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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LB070006: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Eheschutzangelegenheit bezüglich Unterhaltsforderungen. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied, dass die beklagte Partei Unterhaltsbeiträge für das Kind und den Kläger leisten muss. Die Kosten des Verfahrens wurden aufgeteilt, wobei die beklagte Partei einen Grossteil übernehmen musste. Die Parteien einigten sich schliesslich auf eine reduzierte Unterhaltszahlung und teilten die Gerichtskosten je zur Hälfte. Es wurde beschlossen, dass die Parteien auf eine Parteientschädigung verzichten. Der Richter war Dr. R. Klopfer.

Urteilsdetails des Kantongerichts LB070006

Kanton:ZH
Fallnummer:LB070006
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB070006 vom 11.12.2007 (ZH)
Datum:11.12.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einfriedigung, negative Immissionen
Schlagwörter : Grundstück; Recht; Beklagten; Garage; Immission; Parteien; Abstand; Höhe; Grundstücke; Immissionen; Meter; Abstands; Holzwand; Sicht; Vorschrift; Einfriedung; Abstandsvorschriften; Obergericht; Sinne; Interesse; Beurteilung; Umgebung; Bundesgericht; Metern; Grenze; Rechtsvorgänger; Umgebungsgestaltung; Gesichtspunkt; ämlich
Rechtsnorm:Art. 684 ZGB ;Art. 697 ZGB ;
Referenz BGE:126 III 451; 126 III 452; 126 III 456; 126 III 458; 126 III 459; 126 III 461; 132 III 51;
Kommentar:
Keller, Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 58 OR, 2014

Entscheid des Kantongerichts LB070006

EGZGB 178, Einfriedigung. Hölzerne Sichtschutzwand. Ermittlung des massgeblichen Grenzabstandes; Bedeutung des „gewachsenen Bodens“ (Erw. 5).
ZGB 684, negative Immissionen. Bedeutung der kantonalen Abstandsund Bauvorschriften (Erw. 6).

(Aus den Erwägungen des Obergerichts:) 1. Sachverhalt

Die Parteien sind Nachbarn. Ihre Liegenschaften liegen an einem Abhang, der von Osten nach Westen abfällt. Das Haus der Kläger liegt etwas höher (Erdgeschoss 625.35 Meter über Meer), das Haus der Beklagten etwas tiefer (Erdgeschoss 623.35 Meter über Meer). Die Häuser der Parteien wurden Ende der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts im Zuge einer grösseren Überbauung errichtet. Ursprünglich wies das Gelände ein leichtes Gefälle auf. Anlässlich der Überbauung wurde das Gelände terrassiert und zwischen den Grundstücken wurden Böschungen erstellt. Das ursprünglich zusammenhängende Grundstück wurde parzelliert, allerdings erst nach Vorliegen der Baubewilligungen.

Das Haus der Beklagten weist auf der Ostseite einen zweigeschossigen Anbau auf. Im Untergeschoss befindet sich ein Keller bzw. ein Schutzraum und im Obergeschoss die Garage. Dieser Anbau steht mit seiner Ostseite unmittelbar auf der Grenze, die zwischen den Grundstücken der Parteien verläuft. Die Ostwand dieses Garagengebäudes wurde bis zum Garagendach mit Erdreich „angeböscht“.

Am 15. Januar 2001 erteilte der Gemeinderat M. dem Rechtsvorgänger der Beklagten die baurechtliche Bewilligung für die Erstellung einer Sichtschutzwand entsprechend der Ausschreibung vom 15. Dezember 2000. In der Bewilligung wird festgehalten, dass die 1,8 Meter hohe Sichtschutzwand einen Abstand von 20 cm zum Grundstück Kat.-Nr. ... der Kläger aufzuweisen habe, „womit die Vorschrift des § 178 EG ZGB beachtet wird“. Im Sinne von § 238 Abs. 1 PBG wurde dem Rechtsvorgänger der Beklagten ferner die Auflage gemacht, die Holzwand zu begrünen. Gestützt auf den baurechtlichen Entscheid errichteten die Beklagten

die hier interessierende Sichtschutzwand im November 2001. Sie steht auf dem Dach des Garagenanbaus und ist im Bereiche der gemeinsamen Grundstücksgrenze der Parteien 180 cm hoch.

