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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LB180066
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB180066 vom 03.07.2019 (ZH)
Datum:03.07.2019
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_696/2019
Leitsatz/Stichwort:Testamentsungültigkeit
Schlagwörter : Recht; Erblasser; Berufung; Verfügung; Gericht; Vorinstanz; Klage; Partei; Rechtsbegehren; Pflicht; Letztwillige; Pflichtteil; Erblassers; Beweis; Gungen; Klägers; Herabsetzung; Beklagten; Letztwilligen; Tatsache; Tatsachen; Verfügungen; Parteien; Vertrete; Berufungsverfahren; Replik; Begründung; Klagebegründung
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 221 ZPO ; Art. 227 ZPO ; Art. 29 BV ; Art. 310 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 470 ZGB ; Art. 505 ZGB ; Art. 52 ZPO ; Art. 522 ZGB ; Art. 523 ZGB ; Art. 55 ZPO ; Art. 56 ZPO ; Art. 57 ZPO ; Art. 626 ZGB ; Art. 69 ZPO ; Art. 85 ZPO ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:142 III 413;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LB180066-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. C. Faoro

Urteil vom 3. Juli 2019

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1.

    gegen

  2. ,

    Beklagter und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

    betreffend Testamentsungültigkeit

    Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom 19. Juni 2018 (CP160001-F)

    Rechtsbegehren:
    Rechtsbegehren Kläger gemäss Klagebegründung:

    (Urk. 2 S. 1)

    1. Ziffer 3 der letztwilligen Verfügung des Erblassers C. «mein letzter Wille» vom 8. April 1994 sei insofern für ungültig zu erklä- ren, als sie den Beklagten von der Ausgleichspflicht befreien soll.

    Die dritte der eigenhändigen letztwilligen Verfügungen des Erblassers C. , welche das Datum vom 12. Januar 1998 trägt, jene welche den Fall regelt, dass der Erblasser gleichzeitig mit oder nach seiner Ehefrau versterben sollte, sei insofern als ungültig zu erklären, als sie den Beklagten zum Alleinerben ernennt.

    1. Es sei festzustellen, dass der Kläger als gesetzlicher Erbe am Nachlass beteiligt ist.

    2. Demzufolge sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen durch das Gericht zu ermittelnden Betrag zuzüglich Zins von 5% seit Verzug zu bezahlen.

    3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

Rechtsbegehren Kläger gemäss Replik:

(Urk. 53 S. 1, Hervorhebungen hinzugefügt)

1. Ziffer 3 der letztwilligen Verfügung des Erblassers C. «mein letzter Wille» vom 8. April 1994 sei insofern für ungültig zu erklä- ren, als sie den Beklagten von der Ausgleichspflicht befreien soll.

Die zweite der eigenhändigen letztwilligen Verfügungen des Erblassers C. , welche das Datum vom 12. Januar 1998 tragen, jene welche den Fall regelt, dass der Erblasser gleichzeitig mit oder nach seiner Ehefrau versterben sollte, sei insofern als ungültig zu erklären, als sie den Beklagten zum Alleinerben ernennt.

  1. Es sei festzustellen, dass der Kläger als gesetzlicher Erbe am Nachlass beteiligt ist.

  2. Demzufolge sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen durch das Gericht zu ermittelnden Betrag zuzüglich Zins von 5% seit Verzug zu bezahlen.

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

Rechtsbegehren Kläger anlässlich der Hauptverhandlung vom 25. Mai 2018:

(Prot. I S. 24; Urk. 82)

1. Ziffer 3 der letztwilligen Verfügung des Erblassers C. «mein letzter Wille» vom 8. April 1994 sei insofern für ungültig zu erklä- ren, als sie den Beklagten von der Ausgleichspflicht befreien soll.

Die zweite der eigenhändigen letztwilligen Verfügungen des Erblassers C. , welche das Datum vom 12. Januar 1998 tragen, jene welche den Fall regelt, dass der Erblasser gleichzeitig mit oder nach seiner Ehefrau versterben sollte, sei insofern als ungültig zu erklären, als sie den Beklagten zum Alleinerben ernennt.

  1. Es sei festzustellen, dass der Kläger als gesetzlicher Erbe am Nachlass beteiligt ist.

  2. Demzufolge sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen durch das Gericht zu ermittelnden Betrag - und zwar mindestens den Pflichtteil - zuzüglich Zins von 5% seit Verzug zu bezahlen.

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

Rechtsbegehren Beklagter:

(Urk. 43 S. 2; Urk. 58 S. 2)

1. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen.

2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu Lasten des Klägers.

Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, III. Abteilung, vom 19. Juli 2018:

(Urk. 104 S. 19)

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 15'000.00 ; die Barauslagen betragen: Fr. 772.50 Schriftendolmetscherkosten

    Fr. 450.05 Schriftendolmetscherkosten

    Fr. 16'222.55 Total

  3. Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss in der Höhe von Fr. 19'000.- verrechnet.

  4. Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 18'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsschein.

  6. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Berufungsanträge:

des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 103 S. 2 f.):

1. Das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 19. Juni 2018, Geschäfts-Nr.

CP160001-F/UB/EB, sei aufzuheben und die Sache zur Fortsetzung des Prozesses im Sinne der obergerichtlichen Erwägungen, insbesondere zur rechtsgenüglichen Abklärung des Sachverhalts und Durchführung eines Beweisverfahrens bezüglich des dem Kläger von Gesetzes wegen zustehenden Erbanspruchs an die Vorinstanz zurückzuweisen.

  1. Eventualiter habe das angerufene Gericht das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 19. Juni 2018, Geschäfts-Nr. CP160001-F/UB/EB, aufzuheben und selbst - allenfalls nach ergänzend durchgeführtem Beweisverfahren - aufgrund der Akten

    1. den folgenden Satz in der eigenhändigen letztwilligen Verfügung vom

      12. Januar 1998 des am tt.mm.2015 verstorbenen C. , wohnhaft gewesen in D. (nachfolgend Erblasser), für ungültig zu erklären:

      1. Ungeachtet allfälliger weiterer bei meinem Ableben vorhandenen pflichtteilsgeschützten Erben setze ich meinen Sohn B. geb. tt. September 1947 wohnhaft str. E. als Alleinerben ein.

      sowie

    2. dem Kläger seinen gesetzlichen Erbanspruch zuzusprechen und den Beklagten zur Zahlung von Fr. 527'204.00 zuzüglich 5% Verzugszins seit

      15. April 2016 (Klageeinleitung) an den Kläger zu verpflichten.

  2. Subeventualiter habe das angerufene Gericht das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 19. Juni 2018, Geschäfts-Nr. CP160001-F/UB/EB, aufzuheben und selbst - allenfalls nach ergänzend durchgeführtem Beweisverfahren - aufgrund der Akten

    1. festzustellen, dass der Pflichtteil des Klägers im Nachlass des Erblassers drei Achtel (3/8) beträgt und der Kläger demzufolge einen rechtlichen Anspruch auf 3/8 am Nachlass hat, sowie

    2. die oben unter Ziff. 2. a) des Rechtsbegehrens zitierte Ziff. 1 der Verfü- gung des Erblassers vom 12. Januar 1998 entsprechend herabzusetzen und den Beklagten zur Zahlung des dem Kläger zustehenden Pflichtteils von CHF 186'732.00 zuzüglich 5% Verzugszins seit 15. April 2016 (Klageeinleitung) zu verpflichten.

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuern) zulasten des Beklagten.

des Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 112 S. 2):

1. Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen und das Urteil des Bezirksgerichts Horgen (CP160001) sei zu bestätigen.

  1. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu Lasten des Berufungsklägers.

    Erwägungen:

    I.

