Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG220157 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 17.02.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung (URG) |
Schlagwörter : | Klage; Gericht; Klagten; Beklagten; Tungen; Partei; Vergütung; Verfügung; Parteien; Verwertung; Bezahlen; AnwGebV; Eigengebrauch; Werke; Rechnung; Tarif; Klageantwort; Bundesgericht; Zustellung; Klägerische; Urheber; Sachverhalt; Streitwert; Frist; Parteientschädigung; Gerichtskosten; Prozessvoraussetzungen; Klägerischen; Verwertungsgesellschaft; Bezahlen |
Rechtsnorm: | Art. 104 OR ; Art. 106 ZPO ; Art. 147 ZPO ; Art. 153 ZPO ; Art. 20 URG ; Art. 223 ZPO ; Art. 46 URG ; Art. 51 URG ; Art. 55 ZGB ; Art. 56 ZPO ; Art. 59 URG ; Art. 60 ZPO ; Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 125 III 141; 138 III 225; 144 III 394; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG220157-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. Claudia Bühler, Präsidentin, und Oberrichterin Judith Haus Stebler, die Handelsrichterinnen Ursula Mengelt,
Dr. Eliane Ganz und Dr. Myriam Gehri sowie die Gerichtsschreiberin Nadja Maurer
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
gegen
Beklagte
betreffend Forderung (URG)
(act. 1 S. 2)
1. Die beklagte Partei sei zu verpflichten, der Klägerin CHF 47.70 gemäss den Forderungen aus dem Jahre 2021 zu bezahlen, zzgl. Zins zu 5% seit 09.08.2022.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich MwSt. zu Lasten der beklagten Partei.
Die Klägerin ist eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich und bezweckt die Verwer- tung der Rechte der Urheber, Urheberinnen, Verlage und anderer Rechtsinhaber bzw. Rechtsinhaberinnen von literarischen und dramatischen Werken sowie von Werken der bildenden Kunst und der Photographie, soweit ihr diese Rechte zur kollektiven Verwertung anvertraut wurden. Die Klägerin ist gemäss Bewilligung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) berechtigt und ver- pflichtet, die Vergütungsansprüche gemäss dem Urheberrechtsgesetz geltend zu machen (act. 1 Rz. 2; act. 3/2). Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränk- ter Haftung (GmbH) mit Sitz in C. ZH. Sie bezweckt im Wesentlichen die Erbringung von Dienstleistungen im Immobilientreuhandbereich, insbesondere die Beratung, Vermietung, Verwaltung und den Verkauf sowie die Schätzung, den Erwerb und Verkauf von Liegenschaften und Grundstücken (act. 3/3).
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin als Verwertungsgesellschaft im Sinne von Art. 40 ff. URG gestützt auf Art. 19 f. URG Vergütungsansprüche für die urheberrechtlichen Nutzungen im Rahmen des zulässigen Eigengebrauchs geltend. Die Klägerin fordert von der Beklagten konkret die Vergütung für das Jahr 2021, für welche sie gestützt auf Ziff. 6 ff. und insbesondere Ziff. 8.3 Ge- meinsamer Tarif 8 VII [Reprografie in der Industrie, im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich] 2017-2021 (verlängert bis 2022) [=GT 8 VII 20172021] sowie Gemeinsamer Tarif 9 VII [Nutzung von geschützten Werken und geschützten Leistungen in elektronischer Form zu betrieblichen Eigengebrauch in der Industrie, im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich] 2017- 2021 (verlängert bis 2022) [=GT VII 2017-2021] eine Einschätzung vorgenom- men hatte (act. 1 Rz. 6 ff; act. 3/5).
