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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG150018
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG150018 vom 01.09.2017 (ZH)
Datum:01.09.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Datenschutz
Schlagwörter : Daten; Recht; Beklagten; Person; Personen; Etzung; Behörde; Gericht; Behörden; Agreement; Partei; US-Behörden; Interesse; Datenschutz; Personendaten; Liefe; Klage; Beabsichtigte; Parteien; Rechtfertigung; Ausland; Persönlichkeit; Datenlieferung; Agreements; übermittlung;
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 12 DSG ; Art. 13 DSG ; Art. 15 DSG ; Art. 2 DSG ; Art. 236 ZPO ; Art. 263 ZPO ; Art. 273 StGB ; Art. 28 ZGB ; Art. 28l ZGB ; Art. 292 StGB ; Art. 321 StGB ; Art. 328b OR ; Art. 6 DSG ; Art. 6 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 7 DSG ;
Referenz BGE:107 II 82; 142 I 93; 97 II 92;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG150018-O U/ei

Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Vizepräsident, und Oberrichterin

Dr. Claudia Bühler, die Handelsrichter Verena Preisig, Dr. Alexander Müller und Patrick Lerch sowie Gerichtsschreiber Silvan Sdzuy

Urteil vom 1. September 2017

in Sachen

  1. AG, Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X2.

    gegen

  2. AG,

Beklagte

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Y2.

betreffend Datenschutz

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2)

Es sei der Beklagten zu verbieten, Personendaten der Klägerin direkt oder indirekt ins Ausland zu übermitteln oder direkt oder indirekt an US-Behörden weiterzugeben, unter Androhung gegen die Organe der Beklagten der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse) im Widerhandlungsfall.

Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten (zzgl. 8 % MWST), insbesondere sei die Beklagte zu verpflichten, den Klägern [recte: der Klägerin] die Gerichtskosten des Massnahmenverfahrens (Geschäfts-Nr. HE140485) von CHF 2'500.- zu erstatten sowie für das gesamte Massnahmenverfahren eine angemessene Parteientschädigung (zzgl. 8 % MWST) zu entrichten.

Inhaltsverz eichnis:

Sachverhalt und Verfahren 3

  1. Sachverhaltsübersicht 3

  2. Prozessverlauf 3

    Erwägungen 5

    1. Formelles 5

      1. Zuständigkeit 5

      2. Prosequierungsfrist 5

    2. Drohende Persönlichkeitsverletzung durch Datenbekanntgabe ins Ausland .. 5

      1. Unbestrittener Sachverhalt 5

      2. Zusammenfassung der Parteistandpunkte 7

      3. Rechtliche Grundlagen und Würdigung 8

      4. Zwischenfazit 27

      5. Auslegung des Rechtsbegehrens / Rechtsschutzi nteresse 27

      6. Fazit 30

    3. Gesamtfazit / Zusammenfassung 31

    4. Kostenund Entschädigungsfolgen 31

      1. Streitwert 31

      2. Kostenauflage im Allgemeinen 32

      3. Gerichtskosten 32

      4. Parteientschädigung 32

        Urteilsdispositiv 34

        Sachverhalt und Verfahren:

        1. Sachverhaltsübersicht

          1. Parteien und ihre Stellung

            Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C. ZH. Sie ist im Bereich der Vermögensberatung und -verwaltung tätig (act. 1 Rz. 5, act. 3/3 und act. 22 Rz. 12). Die Beklagte ist eine systemrelevante Grossbank mit Sitz in Zürich (act. 3/2, act. 22 Rz. 24, act. 26 Rz. 12 und act. 30 Rz. 4).

          2. Prozessgegenstand

          Die Beklagte hat in Aussicht gestellt, die Klägerin betreffende Informationen - insbesondere deren Firmennamen (act. 3/9 S. 2, act. 22 Rz. 6 f.) - mittels einer sogenannten II.D.2-Tabelle (auch: Flow of Funds-Übersicht oder Leaver-Liste) an US-Behörden zu übermitteln. Die Klägerin will dies mit der vorliegenden Klage verhindern.

        2. Prozessverlauf

        1. Vorprozessuales

          Mit Eingabe vom 10. Dezember 2014 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin hierorts ein Massnahmebegehren ein mit dem Antrag, es sei der Beklagten zu verbieten, Personendaten der Klägerin ins Ausland resp. an die US-Behörden zu übermitteln. Das Begehren war mit dem Antrag verbunden, dieses Verbot sei superprovisorisch anzuordnen (act. 16/1 [act. 16/1-12 = Beizugsakten HE140485O]). Mit Verfügung vom 11. Dezember 2014 entsprach das Einzelgericht des Handelsgerichts dem Dringlichkeitsbegehren (act. 16/4). Nach fristgerechter Leistung eines Gerichtskostenvorschusses durch die Klägerin (act. 16/9) und erfolgter Stellungnahme durch die Beklagte (act. 16/6) wurde der Beklagten mit Verfügung des Einzelgerichts des Handelsgerichts vom 6. Januar 2015 im Sinne einer vorsorglichen Massnahme untersagt, wie angekündigt Personendaten der Klägerin

          direkt oder indirekt ins Ausland zu übermitteln oder direkt oder indirekt an USBehörden weiterzugeben, unter Androhung gegen die Organe der Beklagten der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse bis CHF 10'000.-) im Widerhandlungsfall. Gleichzeitig wurde der Klägerin eine Frist bis zum 18. Februar 2015 angesetzt, um den Prozess in der Hauptsache anhängig zu machen (act. 16/10 [= act. 3/23]).

        2. Klageeinleitung und wesentliche Verfahrensschritte

        1. Am 3. Februar 2015 (Datum Poststempel) erhob die Klägerin hierorts die Klage mit dem obgenannten Rechtsbegehren (act. 1). Mit Verfügung vom

    5. Februar 2015 wurde die Klage samt Beilagen der Beklagten zugestellt und der Klägerin Frist zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses angesetzt, welcher in der Folge fristgerecht einging (act. 4 und 6). Mit Verfügung vom 19. Februar 2015 wurde der Beklagten Frist zur Einreichung der Klageantwort angesetzt (act. 7). Mit Eingabe vom 6. März 2015 (Datum Poststempel) ersuchte die Beklagte um Aufhebung der vorprozessual angeordneten vorsorglichen Massnahme (act. 9). Nach Einholung einer Stellungnahme der Klägerin und deren Zustellung an die Beklagte reichte diese ihrerseits wiederum eine Stellungnahme ein (act. 11-17). Mit Beschluss vom 15. April 2015 trat das Handelsgericht auf das Gesuch der Beklagten vom 6. März 2015 nicht ein (act. 19). Mit Eingabe vom

    6. Mai 2015 (Datum Poststempel) erstattete die Beklagte fristgerecht die Klageantwort (act. 22). Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin innert angesetzter Frist die Replik ein (act. 24 und 26). Die Duplik der Beklagten datiert vom 24. September 2015 (Datum Poststempel) und ging ebenfalls fristgerecht ein (act. 28 und 30). Mit Verfügung vom 28. September 2015 wurde das Doppel der Duplik samt Beilagen der Klägerin zugestellt und gleichzeitig der Aktenschluss angeordnet (act. 32). Weitere Eingaben gingen nicht ein. Auf die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung haben die Parteien verzichtet (act. 36-37).

  1. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

  2. Am Beschluss vom 15. April 2015 wirkten noch Oberrichter Peter Helm als Präsident und Claudia Marti als Gerichtsschreiberin mit. In der Zwischenzeit wurde Peter Helm pensioniert und Claudia Marti ist als vollamtliche Ersatzrichterin am Bezirksgericht Winterthur tätig. An ihrer Stelle wirken neu Oberrichter Roland Schmid und Gerichtsschreiber Silvan Sdzuy am vorliegenden Entscheid mit. Eine solche Veränderung ist, weil begründet, zulässig (BGE 142 I 93, E. 8).

Erwägungen:

  1. Formelles

    1. Zuständigkeit

      Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich blieb unbestritten und ist gegeben (Art. 15 DSG i.V.m. Art. 28 und 28a ZGB i.V.m. Art. 20 lit. a ZPO sowie Art. 6 Abs. 1 ZPO und § 44 lit. b GOG).

    2. Prosequierungsfrist

      Mit Einreichung der vorliegenden Klage am 3. Februar 2015 (Datum Poststempel, act. 1) hat die Klägerin die ihr angesetzte Frist zur Anhängigmachung des Prozesses in der Hauptsache eingehalten (act. 16/10 [= act. 3/23] S. 3). Damit wurde das vorprozessual vorsorglich angeordnete Verbot aufrechterhalten (Art. 263 ZPO).

  2. Drohende Persönlichkeitsverletzung durch Datenbekanntgabe ins Ausland

    1. Unbestrittener Sachverhalt

      1. Vom 28. September 2005 bis am 31. August 2010 bestand zwischen den Parteien ein Vertrag betreffend externe Vermögensverwaltung. In diesem Zeitraum betreute die Klägerin als externe Vermögensverwalterin eine unbekannte Anzahl Kunden der Beklagten, darunter auch Kunden mit US-Bezug. Insbesondere betreute sie dabei die streitgegenständlichen Kontobeziehungen 1 und 2 (act. 1

        Rz. 12, act. 3/9 Blatt 4, act. 22 Rz. 13 und Rz. 19, act. 23/1-2, act. 26 Rz. 5 f.; siehe auch Ziff. 2.1.4).