    1. Der Erblasser und Vater der Prozessparteien, C. , verstarb am tt.mm.2015 in D. . Seine Ehefrau und Mutter der Prozessparteien war bereits am tt.mm.2002 verstorben. Der Erblasser hinterliess unbestrittenermassen insgesamt drei als letztwillige Verfügungen bezeichnete Dokumente: (1) Letztwillige Verfügung Mein letzter Wille vom 8. April 1994 (Urk. 3/1), (2) Eigenhändige letztwillige Verfügung vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/4) und (3) Eigenhändige letztwillige Verfügung ebenfalls datiert mit 12. Januar 1998 (Urk. 3/5).

In der ersten letztwilligen Verfügung vom 8. April 1994 (Urk. 3/1) setzte der Erblasser seine Ehefrau als Alleinerbin ein, wobei für den Fall, dass diese vor ihm versterben sollte, die gesetzliche Erbfolge gelten sollte. Im Übrigen befreite der Erblasser die Nachkommen von der Ausgleichspflicht, da sie zu Lebzeiten wertmässig ungefähr gleichviel erhalten hätten.

In der zweiten resp. einer der beiden letztwilligen Verfügungen vom

12. Januar 1998 (Urk. 3/4) setzte der Erblasser erneut seine Ehefrau als Alleinerbin sowie Willensvollstreckerin ein und hob sämtliche früheren letztwilligen Verfü- gungen auf. Mit einer weiteren letztwilligen Verfügung, ebenfalls datiert mit

  1. anuar 1998 (Urk. 3/5), setzte der Erblasser für den Fall des Vorversterbens seiner Ehefrau, seinen älteren Sohn (den Beklagten) als Alleinerben und Willensvollstrecker ein. Eine Regelung betreffend die gesetzliche Erbfolge und Ausgleichung enthalten die letztwilligen Verfügungen von 1998 nicht.

    1. Der Kläger verlangt, es sei Ziffer 3 der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 8. April 1994, welche den Beklagten von der Ausgleichspflicht befreie, für ungültig zu erklären. Auch sei diejenige letztwillige Verfügung vom 12. Januar 1998, welche den Beklagten zum Alleinerben ernenne, für ungültig zu erklären. Es sei festzustellen, dass er als gesetzlicher Erbe am Nachlass beteiligt sei und demzufolge sei der Beklagte zu verpflichten, ihm einen durch das Gericht zu ermittelnden Betrag zu bezahlen (Urk. 2 S. 1; Urk. 53 S. 1 f.). Zur Begründung

      macht er zusammenfassend geltend, dass es nie die Absicht des Erblassers gewesen sei, einen seiner beiden Söhne besserzustellen. Der Vater sei juristischer Laie gewesen und habe offensichtlich nicht verstanden, was er verfüge. Da die entsprechenden Passagen der letztwilligen Verfügungen des Erblassers ungültig seien, habe er Anspruch darauf, am Nachlass zu partizipieren (Urk. 1 S. 4 ff.; Urk. 53).

    2. Die Vorinstanz wies die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2018 ab (Urk. 104). Gegen dieses Urteil erhob der Kläger mit Eingabe vom 3. Dezember 2018, hier eingegangen am 5. Dezember 2018, rechtzeitig Berufung und stellte die eingangs wiedergegebenen Anträge (Urk. 103). Mit Verfügung vom 14. Dezember 2018 wurde dem Kläger Frist angesetzt, um für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens einen Kostenvorschuss von Fr. 21'300.-- zu leisten (Urk. 109). Der Kostenvorschuss ging innert Frist hierorts ein (Urk. 110). Am 15. Januar 2019 wurde dem Beklagten Frist anberaumt, um die Berufungsantwort einzureichen (Urk. 111). Diese datiert vom 11. Februar 2019 und ging am 12. Februar 2019 rechtzeitig ein (Urk. 112). Mit Verfügung vom 27. Februar 2019 wurde das Doppel der Berufungsantwortschrift der Gegenpartei zur Kenntnisnahme zugestellt

(Urk. 115). Der Kläger reichte mit Eingabe vom 11. März 2019 eine Stellungnahme hiezu ein (Urk. 116). Diese wurde dem Beklagten umgehend zur Kenntnisnahme übersandt (Urk. 116). Auf Ersuchen des Beklagten wurde ihm in der Folge mit Verfügung vom 26. März 2019 Frist angesetzt, um sich zu der betreffenden Eingabe des Klägers zu äussern (Urk. 121). Die entsprechende Stellungnahme des Beklagten erfolgte innert erstreckter Frist; sie datiert vom 25. April 2019

(Urk. 127). Mit Verfügung vom 3. Mai 2019 wurde die Eingabe der Gegenpartei zugestellt und gleichzeitig der Aktenschluss angeordnet (Urk. 128).

II.

  1. Mit der Berufung kann sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). In der Berufungsschrift sind die Behauptungen bestimmt und vollständig

    aufzustellen. Zudem muss sie - im Gegensatz zur Klageschrift - nicht nur eine tatsächliche, sondern auch eine rechtliche Begründung enthalten (Reetz/Theiler, in: Sutter-Somm et al., ZPO Komm., 3. A., Art. 311 N 36). Der Berufungskläger hat mittels klarer und sauberer Verweisungen auf die Ausführungen vor der Vorinstanz zu zeigen, wo er die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben hat. Es ist nämlich nicht Sache der Rechtsmittelinstanz, die Akten und die Rechtsschriften der Vorinstanz zu durchforsten, um festzustellen, was welche Partei wo ausgeführt hat. Damit ist gesagt, dass die Berufungsschrift weder eine pauschale Verweisung auf die bei der Vorinstanz eingereichten Rechtsschriften noch eine neuerliche Darstellung der Sachoder Rechtslage enthalten darf, welche nicht darauf eingeht, was vor der Vorinstanz vorgebracht worden ist. Pauschale Verweisungen auf die vor der Vorinstanz eingebrachten Rechtsschriften sind namentlich dann unzulässig, wenn sich die Vorinstanz mit den Ausführungen des Berufungsklägers auseinandergesetzt hat. Stützt sich der angefochtene Entscheid auf mehrere selbständige Begründungen, muss sich der Berufungskläger in der Berufungsschrift mit allen Begründungen auseinandersetzen. Das Gleiche gilt im Falle von Hauptund Eventualbegrün- dung. Auch hier muss sich der Berufungskläger mit beiden Begründungen auseinandersetzen (Hungerbühler/Bucher, DIKE-Komm-ZPO, Art. 311 N 42 f.). Zwar prüft die Berufungsinstanz nicht nur die geltend gemachten Rügen (Rügeprinzip). Aber das Gericht muss den angefochtenen Entscheid nicht von sich aus auf Män- gel untersuchen, es sei denn, der Sachverhalt sei geradezu willkürlich festgestellt worden oder das Recht sei geradezu willkürlich angewandt worden (Reetz/Theiler, a.a.O.). Aufgrund der umfassenden Überprüfungsbefugnis ist die Berufungsinstanz nicht an die mit den Rügen vorgebrachten Argumente oder an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden, sie kann die Rügen auch mit abweichenden Erwägungen gutheissen oder abweisen (vgl. Reetz/Theiler, a.a.O.,

    Art. 310 N 6). Die Begründungsanforderungen gelten auch für die Berufungsantwort, wenn darin Erwägungen der Vorinstanz beanstandet werden, die sich für die im kantonalen Verfahren obsiegende Partei ungünstig auswirken können (BGer 4A_258/ 2015 vom 21. Oktober 2015, E. 2.4.2; BGer 4A_580/2015 vom 11. April

    2016, E. 2.2; BGer 4A_496/2016 vom 8. Dezember 2016, E. 2.2.2; Reetz/Theiler,

    a.a.O., Art. 312 N 11). Die Beanstandungen am angefochtenen Entscheid haben die Parteien innert der Berufungsbzw. Berufungsantwortfrist vollständig vorzutragen. Ein allfälliger zweiter Schriftenwechsel oder die Ausübung des sog. Replikrechts dienen nicht dazu, die bisherige Kritik zu vervollständigen oder zu ergän- zen (BGE 142 III 413, E. 2.2.4).

