZH 1 und ZH 2 bzw. ZG 3 bzw. auf eigene Mieter. Zudem fehlten im Gesuch Angaben zur Häufigkeit der angeblichen Störung. Das Gesuch erweise sich damit als offensichtlich unvollständig (act. 4).

      3. Daraufhin wiederholte die Berufungsklägerin in ihrer Eingabe vom 6. April 2022, auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück komme es immer wieder zu unberechtigtem Führen und Parkieren von Fahrzeugen und ergänzte, mündliche bzw. telefonische Beschwerde würden deutlich häufiger erfolgen als schriftliche. Verschiedene schriftliche Beschwerden seien aber in der Gesuchbeilage dokumentiert. Nach wie vor würden Beschwerden eingehen. Sie verwies auf eine Beschwerde vom 4. April 2022, in welcher ein Mieter frage, ob er für den Umzug die Besucherparkplätze mieten könne, da dort verhäuft Mieter keine Besucher stehen würden (u.H.a. act. 7/11). Damit würden die Besucherparkplätze nachweislich regelmässig von Unberechtigten genutzt, wobei es sich sowohl um Mieter als auch um unbekannte Dritte handle. Dies zeige sich auch daran, dass ein dokumentiertes Fahrzeug über ein Kontrollschild aus dem Kanton Zug verfüge. Es liege zudem eine Bushaltestelle in kurzer Gehdistanz und das unberechtigte Parkieren ermögliche so einem unbestimmten Personenkreis ein bequemes Park and Ride. Es gebe fast täglich unberechtigt parkierte Fahrzeuge auf den Besucherparkplätzen (act. 6).

    1. Die Vorinstanz kommt daraufhin in ihrem Entscheid zum Schluss, eine bestehende drohende Störung durch einen unbekannten Personenkreis sei

      nicht glaubhaft: So bezögen sich die von der Berufungsklägerin eingereichten Mieterbeschwerden allesamt entweder auf spezifische Fahrzeuge auf die Mieterschaft als grösseren, bekannten Personenkreis. Die Mieter beschwerten sich namentlich zum einen über die Besitzer der Fahrzeuge mit den Kontrollschil- dern ZH 1 und ZH 2 bzw. ZG 3. Zum andern würde von Mietern generell festgehalten, dass diverse Mieter ihren Zweitwagen auf den Besucherparkplätzen permanent parkieren. In einer weiteren Mieterreklamation werde das Falschparkieren von zwei Mietern mit den Kontrollschildern FL 4 und ZH 5 – und nicht von unbekannten Dritten – gerügt. Diesem Hinweis auf die genannten Kontrollschilder sei zudem die Aufforderung der Vermieterin vorangegangen, ihr Bilder der Kontrollschilder zuzustellen, damit sie die Mieter darauf hinweisen könne, dass Besucherparkplätze nur von Besuchern belegt werden dürften. Die Berufungsklägerin sei damit selbst davon ausgegangen, dass die Störungen (nur) durch Mieter und nicht durch unbekannte Dritte erfolgten.

      Ebenfalls erscheine nicht plausibel, dass unbekannte Dritte die Besucherparkplätze als Park and Ride-Parkplätze für die naheliegende Bushaltestellte benutzten. Plausibler sei, dass jemand direkt zu den Bahnhöfen E. F. fahre, um mit dem Zug weiterzufahren. Dies vor dem Hintergrund, dass

      allgemein bekannt sei, dass Park and Ride-Parkplätze in der Regel an Bahnhöfen und eben nicht an Bushaltestellen zu finden seien. Entsprechend vermöchten die Ausführungen der Berufungsklägerin zusammen mit den Unterlagen wenn überhaupt eine bestehende Störung durch einzelne Fahrzeughalter bzw. durch die ihr bekannte Mieterschaft – und somit nicht durch einen unbekannten Perso- nenkreis – glaubhaft zu machen, weshalb auf das Gesuch nicht einzutreten sei (act. 11 E. 6 ff.).