      2. Das amerikanische Department of Justice (fortan: DoJ) führte ab Juli 2011 eine Strafuntersuchung gegen die Beklagte wegen Verdachts auf Unterstützung von US-Bürgern bei der Steuerhinterziehung. Am tt.mm.2014 schloss die Beklagte mit dem DoJ ein Plea Agreement. Darin erklärte sich die Beklagte schuldig, die ihr vorgeworfenen Widerhandlungen ([ ] the aiding, assisting, procuring, counseling, and advising of the preparation and presentation of false income tax returns to the Internal Revenue Service [fortan: IRS] of the Treasury Department [ ].) begangen zu haben und verpflichtete sich, verschiedenen US-Behörden eine Busse von insgesamt über zwei Milliarden US-Dollar zu entrichten. Darüber hinaus verpflichtete sich die Beklagte in Ziff. 7.B.1 des Plea Agreements, alle Beweise und Informationen gemäss Ziff. II.D.1 und II.D.2 des Program for NonProsecution Agreements or Non-Target Letters for Swiss Banks vom 29. August 2013 (fortan: US-Programm) auf rechtmässige Weise (bzw. rechtsgültig gemäss deutscher Übersetzung der Beklagten) offenzulegen ([Die Beklagte] agrees to lawfully undertake the following: 1. [Die Beklagte] must promptly disclose all evidence and information described in Sections II.D.1 and II.D.2 of the [USProgramm] and in the format requested by the United States. [ ].). Für den Fall, dass die Beklagte eine wesentliche Verpflichtung (material obligation) gemäss Plea Agreement nicht erfüllen sollte, droht dieses damit, dass die Vereinbarung, auf weitere strafrechtliche Verfolgung zu verzichten, null und nichtig werde (act. 1 Rz. 10 ff., act. 3/4-5, act. 22 Rz. 1 ff. und Rz. 28 ff., act. 23/24 und 23/27).

      3. Am tt.mm.2013 wurde der Beklagten vom Bundesrat eine Bewilligung im Sinne von Art. 271 Ziff. 1 StGB erteilt, welche in der Folge durch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) mehrfach verlängert wurde bis zuletzt am 16. Juli 2018 (act. 22 Rz. 55, act. 23/21-22, act. 30 Rz. 74 und act. 31/14 [S. 3]).

      4. Die Beklagte informierte die Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2014 (act. 3/9) über ihre gegenüber dem DoJ eingegangene Verpflichtung und teilte mit, dass sie beabsichtige, in diesem Zusammenhang die Klägerin betreffende Daten (Firmenname) an die US-Behörden zu übermitteln, weil diese als externe

        Vermögensverwalterin zwei bei der Beklagten geführten Konten mit US-Bezug zugeordnet sei. Dem Schreiben lag eine tabellarische Aufstellung - konkret ein Auszug aus der II.D.2-Tabelle - bei, die den Firmennamen der Klägerin jeweils neben zwei fiktiven Kontonummern aufführt, welche von der Beklagten generiert wurden (sog. Relationship IDs 1 und 2; 1 Unique relationship identification number that was specifically generated for the [ ] 'Flow of funds overview'.; act. 3/9, insbesondere Blatt 4).

      5. Die Klägerin opponierte gegen die Offenlegung der in der II.D.2-Tabelle aufgeführten sie betreffenden Daten (act. 1 Rz. 16, act. 3/10). Da die Beklagte an ihrem Vorhaben festhielt, leitete die Klägerin in der Folge das genannte Massnahmeverfahren und schliesslich die vorliegende Klage ein.

    1. Zusammenfassung der Parteistandpunkte

      1. Die Klägerin bringt unter Berufung auf die Vorschriften des Datenschutzgesetzes im Wesentlichen vor, die von der Beklagten beabsichtigte Datenbekanntgabe an die US-Behörden sei unrechtmässig, da eine Übermittlung von Personendaten in ein Land, das keinen angemessenen Schutz gewährleiste, eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung darstelle (Art. 6 Abs. 1 DSG). Eine Rechtfertigung hierfür nach Art. 6 Abs. 2 DSG sei ausgeschlossen, da die öffentlich-rechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Normen der internationalen Amtsund Rechtshilfe in (Steuer-)Strafsachen die Materie der Beweismittelund Informationsbeschaffung in der Schweiz zuhanden von amerikanischen Strafverfolgungsbehörden abschliessend regeln würden (act. 1 Rz. 38 ff.). Eventualiter macht die Klägerin geltend, es fehle an einem Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSG (act. 1 Rz. 64 ff.). Insbesondere fehle es an einem öffentlichen Interesse bzw. einem überwiegenden öffentlichen Interesse (act. 1 Rz. 69). Als weiteren (Sub-)Eventualstandpunkt macht die Klägerin Verstösse gegen Art. 12 DSG geltend (act. 1 Rz. 70 ff.). Zusätzlich stützt die Klägerin ihre Begründung auf verschiedene Straftatbestände (Art. 47 BankG, Art. 271 und Art. 273 StGB; act. 1 Rz. 56 ff. und act. 26 Rz. 8 ff.). Vertragliche Unterlassungsansprüche macht die Klägerin nicht (substantiiert) geltend.

      2. Die Beklagte wendet dagegen zusammengefasst ein, dass die beabsichtigte Datenübermittlung nach Art. 12, 13 und 6 DSG zulässig sei. Eine Umgehung der Amtsund Rechtshilfe liege nicht vor. Insbesondere bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Übermittlung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSG, welches allfällige private Interessen der Klägerin überwiege. Namentlich argumentiert die Beklagte mit ihrer Systemrelevanz: Ohne vollumfängliche Kooperation mit den US-Behörden drohe ihr eine Anklageerhebung, welche gravierende bzw. verheerende Auswirkungen auf sie sowie auf den Finanzplatz Schweiz und die Schweizer Volkswirtschaft hätte (act. 22 Rz. 3 ff. und Rz. 115-141). Weiter ist die Beklagte der Auffassung, die Datenlieferung sei für die Ausübung bzw. Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht unerlässlich (act. 30 Rz. 89).

      3. Im Rahmen der nachfolgenden Würdigung wird auf die konkreten Parteivorbringen - soweit relevant - näher einzugehen sein.

    1. Rechtliche Grundlagen und Würdigung

      1. Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes

        1. Das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) gilt für das Bearbeiten von Daten natürlicher und juristischer Personen durch private Personen und Bundesorgane (Art. 2 Abs. 1 DSG). Dabei fallen unter den Begriff Personendaten alle Angaben, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare Person beziehen, wobei natürliche oder juristische Personen von der Bearbeitung betroffen sein kön- nen (Art. 3 lit. a und b DSG). Bearbeiten ist jeder Umgang mit Personendaten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Aufbewahren, Verwenden, Umarbeiten, Bekanntgeben, Archivieren oder Vernichten von Daten (Art. 3 lit. e DSG). Unter Bekanntgabe wird gemäss Art. 3 lit. f. DSG das Zugänglichmachen von Personendaten wie das Einsichtgewähren, Weitergeben und Veröffentlichen verstanden.

        2. Nicht auszuschliessen ist, dass der Firmenname der Klägerin den USBehörden in anderem Zusammenhang bereits bekannt wurde, was die Klägerin zuletzt in der Replik bestreitet (act. 22 Rz. 91 ff., act. 26 Rz. 19, act. 30 Rz. 33,

          Rz. 36 ff., Rz. 90, act. 31/1-6). Die Beklagte macht jedoch nicht geltend, dass der Firmenname der Klägerin den US-Behörden gerade in Verbindung mit den beiden Kontobeziehungen 1 und 2 oder aus einer früheren Datenlieferung im Rahmen des Plea Agreements (bzw. des US-Programms) bereits bekannt geworden wäre. Einzig darauf kommt es aber im vorliegenden Verfahren an. Die Klägerin will nicht von der Beklagten gegenüber den US-Behörden mit den genannten Kontobeziehungen in Zusammenhang gebracht werden. Entgegen der Beklagten (siehe insbesondere act. 22 Rz. 94) ist die von ihr beabsichtigte Datenlieferung an die USBehörden deshalb als Datenbekanntgabe im Sinne von Art. 3 lit. f DSG zu qualifizieren.

        3. Die beabsichtigte Bekanntgabe des klägerischen Firmennamens durch die Beklagte an die US-Behörden fällt damit zweifelsohne unter das Datenschutzgesetz. Beide Parteien berufen sich zur Begründung ihres Standpunkts denn auch auf das Datenschutzgesetz (act. 1 Rz. 24-82 und act. 22 Rz. 8-10 mit Verweisen). Auf die Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 DSG im Besonderen wird nachfolgend näher einzugehen sein (Ziff. 2.3.5).

      2. Durchsetzung des Datenschutzes

        1. Gemäss Art. 15 Abs. 1 DSG richten sich Klagen zum Schutz der Persön- lichkeit im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Personendaten durch private Personen nach den Art. 28, Art. 28a und Art. 28l ZGB, wobei die klagende Partei insbesondere verlangen kann, dass keine Daten an Dritte bekannt gegeben werden. Demnach kann, wer in seiner Persönlichkeit durch die Bearbeitung von Personendaten durch private Personen widerrechtlich verletzt (bzw. von einer solchen Verletzung bedroht) wird, zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 15 Abs. 1 DSG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 ZGB) und diesem insbesondere beantragen, die drohende Verletzung zu verbieten (Art. 15 Abs. 1 DSG i.V.m. Art. 28a Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Sowohl natürliche als auch juristische Personen können sich auf den Persönlichkeitsschutz berufen (BSK ZGB I-M EILI, 5. Aufl., Basel 2014, Art. 28 N 32 und Art. 28a N 2, je m.w.H.).

