Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB120096 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 15.05.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Haushalt; Stunden; Berufung; Schaden; Arbeit; Ehefrau; Woche; Paarhaushalt; Haushaltschaden; Hausarbeit; Urteil; Klägers; Parteien; Schadens; Vorinstanz; Beklagten; Wochen; Rechnet; Arbeitsstunden; Geleistet; Berechnung; Berufungsverfahren; Urteils; Urteilsdatum; Tabellen; Leistete; Einzelhaushalt; Reduziert; Betreuung; Geleistete |
Rechtsnorm: | Art. 317 ZPO ; Art. 45 OR ; Art. 46 OR ; Art. 86 OR ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 108 II 434; 125 II 17; 132 III 321; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB120096-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiber lic. iur.
G. Kenny
in Sachen
Beklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte
vertreten durch A. AG
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
,
Kläger, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungskläger vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend Forderung
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 29. August 2012 (CG110044)
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger Fr. 408'600.- sowie
€ 730.- zuzüglich folgendermassen Zins von 5% zu zahlen, näm- lich
auf € 730.- ab 23. März 2010 und
auf Fr. 11'149.- ab 1. Januar 2011
c) auf Fr. 8'963.- ab 17. Mai 2011
d) auf Fr. 397'477.- ab 30. September 2011
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich 8% MWST zulasten der Beklagten.
(act. 26 N I)
Es sei die Klage um Fr. 51'777.52 zu reduzieren.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 319'993.80 nebst Zins zu 5 % seit dem 29. August 2012 und EUR 730.10 nebst Zins zu 5% seit dem
April 2010 zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr (Pauschalgebühr) wird festgesetzt auf: Fr. 18'940.- ; die weiteren Auslagen betragen:
Fr. 187.50 Dolmetscherkosten
Fr. 19'127.50 Total
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Gerichtskosten werden der Beklagten zu vier Fünfteln auferlegt und dem Kläger zu einem Fünftel. Sie werden mit dem vom Kläger geleisteten Vorschuss verrechnet. Die Beklagte hat dem Kläger den geleisteten Kostenvorschuss abzüglich dessen Kostenanteil zu ersetzen.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 16'740.- zu bezahlen.
(Mitteilung)
(Berufung)
der Beklagten und Hauptberufungsklägerin (Urk. 34):
Das angefochtene Urteil sei aufzuheben;
die Klage sei abzuweisen;
eventuell sei die Sache zu Abweisung der Klage an die Vorinstanz zurückzuweisen;
unter Kostenund Entschädigungsfolgen (inkl. MWST) zu Lasten des Gesuchstellers (recte: Klägers).
des Klägers, Hauptberufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers (Urk. 42):
Zur Berufung:
Die Berufung sei abzuweisen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich 8% MWST zulasten der Berufungsklägerin
Zur Anschlussberufung:
Ziff. 1 und 4 des Dispositivs des Urteils des Bezirksgerichts Bülach vom
29. August 2012 (Geschäft Nr. CG110044) seien aufzuheben.
Die Berufungsklägerin sei zu verpflichten, dem Berufungsbeklagten 316'031.70 nebst Zins zu 5% seit dem 1. September 2012 und € 730.10 nebst Zins zu 5% seit dem 2. April 2010 sowie Zins von 5% auf
Fr. 19'231.15 vom 26. Juli 2011 bis 31. August 2012 zu bezahlen.
Die Berufungsklägerin sei zu verpflichten, dem Berufungsbeklagten für das erstinstanzliche Verfahren eine reduzierte Prozessentschädigung von 20'720.- zu bezahlen.
Untere Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich 8% MWST zulasten der Berufungsbeklagten.
der Beklagten und Anschlussberufungsbeklagten (Urk. 44):
Die Anschlussberufung sei abzuweisen;
unter Kostenund Entschädigungsfolgen (inkl. MWST) zu Lasten des Klägers.
A
(Prozessgeschichte)
Am 7. Oktober 2011 leitete der Kläger das vorliegende Verfahren mit Klagebewilligung und schriftlicher Klagebegründung beim Bezirksgericht Bülach ein. Nach Einholung einer schriftlichen Klageantwort führte das Bezirksgericht eine Instruktionsverhandlung und am 7. Juni 2012 die mündliche Hauptverhandlung mit den Parteivorträgen zur Replik und Duplik sowie Novenstellungnahmen durch. Das Urteil wurde am 29. August 2012 erlassen.
Gegen das Urteil erhob die Beklagte am 16. Oktober 2012 rechtzeitig und mit schriftlicher Begründung Berufung und leistete den ihr auferlegten Prozesskostenvorschuss von Fr. 17'200.- rechtzeitig am 31. Oktober 2012 (Urk. 34, 40). Mit der schriftlichen Berufungsantwort vom 29. November 2012 erhob der Kläger Anschlussberufung (Urk. 42). Die Anschlussberufungsantwort der Beklagten ging am
17. Januar 2013 bei der erkennenden Instanz ein (Urk. 44). Mit Verfügung vom
25. Februar 2013 wurde den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Anschlussberufungsbeilagen sowie weiteren, vom Gericht eingeholten statistischen Unterlagen gegeben (Urk. 48). Der Kläger verzichtete auf eine Stellungnahme (Urk. 50), die Beklagte liess sich mit Eingabe vom 13. März 2013 vernehmen (Urk. 51).
B
(Sachverhalt und Parteistandpunkte)
Am 23. März 2010 wurde die Ehefrau des Klägers und Berufungsbeklagten (nachfolgend Kläger) Opfer eines Verkehrsunfalls und verstarb. Die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend Beklagte) haftet als Haftpflichtversicherung des fehlbaren Lastwagenchauffeurs für die Folgen des Unfalls und die dem Kläger daraus entstandenen Schadensfolgen. Im erstinstanzlichen Verfahren umstritten war zur Hauptsache der Versorgerschaden des Klägers infolge des Wegfalls der von
seiner verstorbenen Ehefrau erbrachten Haushaltarbeiten. Weiter verlangte der Kläger Ersatz für einen (weiteren) Teil der Bestattungskosten (€ 730.10) sowie von (weiteren) vorprozessualen Anwaltskosten (Fr. 8'963.33). Die Vorinstanz hiess die Schadenersatzforderung für Haushaltschaden im Betrag von
Fr. 319'993.80 gut, ebenso die € 730.10 für Bestattungskosten, verwies den Klä- ger hingegen für die vorprozessualen Anwaltskosten auf die ordentliche Prozessentschädigung. Mit ihrer Berufung anerkannte die Beklagte ihre Verpflichtung zur Bezahlung von € 730.10 für Bestattungskosten und verwies dafür auf ihre zwischenzeitlich erfolgte Zahlung von Fr. 10'000.- (Urk. 34 S. 3). Der Kläger seinerseits hat auf eine Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids hinsichtlich der vorprozessualen Anwaltskosten verzichtet. Im Berufungsverfahren ist daher urteilsmässig nur noch über den Haushaltschaden zu befinden.