    2. Die Berufungsklägerin trägt dagegen vor, der vorinstanzliche Schluss, aufgrund der beispielhaft ins Recht gereichten Mieterreklamationen – welche nur Fahrzeuge von Mietern betreffen würden – gebe es keine bestehende drohende Verletzung durch unbekannte Dritte, sei unzulässig. So belegten die Mieterreklamationen, dass es zu Störungen komme. Wie die Berufungsklägerin zu- dem substantiiert und zutreffend dargelegt habe, komme es auch zu Störungen durch Dritte, welche die nahegelegene Bushaltestellte benutzt hätten. Zudem sei

offensichtlich, dass solche Störungen zumindest drohten, was naturgemäss nicht belegt werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass die entsprechende Buslinie Richtung Flughafen fahre, wo nur gegen hohe Kosten parkiert werden könne. Es mache damit durchaus Sinn, vom eigenen Fahrzeug auf den Bus umzusteigen und dazu – mangels Park and Ride-Angebot bei Bushaltestellten – die Liegenschaft der Berufungsklägerin zu missbrauchen. Überdies – so die Berufungsklägerin weiter – wäre die Vorinstanz unter der geltenden Untersuchungsmaxime ohnehin gehalten gewesen, sie vor dem Fällen eines Entscheides bezüglich der drohenden bestehenden Störung durch Dritte zur Einreichung weiterer Unterlagen anzuhalten, habe sie dies doch in Wahrnehmung ihrer Mitwirkungspflicht auch angeboten (act. 12 Rz. 19 ff.).

      1. Soweit die Berufungsklägerin rügt, die Vorinstanz hätte bei ihr weitere Unterlagen einverlangen müssen, ergibt sich was folgt:

      2. Laut Art. 255 lit. b ZPO stellt das Gericht bei Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Sachverhalt von Amtes wegen fest; es gilt die eingeschränkte Untersuchungsmaxime, womit das Gericht regelmässig eine erhöhte Fragepflicht trifft (vgl. auch ZK ZPO-KLINGLER, 3. Aufl. 2016, Art. 255 N 1). Indes ist zu beachten, dass im Anwendungsbereich von Art. 258 ZPO der Untersuchungsgrundsatz insoweit eingeschränkt wird, als es nach dessen Abs. 2 der gesuchstellenden Partei obliegt, ihr dingliches Recht zu beweisen und die bestehende drohen- de Störung glaubhaft zu machen. Der Untersuchungsgrundsatz zielt beim gerichtlichen Verbot damit v.a. darauf ab, dass das Gericht von sich aus zu prüfen hat, ob z.B. vertragliche gesetzliche Duldungspflichten bestehen, welche dem gerichtlichen Verbot entgegenstünden (BSK ZPO-TENCHIO/TENCHIO, 3. Aufl. 2017, Art. 258 N 12; SCHWANDER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 258 N 15). Hinzu

        kommt, dass auch unter Geltung der eingeschränkten Untersuchungsmaxime die gerichtliche Hilfestellung davon abhängig gemacht werden kann, ob eine Partei selbständig auftritt anwaltlich vertreten ist, darf doch von einer anwaltlich vertretenen Partei erwartet werden, dass sie weiss, welcher Behauptungen und Unterlagen es zur Gutheissung eines Gesuches bedarf (vgl. zum Ganzen auch: BGer 4A_519/2010 vom 11. November 2010 E. 2.2; BGer 4C.340/2004 vom

        2. Dezember 2004, E. 4.2 m.H., nicht publ. in BGE 131 III 243; E. 4.2; ZK ZPO-

        SUMMER-SOMM/SCHRANK, 3. Aufl. 2016, Art. 55 N 64 u. 71).

      3. Vorliegend oblag es damit in erster Linie der Berufungsklägerin, vor Vorinstanz von sich aus die bestehende drohende Störung hinreichend zu behaupten und sämtliche ihr dazu sachdienlich erscheinenden Unterlagen einzureichen. Mit Blick auf die anwaltliche Vertretung der Berufungsklägerin durfte die Vorinstanz zudem ohne Weiteres davon ausgehen, die Berufungsklägerin wisse, was sie zu behaupten und inwieweit sie dies zu belegen habe. Trotzdem wies die Vorinstanz – nachdem sie das ursprüngliche Gesuch als unvollständig erachtete – die Berufungsklägerin mit Verfügung vom 5. April 2022 auf die bei ihr bestehen- den Zweifel im Hinblick auf den unbekannten Störerkreis hin und gab ihr entsprechend Gelegenheit, ihr Gesuch zu ergänzen (act. 4; vgl. dazu noch nachfolgend