        2. Demgemäss ist die Klägerin grundsätzlich aktivlegitimiert. Die Klägerin ist darüber hinaus aber der Ansicht, aufgrund von Art. 328b OR auch für den Schutz der Daten ihrer Mitarbeiter einstehen zu müssen (act. 1 Rz. 69 und Rz. 80). Die Beklagte hält dem entgegen, die von der Klägerin befürchtete Verfolgung ihrer Angestellten sowie die Gefährdung deren persönlicher Freiheit sei unbeachtlich. Die Interessen der klägerischen Angestellten gegen die Datenlieferung könnten nur im Rahmen einer Klage durch diese Personen selbst berücksichtigt werden, und auch dann nur, wenn diese Personen in den fraglichen Unterlagen bestimmt oder bestimmbar seien, da das DSG nur jenen Personen Ansprüche zuerkenne, über welche Personendaten im Sinne des DSG bearbeitet würden. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, Interessen von Dritten geltend zu machen. Solche Interessen hätten diese selbst geltend machen müssen (act. 22 Rz. 129, 173 und 176).

        3. Der Beklagten ist zuzustimmen: Es ist nicht ersichtlich und wird von keiner Partei (substantiiert) behauptet, dass die Beklagte auch Personendaten betreffend die Mitarbeiter der Klägerin an das DoJ übermitteln will. Entsprechend bleibt unklar, welche Mitarbeiter überhaupt von einer solchen Personendaten- übermittlung konkret betroffen wären. Eine solche Betroffenheit (im Sinne von Art. 3 lit. b DSG) wäre jedoch Voraussetzung für die Aktivlegitimation allfälliger Mitarbeiter der Klägerin nach DSG. Selbst wenn Mitarbeiter der Klägerin im Zusammenhang mit der hier zur beurteilenden beabsichtigten Datenbekanntgabe in ihrer eigenen Persönlichkeit verletzt würden, wären die damit einhergehenden Ansprüche durch diese Mitarbeiter selbst gestützt auf ihr eigenes Persönlichkeitsrecht geltend zu machen (BSK DSG-R AMPINI, 3. Aufl., Basel 2014, Art. 15 N 4, m.w.H.). Dies haben die Mitarbeiter der Klägerin aber nicht getan. Entsprechend ist vorliegend auch nur die Klägerin Partei, weshalb allfällige Persönlichkeitsverletzungen zulasten ihrer Mitarbeiter nicht zu beurteilen sind. Schliesslich betrifft Art. 328b OR die Datenbearbeitung durch den Arbeitgeber, mithin die Klägerin (SHK DSG-PÄRLI, Bern 2015, Art. 328b [OR] N 2 und N 4). Da es jedoch nicht die Klägerin ist, die vorliegend Daten bearbeiten bzw. übermitteln will, kann sie aus Art. 328b OR für die Begründung ihres Standpunkts ohnehin nichts ableiten.

        4. Sodann sind sich die Parteien einig, dass das Datenschutzgesetz Art. 28 ZGB konkretisiert (act. 1 Rz. 29 ff. und act. 22 Rz. 142 f.). Während die Klägerin der Auffassung ist, dass ihre Persönlichkeit selbst im Falle einer Rechtfertigung der Datenbekanntgabe nach Art. 6 Abs. 2 DSG im Sinne von Art. 28 ZGB verletzt sei (act. 1 Rz. 59 und act. 26 Rz. 21), vertritt die Beklagte den Standpunkt, Art. 28 ZGB habe im vorliegenden Fall keinen über das DSG hinausgehenden Gehalt (act. 22 Rz. 143 und act. 30 Rz. 92 f.). Wie sich nachfolgend bei der Beurteilung der Rechtfertigungsgründe zeigt, kann diese Frage offen bleiben.

      1. Persönlichkeitsverletzung durch Datenbekanntgabe ins Ausland

        1. Zur Persönlichkeitsverletzung durch Datenbearbeitung bestimmt Art. 12 Abs. 1 DSG, dass, wer Personendaten bearbeitet, dabei die Persönlichkeit der betroffenen Person nicht widerrechtlich verletzen darf; insbesondere darf er nicht

          (a) Personendaten entgegen den Grundsätzen von Art. 4, Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 DSG bearbeiten oder (b) ohne Rechtfertigungsgrund Daten einer Person gegen deren ausdrücklichen Willen bearbeiten (Art. 12 Abs. 2 lit. a und b DSG). Widerrechtlich im Sinne von Art. 12 Abs. 1 DSG ist eine Verletzung der Persön- lichkeit durch Datenbearbeitung, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 13 Abs. 1 DSG). Zusätzlich zu den allgemeinen Grundsät- zen der Datenbearbeitung, deren Verletzung nach Art. 12 DSG eine Persönlichkeitsverletzung darstellt, sind bei Bekanntgabe von Personendaten ins Ausland die besonderen Rechtmässigkeitsvoraussetzungen von Art. 6 DSG zu respektieren. Aufgrund von Art. 6 Abs. 1 DSG gilt demnach das Fehlen einer Gesetzgebung, die einen angemessenen Datenschutz gewährleistet, gesetzlich als Persönlichkeitsverletzung (BSK DSG-MAURER-LAMBROU/STEINER, a.a.O., Art. 6 N 11 f.).

        2. Es droht die Bekanntgabe von Personendaten der Klägerin im Sinne von Art. 3 lit. a, e und f DSG durch die Beklagte an das amerikanische DoJ. Die Datenbekanntgabe soll also ins Ausland erfolgen, weshalb sie nicht nur keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung nach Art. 12 DSG bewirken darf, sondern zusätzlich den Rechtmässigkeitsvoraussetzungen von Art. 6 DSG genügen

muss. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen ist vorab zu prüfen, zumal Art. 6 DSG eine in sich geschlossene und strengere Sonderregelung darstellt, deren Grundsätze (und Rechtfertigungsgründe) bei jeder Datenbekanntgabe ins Ausland - nebst den anderen Bestimmungen des DSG - berücksichtigt werden müssen (NOUREDDINE, in: Passadelis/Rosenthal/Thür [Hrsg.], Datenschutzrecht - Beraten in Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung, Basel 2015, Rz. 3.127; ähnlich auch die Klägerin in act. 1 Rz. 65).

      1. Angemessener Datenschutz durch Gesetzgebung (Art. 6 Abs. 1 DSG)

        1. Unter Art. 6 Abs. 1 DSG ist zu prüfen, ob die USA über eine Gesetzgebung verfügen, die einen angemessenen Datenschutz gewährleistet.

        2. Die Klägerin bringt unter Verweis auf die Staatenliste des Eidgenössischen Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) vor, die USA seien ein Staat, welcher für natürliche Personen keinen angemessenen und für juristische Personen gar keinen Datenschutz gewährleiste. Entsprechend drohe aufgrund der geplanten Personendatenübermittlung in die USA eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung (act. 1 Rz. 34 f.). Die Beklagte räumt ein, dass die USA als Land ohne angemessenen Datenschutz gelten. Sie ist jedoch der Ansicht, dass auch die meisten Länder der EU über keinen Datenschutz für juristische Personen verfügten. Trotzdem gälten diese aus Schweizer Sicht als Länder mit angemessenem Datenschutz. Somit wäre die Klägerin dort genauso wenig geschützt wie in den USA. Folglich entstünden durch die Personendatenübermittlung in die USA keine Nachteile für die Klägerin, die nicht auch bei einer Bekanntgabe in ein Land mit einem angemessenen gesetzlichen Datenschutz bestehen würden. Art. 6 DSG sei deshalb nicht verletzt. Insbesondere sei bei juristischen Personen auch bei Fehlen einer angemessenen Gesetzgebung nur von einer leichten Gefährdung auszugehen (act. 22 Rz. 140 und 175, act. 23/39 N 72 f., act. 30 Rz. 88).

        3. Das hiesige Handelsgericht und anschliessend das Bundesgericht haben zu einem früheren Zeitpunkt bereits festgehalten, dass die USA nicht über eine Gesetzgebung verfügen, die einen angemessenen Datenschutz im Sinne von

          Art. 6 Abs. 1 DSG gewährleistet (HGer ZH HG140186-O vom 16. Dezember 2015, E. 5.3.1, m.w.H.; BGer 4A_83/2016 vom 22. September 2016, E. 3.1). Da

          es vorliegend ausschliesslich um eine Datenübermittlung in/an die USA geht, sind die Datenschutzgesetzgebungen der umliegenden europäischen Länder entgegen der Beklagten für die Beurteilung nur von untergeordneter Bedeutung. Im Üb- rigen kann nicht allgemein gesagt werden, dass bei juristischen Personen auch bei Fehlen einer angemessenen Gesetzgebung nur von einer leichten Gefährdung auszugehen ist, stellt Art. 6 Abs. 1 DSG für diesen Fall doch wie ausgeführt die gesetzliche Vermutung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung auf, ohne dabei zwischen natürlichen und juristischen Personen zu differenzieren. Die Beklagte macht - ausser einem Verweis auf eine Lehrmeinung (act. 30 N 88) - keine substantiierten Ausführungen, die im vorliegenden Fall eine Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen nahe legen würden.