Die verstorbene Ehefrau des Klägers wurde am tt. September 1950 geboren, war bei ihrem Unfalltod am 23. März 2010 somit 59 Jahre und 6 Monate alt. Sie war grundsätzlich nicht erwerbstätig und besorgte den gemeinsamen Haushalt in C. . Bei ihrem Tod lebte sie allerdings jeweils 5 Tage pro Woche bei ihrer Tochter in D. , um ihre Enkelin zu betreuen, und kehrte jeweils über das Wochenende zum Kläger nach C. zurück. Diese Betreuung der Enkelin hät- te sie bis zu deren Schuleintritt im Jahre 2014 weitergeführt und hätte ab dann wieder die ganze Zeit mit dem Kläger zusammen in C. gelebt.
Der Kläger ist am tt. Januar 1946 geboren, war im Zeitpunkt seiner Verwitwung somit 64 Jahre und 2 Monate alt. Er lebte in C. und arbeitete vollzeitlich im Hotelgewerbe. Ende Januar 2011 ist er pensioniert worden.
Bezüglich dieser Lebensverhältnisse sind sich die Parteien einig.
Die Vorinstanz hat sich für die Berechnung des Haushaltschadens des Klägers nach dem Tod der Ehefrau auf die sog. SAKE-Tabellen des Bundesamtes für Statistik über die durchschnittlich in einem Haushalt geleisteten Arbeitsstunden abgestützt. Sie hat die verstorbene Ehefrau bei ihrem Tod aufgrund ihrer auswärtigen Betreuungstätigkeit für die Enkelin einer erwerbstätigen Frau gleichgestellt und ist demnach vom Haushaltaufwand einer erwerbstätigen Ehefrau in einem 2- Personen-Haushalt von 23,4 Wochenstunden ausgegangen. Davon hat die Vorinstanz sodann einen geschätzten Drittel bzw. geschätzte 7,8 Stunden abgezogen für jenen Arbeitsaufwand, der auf die Deckung der eigenen Bedürfnisse der Frau entfiel (Eigenbedarf), und ist so auf ein Wochenstundentotal zugunsten des gemeinsamen Haushaltes und zugunsten der Bedürfnisse des Ehemannes von 15,6 Stunden gekommen. Diese hat sie anschliessend um 5/7 reduziert, da die Ehefrau während der Betreuungsjahre für die Enkelin nur während der Wochenenden den gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger besorgt hätte. Für die derart entschädigungsberechtigten Haushaltarbeitsstunden hat die Vorinstanz einen Stundenlohn von Fr. 28.66 bis Fr. 29.24 für die Jahre 2010 - 2012 eingesetzt und auf diese Weise den Haushaltschaden für den Kläger konkret bis zum Urteilsdatum berechnet. Für die Zeit danach bzw. für den künftigen Haushaltschaden hat die Vorinstanz den Stundenaufwand modifiziert, zunächst bis zum Ende der Betreuungsphase für die Enkelin (30. September 2014), anschliessend für eine zweite Phase mit einer uneingeschränkten Tätigkeit im gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger bis zum vollendeten 80. Altersjahr der Ehefrau, und anschliessend für eine dritte Periode danach, da ab diesem Alter infolge nachlassender Kräfte auch die Haushaltarbeit reduziert werde. In jeder Phase hat sie rund einen Drittel des Arbeitsaufwandes für den Eigenbedarf der Ehefrau abzogen und durchwegs einen Stundenlohn von Fr. 29.24 der Berechnung zugrunde gelegt. Den derart berechneten Schaden hat die Vorinstanz sodann nach den Tafeln von Stauffer/Schätzle als Verbindungsrente und mit einem Zinsfuss von 2,5% kapitalisiert. Nach diesen Berechnungen ergab sich ein entschädigungspflichtiger Haushaltschaden von insgesamt Fr. 319'993.80 (Urk. 35).
Die Beklagte stellt in ihrer Berufungsschrift zunächst die Ersatzpflicht für einen normativen Haushaltschaden in Frage, welcher unbesehen von tatsächlich anfallenden Kosten für die Kompensation des Hausarbeitsausfalls der Ehefrau zu entschädigen sei. Sodann bemängelt sie, dass die Vorinstanz bei ihren Berechnungen den Eigenbedarf der Ehefrau nur bezüglich ihrer eigenen Hausarbeit berücksichtigt habe, auf der Seite des Klägers aber keine analoge Vorteilsanrechnung vorgenommen habe; denn auch ein Teil der von ihm geleisteten Hausarbeit wäre der Ehefrau allein zugute gekommen und davon sei er durch deren Tod entlastet worden.
In Berücksichtigung sowohl des ausfallenden Eigenbedarfs als auch der Vorteilsanrechnung stellt die Beklagte in ihrem Berufungshauptstandpunkt auf einen Vergleich der Hausarbeitsstunden eines Mannes in einem 1-Personenhaushalt und in einem Paarhaushalt gemäss den SAKE-Tabellen ab. Danach erwachse einem Mann als Alleinstehendem ein Arbeitsmehraufwand je nach Altersphase von 1,6 bzw. 2,1 Wochenstunden bis 0,6 bzw. 3,7 Wochenstunden im Vergleich zu seiner Hausarbeit in einem Paarhaushalt. Der Haushaltschaden des Klägers beschränke sich auf diese Differenz.
Im Eventualstandpunkt macht die Beklagte eine Berechnung analog der Rechtsprechung zur Versorgerquote beim Lebensunterhalt. Es sei davon auszugehen, dass ein gewisser Grundbedarf an Hausarbeiten in jedem Haushalt anfalle, unabhängig davon, ob eine oder zwei Personen darin lebten (Fixkosten). Daher reduziere sich der gesamte Haushaltaufwand beim Tod eines Ehepartners um weniger als die Hälfte. Die Beklagte setzt vorliegend diese Fixkosten bei 60% an, geht somit davon aus, dass 60% des Arbeitsstundentotals von Frau und Mann in einem Paarhaushalt für die Versorgung des überlebenden Ehemannes mit Haushaltarbeiten benötigt werden. Von diesen 60% zieht die Beklagte den Arbeitsaufwand des Mannes im Paarhaushalt ab und gelangt so einem massgeblichen Ausfall der Haushaltversorgung infolge des Todes der Ehefrau, der sowohl der wegfallenden Eigenversorgung der Ehefrau als auch dem bisherigen Anteil des Ehemannes an der Versorgung der Ehefrau Rechnung trage.