  2. Im Berufungsverfahren sind neue Vorbringen nur noch unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO zulässig. Danach sind neue Tatsachen und Beweismittel nur noch zu berücksichtigen, wenn sie - kumulativ - ohne Verzug vorgebracht werden (Art. 317 Abs. 1 lit. a ZPO) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO). Die Berufungsinstanz soll zwar den erstinstanzlichen Entscheid umfassend überprüfen, nicht aber alle Sachund Rechtsfragen völlig neu aufarbeiten und beurteilen. Alles, was relevant ist, ist grundsätzlich rechtzeitig in das erstinstanzliche Verfahren einfliessen zu lassen (ZK ZPO-Reetz/Hilber, Art. 317 N 10, m.w.H.). Jede Partei, welche neue Tatsachen und Beweismittel vorbringt, hat zunächst zu behaupten und zu beweisen, dass dies ohne Verzug geschieht. Will eine Partei unechte Noven geltend machen, so trägt sie die Beweislast für deren Zulässigkeit (Steininger, DIKE-Komm-ZPO, Art. 317 N 7; BGer 5A_330/2013 vom 24. September 2013, E. 3.5.1, m.w.H.). Eine gegenüber dem vorinstanzlichen Verfahren geänderte Sachverhaltsversion kann daher im Berufungsverfahren nicht beliebig vorgetragen werden. Im Berufungsverfahren ist das Nachbringen von Behauptungen, welche im erstinstanzlichen Verfahren unsubstantiiert geblieben waren, ausgeschlossen (ZK ZPO-Reetz, Vorbemerkungen zu Art. 308-318 N 44).

Neue oder geänderte Rechtsbegehren im Berufungsverfahren können nur unter den Voraussetzungen von Art. 227 ZPO i.V. Art. 317 Abs. 2 lit. a und b ZPO noch vorgebracht werden (BSK ZPO-Willisegger, Art. 221 N 21, Art. 227 N 9, 17 ff.; BSK ZPO-Spühler, Art. 317 N 14 f.). Die Änderung des Rechtsbegehrens muss vom Kläger entsprechend begründet werden.

III.

1.a) Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der Erblasser in seiner Verfü- gung vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/4) ausdrücklich festgehalten habe, dass sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen vollumfänglich aufgehoben seien. Der Widerruf sei eigenhändig erfolgt, datiert und unterzeichnet, womit die Formerfordernisse gemäss Art. 505 Abs. 1 ZGB erfüllt seien. Aufgrund dieser klaren Formulierung lasse sich daher auch aus zwei späteren Schreiben des Erblassers (Urk. 54/1+2) nichts zu Gunsten des Klägers ableiten. Der Erblasser habe mittels dieser Verfügung diejenige aus dem Jahre 1994 aufgehoben. Die kürzere der beiden letztwilligen Verfügungen vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/5) stelle zweifellos eine Ergänzung der längeren Verfügung vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/4) dar, indem sie den Fall des Vorversterbens der Ehefrau des Erblassers regle, welche in erster Linie als Alleinerbin und Willensvollstreckerin eingesetzt worden sei. Damit würden die beiden Verfügungen vom 12. Januar 1998 nebeneinander gelten. Es sei daher nur zu prüfen, ob diejenige Verfügung vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/5), welche den Beklagten im Falle des Vorversterbens der Ehefrau des Erblassers als Alleinerben und Willensvollstrecker einsetze, ungültig sei (Urk. 104 S. 9 f.). Diese Ausführungen wurden vom Kläger im Berufungsverfahren nicht explizit gerügt (Urk. 103 S. 9 ff.). Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass es vorliegend nur um diese (zweite) Verfügung vom 12. Januar 1998 (Urk. 3/5) und nicht auch um die beiden anderen von 1998 (Urk. 3/4) bzw. 1994 (Urk. 3/1) geht.

  1. Im Weiteren setzte sich die Vorinstanz mit den diversen, vom Kläger im Zusammenhang mit den letztwilligen Verfügungen vorgebrachten, Ungültigkeitsgründen auseinander (Urk. 104 S. 11 ff.). Sie kam dabei zum Schluss, dass es dem Kläger nicht einmal ansatzweise gelungen sei, einen Ungültigkeitsgrund plausibel zu machen (Urk. 104 S. 14).

    Diese Rechtsauffassung wurde vom Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens kritisiert. Der Kläger rügte in erster Linie eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz. Die Vorinstanz habe u.a. festgehalten, dass der Kläger hinsichtlich der zweiten letztwilligen Verfügung des Erblassers vom

    12. Januar 1998 (Urk. 3/5) geltend mache, sein Vater habe sich als juristischer Laie in einem Irrtum hinsichtlich der juristischen Bedeutung des Wortes Alleinerbe befunden. Er habe dies in ungenügender Weise substantiiert und den Irrtum nicht ansatzweise belegt (Urk. 103 S. 10 f.). Der Kläger habe jedoch sehr wohl Beweise dafür ins Recht gelegt, wonach sich der Erblasser in einem Irrtum hinsichtlich der Bedeutung dieses Ausdrucks befunden habe. Er verwies dazu auf die beiden Schreiben des Erblassers vom 29. Mai 1998 (Urk. 54/1 + 54/2; Urk. 103 S. 11).

    Im Rahmen der Klagebegründung machte der Kläger geltend, dass der Erblasser bei der Abfassung der verschiedenen letztwilligen Verfügungen verschiedene juristische Begriffe verwendet habe, deren Tragweite er sich als juristischer Laie nicht bewusst gewesen sei. Der Erblasser habe den Kläger nicht schlechter stellen wollen als seinen Bruder (den Beklagten). Er habe ihn auch nicht enterben wollen. Insofern habe sich der Erblasser in einem (Rechtsbzw. Motiv-) Irrtum befunden, weshalb auch unter diesem Aspekt die Ungültigkeit der Alleinerbeneinsetzung festzustellen sei. Es sei davon auszugehen, dass der Erblasser seine beiden Söhne materiell habe gleich behandeln wollen (Urk. 2 S. 5). Der Kläger unterliess es jedoch, zu diesen Behauptungen bezüglich Ungültigkeit der letztwilligen Verfügungen und Irrtum des Erblassers entsprechende Beweismittel zu benennen bzw. einzureichen. Der Kläger behauptete im Berufungsverfahren auch nicht, dass er dies in der Klagebegründung gemacht habe (Urk. 112 S. 6). Zudem mangelt es seinen diesbezüglichen Behauptungen in der Klagebegründung insgesamt an einer genügenden Substantiierung (Urk. 2 S. 1-6). Im Berufungsverfahren macht der Kläger nun geltend, dass er vor Vorinstanz sehr wohl Beweise (Urk. 54/1+2; zwei Schreiben des Erblassers vom 29. Mai 1998) ins Recht gelegt habe, welche belegen würden, dass sich der Erblasser in einem Irrtum hinsichtlich der Bedeutung des Ausdrucks Alleinerbe befunden habe (Urk. 103 S. 11;

    Urk. 116 S. 4). Diese beiden Beilagen wurden vom Kläger jedoch nicht im Zusammenhang mit dem behaupteten Irrtum des Erblassers bezüglich des Begriffs des Alleinerben als Beweismittel offeriert, sondern im Zusammenhang mit anderen Tatsachenbehauptungen, nämlich denjenigen betreffend der Gültigkeit der drei letztwilligen Verfügungen des Erblassers. Der Kläger stellte sich in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt, dass die neue letztwillige Verfügung vom

    12. Januar 1998 (Urk. 3/5) neben und nicht an Stelle derjenigen vom 8. April 1994

    getreten sei und diese nicht ersetzt habe (Urk. 53 S. 4). Auch das zweite Schreiben bestätigt dies nach Auffassung des Klägers (Urk. 53 S. 4). Auch dies trifft jedoch nicht zu. Der Kläger vermochte - unter Hinweis auf die vorinstanzlichen Akten - auch nicht darzulegen, wo er an anderer Stelle in der Klagebegründung entsprechende Behauptungen und Beweismittel genannt hat, um den behaupteten Irrtum des Erblassers darzulegen.