        4. Der Klarheit halber ist festzuhalten, dass ein angemessener Datenschutz im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSG dann gewährleistet ist, wenn die Gesetzgebung des Empfängerstaates den Anforderungen des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (fortan: Übereinkommen STE Nr. 108, SR 0.235.1) samt Zusatzprotokoll (STE Nr. 179, SR 0.235.11) entspricht (BBl 2003 2101 ff., 2128; BSK DSG-M AURER-LAMBROU/

          STEINER, a.a.O., Art. 6 N 18; SHK DSG-BAERISWYL/BLONSKI, a.a.O., Art. 6 N 14).

          Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Schutzes im Zielland ist zu prüfen, ob die im Übereinkommen STE Nr. 108 und im Zusatzprotokoll aufgestellten Grundsätze in den Rechtsvorschriften allgemeiner sowie sektorieller Art und in der Rechtspraxis des Empfängerstaates berücksichtigt werden. Speziell ist zu berücksichtigen, ob die Grundsätze des DSG eingehalten werden, die betroffene Person bei Nichteinhaltung dieser Grundsätze ihre Interessen wahren kann, das Auskunftsrecht gewährleistet wird und ob ein unabhängiges Aufsichtsorgan besteht (BBl 2003 2101 ff., 2116; Merkblatt Die Übermittlung ins Ausland kurz erklärt des EDÖB, abrufbar unter: www.edoeb.admin.ch/datenschutz; BSK DSGMAURER-LAMBROU/STEINER, a.a.O., Art. 6 N 18). Die USA sind - im Unterschied zu den umliegenden europäischen Ländern - nicht Vertragspartei des Übereinkommens STE Nr. 108 und des genannten Zusatzprotokolls (siehe dazu:

          www.eda.admin.ch), und es gibt in den USA auch kein umfassendes Datenschutzgesetz. Datenschutzrechtliche Bestimmungen sind etwa im vierten Verfassungszusatz angedeutet und in risikospezifischen Bundesgesetzen für bestimmte Sektoren sowie dem jeweiligen Recht der Einzelstaaten enthalten. Dem Staat ist es aber grundsätzlich erlaubt, Daten zu erheben. Lediglich für die Veröffentlichung von persönlichen Daten durch Bundesbehörden besteht im Federal Privacy Act 5 U.S.C. 552a (1974) ein grundsätzliches Verbot mit Ausnahmen. Gestützt auf den Freedom of Information Act 5 U.S.C. 522(a) können Kopien von Unterlagen der Bundesbehörden in der Regel von jedermann angefordert werden (DETERMANN , in: Passadelis/Rosenthal/Thür [Hrsg.], a.a.O., Rz. 33.3 ff. und 33.40). Bei Bekanntgabe von Personendaten aus der Schweiz an die US-Behörden, insbesondere das DoJ (oder den IRS), ist somit durch die dortige Gesetzgebung kein angemessener Datenschutz im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSG gewährleistet. Daran ändert auch nichts, dass die Schweiz und die USA mit Wirkung ab 12. April 2017 einen sog. Privacy Shield eingerichtet haben (siehe dazu: www.edoeb.admin.ch / datenschutz), welcher für die Datenübermittlung zwischen schweizerischen und amerikanischen Unternehmen konzipiert ist. Anders geht es vorliegend um die Datenübermittlung durch ein schweizerisches Unternehmen an amerikanische Behörden.

        5. Die drohende Datenherausgabe in/an die USA stellt daher grundsätzlich eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung dar. Folglich sind allfällige Rechtfertigungsgründe nach Art. 6 Abs. 2 DSG zu prüfen.

      1. Rechtfertigung der Datenbekanntgabe ins Ausland im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 2 DSG)

        1. Art. 6 Abs. 2 DSG enthält einen abschliessenden Katalog von alternativen Bedingungen, unter denen eine Datenbekanntgabe ins Ausland auch bei Fehlen einer Gesetzgebung, die einen angemessenen Datenschutz gewährleistet, gerechtfertigt ist (BSK DSG-M AURER-LAMBROU/STEINER, a.a.O., Art. 6 N 22c). Wie dargelegt ist - entgegen der Beklagten (act. 22 Rz. 140 und 175, act. 23/39 N 72 f., act. 30 Rz. 88) - von Gesetzes wegen von einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung auszugehen, deren Widerrechtlichkeit jedoch bei Vorliegen

          eines Rechtfertigungsgrundes nach Art. 6 Abs. 2 DSG entfällt (BSK DSGMAURER-LAMBROU/STEINER, a.a.O., Art. 6 N 11a). Da die Widerrechtlichkeit vermutet wird, trifft die Datenbearbeiterin, mithin die Beklagte die (Behauptungsund) Beweislast für das Vorliegen allfälliger Rechtfertigungsgründe (BSK DSG-RAMPINI, a.a.O, Art. 15 N 3).

        2. Für den Fall, dass - wie hier - von einer Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSG auszugehen ist, erachtet die Beklagte die beabsichtigte Personendatenübermittlung in die USA als durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt. Zudem wäre eine allfällige Verletzung von Art. 6 DSG auch gerechtfertigt, weil die Übermittlung der Daten für die (Feststellung,) Ausübung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht unerlässlich sei (act. 22 Rz. 118 ff., Rz. 141, act. 23/39 N 74 ff., act. 30 N 88 f.). Mit anderen Worten beruft sich die Beklagte auf den Rechtfertigungsgrund von Art. 6 Abs. 2 lit. d (beide Satzteile) DSG.

        3. Gemäss Auffassung der Klägerin ist eine Rechtfertigung der beabsichtigten Datenbekanntgabe nach Art. 6 Abs. 2 DSG gänzlich ausgeschlossen (act. 1 Rz. 38 ff.). Für den Fall, dass Art. 6 Abs. 2 DSG doch zur Anwendung gelangen würde, hält sie die beabsichtigte Datenbekanntgabe für nicht gerechtfertigt (act. 1 Rz. 64 ff.). Subeventualiter ist die Klägerin der Auffassung, dass die beabsichtigte Datenbekanntgabe gegen Art. 12 DSG verstosse (act. 1 Rz. 70 ff.).

        4. Die Klägerin sieht in der beabsichtigten Datenübermittlung im Rahmen des Plea Agreements eine Umgehung des staatlichen Amtsund Rechtshilfekanals und spricht von einer privatisierten Superrechtshilfe (act. 1 Rz. 41 ff., Rz. 56 ff.). Mit der Beklagten ist dem entgegenzuhalten, dass es vorliegend nicht um internationale Amts-/Rechtshilfe geht, zumal diese definitionsgemäss zwischen Staaten bzw. deren Behörden stattfindet. Hier geht es vielmehr um einen Sachverhalt betreffend eine ausländische Behörde und ein inländisches Unternehmen, den beide Parteien richtigerweise dem DSG unterstellen. Entsprechend muss das DSG im Zivilprozess auch einheitlich angewendet werden, wie dies die Beklagte zutreffend ausführt (act. 22 Rz. 104 f.). Dass ein internationales Amts-/ Rechtshilfeverfahren (im eigentlichen Sinne) hängig wäre - welches nicht in die

          Zuständigkeit des hiesigen Handelsgerichts fiele -, wird von keiner Partei behauptet, weshalb der Ausschlussgrund von Art. 2 Abs. 2 lit. c DSG nicht einschlägig ist. Damit gelangt Art. 6 Abs. 2 DSG entgegen der Ansicht der Klägerin vorliegend zur Anwendung.

        5. Der Klägerin ist indes zuzustimmen, dass die öffentlich-rechtlichen Kanä- le der internationalen Amts-/Rechtshilfe - zusätzlich zu den hier nicht einschlä- gigen Gesetzen wie z.B. dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den USA von 1996 (SR 0.672.933.61) oder dem Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG, SR 351.1) - durch Art. 47 BankG sowie Art. 271 und 273 StGB gesichert sind (act. 1 Rz. 56; siehe auch R OSENTHAL, Handkommentar DSG, Zürich 2008, Art. 6 N 70). Abgesehen davon, dass das hiesige Handelsgericht keine Strafverfolgungsbehörde ist, begründen die genannten Straftatbestände für sich allein keinen gesetzlichen Unterlassungsanspruch, der in einem Zivilprozess durchgesetzt werden könnte. Weiter existiert der Straftatbestand der Verletzung des Berufsgeheimnisses (Art. 321 StGB). Das Bankgeheimnis stellt ein solches Berufsgeheimnis dar. In Art. 321 StGB werden jedoch die Geheimhaltepflichtigen abschliessend aufgezählt (OFK StGB-FLACHSMANN, 19. Aufl., Zürich 2013, Art. 321 N 7, m.w.H.); Banken wie die Beklagte sind nicht erwähnt. Schliesslich würde aber auch dieser Straftatbestand für sich allein keinen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch bei drohender Verletzung eines Berufsgeheimnisses begründen.