Bei der Eventualberechnung betrachtet die Beklagte die verstorbene Ehefrau während der Betreuungsphase der Enkelin als nicht erwerbstätig, reduziert den statistischen Wochenstundenaufwand aber ebenfalls um 5/7. Hinsichtlich der zu unterscheidenden Lebensaltersperioden schliesst sie sich der Vorinstanz an. Den künftigen Haushaltschaden ab Urteilsdatum will die Beklagte bei beiden Berechnungsvarianten mit 3,5% kapitalisiert haben, basierend auf einem Stundenlohn von Fr. 29.24.
Im Hauptstandunkt beziffert die Beklagte den Haushaltschaden auf insgesamt Fr. 9'558.- bzw. Fr. 56'218.-, im Eventualstandpunkt auf insgesamt Fr. 169'472.- bzw. Fr. 148'645.- bzw. Fr. 139'631.- (Urk. 34, Urk. 44, Urk. 51).
Der Kläger verweist in seiner Berufungsantwort bzw. Anschlussberufungsbegründung auf die heutige Anerkennung einer normativen Schadensberechnung beim Haushaltschaden und dessen abstrakte Berechnung nach den SAKETabellen. Letztere gäben allerdings keinen Aufschluss darüber, mit wie vielen Stunden Hausarbeit der Kläger von seiner Ehefrau versorgt worden sei und mit wie vielen Stunden sie sich selber versorgt habe. Eine Antwort darauf sei im Rahmen einer angemessenen Würdigung der SAKE-Datenerhebung zu finden. Der von der Beklagten im Hauptstandpunkt vorgenommene Vergleich des Haushaltaufwandes eines alleinlebenden Mannes mit seinem Aufwand in einem Paarhaushalt sage nichts darüber aus, in welchem Umfang er Versorgerleistungen verloren habe. Die Lebensform eines Mannes im Einzelhaushalt entspreche nicht seiner Lebensform in einem Paarhaushalt, was sich bereits daraus ergebe, dass nach den SAKE-Daten das Arbeitsstundentotal von Mann und Frau in einem Paarhaushalt trotz vorhandener Synergien höher sei als die Summe der Arbeitsstunden je eines Mannes und einer Frau in einem Einzelhaushalt. Die SAKEZahlen würden vielmehr belegen, dass in Einzelhaushalten Haushaltleistungen outgesourcet, Hilfskräfte beigezogen oder ein Qualitätsverlust in Kauf genommen würden. Für eine Vorteilsanrechnung der ausfallenden Arbeitsleistungen des Mannes zugunsten der Frau bestehe kein Raum, da nach den SAKE-Daten ein Mann in einem Paarhaushalt weniger Arbeit leiste als in einem Alleinhaushalt, er somit ein Nettoempfänger von Haushaltleistungen im Paarhaushalt sei.
Der Kläger verschliesst sich indessen nicht der von der Beklagten in ihrer Berufung eventualiter vorgeschlagenen Methode der Bestimmung einer Versorgungsquote unter Berücksichtigung eines gewissen Fixkosten-Aufwandes. Letzterer entspricht seiner Meinung nach dem Haushaltaufwand eines Mannes in einem Einzelhaushalt; eine Versorgungsquote sei nur auf der Differenz zwischen dem totalen Arbeitsaufwand in einem Paarhaushalt und dem Arbeitsaufwand des Mannes in einem Einzelhaushalt zu berechnen (= variable Versorgerleistungen) und die Versorgungsquote dabei auf 70% festzulegen. Vom Total des Fixaufwandes und den 70% des variablen Aufwandes seien die Eigenleistungen des Mannes im Paarhaushalt abzuziehen und das so gefundene Resultat ergebe den massgeblichen Versorgerschaden.
Für die konkrete Schadensberechnung nach der vorerwähnten Methode geht der Kläger von einer Erwerbstätigkeit der verstorbenen Ehefrau während der Betreuungsphase der Enkelin aus. Sodann differenziert er nach einer weiteren Zeitperiode zwischen dem Unfallereignis und der Pensionierung des Klägers. Für den massgeblichen Stundenlohn übernimmt er die Ansätze der Vorinstanz. In Vorwegnahme einer zu erwartenden Reallohnsteigerung von 1% jährlich kapitalisiert er den künftig erwachsenen Schaden indessen mit 2,5%. Den so errechneten Gesamtschaden beziffert der Kläger mit Fr. 326'021.69, den er anschlussberufungsweise geltend macht, davon aber noch die nachträgliche Zahlung der Beklagten von Fr. 10'000.- in Abzug bringt (Urk. 42).
C
(Haushaltschaden)
Abstrakte Schadensberechnung
seinem Entscheid BGE 108 II 434 hat das Bundesgericht für die Berechnung des Haushaltschadens eine sogenannt normative bzw. abstrakte Schadensberechnung zugelassen. Es hat erkannt, dass die Einschränkung der Hausarbeitsfähigkeit einen ersatzpflichtigen Schaden darstellt unabhängig davon, ob diese Einschränkung durch Anstellung einer entlöhnten Ersatzkraft, durch den vermehrten Einsatz anderer Haushaltmitglieder oder durch Hinnahme eines Qualitätsverlustes bei der Haushaltpflege kompensiert wird. Der Schadenersatz ist dabei anhand der Lohnkosten für eine Ersatzkraft zu bemessen. Diese Praxis hat das Bundesgericht seither mehrfach bestätigt und sie wird auch von der herrschenden neueren Lehre gestützt (BGE 132 III 321 m.w.V.; bestätigt u.a. in BGer. 4A_98/2008 (08.05.2008); BSK OR I-Heierli/Schnyder, 5. A. 2011, Art. 42 N 3a;
H. Landolt, in ZK 3. A. 2007, Art. 46 OR N 910ff.; R. Brehm, in BK 3. A. 2006, Art. 45 OR N 162af; H. Rey, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 4. A. 2008, S. 72 N 305 m.w.V.). Ob ein Haushaltschaden aus der Invalidität des Haushaltversorgers oder aus dessen Tod resultiert, ist für die Methode der Schadensberechnung ohne Bedeutung.