    Entgegen der Auffassung des Klägers hat er auch in seiner Replikschrift weder substantiierte Tatsachenbehauptungen bezüglich der Frage eines allfälligen Irrtums des Erblassers aufgestellt, noch entsprechende Beweismittel zu diesen Tatsachenbehauptungen eingereicht, wozu er jedoch aufgrund der ihn treffenden Behauptungsund Beweislast verpflichtet gewesen wäre. Nach dem in Art. 55 Abs. 1 ZPO statuierten Verhandlungsgrundsatz ist es Sache der Parteien, dem Gericht die Tatsachen darzulegen, auf die sie ihre Begehren stützen, und die Beweismittel dafür anzugeben. Der Behauptungslast ist Genüge getan, wenn die Parteien in ihrem Tatsachenvortrag in allgemeiner Weise sämtliche Tatsachen benennen, welche unter die ihren Antrag stützenden Normen zu subsumieren sind. Ein solchermassen vollständiger Tatsachenvortrag wird als schlüssig bezeichnet, da er bei Unterstellung, er sei wahr, den Schluss auf die anbegehrte Rechtsfolge zulässt. Bestreitet jedoch - wie vorliegend - der Prozessgegner den schlüssigen Tatsachenvortrag der behauptungsbelasteten Partei, greift eine über die Behauptungslast hinausgehende Substantiierungslast. Die Vorbringen sind in diesem Fall nicht nur in den Grundzügen, sondern in Einzeltatsachen zergliedert so umfassend und klar darzulegen, dass darüber Beweis abgenommen oder dagegen der Gegenbeweis angetreten werden kann. Dabei bestimmt sich nach den einschlägigen bundesrechtlichen Normen, welche Tatsachen für einen schlüssigen Vortrag zu behaupten sind, und genügt ein globaler Verweis auf eingereichte Unterlagen den bundesrechtlichen Anforderungen an die Substantiierung nicht. Eine ausreichende Substantiierung ist Voraussetzung für den Beweisführungsanspruch (BGer 4A_252/2016 vom 17. Oktober 2016, E. 2.2 m.w.H.).

    Dabei müssen die Behauptungen so bestimmt und detailliert (substantiiert) sein, dass sie im Falle einer Bestreitung in einem Beweissatz formuliert, zum Beweis verstellt und mit den zulässigen Beweismitteln (z.B. Urkunden, Zeugen) bewiesen werden können. Es geht deshalb nicht an, dem Gericht bloss Unterlagen einzureichen, aus denen der entscheidrelevante Sachverhalt gleichsam herausgefiltert werden kann. Mit einem solchen Vorgehen ist der den Parteien obliegenden Behauptungsund Substantiierungslast nicht Genüge getan und liesse sich die Verhandlungsmaxime im Ergebnis weitgehend aushebeln. Denn Beilagen sind grundsätzlich blosse Beweismittel für Behauptungen, die in den Parteivorträ- gen zu erheben sind. Nur Tatsachen, die (dort) formund fristgerecht behauptet wurden (und nicht schon, was aufgrund der Akten erkennbar ist), können in sachverhaltlicher Hinsicht zum Prozessstoff erhoben und dem Entscheid zugrunde gelegt werden. Entsprechend genügt es nach konstanter Rechtsprechung nicht, wenn sich eine bestimmte Tatsache oder das Klagefundament lediglich aus den eingereichten Urkunden ergibt, ohne dass sich eine Partei in ihren Vorträgen auf sie beruft. Solche (nicht behaupteten) Tatsachen dürfen im Rahmen der Verhandlungsmaxime grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (ZR 106 [2007] Nr. 23,

    E. II.5.2.c; 97 [1998] Nr. 87; 95 [1996] Nr. 12a; s.a. ZR 102 [2003] Nr. 15, E. 2.2).

    Andernfalls wäre es der Gegenpartei faktisch oftmals gar nicht möglich, die (aus den eingereichten Beweismitteln eruierbare) Sachdarstellung ihres Prozessgegners im Sinne von Art. 222 Abs. 2 Satz 2 ZPO sachgerecht zu bestreiten (vgl. OGer ZH LB110046 vom 08.09.2014, E. V.3.3.3.4.e.bb; Glasl, DIKE-Komm-ZPO,

    Art. 55 N 26; BSK ZPO-Willisegger, Art. 221 N 27; KUKO ZPO-Naegeli/Richers, Art. 221 N 27). Im Einzelnen ergeben sich die Anforderungen an die Substantiierung der Behauptungen einerseits aus den Tatbestandsmerkmalen der angerufenen Norm und anderseits aus den Vorbringen oder Bestreitungen bzw. dem prozessualen Verhalten der Gegenpartei (BGer 4A_57/2014 vom 8. Mai 2014,

    E. 1.3.3 m.w.Hinw.). Die im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der angerufenen Norm wesentlichen und für den Rechtsschluss (Subsumtion) notwendigen Tatsachenbehauptungen müssen aber jedenfalls vorgetragen werden (vgl. BGer 4A_33/2015 vom 9. Juli 2015, E. 6.2.2; zum Ganzen auch BGer 4A_724/2016 vom 19. Juli 2017, E. 3.1; 4A_427/2016 vom 28. November 2016, E. 3.3). Diesen Grundsätzen trägt auch die gesetzliche Bestimmung über den erforderlichen Inhalt der Klage Rechnung: Nach Art. 221 Abs. 1 ZPO hat die Klage unter anderem

    die Tatsachenbehauptungen (lit. d) und die Bezeichnung der einzelnen Beweismittel zu den behaupteten Tatsachen (lit. e) zu enthalten. Die klagende Partei ist mithin gehalten, in der Klagebegründung alle für ihren Anspruch massgeblichen Tatsachen vorzubringen und die zulässigen Beweismittel zu nennen, wobei die Beweisofferten den behaupteten Tatsachen zuzuordnen sind (Prinzip der Beweisverbindung). Im Unterschied zur Pflicht bzw. Obliegenheit der klagenden Partei, das Tatsachenfundament darzulegen, d.h. ihr Rechtsbegehren in tatsächlicher Hinsicht zu begründen, ist eine rechtliche Begründung in Anbetracht von Art. 57 ZPO zwar zulässig, aber fakultativ (Art. 221 Abs. 3 ZPO). Diesen Erfordernissen ist der Kläger mit seinen Vorbringen in den vorinstanzlichen Rechtsschriften - wie erwähnt - nicht nachgekommen. Es erübrigt sich daher auch, auf die beiden erwähnten Schreiben des Erblassers näher einzugehen. Zudem ist nicht ersichtlich, wie mit diesen beiden Schreiben ein Irrtum des Erblassers plausibel gemacht werden könnte.