        6. Wie erwähnt verfügt die Beklagte über eine Bewilligung des Bundesrats bzw. des EFD im Sinne von Art. 271 Ziff. 1 StGB (siehe Ziff. 2.1.3), welche ihr auferlegt, sich bei Datenübermittlungen an US-Behörden an die schweizerischen Gesetze zu halten (act. 23/21-22 und act. 31/14). Es ist zwar nicht am hiesigen Handelsgericht, über die Bewilligung des Bundesrates bzw. des EFD an sich zu befinden, jedoch stellt das DSG ein solches schweizerisches Gesetz dar, dessen Einhaltung im vorliegenden Zivilprozess überprüft werden kann (Art. 15 Abs. 1 DSG, siehe auch Ziff. 2.3.2). Entsprechend ist vorliegend zu klären, ob die beabsichtigte Datenbekanntgabe in Erfüllung des Plea Agreements (und damit teilweise des US-Programms) mit den gesetzlichen Pflichten der Beklagten gegenüber

der Klägerin gemäss DSG vereinbar ist, mithin ob die beabsichtigte Datenlieferung nach Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG gerechtfertigt werden kann. Andere Rechtfertigungsgründe gemäss Art. 6 Abs. 2 DSG macht die Beklagte nicht geltend. Insbesondere taugt die Bewilligung des Bundesrates im Sinne von Art. 271 Ziff. 1 StGB nicht als Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSG. Die Wirkung der erteilten Bewilligung beschränkt sich auf die Strafbarkeit nach Art. 271 Ziff. 1 StGB und erfasst die Normen des Datenschutzgesetzes gerade nicht. Bezeichnenderweise hat sich die Beklagte im Plea Agreement verpflichtet, die Datenlieferung mittels II.D.2-Tabelle lawfully, d.h. rechtmässig (act. 3/5 Blatt 8) - bzw. rechtsgültig gemäss beklagtischer Übersetzung (act. 23/27 Blatt 10) - vorzunehmen (act. 23/27 Ziff. 7.B.1 Ingress). Wie aufgezeigt wird aus schweizerischer Sicht für die Rechtmässigkeit einer Datenübermittlung in ein Land ohne angemessenen Datenschutz das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSG gefordert.

      1. Rechtfertigung der Datenbekanntgabe ins Ausland im Besonderen (Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG)

        1. Gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG dürfen Personendaten ins Ausland bekannt gegeben werden, wenn die Bekanntgabe im Einzelfall entweder für die Wahrung eines überwiegendes öffentliches Interesses oder für die Feststellung, Ausübung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht unerlässlich ist. Die Bestimmung betrifft Einzelfälle, also konkrete Situationen, und rechtfertigt nicht die systematische und regelmässige Datenbekanntgabe. Dennoch können die übermittelten Daten eine oder mehrere Personen betreffen (zum Ganzen: BSK DSG-M AURER-LAMBROU/STEINER, a.a.O., Art. 6 N 32 f.; PASSADELIS, in: Passadelis/Rosenthal/Thür [Hrsg.], a.a.O., Rz. 6.59 ff.; EPINEY/FASNACHT , in: Belser/Epiney/Waldmann [Hrsg.], Datenschutzrecht - Grundlagen und öffentliches Recht, Bern 2011, § 10 Rz. 23; Erläuterungen des EDÖB zu den Änderungen vom 17. Dezember 2004 und vom 24. März 2006 des Bundesgesetzes über den Datenschutz [DSG], S. 6, abrufbar unter: www.edoeb.admin.ch/datenschutz) .

        2. Die Beklagte bringt zur Rechtfertigung der beabsichtigten Datenübermittlung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG Folgendes vor (act. 22 Rz. 28 ff., Rz. 40 ff., Rz. 64 ff., Rz. 75 ff., Rz. 118 ff., Rz. 141, act. 30 Rz. 23 ff., Rz. 88 f.):

          1. Öffentliches Interesse (Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 1 DSG): Die beabsichtigte Datenübermittlung sei durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt. Zur Verhinderung einer Anklage habe die Beklagte mit dem DoJ ein Plea Agreement geschlossen; gestützt darauf verlange das DoJ von der Beklagten eine umfassende Kooperation. In den USA komme der Kooperation in Strafuntersuchungen gegen Unternehmen überragende Bedeutung zu. Die Beklagte werde gezwungen, Unterlagen ohne Codierung zu liefern. Bei mangelnder Kooperation mit den US-Behörden drohe der Widerruf des Plea Agreements und in der Folge eine Anbzw. Strafklage gegen die Beklagte. Eine solche Strafklage könne unabhängig von ihrem Ausgang mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Zusammenbruch der Beklagten führen. Ein Untergang der systemrelevanten Beklagten hätte gravierende Auswirkungen auf den Finanzplatz Schweiz und die Schweizer Volkswirtschaft als Ganzes. Es bestehe daher ein überwiegendes öffentliches Interesse. Der EDÖB anerkenne ein überwiegendes öffentliches Interesse an Datenlieferungen und das Bundesstrafgericht anerkenne deren Rechtmässigkeit. Sowohl der EDÖB als auch der Bundesrat hätten die Rechtmässigkeit der Datenlieferungen für Personen bestätigt, die Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu US-Personen organisiert, betreut oder überwacht hätten. Zusätzlich habe der Bundesrat im Joint Statement between the U.S. Department of Justice and the Swiss Federal Department of Finance vom 29. August 2013 (fortan: Joint Statement) gegenüber den USA die Rechtmässigkeit der Datenlieferungen bestätigt, worauf auch die Beklagte behaftet werde. Im Nachgang zum Joint Statement habe die FINMA die Banken explizit zur Teilnahme am US-Programm aufgefordert.

          2. Aus üb ung /Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht (Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 2 DSG): Überdies sei sie (die Beklagte) formell von einer Strafuntersuchung des DoJ betroffen gewesen, im Rahmen derer sie zur Verhinderung einer Anklage ein Plea Agreement abgeschlossen habe, welches unter anderem weitere Kooperationspflichten und insbesondere die Pflicht zu weiteren Datenlie-

          ferungen der Beklagten statuiere. Das Plea Agreement sei von einem US-Gericht genehmigt worden und unterstehe dessen Kontrolle, namentlich hinsichtlich der weiterlaufenden Kooperationspflichten. So könne das US-Gericht das einstweilen genehmigte Plea Agreement aufheben, wenn die Beklagte ihre Pflichten nicht erfülle. Anschliessend würde der Beklagten eine formelle Anklage drohen mit den beschriebenen Konsequenzen. Es sei für die Beklagte deshalb unerlässlich, dass sie den vom US-Gericht validierten Kooperationspflichten vollumfänglich nachkomme und die zur Diskussion stehenden Daten übermitteln könne. Nur so könne sie ihren Rechtsanspruch am Fortbestand des Plea Agreements und daran, nicht angeklagt zu werden, in dem durch das US-Gericht kontrollierten Verfahren ausü- ben bzw. durchsetzen. Gegen die Beklagte sei keine formelle Anklage bzw. Indictment erhoben worden. Vielmehr habe die Strafuntersuchung gegen sie am tt.mm.2014 zu einem Plea Agreement mit Guilty Plea geführt. Im Unterschied zum Guilty Plea wäre ein Indictment ein einseitiger Akt des DoJ und einer Grand Jury gewesen und der Inhalt der Anklageschrift wäre vorgängig nicht mit der Beklagten verhandelt worden. Zweck des Guilty Plea sei die Bereinigung der Angelegenheit ohne formelle Anklageerhebung und ohne Strafprozess gewesen.

        3. Die Klägerin bestreitet in ihrer Eventualbegründung den beklagtischen Standpunkt vehement und teilweise vorauseilend (act. 1 Rz. 38 ff., Rz. 64 ff., Rz. 70 ff., act. 26 Rz. 7, Rz. 12 und Rz. 19 f.):

          1. Öffentliches Interesse (Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 1 DSG): Die beklagtische Interessenabwägung sei generisch; im vorliegenden Fall sei keine Interessenabwägung erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, welcher Rechtfertigungsgrund von Art. 6 Abs. 2 DSG überhaupt anwendbar sein könnte. Private Interessen - wie das Versprechen von Personendaten zur Erlangung einer möglichst tiefen Busse - schieden bei grenzüberschreitenden Übermittlungen aus, da diese nicht im Katalog von Art. 6 Abs. 2 DSG enthalten seien. Überdies sei kein öffentliches Interesse zu erkennen, welches eine Verletzung des Bankkundengeheimnisses oder sonstiger Straftatbestände rechtfertigen würde, damit die Beklagte ihre rechtlichen Probleme mit den USA zulasten Dritter bzw. der Mitarbeitenden (der Klägerin) lösen

            könne. Selbst wenn man ein öffentliches Interesse zu erkennen vermöchte, würde dies in keiner Weise das Recht der Klägerin (und deren Arbeitnehmer), überwiegen, eine derart schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung erleiden zu müssen, weil ihre Daten in ein Land ohne angemessenen Datenschutz übermittelt würden. Die Klägerin fürchtet um ihre Reputation - und die ihrer Mitarbeiter -, da sie als Vermögensverwalter in ganz besonderem Masse auf einen tadellosen Ruf angewiesen seien; eine Übermittlung könn(t)e letztlich deren wirtschaftliche Existenz ernsthaft gefährden.

          2. Aus üb ung /Durchs etzung von Rechtsansprüchen vor Gericht (Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 2 DSG): Zu den in der Duplik vorgetragenen Argumenten der Beklagten äusserte sich die Klägerin zwar nicht mehr, jedoch geht aus ihren Ausführungen in der Klagebegründung und in der Replik ohne Weiteres hervor, dass sie auch diesen Rechtfertigungsgrund in Abrede stellt. So befürchtet sie, selbst Gegenstand einer Strafuntersuchung zu werden, während die Beklagte bereits einen Plea Deal gemacht habe und deren Verhalten gar nicht mehr Untersuchungsgegenstand sei; die Untersuchung gegen die Beklagte sei bereits abgeschlossen. Es sei unzutreffend, dass der Beklagten in den USA eine förmliche Anklage drohe. Die Beklagte sei bereits am tt.mm.2014 förmlich wegen Conspiracy angeklagt worden, was dem Waiver of an Indictment und der Criminal Information vom tt.mm.2014 entnommen werden könne. Die förmliche Anklageerhebung habe offensichtlich nicht zum befürchteten Untergang der Beklagten geführt.