Die von der Vorinstanz zitierten abweichenden Lehrmeinungen zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung vermögen keine Abweichung davon zu rechtfertigen. Zum einen befürwortet ein Teil der zitierten Autoren trotz ihrer Kritik an der Bejahung eines normativen Schadens die Berücksichtigung des Haushaltschadens unbesehen von dessen Kompensation im konkreten Einzelfall, aber mit einer anderen rechtstheoretischen Begründung (W. Fellmann, AJP 7/1995 S. 882; ders. in HAVE-Forum 2005 S. 34). Zum anderen muss der Einwand der befürchteten Verkommerzialisierung potentieller Nutzungsrechte heute in diesem Bereich als überholt gelten (H. Honsell, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 4. A. 2005, § 8 N 79). Es ist heute gesellschaftlich anerkannt, dass auch die unentgeltlich erbrachte Haushalt-, Pflegeund Betreuungsarbeit einen (volks-)wirtschaftlichen Wert hat. Dies zeigt sich an der freien und zunehmend genutzten Wahlmöglichkeit, auch unabhängig von einem Schadenfall Drittpersonen und ausserfamiliäre Institutionen gegen Entgelt mit solchen Arbeitsleistungen zu betrauen, statt sie unentlöhnt innerhalb einer Familienoder Lebensgemeinschaft selber zu erbringen. Und wenn solche Arbeiten ohne Lohn innerhalb der Familienoder Lebensgemeinschaft erbracht werden, besteht in der Regel trotzdem ein gewisser Anspruch auf eine Gegenleistung in Form von Unterhaltsund weiteren eheund güterrechtlichen Ansprüchen. Insofern sind die Kosten der externen Erbringung solcher Dienstleistungen ein tauglicher Massstab zur Bemessung des wirtschaftlichen Wertes auch der unentlöhnten Haushaltund Betreuungsarbeit, ohne dass damit ein höchstpersönliches, immaterielles Rechtsgut verkommerzialisiert würde. Angesichts der 30-jährigen Bundesgerichtspraxis zum Haushaltschadenersatz kann auch nicht gesagt werden, das Ersatzrisiko für bloss normative Schäden sei für die Versicherungen nicht kalkulierbar (W. Fellmann, in HAVE-Forum 2005 S. 34). Der Kläger weist sodann mit Recht darauf hin, dass auch im Bereich der anerkannten und unbestrittenen Schadensberechnung nach der Vermögensdifferenztheorie z.B. im Bereich der Sachversicherung ebenfalls nur der theoretische Vermögensschaden ausgeglichen wird; die Ersatzleistung ist nicht davon abhän- gig, ob sich der Geschädigte mit der Ersatzleistung tatsächlich entsprechenden Ersatz beschafft (Urk. 42 S. 6).
assgeblichkeit der SAKE-Tabellen 2010
Das Bundesamt für Statistik erhebt seit einigen Jahren im Rahmen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) auch den durchschnittlichen Arbeitsaufwand im Haushalt. Diese Tabellen differenzieren u.a. nach der Grösse und Struktur des Haushaltes, nach Geschlecht und Alterskategorie. Seit dem Vorliegen dieser Statistik lässt das Bundesgericht eine abstrakte Quantifizierung eines feststehenden Haushaltschadens anhand dieser Daten zu und entbindet den Geschä- digten vom konkreten Nachweis der geleisteten Stunden, sofern sich der in Frage stehende Haushalt bezüglich seiner Eckdaten in den statistischen Werten reprä- sentiert findet (BGer 4A_98/2008 (08.05.2008) Erw. 5 m.w.V.; BGer. 4C.222/2004 (14.09.2004) Erw. 5.1). Umgekehrt sind die SAKE-Daten insofern massgeblich, als das Gericht nicht nach Ermessen davon abweichen darf, sofern die konkret massgeblichen Fragen sich anhand dieser Daten beantworten lassen (H. Landolt, in ZK 3.A. 2007, Art. 46 OR N 1028).
Hinsichtlich der grundsätzlichen Massgeblichkeit der SAKE-Daten sind sich die Parteien einig. Nachdem sich Parteien und Vorinstanz auf SAKE-Daten aus dem Jahre 2004 abgestützt haben (Urk. 20/2-4), 2010 indessen neue Statistiken erhoben wurden, ist nachfolgend auf diese aktualisierten Zahlen abzustellen. Massgeblich sind die Tabellen T 20.4.2.3-6 über den Hausarbeitsaufwand nach Geschlecht und Alterskategorie und jeweils bezogen auf die Haushaltstruktur von Einzeloder Paarhaushalten (Urk. 47). Die Verwendung von Erfahrungszahlen ist eine Frage der Rechtsanwendung, weshalb die Verwendung neuerer Daten unter dem novenrechtlichen Aspekt unbedenklich ist (BGer. 4A_98/2008 (08.05.2008)). Den Parteien wurde dazu im Berufungsverfahren das rechtliche Gehör gewährt (Urk. 48). Die von der Beklagten daraufhin vorgenommene modifizierte Berechnung der Haushaltentschädigung ist gemäss Art. 317 Abs. 1 ZPO zulässig und beachtlich (Urk. 51).
Berechnungsmethode
Ausgangsbasis
Vergleicht man die massgeblichen SAKE-Tabellen für Einzelhaushalte und für Paarhaushalte, so fällt auf, dass das Total der von Mann und Frau in einem Paarhaushalt geleisteten Hausarbeit höher ist als die Summe von zwei Einzelhaushalten, die je von einem Mann und einer Frau geführt werden. Für 65-jährige Nichterwerbstätige ergibt sich beispielsweise ein Stundentotal in Paarhaushalten von 42,5 Stunden (ohne pflegerische Betreuung), während die Summe der in 2 Einzelhaushalten geleisteten Arbeit 41.6 Stunden ergibt. Noch nicht berücksichtigt ist dabei der Umstand, dass sich in Paarhaushalten zusätzliche Synergien ergeben. Diese Zahlen belegen, dass die Struktur eines Paarhaushaltes eine andere ist als jene eines Einzelhaushaltes. Sei es, dass im Paarhaushalt höhere Qualitätsansprüche befriedigt werden, und/oder sei es, dass in Einzelhaushalten gewisse Haushaltarbeiten durch externe Dienstleistungen abgedeckt werden (Restaurantverpflegung, Wäschebesorgung und Reinigungsarbeiten durch Dritte etc.). Ist vorliegend der Versorgungsausfall durch die haushaltführende Ehefrau in einem Paarhaushalt zu entschädigen, muss daher grundsätzlich von den SAKE-Tabellen zu Paarhaushalten ausgegangen werden. Der Kläger hat Anspruch auf dieselbe Art der Haushaltversorgung wie zu Lebzeiten der Ehefrau. Eine Kombination oder Verrechnung der Stundenzahlen von Paarund Einzelhaushalten verbietet sich angesichts der offensichtlich vorhandenen Strukturund Qualitätsunterschiede. In diesem Sinne ist der Hauptstandpunkt der Beklagten im Berufungsverfahren abzulehnen, welche den Schaden anhand der Differenz des Hausarbeitsaufwandes eines Mannes im Paarund Einzelhaushalt berechnen möchte (Urk. 34 S. 11). Ebenso abzulehnen ist die Berechnungsweise des Klägers, bei welcher er den Aufwand eines Einzelhaushaltes im Sinne eines Haushaltgrundaufwandes mit dem Arbeitsgesamtaufwand im Paarhaushalt verrechnet und davon eine Versorgerquote berechnet (Urk. 42 S. 13).