  1. Bezirksgerichtliches Verfahren

    ...

  2. Obergerichtliches Verfahren

    ...

  3. Formelles

    ...

  4. Grenzabstand

    1. Aus dem Bundesprivatrecht ergibt sich, dass dem Grundeigentümer ein Recht auf Einfriedung seines Grundeigentums zusteht (Rey, in Basler Kommentar, N. 5 zu Art. 697 ZGB). Die Beschränkungen dieses Rechts im privaten Interesse des Nachbarn ist Sache der kantonalen Gesetzgebung (Art. 697 Abs. 2 ZGB; Piotet, in Schweizerisches Privatrecht, Band I/2, Basel, 2001, S. 254). Der Kanton Zürich hat mit § 178 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch vom

      2. April 1911 (EG ZGB) die entsprechenden Beschränkungen erlassen. Diese Vorschrift ist mithin der Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die vom Rechtsvorgänger der heutigen Beklagten aufgestellte Sichtschutzwand rechtmässig ist nicht. § 178 EG ZGB bestimmt nun, dass der Eigentümer, Holzwände, „welche die Höhe von 150 cm nicht übersteigen“, „an der Grenze anbringen“ kann. Überschreitet die „Einfriedigung“ (so § 178 EG ZGB) bzw. „Einfriedung“ (so Art. 697 ZGB) diese Höhe, so „kann der Nachbar begehren, dass sie je um die Hälfte der Höhe über 150 cm von der Grenze entfernt“ werde. Die Kläger stellen in diesem Prozess ein solches Begehren; dieses Begehren ist zu beurteilen.

    2. Der Streit der Parteien dreht sich darum, von welchem Fusspunkt die Höhe der Einfriedung zu messen sei, ob von der Oberkante des Garagendaches, wo sich heute die Grundstücke der Parteien an der Oberfläche berühren, aber

      1.20 bis 1.70 Meter tiefer, wo diese oberflächliche Berührung stattfand, bevor auf der Seite des heutigen Grundstückes der Kläger die Anböschung zur Oberkante des Garagedaches der Beklagten vorgenommen wurde. Das ist auch die Sicht der Kläger, führten sie doch in ihrer Klagebegründung aus, es frage sich, ob „der gewachsene Boden, so wie er vor Errichtung der Garage und der weiteren Terrainaufschüttungen bestand, massgeblich ist“.

    3. ...

    4. Auf Grund der Parteivorbringen ist von Folgendem auszugehen:

      Die Liegenschaften der heutigen Parteien wurden Ende der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts von der Generalunternehmung N. AG in Zusammenarbeit mit dem Architekten H., ..., errichtet, und zwar im Zuge des Baus von insgesamt fünf Landhäusern. Pläne und Baubewilligungen lagen vor, bevor parzelliert wurde und damit auch bevor es zum Verkauf der Parzellen kam. Bereits vor der Parzellierung wurde der Garagenbau auf dem heutigen Grundstück der Beklagten dort geplant, wo die Garage heute steht. Und auf der Seite des heutigen Grundstückes der Kläger wurde bereits im Rahmen des Planes für die Umgebungsgestaltung die Anböschung bis zur Dachkante des Garagenbaus der Beklagten vorgesehen. Das waren die Grundlagen für die Baubewilligungen. Die Geländegestaltung im Bereiche der fünf Landhäuser erfolgte mithin vor der Parzellierung aus einer Hand. Im Zeitpunkt, als die Parteien ihre Grundstücke erwarben, war die Geländegestaltung entweder bereits vorgenommen doch zumindest baurechtlich bewilligt. Aus der Sicht der Gesamtplanung hatten beide Grundstücke gewisse Nachteile zu übernehmen: Bezüglich des heutigen Grundstückes der Kläger war hinzunehmen, dass die nachbarschaftliche Garagenbaute auf die Grundstücksgrenze gestellt wurde. Und aus der Sicht des Grundstückes der Beklagten war hinzunehmen, dass wegen der Anböschung eine Wand des Garagengebäudes bis zur Dachkante mit Erdreich bedeckt wurde. Als die Kläger ihr Grundstück kauften, lagen die rechtskräftigen Baubewilligungen vor. Es kann ihnen daher nichts helfen, wenn sie sich heute darüber beklagen, die Errichtung der Garagenbaute sei „materiell rechtswidrig“ gewesen. Wären sie seinerzeit damit nicht einverstanden gewesen, hätten sie vom Kauf ihrer Liegenschaft Abstand nehmen können.