    Der Kläger unterliess es im Übrigen, sich an dieser Stelle mit den weiteren, von der Vorinstanz gemachten Erwägungen (Urk. 104 S. 11 ff.) bezüglich des Fehlens eines Ungültigkeitsgrundes in den beiden letztwilligen Verfügungen des Erblassers auseinanderzusetzen (Urk. 103 S. 10 ff.). Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die diesbezüglichen Rügen des Klägers unbegründet sind. Dem Kläger gelang es auch im Berufungsverfahren nicht darzulegen, inwiefern die beiden letztwilligen Verfügungen des Erblassers (Urk. 3/4+5) ungültig sein sollten.

  2. Der Kläger monierte auch, dass die Vorinstanz zu Unrecht davon ausgehe, dass sich aus der Klagebegründung nicht ergebe, dass er eventualiter seinen Pflichtteil geltend gemacht habe. Für alle am Gerichtsverfahren beteiligten Personen sei klar gewesen, dass er vor Vorinstanz eventualiter die Wiederherstellung seines Pflichtteils aufgrund der Überschreitung der Verfügungsfreiheit des Erblassers mittels Herabsetzung ersucht habe (Urk. 103 S. 12).

    Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, verlangte der Kläger mit seinen Rechtsbegehren Ziffer 2 und 3, es sei festzustellen, dass er als gesetzlicher Erbe am Nachlass beteiligt sei. Demzufolge sei der Beklagte zu verpflichten, ihm einen

    durch das Gericht zu ermittelnden Betrag zu bezahlen. Die Vorinstanz ging davon aus, dass das Feststellungsbegehren des Klägers in Ziffer 2 sowie das Leistungsbegehren in Ziffer 3 als Konsequenz der Rechtsbegehren des Klägers auf Ungültigerklärung der letztwilligen Verfügungen des Erblassers zu verstehen sei (Urk. 104 S. 15). Diese Ausführungen kritisierte der Kläger in der Berufungsbegründung nicht. Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass die Vorinstanz die Rechtsbegehren des Klägers zutreffend interpretierte und die Rechtsbegehren des Klägers somit weder explizit noch implizit ein Herabsetzungsbegehren beinhalten. Der Kläger vertritt offenbar vielmehr den Standpunkt, dass sich aus der Klagebegründung eventualiter sein Begehren auf Zusprechung des Pflichtteils ergebe (vgl. Urk. 103 S. 12). Die vom Kläger in der Berufungsbegrün- dung angeführten Zitate aus der Klagebegründung (Urk. 103 S. 12 f. Rz 34) beziehen sich argumentativ jedoch durchwegs auf die Geltendmachung der Ungül- tigkeit der letztwilligen Verfügungen des Erblassers, in dem deren Inhalt stets als rechtswidrig qualifiziert wird. Anderes lässt sich aus diesen Zitaten nicht herauslesen, insbesondere sind keine Hinweise auf ein Herabsetzungsbegehren in Bezug auf den Pflichtteil ersichtlich. Der Begriff Herabsetzung bzw. herabsetzen wird nirgends verwendet. Auch das Rechtsbegehren Ziff. 3 kann daher - entgegen der Auffassung des Klägers (Urk. 103 S. 13/14) - nicht in diesem Sinne verstanden werden.

  3. Der Kläger machte zudem geltend, dass er auch ein zur Klage gehörendes Beilagenverzeichnis eingereicht und der Vorinstanz zahlreiche Beweise für sein Begehren betreffend Zusprechung des ihm zustehenden Pflichtteilsanspruchs eingereicht habe (Urk. 103 S. 13 mit Verweis auf Urk. 3/1-17). Entgegen der Auffassung des Klägers geht es jedoch nicht an, dem Gericht einfach Urkunden einzureichen und es dem Gericht zu überlassen, daraus ohne Erklärungen und Behauptungen der Parteien, eigene Schlüsse ziehen zu müssen. Wie oben bereits erwähnt, genügt es nach konstanter Rechtsprechung nicht, wenn sich eine bestimmte Tatsache oder das Klagefundament lediglich aus den eingereichten Urkunden ergibt, ohne dass sich eine Partei in ihren Vorträgen auf sie beruft. Solche (nicht behaupteten) Tatsachen dürfen im Rahmen der Verhandlungsmaxime grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Nach Art. 221 Abs. 1 ZPO hat die Klage unter anderem die Tatsachenbehauptungen (lit. d) und die Bezeichnung der einzelnen Beweismittel zu den behaupteten Tatsachen (lit. e) zu enthalten. Die klagende Partei ist mithin gehalten, in der Klagebegründung alle für ihren Anspruch massgeblichen Tatsachen vorzubringen und die zulässigen Beweismittel zu nennen, wobei die Beweisofferten den behaupteten Tatsachen zuzuordnen sind (Prinzip der Beweisverbindung). Es ist daher nicht relevant, ob sich aus den eingereichten Unterlagen allenfalls Hinweise darauf ergeben könnten, dass der Kläger eventualiter Anspruch auf seinen Pflichtteil erheben wollte bzw. einen solchen Anspruch haben könnte. Der Kläger hat seinen behaupteten Anspruch im obgenannten Sinne nicht rechtsgenügend geltend gemacht.

  4. Der Kläger vertrat auch die Ansicht (Urk. 103 S. 13), dass er in der Replik erklärt habe, es sei in der Klagebegründung ein durch das Gericht zu ermittelnder Betrag gefordert worden (sinngemäss Pflichtteil oder 50%). Wie die oben angeführte Interpretation der in der Klagebegründung gestellten Rechtsbegehren ergeben hat, ist dies unzutreffend. Formell erfolgte in der Replik auch keine Änderung der Rechtsbegehren. Die in der Replik vorgebrachte Behauptung, wonach das Rechtsbegehren Ziff. 3 eventualiter beinhalte, dass der vom Gericht zu ermittelnde Betrag sinngemäss den Pflichtteil oder 50% (des Nachlasses) bedeute (Urk. 103 S. 13 mit Verweis auf Urk. 53 S. 2 und S. 5), erscheint unter den genannten Umständen abwegig. Es handelt sich dabei um eine nachträgliche Interpretation der Rechtsbegehren, welche durch deren Text und die nachfolgenden Ausführungen des Klägers nicht gedeckt ist, wie dies auch die Vorinstanz zutreffend feststellte (Urk. 104 S. 16).

    Auch aus der Aussage des Klägers, wonach das Gericht feststellen solle, ob er enterbt werde oder nicht (Urk. 103 S. 14 mit Verweis auf Prot. I S. 14), lässt sich nicht ableiten, dass der Kläger damit seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen wollte. Auf Frage des Gerichts, ob er verstehe, was in der Replik (Urk. 53

    S. 5) bezüglich des Pflichtteils stehe, antwortete der Kläger, nicht zu 100%. Er sei ja kein Rechtsanwalt. Das müsse sein Rechtsanwalt geschrieben haben (Prot. I

    S. 15). Auf die weitere Frage, ob er die Replik unterschrieben habe, ohne den Inhalt zu verstehen, meinte der Kläger, dass er die Rechtsbegriffe nicht kenne. Er

    habe die Replik in der Not dem Gericht zugestellt. Den Unterschied zwischen gesetzlicher Erbfolge und Pflichtteilserbfolge kenne er nicht. Für ihn sei der Pflichtteil das, was die Kinder bzw. Erben erhalten sollten. Man könne Kinder auf den Pflichtteil setzen. Über einen Teil könnten die Eltern selber verfügen (Prot. I S. 15 f.). Auf die anschliessende Frage, welchen Anteil der Erbschaft er mit seinem Begehren beanspruche, meinte der Kläger: Ich möchte die Hälfte, wie es sich gehört (Prot. I S. 16). Aus diesen Aussagen kann keineswegs darauf geschlossen werden, dass der Kläger mit seinem Rechtsbegehren 3 und den dazugehörigen Ausführungen eine Herabsetzungsklage und damit den Pflichtteil geltend machen wollte. Bereits vor Vorinstanz wies der Kläger zudem selbst daraufhin, dass zwischen den Parteien nicht strittig sei, dass ihm der Pflichtteil zustehe. Nur weigere sich der Beklagte, diesen Pflichtteil korrekt zu ermitteln (Urk. 53 S. 5). Auch in der Berufungsbegründung erklärte der Kläger wiederum, der Beklagte anerkenne, dass er grundsätzlich pflichtteilsberechtigt sei (Urk. 103 S. 14). Auch wenn dies vom Beklagten bestritten wird (Urk. 112 S. 11 mit Verweis auf Urk. 43 S. 7 f.;