Die Verfügung vom 20. Dezember 2022 wurde von der Beklagten nicht abgeholt (act. 9/2). Nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO gilt eine Zustellung bei Nichtabholung der eingeschriebenen Sendung dennoch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste. Dies setzt voraus, dass das Prozessrechtsverhältnis bereits entstanden ist, dass mithin der Empfänger bereits Kenntnis davon hat, dass er am konkreten Verfahren beteiligt ist (BGE 138 III 225 E. 3). Die Verfügung vom 31. Oktober 2022 wurde der Beklagten am 2. November 2022 zugestellt. De- ren Gesellschafter und Geschäftsführer, D. , hat den Empfang unterschriftlich bestätigt (act. 6/2). Damit hatte die Beklagte Kenntnis vom vorliegenden Ver- fahren (Art. 55 Abs. 2 ZGB). Die Verfügung vom 20. Dezember 2022 hat die Be- klagte innert der bis 29. Dezember 2022 laufenden Abholfrist dennoch nicht ab- geholt (act. 9/2). Sie gilt daher als am 29. Dezember 2022 zugestellt.
Gemäss Art. 223 Abs. 2 ZPO trifft das Gericht bei definitiv versäumter Klageant- wort einen Endentscheid, sofern die Angelegenheit spruchreif ist. Hierzu muss die Klage soweit geklärt sein, dass darauf entweder mangels Prozessvoraussetzun- gen nicht eingetreten oder sie durch Sachurteil erledigt werden kann. Steht dem Eintreten auf die Klage nichts entgegen, bedeutet Spruchreife, dass der Klage- grund im Hinblick auf die anwendbaren Rechtsnormen hinreichend substantiiert ist und – darüber hinaus – dass das Gericht an der Richtigkeit der klägerischen Tatsachenbehauptungen keine erheblichen Zweifel hat (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Un- ter den gegebenen Umständen ist, wenn es die klägerische Sachdarstellung er- laubt, nach dem Klagebegehren zu erkennen, andernfalls ist die Klage abzuwei- sen. Dabei hat das Gericht auch rechtshemmende, rechtshindernde und rechts- aufhebende Tatsachen zu berücksichtigen, soweit sie in der Klage selbst ange- führt sind. Andere Tatsachen, die aus den Akten ersichtlich sind, dürfen nur inso- weit berücksichtigt werden, als sie für das Vorhandensein der von Amtes wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen von Bedeutung sind (Art. 60 ZPO). An der erforderlichen Spruchreife fehlt es – zur Hauptsache –, wenn das Klagebegehren oder die Begründung der Klage (noch) unklar, unbestimmt oder offensichtlich un- vollständig ist (Art. 56 ZPO) oder dem Gericht die Klagebegründung in erhebli- chem Mass als unglaubhaft erscheint und es darüber Beweis erheben will (BGE 144 III 394 E. 4.3.2.2.; Art. 153 Abs. 2 ZPO; BSK ZPO-WILLISEGGER, 3. Aufl.
2017, Art. 223 N. 17 ff.; ERIC PAHUD, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 223 N.
3 ff.). Diese Säumnisfolge wurde der Beklagten mit Verfügung vom 20. Dezember 2022 angedroht (act. 8; Art. 147 Abs. 3 ZPO).
Da die Beklagte innert (Nach-)Frist keine Klageantwort eingereicht hat, ist andro- hungsgemäss zu verfahren. Entsprechend haben die klägerischen Behauptungen grundsätzlich als unbestritten zu gelten.
Die örtliche Zuständigkeit des hiesigen Handelsgerichts stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO und ist gegeben, da die Beklagte ihren Sitz in C. ZH hat. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 lit. a ZPO i.V.m. § 44 lit. a GOG und ist ebenfalls gegeben. Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass; auf die Klage ist mithin einzutreten. Wie sogleich zu zeigen ist, erweist sich die Sache als spruchreif.
URG). Den Vergütungsanspruch nach Art. 20 Abs. 2 URG können nur zugelasse- ne Verwertungsgesellschaften geltend machen (Art. 20 Abs. 4 URG). Gestützt auf die Bewilligung des Instituts für Geistiges Eigentum vom 27. September 2017 (act. 3/2) verfügt die Klägerin über eine solche Zulassung (vgl. Art. 41 ff. URG). Die Vergütungsansprüche werden aufgrund von Tarifen geltend gemacht, welche nach rechtskräftiger Genehmigung für die Gerichte verbindlich sind (Art. 44 ff. URG; Art. 59 Abs. 3 URG; BGE 125 III 141 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts 4A_203/2015 vom 30. Juni 2015 E. 3.3.). Für die hier massgebenden Tarife GT 8 VII 2017-2021 sowie GT 9 VII 2017-2021 gilt die Klägerin als Vertreterin und ge- meinsame Zahlstelle (act. 3/2; Ziff. 4 GT 8 VII 2017-2021 und Ziff. 3 GT 9 VII 2017-2021). Die Klägerin ist deshalb zur Geltendmachung der Vergütungen aktiv- legitimiert.