E. 3.1.2). Wenn die Berufungsklägerin daraufhin – im Wissen darum, dass die Vorinstanz die Glaubhaftmachung des unbekannten Störerkreises in Frage stellte

– diese Gelegenheit nicht nutzte, sämtliche ihr sachdienlich erscheinenden Unterlagen einzureichen, sondern lediglich anbot, noch weitere Unterlagen auf Verlangen nachzureichen, ist ein solches Vorgehen nicht nachvollziehbar und der Berufungsklägerin anzulasten. Der Vorinstanz kann bezüglich ihres Vorgehens jedenfalls keine Verletzung der eingeschränkten Untersuchungsmaxime zum Vorwurf gemacht werden.

      1. Nachfolgend zu prüfen bleibt damit, ob die Vorinstanz gestützt auf die Vorbringen der Berufungsklägerin die drohenden bestehende Störung durch ei- nen unberechtigten Personenkreis zu Recht als nicht glaubhaft gemacht erachtete:

      2. Wie gezeigt, setzt der Erlass eines gerichtlichen Verbotes gemäss Art. 258 Abs. 2 ZPO u.a. voraus, dass die gesuchstellende Partei eine bestehende drohende Störung (Rechtsschutzinteresse) glaubhaft macht. Ansonsten tritt das Gericht mangels einer Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO) auf das Gesuch nicht ein. Die glaubhaft zu machende Störung muss dabei eine gewisse Intensität aufweisen, und es muss dem Gericht aufgrund der Vorbringen der gesuchstellenden Partei möglich sein, sich ein Bild von der Art und der Häufigkeit

        der Störungen zu machen. Daneben hat die gesuchstellende Partei aber insbesondere zu substantiieren und glaubhaft zu machen, dass die Störung durch ei- nen unbekannten Personenkreis erfolgt bzw. droht und ihr damit nicht anders als durch ein allgemeines gerichtliches Verbot begegnet werden kann. Kein Anwen- dungsfall des gerichtliches Verbots ist es, wenn nur eine ganz bestimmte Person als Störer anvisiert wird, wobei Störer ist, wer die Störung veranlasst, duldet, ermöglicht begünstigt und damit den beanstandeten Eingriff in das Eigentum den Besitz der gesuchstellenden Partei beenden könnte. Ist der Störer bekannt (z.B. ein bestimmter Nachbar eine namentlich bekannte Person bzw. allenfalls von diesen abgeleitete Benützer), hat die Klärung der Rechtsfrage in ei- nem kontradiktorischen Verfahren gegen diesen zu erfolgen und es besteht kein schützenswertes Interesse an einem auf einseitiges Vorbringen erlassenen gerichtlichen Verbot. Als Abgrenzungskriterium, ob ein bestimmter ein unbestimmter Personenkreis anvisiert wird, gilt, ob sich das Verbot zumindest auch gegen einen unbekannten Personenkreis richtet (vgl. Botschaft ZPO, BBl 2006 S. 7221 ff., S. 7352; OGer ZH NP150012 vom 20. Juli 2015, E. 1. u. 4.; OGer ZH LF130053 vom 25. Oktober 2013, E. 3.1.2.; OGer ZH NL090163 vom

        1. Dezember 2009 = ZR 109/2010 Nr. 46; OGer ZH LF120031 vom 20. Dezember 2012 = ZR 112/2013 Nr. 5; zum Ganzen auch: BSK ZPO-TENCHIO/TENCHIO,

        2. Aufl. 2017, Art. 258 N 2; SCHWANDER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 258

        N 3; ZK ZPO-GÖKSU, 3. Aufl. 2016, Art. 258 N 20).