    5. Ist nun zu entscheiden, von welchem Fusspunkt aus die Höhe der von den Klägern erstellten Holzwand zu messen ist, dann ist das auf dem Wege der Auslegung von § 178 EG ZGB zu ermitteln. Aus der Gesetzesvorschrift ergibt sich kein unmittelbarer Hinweis; das Gesetz geht offensichtlich davon aus, die Höhe des Bodens sei eine feste Grösse. Zur Frage, wie es sich verhält, wenn die Bodenhöhe im Laufe der Zeit verändert wird, schweigt sich das Gesetz aber aus.

      1. Die Parteien (und auch die Vorinstanz) nehmen ausführlich zur Bedeutung des gewachsenen Bodens im öffentlichen Baurecht (auf der Grundlage des PBG vom 7. September 1975) Stellung und ziehen Parallelen zu den hier zu beantwortenden Fragen.

        Der Blick auf das öffentliche Baurecht ergibt Folgendes: Auszugehen ist nach zürcherischem Recht von § 5 der Allgemeinen Bauverordnung (ABV;

        LS 700.2), wonach der bei Einreichung des Baugesuchs bestehende Verlauf des Bodens als „gewachsener Boden“ gilt, wenn er nicht „innert eines Zeitraums von 10 Jahren vor der Baueingabe in einem ... der Baubewilligungspflicht unterliegenden Ausmass aufgeschüttet“ wurde. Nach der Rechtsprechung des zürcherischen Verwaltungsgerichts ist der Begriff des „gewachsenen Bodens“ allerdings „stets als dynamischer und nicht als statischer Begriff“ zu verstehen (Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Juli 2004, VB.2004.00012, Erw. 4 mit Hinweisen). Wäre § 5 ABV hier anwendbar, dann müssten die Ende der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts bewirkten Terrainveränderungen ohne weiteres berücksichtigt werden. Die Kläger widersprechen dem allerdings mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur.

      2. Die Kontroverse spielt indessen keine Rolle. Das öffentliche Baurecht ist von ganz anderer Tragweite als das zivilrechtliche Nachbarschaftsrecht. Während das öffentliche Baurecht die Interessen der Öffentlichkeit an der Art der Nutzung