        4. Vorab ist anzumerken, dass die von der Exekutive und der Legislative zahlreich geäusserten Absichten und Interessen zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA nicht die Freiheit der Rechtsprechung zu tangieren vermögen. Vorbehalten bleibt selbstredend der Einfluss des Gesetzgebungsverfahrens bei der Auslegung verabschiedeter Gesetze, was vorliegend aber nicht relevant ist, zumal die Lex USA im Parlament scheiterte. Insofern folgt aus den Äusserungen des Bundesrates, des EDÖB sowie der FINMA (und des Parlaments), die im Zusammenhang mit der Lösung des Steuerstreits mit den USA gemacht wurden, nicht automatisch die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Datenlieferung. Ebenso wenig ergibt sich die generelle Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Datenliefe-

          rung aus dem von der Beklagten eingereichten Urteil des Bundesstrafgerichts vom 25. April 2013 (BB.2012.133, act. 23/18): Einerseits belässt es die Beklagte bei einem blossen Verweis auf die eingereichte Beilage act. 28/18 (act. 22 Rz. 52), ohne auszuführen, was sie konkret aus dem Urteil des Bundesstrafgerichts ableitet. Andererseits befasst sich das Urteil des Bundesstrafgerichts mit strafrechtlichen Tatbeständen, welche für die Beurteilung der vorliegenden Zivilstreitigkeit irrelevant sind.

        5. Mit der Klägerin ist festzuhalten, dass unter Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 1 DSG nur öffentliche Interessen angerufen werden können. Anders als in Art. 13 Abs. 1 DSG muss die beabsichtigte Datenübermittlung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 1 DSG nicht nur durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt, sondern zur Wahrung eines solchen gerade unerlässlich sein. Das Unerlässlichkeitserfordernis gilt zudem auch für die Ausübung/Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d Satzteil 2 DSG. Unerlässlich bedeutet dabei notwendig (E PINEY/FASNACHT, in: Belser/Epiney/Waldmann [Hrsg.], a.a.O., S. 576 [Fn. 73]; MEIER, Protection des données, Bern 2010,

          S. 468). Unerlässlichkeit liegt mit anderen Worten dann vor, wenn die betroffenen überwiegenden öffentlichen Interessen (bzw. die betroffenen Rechtsansprüche vor Gericht) nur durch die Lieferung der entsprechenden Daten gewahrt (bzw. ausgeübt/durchgesetzt) werden können. Die Unerlässlichkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG muss im Urteilszeitpunkt vorliegen. Ob die Lieferung von Daten unerlässlich ist, um ein öffentliches Interesse zu wahren (bzw. um Rechtsansprü- che vor einem Gericht auszuüben/durchzusetzen), ist stets für den konkreten Einzelfall zu beurteilen. Dabei ist gemäss Bundesgericht die (prozessual zu berücksichtigende) Veränderung der tatsächlichen Situation (auch) materiell-rechtlich zu berücksichtigen. Als im Einzelfall unerlässlich erachtet das Bundesgericht eine Datenlieferung etwa dann, wenn ohne sie davon auszugehen wäre, dass der Steuerstreit mit den USA erneut eskalieren und damit insgesamt der schweizerische Finanzplatz in Mitleidenschaft gezogen sowie der Ruf der Schweiz als zuverlässige Verhandlungspartnerin beeinträchtigt würde (BGer 4A_83/2016 vom

          22. September 2016, E. 3.3.4). Als Konsequenz der vorzunehmenden Einzelfallbeurteilung reicht die allgemeine Meldepflicht gestützt auf Ziff. 7.B.1 des abgeschlossenen Plea Agreements (mit Verweis auf Ziff. II.D.2 des US-Programms; act. 3/5 und act. 23/27) also für sich allein nicht aus, um die Unerlässlichkeit der hier beabsichtigten Datenlieferung zu begründen.

        6. Selbst wenn mit der Beklagten das Vorliegen eines überwiegenden öf- fentlichen Interesses (bzw. von Rechtsansprüchen vor Gericht) zu bejahen wäre, müsste sie demnach substantiiert behaupten und belegen, inwiefern die von ihr beabsichtigte Übermittlung der klägerischen Daten zur Wahrung dieses öffentlichen Interesses (bzw. zur Ausübung/Durchsetzung dieser Rechtsansprüche vor Gericht) im vorliegenden Einzelfall unerlässlich sein soll. Die Beklagte setzt sich damit kaum auseinander. Die Beklagte ruft beide Varianten von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG zur Rechtfertigung der beabsichtigten Datenübermittlung an, bringt aber im Kern letztlich das Gleiche vor: Bei fehlender Kooperation mit den US-Behörden drohe ihr eine Anklage, was zu ihrem Zusammenbruch führen könne. Aufgrund ihrer Systemrelevanz hätte dies auch gravierende Auswirkungen auf den Finanzplatz Schweiz und die Schweizer Volkswirtschaft als Ganzes. Es liege im öffentlichen Interesse der Schweiz, dies zu verhindern. Ähnlich erachtet die Beklagte die beabsichtigte Datenübermittlung als unerlässlich, um ihren Rechtsanspruch am Fortbestand des Plea Agreements auszuüben/durchzusetzen und nicht angeklagt zu werden. Für die beklagtischen Überlegungen ist demnach eine drohende Anklageerhebung durch die US-Behörden zentral. Diese pauschale Betrachtungsweise vernachlässigt das - auf den Einzelfall bezogene - Unerlässlichkeitserfordernis von Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG, welches kumulativ gegeben sein muss: Damit von einer unerlässlichen bzw. notwendigen Datenlieferung gesprochen werden könnte, müsste die Anklageerhebung im Urteilszeitpunkt konkret drohen; sie darf nicht bloss möglich sein.

        7. Das Bundesgericht hat im genannten Urteil 4A_83/2016 vom 22. September 2016 eine Datenlieferung im Rahmen des US-Programms als unzulässig beurteilt, weil diese ohne konkret drohende Anklageerhebung seitens der US-Behör- den im Urteilszeitpunkt nicht notwendig war, um (überwiegende) öffentliche Interessen zu wahren (BGer 4A_83/2016 vom 22. September 2016, E. 3.4.3 in fine). Dieser Bundesgerichtsentscheid betraf zwar eine Kategorie 2-Bank, welche ge-

          stützt auf das US-Programm mit dem DoJ ein Non Prosecution Agreement (NPA) abgeschlossen hatte, die Parallelen zum vorliegenden Fall sind jedoch offensichtlich. Sowohl bei den unter dem US-Programm abgeschlossenen NPAs als auch beim vorliegenden Plea Agreement ist ein Widerruf mit der Konsequenz einer Anklageerhebung (theoretisch) möglich (siehe dazu Ziff. II.J des US-Programms, act. 23/24 Blatt 3 Rückseite; Ziff. 9.B, Ziff. 12 Ingress und Ziff. 12.A des Plea Agreements, act. 23/27 S. 9 f.). Die Beklagte erachtet sich zudem selber als mit den Kategorie 2-Banken gleichgestellt (act. 22 Rz. 59, Rz. 64 ff., act. 30 Rz. 19 ff.).

        8. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass und inwiefern die US-Behörden ihr konkret - d.h. gerade bezüglich der Nichtlieferung der streitgegenständlichen Daten (Firmenname der Klägerin) - angedroht hätten, das Plea Agreement zu widerrufen und Anklage zu erheben. Sie nimmt ein solches Szenario lediglich an. Insbesondere nennt die Beklagte keine Beweismittel, die eine spezifische Forderung der US-Behörden nach den streitgegenständlichen Daten belegen würden. Dass die US-Behörden die streitgegenständlichen Daten ausdrücklich herausverlangt hätten - verbunden mit der Androhung des Widerrufs des Plea Agreements bzw. der Anklageerhebung - ergibt sich auch sonst nicht aus den Akten. Namentlich

          kann die Beklagte nichts aus dem eingereichten Schreiben von D. an

          Y1.

          (Kanzlei E.

          AG) vom 8. November 2013 ableiten, wonach das

          DoJ Datenlieferungen mit abgedeckten/codierten Namen von Drittpersonen nicht akzeptiert habe (act. 22 Rz. 32 und 41, act. 23/10 S. 2, act. 30 Rz. 11). Abgesehen davon, dass dieses Schreiben vor Abschluss des Plea Agreements (pro memoria: tt.mm.2014) datiert und an der von der Beklagten angerufenen Stelle (Seite 2) auf den Zeitraum von Dezember 2011 bis April 2012 Bezug nimmt, ist nicht ersichtlich, welche Bank in diesem Schreiben gemeint sein soll. Sodann bleibt unklar, bei wem/über wen sich das DoJ betreffend die abgedeckten/codierten Namen von Drittpersonen beschwert haben soll, zumal diese redigierten Namen gemäss unbestrittenen Angaben der Beklagten amtshilfeweise über die FINMA an die US-Behörden übermittelt worden sind (act. 22 Rz. 40, act. 30 Rz. 11). Ebenso wenig macht die Beklagte geltend, dass in vergleichbaren Datenschutz-Fällen ein Plea Agreement (oder ein NPA) jemals aufgehoben und Anklage erhoben wurde, obwohl hierzulande bereits mehrere Gerichtsentscheide ergangen sind, die eine

          Datenlieferung an die US-Behörden untersagten. Auch aus dem Fall F. [Bank] kann die Beklagte für die Unerlässlichkeit der Datenübermittlung im vorliegenden Fall nichts für sich ableiten (act. 22 Rz. 33 f.), da die Datenübermittlung dort im Rahmen eines staatsvertraglich geregelten Amtshilfeverfahrens bereits vor einigen Jahren stattfand, als der Steuerstreit mit den USA gerade eskalierte (act. 23/7 S. 2976, BBl 2010 2965 [2976], AS 2010 2907).