    Urk. 58 S. 7), ist doch massgeblich, dass der Kläger selbst offenbar davon ausgeht. Er beantragte denn auch nicht explizit, dass der Pflichtteil zu berechnen sei. Unter diesen Umständen scheint es auch plausibel, dass der Kläger keinen Grund hatte, eine Herabsetzungsklage anzuheben, da er grundsätzlich annahm, auf jeden Fall den Pflichtteil zu erhalten, aber mehr als diesen will, nämlich die Hälfte des Nachlasses (Urk. 2 S. 9; Prot. I S. 16), weshalb er dies über eine Ungültigkeitsklage zu erreichen versucht. Mit einer Herabsetzungsklage, welche lediglich der Wiederherstellung des Pflichtteils dient (Brückner/Weibel, Die erbrechtlichen Klagen, 3. Aufl., Ziff. 4., Rz 60), könnte er dieses Ziel nicht erreichen. Mehrfach erwähnte der Kläger klar, dass er die Hälfte des Nachlasses anbegehre. Es sei nicht die Absicht des Erblassers gewesen, ihn auf den Pflichtteil (Reserve) zu setzen; er habe beide Söhne gleich behandeln wollen (Urk. 2 S. 5, 6; Urk. 53

    S. 4, 9).

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Rechtsbegehren des Klägers auch unter Berücksichtigung von deren Begründung nicht als Klage auf Herabsetzung interpretiert werden können.

  5. Generell ist noch zu den vom Kläger gestellten Anträgen zu bemerken, dass sie den Anforderungen an die Formulierung von Rechtsbegehren bezüglich der Geltendmachung einer Herabsetzungsklage ohnehin nicht zu genügen vermöchten. Wie bei anderen Klagen hat der Kläger auch in der Herabsetzungsklage die Rechtsbegehren so präzise als möglich zu formulieren, damit sie bei Gutheissung der Klage zum Urteil erhoben werden können. Aber wie bei anderen erbrechtlichen Klagen ist es dem Kläger auch bei der Herabsetzungsklage aufgrund der Umstände häufig nicht möglich, die Rechtsbegehren dergestalt zu formulieren. Daher kann die Herabsetzungsklage auch als unbezifferte Forderungsklage im Sinne von Art. 85 ZPO angehoben werden. Zwingend notwendig ist jedoch, dass die im Zeitpunkt der Klageanhebung bekannten herabsetzbaren Zuwendungen, seien es Zuwendungen in Verfügungen von Todes wegen oder seien es lebzeitig erfolgte Zuwendungen, in den Rechtsbegehren je einzeln aufgeführt oder bezeichnet werden, denn diese stellen die einzelnen Anfechtungsobjekte der Herabsetzungsklage dar. Bei lebzeitigen Zuwendungen ist neben dem Inhalt der Zuwendung auch die konkrete Höhe (sofern diese Bezifferung möglich ist) und der genaue Zeitpunkt ins Rechtsbegehren aufzunehmen. Letzteres ist aufgrund der Herabsetzungsreihenfolge gemäss Art. 523 ZGB erforderlich (Fischer/Simoni/Gessler, Kommentierte Musterklagen, Bd. III, Zürich 2016, § 58 Rz 19 f.). Diese Anforderungen gelten auch für Eventualanträge. Auch unter diesem Aspekt können die klägerischen Anträge, selbst unter Berücksichtigung ihrer Begründung, unter keinen Umständen dahingehend interpretiert werden, dass es sich dabei um eine Herabsetzungklage zur Geltendmachung des Pflichtteils handelt. Der Kläger vermochte denn auch nicht nachzuweisen, wo er in den Akten konkret ein Herabsetzungsbegehren geltend machte bzw. begründete. Es kann auch bei unvertretenen Parteien nicht Aufgabe des Gerichtes sein, die Rechtsbegehren für die Parteien korrekt zu formulieren. Eine solche Hilfestellung würde den Rahmen der gerichtlichen Fragepflicht (Art. 56 ZPO) bei weitem sprengen und den Gleichbehandlungsgrundsatz der Parteien durch das Gericht verletzen.

2.a) Aufgrund der obigen Ausführungen ist der Vorwurf des Klägers, wonach die Vorinstanz mit ihrer Begründung Art. 29 BV verletzt habe (Urk. 103 S. 16), unbegründet.

Der Kläger rügte weiter eine Verletzung von Art. 52 ZPO. Der Kläger erblickt einen Verstoss gegen Treu und Glauben durch die Vorinstanz darin, dass sie ihm zunächst erklärt habe, dass es im Prozess schwerpunktmässig nicht um die Ungültigkeit der letztwilligen Verfügungen, sondern auch um Ausgleichungsansprü- che zwischen den Parteien gehe. Damit habe der Kläger gewusst, worin der Schwerpunkt liege und worauf er sich habe konzentrieren müssen. Vor allem sei ihm damit bestätigt worden, dass seine Begehren durchaus in einem weiteren Sinne von der Vorinstanz verstanden worden seien. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass die Vorinstanz nicht bloss seine Ansprüche auf Ungültigerklä- rung der letztwilligen Verfügungen, sondern auch auf Herabsetzung behandeln würde (Urk. 103 S. 17). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Vorinstanz führte in ihrer Verfügung vom 15. Juli 2016 (Urk. 16 S. 3) aus, dass es nach unprädjudizierlicher Ansicht des Gerichts im vorliegenden Prozess nicht in erster Linie darum gehen werde, ob Teile der Testamente ungültig zu erklären seien, sondern vielmehr darum, den Nachlass festzustellen und unter anderem unter Berücksichtigung allfälliger Ausgleichungspflichten gemäss Art. 626 ZGB zu teilen. Wie die Vorinstanz wörtlich erklärte, handelte es sich bei dieser Meinungs- äusserung lediglich um eine einstweilige, unpräjudizielle Einschätzung der Rechtslage. Für die Vorinstanz bestand deshalb keinerlei Bindungswirkung, weshalb auch kein Vertrauensschutz für den Kläger entstand. Diese Erstmeinung wurde zudem in einem sehr frühen Prozessstadium abgegeben, nämlich noch vor Vorliegen einer rechtsgenügenden Klageantwort. Der Kläger kann sich daher im Sinne von Art. 52 ZPO nicht auf ein berechtigtes Vertrauen in verbindliche Zusicherungen des Gerichts berufen (Göksu, DIKE-Komm-ZPO, Art. 52 N 17). Im Üb- rigen sprach auch die Vorinstanz explizit nicht davon, dass es um eine Herabsetzung auf den (allfälligen) Pflichtteilsanspruch des Klägers gehen könnte, sondern um Ausgleichungsansprüche. Es bestehen entgegen der Auffassung des Klägers keinerlei Hinweise, dass die Vorinstanz beabsichtigte, die Klage als Herbsetzungsklage zu qualifizieren.