        des Baulandes im Auge hat und daher kraft ausdrücklicher Vorschrift eben keine Privatrechte begründet (§ 218 PBG), soll mittels des eidgenössischen und des kantonalen Nachbarrechts ein gerechter Ausgleich zwischen den involvierten Privaten gefunden werden. Die massgeblichen Gesichtspunkte sind daher bei der Anwendung von zivilrechtlichen Vorschriften anders als bei der Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Das gilt namentlich auch für das gemäss Art. 697 Abs. 2 ZGB erlassene kantonale Privatrecht, dem von Bundesrechts wegen die Regelung der näheren Ausgestaltung von Einfriedungen im privaten Interesse der Nachbarn überlassen ist. Für das Verhältnis zwischen Privaten stehen indessen die privaten Interessen im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnen Verhalten und Abmachungen der involvierten Grundeigentümer eine hervorragende Bedeutung. Entscheidend ist daher, ob die in Frage stehenden Bodenver- änderungen von einem Grundeigentümer einseitig vorgenommen wurden ob solche Veränderungen auf Grund von Absprachen der Beteiligten gar aus einer Hand geschahen. Grundsätzlich ist aber, wie bereits einem Entscheid des Obergerichts aus dem Jahre 1918 entnommen werden kann, bei der Anwendung von § 178 EG ZGB „das jetzige Niveau des in Frage kommenden Landes“ für die Messung massgebend und „nicht dasjenige irgendeines früheren Zeitpunktes“ (ZR 18/1919 Nr. 105). Anders zu beurteilen wäre diese Frage nur dann, wenn diejenige Partei, die aus dem veränderten Niveau Rechte ableitet, einseitig gar gegen den Willen des Nachbarn die Niveauveränderung vorgenommen hätte. Davon kann hier aber keine Rede sein: Die Umgebungsgestaltung erfolgte nämlich, wie ausgeführt, im Rahmen einer gesamthaften Umgebungsgestaltung anlässlich der Erstellung von fünf „Landhäusern“ aus einer Hand. Sowohl die Kläger als auch die Beklagten haben ihre Parzellen aus dieser gleichen Hand so gekauft, wie sie sich heute präsentieren, nämlich die Kläger das Haus 3 mit Umschwung und die Beklagten das Haus 4 mit Umschwung. Das gemäss § 178 EG ZGB massgebliche Niveau der Parzellen ist daher jenes, das seinerzeit bei der Umgebungsgestaltung hergestellt worden ist, mithin das heutige.

        Das Ende der Achtzigerjahre hergestellte Niveau müssen sich selbstredend beide Parteien entgegenhalten lassen. Nicht auszuschliessen ist nämlich, dass bei Rechtsnachfolgern der Parteien dereinst die Interessenlage gerade umgekehrt

        sein könnte. So könnten sich z. B. Rechtsnachfolger der Kläger mit Fug auf den Standpunkt stellen, sie benötigten an der Grenze entlang der Dachkante der Garagenbox eine Einfriedung, um so die gewünschte Privatsphäre herbeiführen zu können, während sich Rechtsnachfolger der Beklagten umgekehrt auf den Standpunkt stellen könnten, die Einfriedung störe sie, weil sie die Umgebung als allzu kleinräumig erscheinen lasse. Auch bei einer solchen Interessenlage wäre der Rechtsstreit nach den oben entwickelten Grundsätzen zu entscheiden.

        5.6. Ist aber im Sinne des Gesagten vom aktuellen Bodenverlauf auszugehen, dann erweist sich die Berechnungsweise der Vorinstanz im Lichte von § 178 EG ZGB als richtig: Eine 180 cm hohe Holzwand muss 15 cm von der Grenze entfernt sein. Entgegen der Meinung der Kläger spielt unter privatrechtlichen Gesichtspunkten keine Rolle, dass die baurechtliche Bewilligung den Abstand der Holzwand von der Grundstücksgrenze auf 20 cm festlegte (vgl. dazu auch § 218 Abs. 1 PBG). Unzutreffend ist namentlich ihre Meinung, auf dem Garagendach der Beklagten könne von vornherein nicht der Fusspunkt für die Holzwand sein, denn dieses sei ein Gebäude und kein „gewachsener Boden“. Der „gewachsene Boden“ ist nämlich ein Begriff, der § 178 EG ZGB fremd ist. Die Garagenbox wurde, wie dargelegt, seinerzeit in die Umgebungsgestaltung einbezogen und durch diese Umgebungsgestaltung gleichsam unsichtbar gemacht. Anderseits reicht das Gelände der Kläger bis zu ihrer Dachkante. Unter diesen Umständen muss der Fusspunkt der Holzwand auf jener Kote liegen, wo sich die Grundstücke der Parteien an der Oberfläche berühren.