Vorteilsanrechnung
Die Parteien sind mit der Vorinstanz darin einig, dass sich durch den Tod der haushaltführenden Ehefrau der bisher nötige und entschädigungspflichtige Haushaltaufwand in einem gewissen Umfang reduziert hat. Die Vorinstanz hat diese Reduktion mit einem Drittel der Frauenarbeitsstunden im Paarhaushalt berücksichtigt. Die Beklagte rügt, dass analog auch bei den Männerarbeitsstunden im Paarhaushalt eine Einsparung eintrete und eine entsprechende Reduktion zu berücksichtigen sei. Unter Hinweis auf die Versorgerquotenpraxis beim Unterhalt veranschlagt die Beklagte - im Berufungseventualstandpunkt - die Reduktion auf 40% des Arbeitsstundentotals von Mann und Frau, welche dem Kläger als Vorteil
anzurechnen sei. Der Kläger veranschlagt in Fortführung der Idee einer Versorgerquote die Reduktion auf 30% (wenngleich auf einer anderen Basis). Vorinstanz und Parteien ist darin zu folgen, dass in einem Haushalt ein bestimmtes Mass an Arbeit anfällt, das weitgehend unabhängig von der Anzahl der Haushaltmitglieder ist. Der gesamte Hausarbeitsaufwand im Paarhaushalt reduziert sich daher um weniger als die Hälfte beim Wegfall eines Haushaltmitgliedes. Diese Reduktion erfolgt allerdings nicht parallel zur Reduktion der Lebensunterhaltskosten. Bei letzteren fallen vor allem die hohen Wohnkosten ins Gewicht und beeinflussen die Versorgungsquote, während bei der Hausarbeit kein derart überwiegender Aufwandfaktor auszumachen ist. Konkrete Parteibehauptungen dazu, welche konkreten Arbeiten und im welchem Umfang sich vorliegend nach dem Tod der Ehefrau reduziert haben, fehlen vorliegend, weshalb dazu auch kein Beweisverfahren durchgeführt werden kann. Die Reduktion ist daher nach richterlichem Ermessen zu schätzen, wobei die SAKE-Tabellen dafür als Anhaltspunkt dienen können.
Das Schwergewicht des entschädigungspflichtigen Hausarbeitsaufwandes fällt vorliegend in die erste Ruhestandsphase der Eheleute B'. ab Alter 64 bzw. 65. Es sind daher die SAKE-Zahlen für nicht erwerbstätige Paare im Alter von 65 - 79 Jahren als Grundlage für die richterliche Schätzung heranzuziehen. Die SAKE-Tabellen weisen für die Arbeitskategorien Haustierversorgung/Pflanzenpflege/Garten ein Arbeitsstundentotal von Mann und Frau von 5,9 Wochenstunden aus, für die Kategorie administrative Arbeiten - wozu nur die haushaltbezogene und nicht auch die personenbezogene Administration zählen - total 2,8 Wochenstunden. Diese Arbeiten fallen unabhängig von der Anzahl Haushaltmitglieder an und sind daher als Fixaufwand zu betrachten. Auch die Arbeitskategorien putzen/aufräumen/betten mit 6,3 Wochenstunden und reparieren/renovieren/schneidern/stricken mit 3,5 Wochenstunden sind als mehrheitlicher, wenn auch nicht ausschliesslicher Fixaufwand zu betrachten. Die übrigen Arbeitskategorien (kochen, abwaschen u.ä., einkaufen und waschen/bügeln) erscheinen demgegenüber in weitgehendem, wenn auch nicht ausschliesslichem Ausmass von der Anzahl der Haushaltmitglieder bestimmt. Es erscheint daher in gegenseitiger Abwägung angemessen, die vier erstgenannten FixaufwandKategorien für die Bestimmung des Haushaltgrundaufwandes heranzuziehen. Daraus ergeben sich 18,5 Wochenarbeitsstunden bzw. 44% vom totalen Arbeitsaufwand von Mann und Frau von 42,5 Arbeitsstunden (ohne Betreuungsaufwand). Die restlichen 56% sind als personenzahlabhängige variable Arbeitsstunden zu betrachten, wovon die Hälfte bzw. 28% beim Tod eines Haushaltmitgliedes wegfällt. Der für eine Person verbleibende Hausarbeitsaufwand ist daher auf gerundet 70% des totalen Arbeitsaufwandes im Paarhaushalt festzulegen. Davon sind vorliegend zur Ermittlung des Schadens des Klägers diejenigen Arbeitsstunden abzuziehen, welche er selber im Paarhaushalt geleistet hätte.
Erwerbssituation der Ehefrau
Die Parteien sind sich einig, dass die verstorbene Ehefrau noch bis September 2014 unter der Woche bei ihrer Tochter gewohnt und die Enkelin betreut hätte, und nur an den Wochenenden zum Kläger nach C. gefahren und dort den ehelichen Haushalt besorgt hätte. Mit Bezug auf den ehelichen Haushalt ist diese Situation vergleichbar mit jener einer voll erwerbstätigen Ehefrau, die nur über beschränkte Arbeitskapazitäten für den Haushalt verfügt. Dieser Betrachtung haben sich im Berufungsverfahren nunmehr beide Parteien angeschlossen (Urk. 42
S. 15, Urk. 44 S. 7). Es sind daher für diese Phase die SAKE-Zahlen für erwerbstätige Frauen in Paarhaushalten heranzuziehen. Davon sind vorliegend sodann nur 2/7 einzusetzen analog den tatsächlichen Aufenthaltstagen im gemeinsamen Haushalt.