Der Kläger rügte auch, dass die Vorinstanz seine angeblich unklaren Rechtsbegehren in Zusammenhang mit der Begründung hätte würdigen müssen. Indem die Vorinstanz das von ihm gestellte Herabsetzungsbegehren nicht als solches habe verstanden wissen wollen, habe sie seine Ausführungen nicht nach Treu und Glauben ausgelegt und damit auch Art. 52 ZPO verletzt (Urk. 103

S. 17). Wie bereits oben erwähnt, gibt es in den Rechtsschriften des Klägers keine Vorbringen, welche es - im Kontext mit den Rechtsbegehren - zulassen wür- den, von einer geltend gemachten Herabsetzungsklage auszugehen. Dabei wurden von der Vorinstanz in keiner Weise überspannte Anforderungen an die Begründung gestellt. Die entsprechende Rüge ist daher nicht zu hören. Auch die weitere, in diesem Zusammenhang vom Kläger erhobene Kritik (Urk. 103 S. 18) erscheint unberechtigt. Der Kläger erklärte selbst, dass er nicht habe wissen kön- nen, dass er eine Herabsetzungsklage hätte anhängig machen müssen (Prot. I S. 24). Seine zuvor gemachten Äusserungen können deshalb gar kein solchen Begehren beinhaltet haben.

Der Umstand, dass der Kläger während des Verfahrens nicht anwaltlich vertreten war, kann ebenfalls nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Beide Parteien waren schon am 15. Juli 2016 vom Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der vorliegende Prozess mit einem relativ hohen Streitwert auch hohe prozessuale und materielle Anforderungen an die Parteien stelle und deshalb beiden Parteien dringend empfohlen werde, einen Anwalt beizuziehen (Urk. 16 S. 3 f.). Auch der Kläger - wie der Beklagte - mandatierte in der Folge einen Anwalt (Urk. 25+26). Am 4. April 2017 teilte der Kläger dem Gericht telefonisch mit, dass sein bisheriger Anwalt verstorben sei. Erst tags zuvor war dem Kläger eine Frist von 60 Tagen zur Erstattung der Replikschrift angesetzt worden (Urk. 46). Anlässlich eines Telefongesprächs vom 4. Mai 2017 teilte Rechtsanwalt X1. dem Gericht mit, dass er den Kläger aufgrund des Ablebens seines Kollegen Dr. X2. nunmehr vertrete und die Frist zur Erstattung der Replik im Auge habe (Urk. 49). Mit Schreiben vom 31. Mai 2017 setzte Rechtsanwalt

X1. das Gericht davon in Kenntnis, dass er den Kläger im vorliegenden Verfahren nicht (mehr) vertrete (Urk. 50). Am 2. Juni 2017 reichte der Kläger die Replikschrift unter seinem eigenen Namen ein (Urk. 52). Aufgrund dieser Umstände erscheint es wenig verständlich, wenn sich der Kläger nun in der Berufungsbegründung darüber beklagt, dass das Gericht ihm als Laien zu wenig Unterstüt- zung habe zukommen lassen. Wie ausgeführt, hatte das Gericht auch dem Kläger

ausdrücklich empfohlen, sich in diesem Verfahren durch einen Anwalt vertreten zu lassen, welchem Ratschlag der Kläger vorerst dann auch gefolgt war. Das Gericht hatte keine Veranlassung, den Kläger erneut daran zu erinnern, zumal sich nach dem Tode des klägerischen Anwalts - wie erwähnt - ein Bürokollege desselben beim Gericht gemeldet und erklärt hatte, dass er den Kläger jetzt vertrete. Es handelte sich um denselben Anwalt, der den Kläger nun auch im Berufungsverfahren vertritt. Zudem hatte der Kläger selbst ausgeführt, dass er die Replik nach reiflicher Überlegung selbst an die Hand genommen habe (Urk. 52). Es stand dem Kläger selbstverständlich frei, sich selbst zu vertreten. Allerdings hat er die sich daraus ergebenden Konsequenzen auch selbst zu tragen. Eine Verletzung des Gebots der Waffengleichheit erscheint nicht ersichtlich. Im Gegensatz zur Klagebegründung war die vom Beklagten eingereichte Klageantwort (Urk. 13) offensichtlich ungenügend, da daraus geschlossen werden musste, dass der Beklagte nicht einmal verstanden hatte, was Inhalt der Klage ist. Zudem war auch die Darstellung und Formulierung sehr mangelhaft. Das Gericht war daher verpflichtet, dem Beklagten Frist zur Verbesserung dieser Mängel einzuräumen (Urk. 16 S. 3). Hätte der Kläger die Replikschrift durch eine rechtskundige Person

erstellen lassen, hätten diverse Mängel der Klagebegründung auch noch korrigiert und Nachteile abgewendet werden können. Dass dies unterlassen wurde (Urk. 82

S. 1), hat sich der Kläger selbst zuzuschreiben. Eine Verletzung von Treu und Glauben ist nicht ersichtlich.

  1. Der Kläger rügte weiter eine Verletzung der gerichtlichen Fragepflicht im Sinne von Art. 56 ZPO (Urk. 103 S. 19 ff.). Auch dieser Kritik kann nicht gefolgt werden. Vorab ist festzuhalten, dass die Rechtsbegehren des Klägers grundsätzlich von der Vorinstanz nicht als unklar, widersprüchlich oder unbestimmt erachtet wurden (vgl. Urk. 104 S. 15). Sie verstand deren Inhalt zu Recht als Ungültigkeitsklage. Es bestand daher kein Anlass für Fragen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gericht auch nicht befugt, die Parteien im Rahmen der gerichtlichen Fragepflicht (Art. 56 ZPO) auf unzulängliche Anträge und Rechtsbegehren hinzuweisen. Über die Rechtsbegehren und prozessualen Anträge, auch diejenigen im Rechtsmittelverfahren, ist im Entscheid zu befinden. Mit allfälligen Rechtshinweisen auf die Unzulänglichkeit (Widersprüchlichkeit, Unbestimmtheit

    oder offensichtliche Unvollständigkeit) des Rechtsbegehrens oder gar einem Hinweis auf weitere Rechtsbehelfe verlöre das Gericht die richterliche Unparteilichkeit und Unbefangenheit. Es darf nicht Sache des unparteiischen Gerichts sein, einer Partei darzulegen, was sie zweckmässigerweise zu beantragen und was sie zweckmässigerweise zu begründen hat (Glasl, DIKE-Komm-ZPO, Art. 56 N 19 und 20, 24; BSK ZPO-Gehri, Art. 56 N 11 und 12; Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., 2013, § 10 Rz 22). In diesem Sinne äusserte sich auch das Bundesgericht (BGer 4A_375/2015 vom 26. Januar 2016, E. 7.1.). Klagt ein Erbe z.B. - wie vorliegend - auf Ungültigkeit der Verfügung von Todes wegen, kann ihn das Gericht nicht auf die Möglichkeit der Herabsetzungsklage hinweisen, selbst wenn eine Pflichtteilsverletzung als gegeben erscheint (Glasl, DIKE-KommZPO, Art. 56 N 19 FN 31). Ausserdem ist festzuhalten, dass der Kläger vom Gericht befragt wurde (Prot. I S. 14 ff.). Aufgrund der Antworten des Klägers nahm das Gericht an, dass der Kläger die Hälfte der Erbschaft beanspruche, weil er dies auch wörtlich so erklärte (Prot. I S. 16) und weil sich aus seinen Ausführungen auch nichts anderes ableiten liess. Wie oben erwähnt, ist auch der Begrün- dung seiner Rechtsschriften nichts anderes zu entnehmen. Die Begründungen enthalten keine konkreten Hinweise auf ein Herabsetzungsbegehren.