  5. Negative Immissionen gemäss Art. 684 ZGB

    1. Die Kläger machen weiter geltend, die von den Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger aufgestellte Holzwand entziehe ihrem Grundstück so viel Licht, dass von einer übermässigen Einwirkung im Sinne von Art. 684 ZGB ausgegangen werden müsse.

    2. Mit BGE 126 III 452 hielt das Bundesgericht fest, dass unter Art. 684 ZGB auch die von einem Grundstück ausgehenden sogenannten negativen Immissionen fallen können, die das benachbarte Grundstück durch Entzug von Licht und

      durch Schattenwurf beeinträchtigen können. Es hielt fest, dass mit der heute weit verbreiteten verdichteten Bauweise Abstandsvorschriften, namentlich solche für Pflanzungen, im Vergleich zu den entstehungszeitlichen Verhältnissen eine grössere Bedeutung erhielten, könnten doch Lichtentzug und Schattenwurf genau gleich lästig sein wie die im Gesetz beispielhaft erwähnten positiven Immissionen (Rauch, Russ, lästige Dünste, Lärm, Erschütterung; BGE 126 III 456 E. 2c). Zu beurteilen hatte das Bundesgericht den von Bäumen ausgehenden Schattenwurf, und zwar in einem Fall, in dem durchaus kantonale Abstandsvorschriften bestanden. Es kam allerdings zum Schluss, dass solche kantonalen Abstandsvorschriften das bundesrechtliche Nachbarrecht nicht einfach gegenstandslos machten (BGE 126 III 458 E. 3c). Von Pflanzen ausgehende negative Immissionen seien nämlich nicht einfach von der Anwendbarkeit der Art. 679/684 ZGB „generell ausgeschlossen“. Von Belang sei namentlich, dass durch das Wachstum von Pflanzen die von ihnen ausgehenden Einwirkungen von Jahr zu Jahr zunähmen und kantonale Abstandsvorschriften daher unter Umständen keinen genügenden Schutz der Nachbarn gewährleisten könnten. Diese Problematik werde besonders aktuell, wenn ein kantonalrechtlicher Beseitigungsanspruch, wie in dem vom Bundesgericht beurteilten Fall, wegen einer verhältnismässig kurzen Verjährungsfrist nicht durchgesetzt werden könne. In einer solchen Situation habe der bundesrechtliche Immissionsschutz als Mindestgrundsatz Platz zu greifen. Das Bundesgericht kam daher zum Schluss, dass bei Einhaltung der kantonalen Abstandsvorschriften nur in den seltensten Fällen übermässige Immissionen gemäss

      Art. 684 ZGB angenommen werden könnten (BGE 126 III 459 E. 3c/bb). Klar stellte das Bundesgericht dabei allerdings, dass sich diese Überlegungen nicht ohne Weiteres auf negative Immissionen übertragen liessen, die von Bauten verursacht werden: Im Unterschied zum kantonalen Pflanzenrecht stelle das kantonale Baurecht heute nämlich in der Regel ein umfassendes Regelwerk dar, so dass für die Anwendung der Art. 679/684 ZGB kaum mehr Raum bestehen dürfte. Dem berechtigten Immissionsschutz der Nachbarn werde im Baubewilligungsverfahren Rechnung getragen. Ohnehin sei kaum denkbar, dass bei einer rechtmässig erstellten Baute Immissionen, die durch deren blosses Vorhandensein

      verursacht würden, derart schwer wögen, dass sich ein bundesrechtlicher Beseitigungsanspruch rechtfertigen liesse (BGE 126 III 451 E. 3c/cc).