Massgeblicher Stundenlohn und Kapitalisierungszinssatz
Die Parteien gehen im Berufungsverfahren in Übereinstimmung mit der Vorinstanz für die retrospektive Schadensberechnung von einem massgeblichen Stundenlohn für eine Ersatzkraft von Fr. 28.66 für 2010, Fr. 28.95 für 2011 und Fr.
29.24 für 2012 aus.
Für den künftigen Schaden möchte der Kläger eine jährliche Reallohnsteigerung von 1% berücksichtigt haben und dieser Entwicklung durch Anwendung eines Zinsfusses von 2,5% (statt 3,5%) bei der Kapitalisierung des künftigen Schadens Rechnung tragen. Im Berufungsverfahren bringt er den Zinsfuss von 2,5% allerdings nur noch bis zum ordentlichen Pensionierungsalter der verstorbenen Ehefrau Ende September 2014 in Anschlag. Von da an rechnet auch er mit 3,5% auf der Stundenlohnbasis von 2012 mit Fr. 29.24 (Urk. 42 S. 14ff). Auch die Beklagte geht im Berufungsverfahren für die Kapitalisierung des künftigen Schadens von einer Stundenlohnbasis von Fr. 29.45 aus, welcher einem jährlichen Reallohnanstieg von 1% bis 2012 entspricht, obschon die Beklagte in der Theorie nur eine Reallohnentwicklung von nur 0,45% pro Jahr in der jüngsten Vergangenheit geltend macht. Den künftigen Schaden kapitalisiert die Beklagte durchwegs mit 3,5% (Urk. 19 S. 11, Urk. 29 S. 8f, Urk. 44 S. 7ff i.V.m. Urk. 46/2+3).
Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist grundsätzlich auch eine künftige Reallohnentwicklung zu berücksichtigen, allerdings nur bis zum ordentlichen Pensionsalter der Geschädigten, da auch im Validenfall die zu kompensierende Hausarbeitfähigkeit nachlassen und daher keine Lohnerhöhung mehr rechtfertigen würde. Die Reallohnerhöhung kann entweder bei der Festsetzung des Basisstundenlohnes für die Kapitalisierung vorweg mit einberechnet werden, oder - bei Annahme einer Reallohnerhöhung von 1% - durch Anwendung eines Kapitalisierungssatzes von 2,5% statt 3,5% kompensiert werden (BGE 132 III 321 m.w.H.,
131 III 360).
Geht man mit dem Kläger von einer behaupteten Lohnentwicklung von 1% pro Jahr auf einer Basis von Fr. 28.66 im Jahre 2010 aus, führte dies bei einer Schadensberechnung bis 2014 zu Stundenlohnansätzen von Fr. 28.95 im Jahre 2011, Fr. 29.24 im Jahre 2012, Fr. 29.53 im Jahre 2013 und Fr. 29.82 im Jahre 2014. Trotzdem geht der Kläger aber ab September 2014 nur von einem Stundenlohn von Fr. 29.24 aus. Da dem Kläger in Anwendung der Dispositionsmaxime nicht mehr zugesprochen werden darf, als er selber fordert, ist für die Kapitalisierung ab Oktober 2014 auf den Stundenansatz von Fr. 29.24 und den zugestandenen Zinsfuss von 3,5% abzustellen. Mit welchem Stundenansatz im Rahmen der retrospektiven Schadensberechnung für das Jahr 2013 sowie für die Kapitalisierung ab dem Urteilsdatum bis September 2014 aufgrund der beidseitigen Dispositionsmaxime zu rechnen ist, kann offen bleiben, da für diese Zeitspanne kein Haushaltschaden besteht (vgl. nachfolgend Erw. 4.2 und 4.3).
Kapitalisierung des künftigen Schadens
Das Bundesgericht hat sich in seinem Entscheid 125 III 312 einlässlich mit der Frage des Kapitalisierungszinses unter den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt. Es hielt fest, dass sich der Zinssatz nicht allein an der zu erwartenden Kapitalertragsentwicklung in der Schweiz zu orientieren hat, sondern auch an der zu erwartenden Teuerung sowie an den Zinsen und der Teuerung im europäischen Umfeld. In Abwägung aller massgeblichen Faktoren hat es einen Zinssatz von 3,5% noch immer als angemessen erachtet. Dieser Entscheid wurde später mehrfach bestätigt, aus jüngster Zeit etwa im Urteil 4A_127/2011 vom 12. Juli 2011. Von diesem Zins ist daher auch vorliegend auszugehen, zumal der Kläger eine Abweichung davon nur unter dem Aspekt der Reallohnerhöhung postuliert. Dazu wurde aber bereits vorstehend Stellung genommen.
Der Schaden ist bis zum Urteilsdatum konkret zu berechnen. Massgeblich ist das Urteilsdatum jener Instanz, welche noch neue Tatsachen berücksichtigen kann, mithin einer nachträglich eingetretenen Entwicklung noch Rechnung tragen kann (BGE 125 II 17). Solche Noven können nach Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO im Berufungsverfahren noch geltend gemacht werden, weshalb der Schaden bis zum Urteilsdatum im Berufungsverfahren konkret zu berechnen und ab dann ein künftiger Schaden zu kapitalisieren ist.
Die Parteien stimmen darin überein, dass bis zum Urteilsdatum - von ihnen provisorisch auf den 1. Dezember 2012 festgesetzt - der konkrete Schaden ohne Berücksichtigung eines weiteren Risikos berechnet wird, ebenso der zu kapitalisierende Schaden bis September 2014. Es ist daher erst für den Schaden ab Oktober 2014 zusätzlich dem Invalidisierungsbzw. Sterberisiko Rechnung zu tragen.