      3. Die Berufungsklägerin behauptet bzw. behauptete vor Vorinstanz, es komme auf ihrem Grundstück immer wieder zum Führen und Parkieren von Fahrzeugen durch Unberechtigte, wobei Störer sowohl Mieter als auch unbekannte Dritte seien. Diese Behauptung belegte die Berufungsklägerin durch vier E-Mails, eines vom 28. November 2021 (act. 3/5), zwei vom 14. März 2022 (act. 3/6–7) und ei- nes vom 4. April 2022 (act. 7/11). Im Rahmen ihrer Berufungsschrift räumt die Berufungsklägerin ein, die eingereichten, via E-Mails erfolgten Mieterreklamationen beträfen nur Fahrzeuge von Mietern (act. 12 Rz. 21). Dass die eingereichten Mieterreklamationen auch Störungen durch unbekannte Dritte betreffen würden, behauptet die Berufungsklägerin in ihrer Berufung damit nicht. Vielmehr erachtet sie den Umstand, dass sie mit den eingereichten E-Mails Störungen glaubhaft ge-

macht habe in Kombination mit ihrer Behauptung, die Störungen erfolgten auch durch Dritte, welche die nahe Bushaltestellte benutzen wollten, als ausreichend, um eine Störung durch einen unbekannten Personenkreis als glaubhaft anzusehen (vgl. insb. act. 12 Rz. 21). Dem kann indes nicht gefolgt werden:

Zwar mag es zutreffen, dass durch die eingereichten E-Mails Störungen glaubhaft sind. Allerdings nur solche durch die Mieterschaft der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Bei dieser handelt es sich nicht um einen unbekannten Personenkreis, gegenüber dem der Besitzesschutz nur mittels eines gegen die Allgemeinheit gerichtetem gerichtlichen Verbot durchgesetzt werden kann. Vielmehr hat die Berufungsklägerin die Durchsetzung der Hausordnung (mithin das Abstellen der Mieterfahrzeuge nur auf den bezeichneten bzw. von den Mietern gemieteten Stellplätzen) gegenüber ihrer Mieterschaft selbst in der Hand, womit es in Bezug auf den Personenkreis der Mieterschaft an einem Rechtsschutzinteresse zum Erlass eines gerichtlichen Verbotes mangelt.

Dafür, dass es – wie von der Berufungsklägerin behauptet – auch zu Störungen durch Dritte kommt, fehlt es sodann vollumfänglich an Belegen bzw. objektiven Anhaltspunkten. Selbst unter Geltung des herabgesetzten Beweismasses des Glaubhaftmachens muss eine gewisse, an objektiven Kriterien zu messen- de Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein der behaupteten Tatsache bestehen, auch wenn aus Sicht des Gerichts noch die Möglichkeit der Nichtverwirklichung der Tatsache besteht. Glaubhaftmachen bedeutet zwar weniger als beweisen, aber doch mehr als blosses behaupten (vgl. statt vieler: BGE 130 III 321,

E. 3.3.). Indem die Berufungsklägerin die Störung durch Dritte zwar behauptet, diesbezüglich aber keinerlei sachdienliche Belege einreicht, aus welchen sich zumindest Anhaltspunkte für die behaupteten, angeblich regelmässig stattfinden- den Störungen durch einen unbekannten Störerkreis ergäben, gelingt es ihr nicht, diese Behauptung glaubhaft zu machen. Daran ändert auch die Behauptung, wo- nach aufgrund der nahegelegenen Bushaltestelle die Parkplätze der Berufungsklägerin als Park and Ride-Möglichkeit zur Benutzung des Busses an den nahe gelegenen Flughafen genutzt würden, nichts: Alleine, weil eine diesbezügliche Darstellung – auch mit Blick auf die hohen Parkgebühren am Flughafen – als im Bereich des Möglichen erscheint, ist alleine mit ihr noch nicht glaubhaft gemacht,

dass es auch tatsächlich zu Störungen durch einen unbekannten Personenkreis kommt.

3.8 Damit gelingt es der Berufungsklägerin nicht, die Störung durch einen unbekannten Personenkreis glaubhaft zu machen. Die Berufung ist abzuweisen.

4.

Ausgangsgemäss wird die Berufungsklägerin für das zweitinstanzliche Verfahren kostenpflichtig (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von § 8 Abs. 4 sowie § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 600.– festzusetzen. Parteientschädigung ist keine zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen. Die Verfügung des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Bülach vom 13. Mai 2022 (EH220016) wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 600.– festgesetzt und der Berufungsklägerin auferlegt.

  3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Berufungsklägerin sowie an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Bülach, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert liegt mutmasslich über Fr. 30'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw M. Schnarwiler versandt am:

11. August 2022

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.