        9. Stattdessen beruft sich die Beklagte lediglich auf die allgemeine Meldepflicht gemäss Plea Agreement (in Verbindung mit dem US-Programm), welche wie erwähnt nicht genügt, um eine Unerlässlichkeit im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSG zu bejahen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere der im Plea Agreement vorgesehene Mechanismus für den Fall, dass die US-Behörden von einer Verletzung des Plea Agreements - z.B. hinsichtlich der Meldepflicht - ausgehen würden (act. 23/27 Ziff. 12 in fine): Any alleged breach of this agreement by either party shall be determined by the Court in an appropriate proceeding at which the defendant's disclosures and documentary evidence shall be admissible and at which the moving party shall be required to establish a breach of the plea agreement by a preponderance of the evidence. Für den Fall eines angeblichen Bruchs des Plea Agreements sieht dieses also ein gerichtliches Verfahren vor, in welchem die antragsstellende Partei einen Bruch des Plea Agreements mit dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit darzutun hät- te. Die Offenlegungen und Urkundenbeweise der Beklagten wären in jenem Verfahren zugelassen. Das US-Gericht hätte dabei insbesondere zu klären, ob die Beklagte lawfully bzw. rechtmässig/rechtsgültig im Sinne von Ziff. 7.B.1 (Ingress) gehandelt hätte. Entgegen der Beklagten ist damit zumindest der nächste Schritt bei einem angeblichen Bruch des Plea Agreements vorhersehbar (act. 30 Rz. 79). Dass ein solches Verfahren zur Feststellung eines allfälligen Bruchs des Plea Agreements im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Daten bereits hängig wäre oder auch nur ernsthaft bevorstünde, macht die Beklagte nicht geltend. Daher ist auch unter diesem Blickwinkel nicht ersichtlich, dass und inwiefern eine Nichtlieferung der klägerischen Personendaten sogleich zur Anklageerhebung führen würde. Entsprechend greift auch das beklagtische Argument der Systemrelevanz im Zeitpunkt der heutigen Beurteilung nicht. Die pauschal geäus-

          serten Befürchtungen der Beklagten (mögliche Anklageerhebung und Existenzbedrohung, negative Auswirkungen auf den Finanzplatz Schweiz) genügen wie erwähnt nicht, um die Unerlässlichkeit der Datenübermittlung zu bejahen. Damit hat die behauptungsund beweisbelastete Beklagte bereits die Unerlässlichkeit der Datenherausgabe zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen (bzw. zur Ausübung/Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht) nicht hinreichend dargetan.

        10. Kommt hinzu, dass seit dem genannten Urteil des Bundesgerichts vom

22. September 2016 (BGer 4A_83/2016) bis heute keine tatsächlichen Entwicklungen eingetreten sind, die im Hinblick auf vergleichbare Streitfälle eine andere als die bundesgerichtliche Einschätzung der Situation im Steuerstreit zwischen der Schweiz und den USA nahe legen würden. Auch bringt die Beklagte sonst nichts vor, was auf eine mittlerweile angespanntere Situation hindeuten würde. Es ist zurzeit nicht ersichtlich, dass der Steuerstreit zwischen der Schweiz und den USA im Falle eines gerichtlichen Verbots zur Herausgabe der streitgegenständlichen Daten erneut entfacht bzw. der Widerruf des Plea Agreements drohen oder gegen die Beklagte Anklage erhoben würde. Ohnehin kann die in Frage stehende Datenherausgabe zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen (bzw. zur Ausübung/Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht) heute auch deshalb nicht mehr allgemein als unerlässlich bezeichnet werden, weil die US-Behörden die mittlerweile von diversen schweizerischen Gerichten angeordneten Verbote zur Datenherausgabe zu respektieren scheinen. Eine konkrete Bedrohungssituation für die Beklagte liegt damit im heutigen Zeitpunkt nicht vor. Die beabsichtigte Datenbekanntgabe kann demnach - für die Wahrung der von der Beklagten geltend gemachten öffentlichen Interessen (bzw. für die Ausübung/Durchsetzung der behaupteten Rechtsansprüche vor Gericht) - nicht als unerlässlich bezeichnet werden. Damit erübrigt es sich, eine Interessenabwägung vorzunehmen (bzw. allfällige Rechtsansprüche der Beklagten im Rahmen des Plea Agreements [und das Vorhandensein eines Gerichts] zu prüfen).

      1. Verdacht gegen die Klägerin und Kooperation der Beklagten

        1. Die Beklagte kann sodann nicht ernsthaft bestreiten, dass das mit dem Plea Agreement verknüpfte US-Programm - namentlich die II.D.2-Tabelle - Strafverfolgungszwecken dient (act. 22 Rz. 79-83). Bereits in dem von der Beklagten selber eingereichten Joint Statement zwischen dem DoJ und dem EFD wird von Strafverfolgungsmassnahmen gesprochen (act. 23/23 Ziff. 1 [deutsche Fassung]). Ähnliches bringt die Beklagte auch selber vor (act. 22 Rz. 178). Im Weiteren findet sich im US-Programm insbesondere folgende Passage (act. 3/4 Blatt 5, act. 23/24 Blatt 5 Rückseite): The personal data provided by the Swiss Banks under this Program [z.B. mittels II.D.2-Tabellen gemäss Verweis im Plea Agreement] will be used and disclosed only for purposes of law enforcement (which may include regulatory action) in the United States or as otherwise permitted by

          U.S. law. Auch wenn zwischen den Parteien unbestritten ist, dass die Klägerin sich nichts zu Schulden kommen lassen hat bzw. gegen sie kein Verdacht besteht (act. 30 Rz. 8 mit Verweisen), so kann dies kein Argument für die beabsichtigte Datenlieferung sein. Denn durch diese würde die Klägerin hinsichtlich der Kontobeziehungen 1 und 2 in den Fokus der US-Behörden gerückt, was die Klägerin mit der vorliegenden Klage gerade verhindern will. Ob die US-Behörden ebenfalls zum Schluss gelangten, die Klägerin habe sich betreffend diese beiden Kontobeziehungen nichts zu Schulden kommen lassen bzw. es bestehe kein Verdachtsmoment, kann nicht beurteilt, geschweige denn mit Sicherheit gesagt werden.

        2. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die beiden von der Klägerin betreuten Kontobeziehungen 1 und 2 offenbar anstandslos an die USBehörden melden kann. Über einen allfälligen Widerspruch der Kontoinhaber ist nichts bekannt. Dass die Beklagte sich unkooperativ verhielte, wenn sie diese beiden Kontoverbindungen ohne die streitgegenständlichen Daten lieferte, kann in dieser Absolutheit also nicht gesagt werden. Vielmehr ist die Bereitschaft (willingness, act. 22 Rz. 31 f.) der Beklagten, mit den US-Behörden zu kooperieren, offensichtlich. Allerdings muss sich die Beklagte dabei - gemäss der Bewilligung nach Art. 271 Ziff. 1 StGB - an die schweizerischen Gesetze halten. Bei Betrachtung der Aufstellung der Maximalkontostände der Kontobeziehungen 1 und 2

(act. 23/4) fällt sodann auf, dass deren Gesamtbetrag von USD 697'000.- (USD 644'000.- plus USD 53'000.-) im Verhältnis zu der von der Beklagten zu bezahlenden Summe von über zwei Milliarden US-Dollar verschwindend gering ist. Daher ist auch unter diesem Aspekt nicht leichthin davon auszugehen, dass die US-Behörden das Plea Agreement allein deshalb widerrufen würden, weil die Beklagte die II.D.2-Tabelle betreffend die Kontobeziehungen 1 und 2 - unbestrittenermassen die einzigen von der Klägerin bei der Beklagten betreuten Kontobeziehungen mit US-Bezug - ohne Nennung des klägerischen Firmennamens liefert.

    1. Zwischenfazit

      Nach dem Gesagten ist nicht ersichtlich, dass das Plea Agreement bei blosser Nichtlieferung der streitgegenständlichen Daten (Firmenname der Klägerin) sogleich widerrufen würde. Etwas anderes hat die Beklagte nicht (hinreichend) dargetan. Sollten die US-Behörden bei Nichtlieferung der streitgegenständlichen Daten tatsächlich von einem Bruch des Plea Agreements ausgehen und das dafür vorgesehene Verfahren (appropriate proceeding) einleiten bzw. dessen Einleitung konkret androhen, läge ein anderer Sachverhalt vor, der abermals einer Prü- fung durch das hiesige Handelsgericht zugänglich wäre. Bei der heutigen Sachlage (und den entsprechenden Behauptungen der Beklagten) ist die Unerlässlichkeit der beabsichtigten Datenlieferung an die US-Behörden - und damit deren Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 2 DSG - zu verneinen.