Es ist nachvollziehbar und unbestritten, dass die Beklagte – in Überein- stimmung mit der Zweckumschreibung Erbringung von Dienstleistungen im Im- mobilientreuhandbereich gemäss Handelsregisterauszug (vgl. act. 3/3) – unter den Branchenbegriff Dienstleistungsbereich [Immobilienverwaltung, Treuhand etc.] im Sinne von Ziff. 6.4.3 GT 8 VII bzw. Ziff. 6.4.3 GT 9 VII fällt (act. 3/4). Sie ist daher Nutzerin nach Ziff. 2.1 GT 8 VII bzw. Ziff. 1.1 f. GT 9 VII und damit pas- sivlegitimiert.
bungsformular, mit welchem sie innert 30 Tagen die notwendigen Angaben zu melden haben. Falls die erbetenen Angaben auch nach einer schriftlichen Mah- nung nicht innert Nachfrist eingereicht werden, kann die Klägerin die Angaben schätzen und gestützt darauf Rechnung stellen. Diese Schätzung gilt als aner- kannt, wenn der betroffene Nutzer die für die Berechnung notwendigen Angaben nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung der Schätzung schriftlich bekannt gibt (vgl. Ziff. 8.3 ff. GT 8 VII 2017-2021 bzw. Ziff. 8.3 ff. GT 9 VII 2017-2021; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 4A_382/2019 vom 11. Dezember 2019 E. 3).
2.5 % MwSt.) zu bezahlen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
§ 4 Abs. 1 und 2 GebV OG sowie angesichts des im Verhältnis zum Streitwert
hohen Zeitaufwandes ist die Mindestgebühr von CHF 150.– auf CHF 400.– zu er- höhen. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und vorab aus dem von der Klägerin geleisteten Kosten- vorschuss zu decken.
8. September 2010 (AnwGebV; Art. 105 Abs. 2 und Art. 96 ZPO). Die Grundge- bühr ist dabei mit der Begründung oder Beantwortung der Klage verdient (§ 11 Abs. 1 AnwGebV). Nach § 4 Abs. 1 AnwGebV beträgt die einfache Grundgebühr vorliegend CHF 100.– (Minimalgebühr). Diese kann bei besonders hohem Zeit- aufwand um bis zu einem Drittel erhöht werden (§ 4 Abs. 2 AnwGebV). Die Kläge- rin verfasste eine Klageschrift (abzüglich Parteibezeichnungen, Rechtsbegehren und Verzeichnisse) von rund fünf Seiten (act. 1) und reichte (neben der Voll- macht) fünf Beilagen ein. Aufgrund dieser ausgewiesenen Arbeiten besteht selbst bei der maximalen Gebühr nach § 4 Abs. 1 und 2 AnwGebV (CHF 133.–) ein of- fensichtliches Missverhältnis zum Zeitaufwand der Klägerin. Die Gebühr ist damit in Anwendung von § 2 Abs. 2 AnwGebV auf CHF 650.– angemessen zu erhöhen. Mangels Darlegung der fehlenden Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist ihr die Parteientschädigung praxisgemäss ohne Mehrwertsteuerzuschlag zuzusprechen (ZR 104 [2005] Nr. 76; Urteil des Bundesgerichts 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016
E. 4.5).
menen Umfang wird der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einge- räumt.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 650.00 zu bezahlen.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 47.70.
Zürich, 17. Februar 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzende:
Dr. Claudia Bühler
Die Gerichtsschreiberin:
Nadja Maurer
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.