Berechnung des Haushaltschadens
4.1. Periode 23. März 2010 - 31. Januar 2011
Ab dem Zeitpunkt des Unfalls bis zu seiner Pensionierung hätte der Kläger (64) nach den SAKE-Tabellen 12,4 Stunden Hausarbeit pro Woche geleistet. Seine als erwerbstätig geltende Ehefrau (59) hätte nach den SAKE-Zahlen bei einer uneingeschränkten Tätigkeit während der ganzen Woche im Haushalt 22,1 Hausarbeitsstunden pro Woche geleistet. Im Unfallzeitpunkt war sie indessen vereinbarungsgemäss nur an 2 Tagen pro Woche im Haushalt tätig. Dies dürfte zu einem Qualitätsverlust im Haushalt geführt habe, der aber gewollt war und den der Klä- ger in Kauf genommen hat. Sein Schaden im Zeitpunkt des Unfalls ist daher auf diesem reduzierten Qualitätsstandard zu berechnen und nicht auf dem hypothetischen Qualitätsstandard eines Paarhaushaltes mit einer während der ganzen Woche aktiven Hausfrau. Der Kläger hat auch nie substanziert behauptet, dass bzw. inwiefern er die Hausarbeitsreduktion seiner Ehefrau durch eigene Mehrarbeit kompensiert hätte. Mithin ist - entgegen der Berechnungsweise der Parteien - die Reduktion des Haushaltaufwandes bereits bei der Ausgangsstundenzahl der Ehefrau gemäss SAKE-Tabellen zu berücksichtigen und von einem Stundenaufwand von 2/7 von 22,1 Stunden, also von 6,3 Stunden grundsätzlich ersatzpflichtigem Aufwand auszugehen. Berechnet man vom Total von 18,7 Wochenstunden (12,4 + 6,3) eine Quote von 70% und zieht davon die Wochenstunden des Klä- gers ab, ergibt sich ein entschädigungspflichtiger Hausarbeitsstundenausfall von 0,7 Stunden pro Woche. Auf der Basis eines Stundenlohnes von Fr. 28.66 ergibt sich für 45 Wochen ein Schadenstotal von Fr. 902.80.
4.2. Periode 1. Februar 2011 - 15. Mai 2013
Nach seiner Pensionierung und bis zum vorliegenden Urteilsdatum hätte der Klä- ger (65) 16,2 Wochenstunden im Haushalt geleistet, seine Ehefrau nach wie vor die vorgenannten 6,3 Stunden. Die Quote von 70% vom Total von 22,5 Stunden ergibt 15,7 Stunden und ist damit tiefer als das persönlich geleistete Arbeitspensum des Klägers. Das heisst, dass die Hausarbeitsersparnis des Klägers (30% von 16,2 Stunden) den Ausfall der Versorgung durch die Ehefrau (70% von 6,3 Stunden) überstiegen hätte. Für diese Periode besteht damit kein Haushaltscha- den.
Periode 16. Mai 2013 - 30. September 2014
Diese Periode beschlägt den grundsätzlich zu kapitalisierenden, künftigen Haushaltschaden. Die Bemessungsgrundlagen sind indessen identisch mit jenen der vorgenannten Periode zwischen Februar 2011 und 15. Mai 2013. Die verstorbene
Ehefrau wäre in dieser Zeit unter der Woche noch immer durch die Betreuung der Enkelin beansprucht gewesen; es sind hier nach wie vor die Arbeitsstunden einer erwerbstätigen, unter 64 Jahre alten Frau während zwei Tagen pro Woche zu berücksichtigen. Für diese Periode besteht damit ebenfalls kein Haushaltschaden.
Periode 1. Oktober 2014 bis 30. September 2030
Ab Oktober 2014 wäre die Ehefrau wieder in den gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger zurückgekehrt, hätte nicht mehr als erwerbstätig gelten können und sie hätte damals auch das 64. Altersjahr überschritten gehabt. Damit hätte sie gemäss den SAKE-Tabellen 26,3 Arbeitsstunden pro Woche für den Haushalt aufgewendet, der Kläger 16,2 Stunden (je ohne Betreuungsarbeit). Bei einer Versorgungsquote von 70% vom Total von 42,5 Arbeitsstunden ergeben sich 29.75 Stunden. Nach Abzug der Arbeitsstunden des Klägers beläuft sich der Versorgungsausfall auf 13,55 Stunden pro Woche bzw. 704,6 Stunden pro Jahr. Bei einem Stundenansatz von Fr. 29.24 führt dies zu einem Haushaltversorgungsschaden von Fr. 20'602.- pro Jahr.
Für die Kapitalisierung ist von einer um rund 1 Jahr (ab Urteilsdatum bis Ende September 2014) aufgeschobenen und auf 16 Jahre befristeten temporären Verbindungsrente mit aktiver Versorgerin bei einem Zinsfuss von 3,5% auszugehen. Berechnet nach dem Computerprogramm Leonardo, basierend auf den Barwerttafeln von Stauffer/Schätzle, ergibt sich dafür ein kapitalisierter Betrag von
Fr. 182'669.- (vgl. Anhang). Bei diesem automatischen Berechnungsprogramm werden die Kommutationswerte nach den Tafeln 44 und 45 wie die Ausscheideordnung nach den Tafeln 40 und 41 automatisch berücksichtigt (Schätzle/Weber, Kapitalisieren, 5.A. Zürich 2001, S. 27).
Zeit ab 1. Oktober 2030
Nach den SAKE-Zahlen reduzieren sich die Hausarbeitsstunden von Mann und Frau mit zunehmendem Alter und den nachlassenden Kräften. Ab dem 80. Lebensjahr wendet eine Frau im Paarhaushalt noch durchschnittlich 21,5 Arbeitsstunden pro Woche auf, der Mann noch 14,5 Stunden (je ohne Betreuungsarbeit). Bei einer Versorgungsquote von 70% vom Total von 36,2 Arbeitsstunden ergeben sich 25,2 Stunden. Nach Abzug der Arbeitsstunden des Klägers beläuft sich der
Versorgungsausfall auf 10,7 Stunden pro Woche bzw. 556,4 Stunden pro Jahr. Bei einem Stundenansatz von Fr. 29.24 führt dies zu einem Haushaltversorgungsschaden von Fr. 16'269.- pro Jahr.
Mit den Parteien und der Vorinstanz ist im Sinne einer Vereinfachung von diesen reduzierten Zahlen ab dem 80. Altersjahr der verstorbenen Ehefrau auszugehen, ungeachtet dessen, dass der Kläger bereits früher die Altersgrenze von 80 Jahren überschreitet und sich dadurch sein eigener Haushaltführungsbeitrag reduziert. Für die Kapitalisierung ist von einer rund 17 Jahre (ab Urteilsdatum bis 30. September 2030) aufgeschobenen Verbindungsrente mit aktiver Versorgerin und einem Zinsfuss von 3,5% auszugehen.
Berechnet nach dem Computerprogramm Leonardo ergibt sich dafür ein kapitalisierter Betrag von Fr. 12'380.- (vgl. Anhang). Bei diesem automatischen Berechnungsprogramm werden die Kommutationswerte nach den Tafeln 44 und 45 wie die Ausscheideordnung nach den Tafeln 40 und 41 von Stauffer/Schätzle automatisch berücksichtigt (Schätzle/Weber, Kapitalisieren, 5.A. Zürich 2001, S. 27).