  2. Der Kläger monierte im Weiteren auch eine Verletzung von Art. 69 ZPO. Der Kläger sei praktisch - mit Ausnahme der Phase zwischen dem ersten und zweiten Schriftenwechsel - während des ganzen Verfahrens unvertreten gewesen. Sofern das Gericht der Auffassung gewesen wäre, dass sich der Kläger nicht rechtsgenüglich in den Prozess habe einbringen können, hätte es dem Kläger eine Rechtsvertretung bestellen müssen (Urk. 103 S. 22 ff.). Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Es liegt mitnichten ein Anwendungsfall von Art. 69 ZPO vor. Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies nur bei offensichtlich fehlender Postulationsfähigkeit einer Partei gegeben. Zwar steht dem Gericht bei der Einschätzung der Fähigkeiten einer Partei ein gewisses Ermessen zu. Die Annahme der Postulationsfähigkeit darf jedoch nicht leichthin erfolgen (BK ZPO-Sterchi,

    Art. 69 N 3; BSK ZPO-Tenchio, Art. 69 N 8). Auch wenn die vom Kläger selbst verfassten Rechtsschriften laienhaft anmuten, entsteht in keiner Weise der Eindruck, dass der Kläger hilflos agierte und nicht wusste, was und wie er seine Sache vorbringen musste. Das Verhalten des Klägers lässt keinesfalls den Eindruck entstehen, dass er ausser Stande war, sich vor Vorinstanz selbst zu vertreten. Ist die Eingabe der Partei nämlich strukturiert und enthält sowohl verständliche Rechtsbegehren als auch eine Begründung, sind die Voraussetzungen für die (zwangsweise) Bestellung eines Rechtsanwaltes nach Art. 69 ZPO nicht gegeben (BSK ZPO-Tenchio, Art. 69 N 8 mit Verweis auf BGer 5A_618/2015, vom 2. März 2016, E. 6.7). Die Vorinstanz empfahl dem Kläger den Beizug eines Rechtsanwaltes nur, weil es sich bei erbrechtlichen Klagen um eine anspruchsvolle Materie handelt und nicht wegen fehlender Postulationsfähigkeit im Sinne von Art. 69 ZPO. Der Kläger war dieser Empfehlung denn zunächst auch gefolgt. Dass er sich in der Folge nach dem Tode seines Anwaltes wieder selbst vertreten hat, erscheint nicht nachvollziehbar, ist aber selbstverständlich mangels Anwaltszwangs zulässig.

  3. Der Kläger kritisierte auch den Verlauf der vor Vorinstanz durchgeführten Instruktionsverhandlung. Diese sei nicht neutral gewesen, sondern sei zu einer Inquisition hinsichtlich dem Kläger nicht genauer bekannter juristischer Fachbegriffe verkommen. Der Kläger habe daher - für einen Laien wenig überraschend - juristisch unpräzise Antworten gegeben (Urk. 103 S. 23). Diese pauschale Kritik des Klägers erscheint unberechtigt und auch zu wenig begründet. Der Kläger unterlässt es darzulegen, inwiefern diese Verhandlung bzw. die Verhandlungsfüh- rung nicht neutral gewesen sei. Der Kläger ist offenbar der irrigen Meinung, dass das Gericht ihm - weil er sich nicht durch einen Anwalt vertreten lassen wollte - eine umfassende Hilfestellung hätte zukommen lassen müssen, wie sie eine anwaltlich vertretene Partei besitzt. Dass diese Meinung unzutreffend ist, wurde bereits erörtert. Eine unsorgfältige Prozessführung kann nicht mittels der gerichtlichen Fragepflicht korrigiert werden. Der Kläger verstrickt sich auch in Ungereimtheiten. Einerseits rügte er, dass das Gericht die gerichtliche Fragepflicht verletzt habe, andererseits bezeichnete er die entsprechende Befragung als inquisitorisch. Sämtliche Rügen des Klägers beinhalten letztlich den Vorwurf, dass er den Prozess verloren habe, weil er nicht durch einen Anwalt vertreten gewesen sei und sich deshalb nicht in der geforderten Form habe ausdrücken können. Wie bereits erwähnt, erscheint dieser Vorwurf unberechtigt, da der Kläger auf dieses Risiko aufmerksam gemacht worden war und sich - nach dem Tode seines Anwaltes - im Bewusstsein desselben dennoch für einen Alleingang entschieden hatte. Dafür trägt er jedoch allein die Verantwortung.

  4. Eine Verletzung von Art. 470 Abs. 1 ZGB - wie sie vom Kläger geltend gemacht wird (Urk. 103 S. 24) - ist ebenfalls nicht ersichtlich. Da der Kläger lediglich eine Ungültigkeitsund keine Herabsetzungsklage erhob, stellt sich die Frage nicht, ob er zur Geltendmachung von Herabsetzungsansprüchen legitimiert ist.

Auch eine Verletzung von Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB ist zu verneinen. Der Erblasser hat zwar nicht das Recht, über mehr als die verfügbare Quote frei zu verfügen; er hat aber gleichwohl die Möglichkeit dazu. Verfügungen von Todes wegen oder zu Lebzeiten, die Pflichtteile verletzen, sind weder nichtig noch ungül- tig, aber nicht rechtskonform und können daher auf das zulässige Mass herabgesetzt werden. Der geschützte Erbe hat einen dinglich-erbrechtlichen Anspruch auf den Pflichtteil (Abt/Weibel, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl., 2015, Art. 470 N 22; BSK ZGB II-Staehelin, Art. 470 N 4). Der Erbe, dessen Pflichtteil nicht respektiert wurde, muss zur Durchsetzung seines Anspruchs fristgemäss Herabsetzungsklage gemäss Art. 522 ff. ZGB erheben. Erst mit dem Herabsetzungsurteil erhält der übergangene Pflichtteilserbe, welcher ohne Grund völlig enterbt wurde, die Erbenstellung, die quotenmässige Beteiligung am Gesamtnachlass (BSK ZGB II-Staehelin, Art. 470 N 4). Die Verletzung des Pflichtteils stellt somit keinen Ungültigkeitsgrund im Sinne von Art. 519 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB dar und muss daher nach einhelliger Auffassung mit der Herabsetzungsklage geltend gemacht werden. Dieser Ansicht ist offenbar auch der Kläger (vgl. Urk. 103 S. 26). Inwiefern die Vorinstanz auch Art. 522 Abs. 1 ZGB verletzt haben soll, erscheint aufgrund der Vorbringen des Klägers nicht plausibel.

Zusammenfassend ist die Berufung unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist. Aufgrund dieses Ergebnisses braucht nicht geprüft zu werden, ob die im Berufungsverfahren gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren abgeänderten (Eventual-)Rechtsbegehren zulässig sind.

IV.

1. Ausgangsgemäss ist das erstinstanzliche Kostenund Entschädigungsdispositiv (Ziffern 2-4) zu bestätigen.

Da der Kläger auch im Berufungsverfahren unterliegt, wird er auch für dieses Verfahren kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren bemisst sich auf Fr. 21'300.-- (§ 4 Abs. 1, § 12 Abs. 1 GebVO). Die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 8'000.-- plus Fr. 616.-- MwSt (7,7%), also insgesamt Fr. 8'616.--, festzusetzen (§ 4 Abs. 1, § 13 Abs. 1 und 2 AnwGebVO).

Es wird erkannt:
  1. Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Bezirksgerichts Horgen,

    III. Abteilung, vom 19. Juni 2018 bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 21'300.-- festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Kläger auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 8'616.-- zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

    Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 527'204.-.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 3. Juli 2019

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

Dr. L. Hunziker Schnider

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. C. Faoro

versandt am: am

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