      Anlass zu diesem Bundesgerichtsentscheid gaben zwei Entscheide der erkennenden Kammer vom 18. April 1997 und 26. November 1999, die in ZR 97/1998 Nr. 22 und ZR 100/2001 Nr. 19 publiziert wurden. Mit dem ersten Entscheid wurde ein erstes Urteil des Bezirksgerichts Affoltern aufgehoben, und die Sache wurde an die erste Instanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens unter dem Gesichtspunkt des Art. 684 ZGB zurückgewiesen. Nach durchgeführtem Beweisverfahren hatte sich die Kammer ein zweites Mal mit der Sache zu befassen. Zu beurteilen waren die negativen Immissionen von Pflanzungen, welche an und für sich die kantonalen Abstandsvorschriften verletzten, deren Beseitigung aber wegen der gemäss kantonalem Recht eingetretenen Verjährung nicht mehr verlangt werden konnte. Das Obergericht hielt in diesem Zusammenhang fest,

      „dass die in Frage stehenden Bäume eine eigentliche abgeschlossene Wand bilden“ (ZR 100/2001 Nr. 19 E. III/2e). Zu beurteilen waren die negativen Immissionen, die von nicht weniger als 13 Waldbäumen ausgingen, welche allesamt die kantonalen Abstandsvorschriften verletzten, wobei deren Beseitigung gemäss kantonalem Recht wegen der inzwischen eingetretenen Verjährung nicht mehr verlangt werden konnte. Das Obergericht hielt dazu fest, dass dem Kläger jenes Prozesses nichts anderes mehr übrig geblieben sei, als zuzuwarten, bis die Pflanzungen des Beklagten ein solches Ausmass annehmen, dass sie als unzulässig im Sinne von Art. 684 ZGB zu bewerten sind und daher im Sinne dieser Vorschrift beseitigt werden müssen (ZR 100/2001 Nr. 19 E. III/7). Zu beurteilen waren die negativen Immissionen, die von den folgenden Bäumen ausgingen:

      • von sechs Waldbäumen mit Höhen zwischen 11,1 und 14, 4 Metern Höhe und Kronendurchmessern zwischen 1 und 4 Metern;

      • von drei Waldbäumen mit Höhen zwischen 15,3 und 19,34 Metern Höhe und Kronendurchmessern zwischen 3 und 5 Metern;

      • von vier Waldbäumen mit Höhen zwischen 22,0 und 26,3 Metern Höhe und Kronendurchmessern zwischen 4 und 6 Metern.

      Dazu hielt das Obergericht fest, dass vier dieser Bäume die Höhe von 25 Metern erreichten bzw. beinahe erreichten. Diese Höhe sehe das kantonale Recht

      (§ 282 PBG) für die Definition von Hochhäusern vor. Die Bäume stünden so nahe zusammen, „dass sie als kompakte Wand wirken“. Nach Würdigung der Beweise kam das Obergericht alsdann zum konkreten Schluss, dass fünf der dreizehn den Prozessgegenstand bildenden Bäume zu beseitigen seien (ZR 100/2001 Nr. 19

      E. III/9). Diese konkrete Beurteilung teilte in der Folge dann auch das Bundesgericht (BGE 126 III 461 E. 4).

    3. Die dargestellte Rechtsprechung ist auch für die Beurteilung des vorliegenden Falles heranzuziehen. Es ergibt sich dabei Folgendes:

Für den Entscheid über die Frage, ob eine (positive negative) Immission gemäss Art. 684 ZGB als übermässig anzusehen ist nicht, spielt der Ortsgebrauch eine entscheidende Rolle. Dieser schlägt sich weitestgehend in den kantonalen Abstandsund Bauvorschriften nieder. Sind diese kantonalen Vorschriften eingehalten, dann ist allerdings bei der Beurteilung der Ermessensfrage, ob eine übermässige Einwirkung im Sinne von Art. 684 ZGB vorliegt nicht, ein strenger Massstab anzulegen (BGE 132 III 51 E. 2.2; ZR 97/1998 Nr. 22 E. II/3c mit Hinweisen). Das anerkennen zu Recht auch die Kläger. Von Belang ist hier daher, dass die kantonalen Abstandsvorschriften (§ 178 EG ZGB) eingehalten werden, wenn das vorinstanzliche Urteil, soweit es rechtskräftig geworden ist, umgesetzt wird. Dazu kommt, dass die fragliche Holzwand über zwei Instanzen auch einem kantonalen Baubewilligungsverfahren unterworfen wurde. Dabei wurde dem Vorhaben der Beklagten bzw. ihres Rechtsvorgängers die öffentlichrechtliche Bewilligung erteilt. Die zürcherischen Verwaltungsbehörden haben dabei durchaus auch die gegenseitigen Interessen der Nachbarn abgewogen. Erinnert sei an dieser Stelle an die Erwägungen der Baurekurskommission, wonach

„der Schattenwurf von Sichtschutzwänden ... von den betroffenen Nachbarn hinzunehmen“ sei und dass „Einfriedigungen der hier zur Beurteilung stehenden Art und Grösse ... hierzulande durchaus üblich und daher von Nachbarn unter Einordnungsgesichtspunkten regelmässig hinzunehmen“ seien. Diese Beurteilung muss auch für die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des Art. 684 Abs. 2 ZGB gelten.

Hervorgehoben sei auch an dieser Stelle nochmals, dass das Recht auf Einfriedung eines Grundstückes unmittelbar auf dem Bundesprivatrecht beruht. Das zürcherische Nachbarrecht lässt mit § 178 EG ZGB keineswegs übermässig hohe Einfriedigungen zu, sondern setzt vernünftige Schranken. Die von den Beklagten bzw. ihrem Rechtsvorgänger erstellte Holzwand entspricht denn auch durchaus einer üblichen Trennung von nachbarlichen Grundstücken. Den Klägern sei an dieser Stelle immerhin gesagt, dass die Vorschrift von Art. 684 ZGB nicht dazu dienen kann, eine unvorteilhafte Wohnsituation, die auf die Grundstücksbeschaffenheit und die Ausrichtung der Liegenschaft zurückzuführen ist, nachträglich aufzuwerten. Zu dieser unvorteilhaften Wohnsituation gehört eben, dass das Garagengebäude der Beklagten entsprechend dem Konzept der die fünf Landhäuser betreffenden Gesamtüberbauung an die Grenze der den Parteien gehörenden Parzellen gestellt wurde und dass in der Folge aus landschaftsgestalterischen Gründen das Erdreich auf dem Grundstück der Kläger und in der Nähe ihres Hauses angeböscht wurde, womit das Garagengebäude wenigstens optisch zum Verschwinden gebracht werden konnte. Zur unvorteilhaften Wohnsituation der Kläger gehört aber offensichtlich auch die Ausrichtung und Lage ihres Hauses: So legten sie in ihrer Klagebegründung selber dar, ihr Haus sei „etwas in nordwestlicher Richtung abgedreht“, „damit es trotz seiner Lage genügend Licht aus südlicher bis westlicher Richtung“ erhalte. Das Dach des Hauses der Beklagten werfe nämlich einen „beträchtlichen Schatten“ auf ihr Grundstück. Davon ist jedenfalls auszugehen. Denkbar ist, dass bei einer durch Ausrichtung und Beschaffenheit ohnehin benachteiligten Liegenschaft übliche Einfriedungen stärker stören als dann, wenn derartige Rahmenbedingungen, die der Nachbar so anders nicht zu vertreten hat, fehlen.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass im Zusammenhang mit der hier interessierenden Holzwand eine übermässige Einwirkung im Sinne von Art. 684 ZGB ausgeschlossen werden kann. Die Klage erweist sich daher auch unter diesem Gesichtspunkt als unbegründet.

Obergericht, II. Zivilkammer Urteil vom 11. Dezember 2007

LB070006

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