4.5. Zusammenfassung massgeblicher Haushaltschaden
- ab Oktober 2030 : Fr. 12'380.-
Total Fr. 195'952.-
Die Beklagte ist daher in teilweiser Gutheissung ihrer Berufung zur Bezahlung von Fr. 195'952.- Haushaltschaden zu verpflichten, wovon Fr. 903.- auf die rückwirkende Schadensberechnung entfallen.
D
(weitere Forderungen)
Die Vorinstanz hat die Beklagte zur Bezahlung der Bestattungskosten im Betrag von € 730.10 nebst 5% Zins ab 2. April 2010 verpflichtet. Die Beklagte hat diesen Schadensposten im Berufungsverfahren nunmehr anerkannt (Urk. 34
S. 17), weshalb sie entsprechend zu verpflichten ist.
Die Vorinstanz hat die Beklagte zur Verzinsung des gesamten Haushaltschadens ab 29. April 2012, mithin ab Urteilsdatum, verpflichtet. Der Kläger beantragt mit seiner Anschlussberufung zusätzlich die Verzinsung des zwischen Todesdatum und Urteilsdatum entstandenen, konkret berechneten Schadens ab dem mittleren Verfall (Urk. 42 S. 18). Die Beklagte anerkennt grundsätzlich dieses Zinsbegehren (Urk. 44 S. 9).
Der Einwand des Klägers ist berechtigt. Für den rückwirkend zu berechnenden konkreten Haushaltschaden wurden vorstehend Fr. 903.- für die Periode 23. März 2010 bis 31. Januar 2011 errechnet. Der mittlere Verfall ist daher auf den 28. August 2010 festzusetzen und die Beklagte zur Verzinsung der Fr. 903.- ab diesem Datum zu verpflichten.
Unbestritten geblieben ist, dass der kapitalisierte künftige Schaden ab dem vorliegenden Urteilsdatum mit 5% zu verzinsen ist.
Die Beklagte hat im Juli 2012 Fr. 10'000.- an ihre Schadenersatzpflicht bezahlt, wobei sie diese Zahlung keinem bestimmten Schadensteilbetrag zuordnet
(Urk. 34 S. 17). Es ist daher im Urteil von der anerkannten Zahlung von Fr. 10'000.- Vormerk zu nehmen und es ist der Beklagten überlassen, im Zahlungszeitpunkt zu bestimmen, auf welchen Schadensposten sie diese Zahlung anrechnen will (Art. 86 Abs. 1 OR).
F
(Kostenund Entschädigungsfolgen)
Die vorinstanzliche Entscheidgebühr blieb im Berufungsverfahren unangefochten.
Im vorinstanzlichen Verfahren war zunächst eine Forderung von rund
Fr. 409'500.- streitig, wovon mit der Replik ein Teilbetrag von Fr. 51'777.- zurückgezogen wurde. Im Berufungsverfahren sind dem Kläger - einschliesslich der anerkannten und bezahlten Fr. 10'000.- - rund Fr. 196'830.- zuzusprechen. Bezogen auf die Rechtsbegehren im vorinstanzlichen Verfahren obsiegt der Kläger damit zu rund 50%, weshalb die vorinstanzlichen Kosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen sind. Demensprechend sind die Parteientschädigungen für das erstinstanzliche Verfahren gegenseitig wettzuschlagen.
Der Streitwert im Berufungsverfahren ist gemäss dem Anschlussberufungsbegehren des Klägers und unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich geleisteten Zahlung von Fr. 10'000.- auf rund Fr. 317'000.- zu beziffern. Da eine Neuverteilung der erstinstanzlichen Gerichtskosten erfolgen muss, ist der diesbezügliche Antrag des Klägers nicht mehr streitwertrelevant. Die Beklagte unterliegt zu rund 60%. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist daher auf Fr. 17'000.- festzusetzen und der Beklagten zu 60% und dem Kläger zu 40% aufzuerlegen. Entsprechend hat die Beklagte dem Kläger gestützt auf § 4 und 13 AnwGebVO eine auf 20% reduzierte Parteientschädigung von Fr. 2'000.- zuzüglich 8% MWSt. zu bezahlen (60% Anspruch des Klägers, abzüglich 40% Gegenanspruch der Beklagten).
Die Beklagte und Hauptberufungsklägerin wird verpflichtet, dem Kläger und Hauptberufungsbeklagten Fr. 195'049.- nebst Zins zu 5% ab 16. Mai 2013,
Fr. 903.- nebst Zins zu 5% ab 28. August 2010 sowie € 730.10 nebst Zins zu
5% seit 2. April 2010 zu bezahlen.
Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.
Es wird davon Vormerk genommen, dass die Beklagte und Hauptberufungsklägerin im Juli 2012 an die vorgenannten Beträge Fr. 10'000.- bezahlt hat.
Die Entscheidgebühr für das erstinstanzliche Verfahren (Fr. 19'127.50) wird bestätigt.
Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt und so weit möglich mit dem Kostenvorschuss des Klä- gers und Hauptberufungsbeklagten im erstinstanzlichen Verfahren verrechnet. Den Mehrbetrag stellt die Gerichtskasse der Beklagten und Hauptberufungsklägerin in Rechnung.
Die Beklagte und Hauptberufungsklägerin hat dem Kläger und Hauptberufungsbeklagten den geleisteten Kostenvorschuss zu ersetzen, soweit dieser den Kostenanteil des Klägers und Hauptberufungsbeklagten (Fr. 9'563.75) übersteigt.
Die Parteientschädigungen für das erstinstanzliche Verfahren werden gegenseitig wettgeschlagen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 17'000.- festgesetzt.
Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Beklagten und Hauptberufungsklägerin zu 60% und dem Kläger und Hauptberufungsbeklagten zu 40% auferlegt und mit dem von der Beklagten und Hauptberufungsklägerin im Berufungsverfahren geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Der Kläger und Hauptberufungsbeklagte wird verpflichtet, der Beklagten und Hauptberufungsklägerin den geleisteten Vorschuss im Umfang seines eigenen Kostenanteils (Fr. 6'800.-) zu ersetzen.
Die Beklagte und Hauptberufungsklägerin wird verpflichtet, dem Kläger und Hauptberufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 2'160.- (8% MWSt inbegriffen) zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Bülach (I. Abteilung), je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 317'000.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 15. Mai 2013
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Präsident:
Dr. R. Klopfer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. G. Kenny
versandt am: mc
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