    2. Auslegung des Rechtsbegehrens / Rechtsschutzi nteresse

      1. Die Beklagte ist der Auffassung, das klägerische Rechtsbegehren sei zu weit gefasst und in dieser Form von vornherein abzuweisen: Unterlassungsklagen müssten sich auf das Verbot eines genau umschriebenen bzw. genügend bestimmten Verhaltens richten. Dabei sei der Massstab für die Formulierung die konkret drohende Verletzung. Vorliegend gehe es allein darum, dass die Beklagte zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Plea Agreement eine II.D.2-Tabelle an das DoJ übermitteln müsse, die auf zwei Zeilen Personendaten der Klägerin beinhalte. Die Klägerin tue nicht dar, dass die Beklagte - was ohnehin nicht zu-

        treffe - beabsichtige, darüber hinaus irgendwelche, nicht näher umschriebene Personendaten der Klägerin auf irgendeinem Weg irgendwohin zu übermitteln. Das von der Klägerin angestrebte Verbot, Daten direkt oder indirekt ins Ausland oder direkt oder indirekt ans US-Behörden weiterzugeben, sei vor diesem Hintergrund viel zu allgemein und zu weit gefasst; die Klägerin habe für ein solches Verbot kein Rechtsschutzinteresse (act. 22 Rz. 95 ff.).

      2. Die Klägerin äusserte sich zu diesen Vorbringen der Beklagten nicht. In der Replik findet sich an zwei Stellen je eine Pauschalbestreitung (act. 26 Rz. 1, Rz. 22). Mit der Beklagten ist festzuhalten, dass die klägerische Pauschalbestreitung nicht genügt (act. 30 Rz. 1 f.). Jedoch ergibt sich aus den Rechtsschriften ohne Weiteres, dass der Standpunkt der Klägerin demjenigen der Beklagten widerspricht.

      3. Kommt hinzu, dass es sich beim Rechtsschutzinteresse um eine Prozessvoraussetzung handelt, die das Gericht von Amtes wegen zu prüfen hat (Art. 59 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 60 ZPO). Grundsätzlich führt das Fehlen einer Prozessvoraussetzung zu einem Nichteintretensenscheid (Art. 59 Abs. 1 i.V.m. Art. 236 Abs. 1 ZPO), es sei denn, es handle sich um eine doppelrelevante Tatsache, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage massgebend ist. Da die Beklagte zumindest die teilweise Abweisung der Klage verlangt, geht sie offenbar von einer doppelrelevanten Tatsache aus. Dies ist zutreffend, zumal die drohende Verletzung - d.h. die beabsichtige Datenlieferung an die US-Behör- den - auch für die materiell-rechtliche Beurteilung der vorliegenden Unterlassungsklage von Bedeutung ist.

      4. Grundsätzlich ist der Beklagten zuzustimmen, dass sich Unterlassungsklagen wie die vorliegende auf das Verbot eines genau umschriebenen bzw. genü- gend bestimmten Verhaltens richten müssen und nicht lediglich von Gesetzes wegen bestehende Pflichten rezitieren dürfen. Der Gegenstand des Unterlassungsbefehls muss genügend individualisiert sein, sodass er der Rechtskraft fähig ist und ohne nochmalige materielle Prüfung vollstreckt werden kann. Eine Unterlassungsklage muss genau angeben, welches Verhalten der Beklagten zu verbieten sei. Gemäss der von der Beklagten angeführten Kommentarstelle bei O BERHAMMER können allgemeine Aussagen zur erforderlichen Bestimmtheit und zum konkret zulässigen Rechtsbegehren kaum getroffen werden, weil sie vom konkreten materiell-rechtlichen Hintergrund abhängen. Dabei ist die konkret drohende Verletzung nur der grundsätzliche Massstab für die Formulierung des Rechtsbegehrens. Zur Verhinderung im Ergebnis entsprechender bzw. gleicher Verletzungshandlungen ist eine etwas weitere, jedoch nicht allzu weite Formulierung zulässig. Mit anderen Worten sollte das Rechtsbegehren so abgefasst werden, dass damit auch ähnliche Handlungen, mit denen die beklagte Partei das Verbot umgehen könnte, erfasst werden. In der Praxis empfiehlt sich daher regelmässig eine enumerative Aufzählung verschiedener Handlungen, mit denen die Rechtsverletzung begangen werden könnte (BOPP/BESSENICH in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 84 N 10; BSK ZPO-SPÜHLER, 2. Aufl., Basel

        2013, Art. 84 N 8 f., m.w.H.; KUKO ZPO-OBERHAMMER, 2. Aufl., Basel 2014,

        Art. 84 N 4 f., m.w.H.; DIKE Komm ZPO-FÜLLEMANN, Band I, 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 84 N 5, m.w.H.; HGer ZH HG110005-O vom 12. Juli 2012, E. 3.3; BGE 131 III

        70, E. 3.3; BGE 107 II 82, E. 2.b; BGE 97 II 92).

      5. Hinsichtlich der Datenlieferung ins Ausland ist zu sagen, dass die Klägerin sich wie dargelegt auf einen datenschutzbzw. persönlichkeitsrechtlichen Anspruch berufen kann, wobei Art. 6 Abs. 1 DSG explizit die Datenübermittlung ins Ausland erwähnt und dabei lediglich an die Grenzüberschreitung anknüpft. Massgebend ist, dass die Personendaten durch die Bekanntgabe nicht mehr (nur) der schweizerischen Rechtsordnung unterstehen (BSK DSG-MAURER-LAMBROU/ STEINER, a.a.O., Art. 6 N 14, m.w.H.; SHK DSG-BAERISWYL/BLONSKI, a.a.O., Art. 6

        N 8 f., m.w.H.; ROSENTHAL, a.a.O., Art. 6 N 2, m.w.H.). Wenn die Klägerin verlangt, dass die durch die Beklagte beabsichtigte Übermittlung von Personendaten ins Ausland verboten werden soll, so erweist sich dieser Teil des Rechtsbegehrens schon für sich allein als genügend bestimmt, zumal die schweizerische Grenze entweder überschritten ist oder eben nicht. Analog verhält es sich mit der schweizerischen Rechtsordnung. Diese Frage kann vom Vollstreckungsrichter ohne Weiteres beantwortet werden. Nun hat die Klägerin ihr Rechtsbegehren aber nicht bloss nahe am Gesetzestext formuliert, sondern dahingehend spezifiziert, dass die durch die Beklagte beabsichtigte Übermittlung von Personendaten insbesondere nicht an US-Behörden erfolgen soll. Dadurch erhöht sich die Bestimmtheit ihres Rechtsbegehrens noch. Von der Formulierung direkt oder indirekt werden sodann allfällige Umgehungsmöglichkeiten - z.B. über das umliegende europäische Ausland, wo ein angemessener Datenschutz besteht (siehe Ziff. 2.3.4.4) oder über Tochtergesellschaften der Beklagten im Inland - erfasst, wodurch der Schutz der klägerischen Personendaten umfassend gewährleistet wird. Für den Vollstreckungsrichter stellen sich auch unter diesem Aspekt keine Probleme. Bezüglich der Umgehungsmöglichkeiten ist weiter festzuhalten, dass das Plea Agreement auf die Lieferung von Personendaten der Klägerin in Verbindung mit den Kontobeziehungen 1 und 2 abzielt. Ob dies nun im Format der II.D.2-Tabelle oder anderweitig erfolgen soll, spielt keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle. Das von der Klägerin anbegehrte Verbot liefe faktisch ins Leere, wenn davon lediglich die Datenlieferung mittels II.D.2-Tabelle erfasst würde. Entgegen der Beklagten genügt deshalb das Rechtsbegehren der Klägerin dem Bestimmtheitsgebot und es kann dieser das Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden.

      6. Selbst wenn der Firmenname der Klägerin den US-Behörden in anderem Zusammenhang bereits bekannt sein sollte, würde dies das Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht schmälern, zumal die Beklagte nicht behauptet, der Firmenname der Klägerin sei den US-Behörden gerade in Verbindung mit den streitgegenständlichen Kontobeziehungen 1 und 2 bekannt (siehe auch Ziff. 2.3.1.2).

2.6. Fazit

Insgesamt ist die Klage vollumfänglich gutzuheissen und der Beklagten antragsgemäss zu verbieten, Personendaten der Klägerin direkt oder indirekt ins Ausland zu übermitteln oder direkt oder indirekt an US-Behörden weiterzugeben, unter Androhung gegen die Organe der Beklagten der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse) im Widerhandlungsfall.

  1. Gesamtfazit / Zus ammenfassung

    1. Aufgrund des Plea Agreements (und des damit verknüpften US-Programms) droht die Bekanntgabe des klägerischen Firmennamens an die US-Behörden, was die Klägerin mit der vorliegenden Unterlassungsklage verhindern will (Ziff. 2.1 f.). Das Rechtsbegehren der Klägerin ist hinreichend bestimmt und ihr Rechtsschutzi nteresse gegeben (Ziff. 2.5).

    2. Die Klägerin kann ihren Unterlassungsanspruch auf das Datenschutzgesetz stützen (Ziff. 2.3 ff.): Eine Datenbekanntgabe in/an die USA - ein Land ohne angemessenen Datenschutz im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DSG (Ziff. 2.3.4) - ist nur bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes nach Art. 6 Abs. 2 DSG gerechtfertigt. Die Beklagte macht den Rechtfertigungsgrund gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d DSG geltend. Die diesbezüglich behauptungsund beweisbelastete Beklagte legt aber nicht dar, dass und inwiefern die Datenherausgabe zur Wahrung überwiegender öffentlicher Interessen bzw. zur Ausübung/Durchsetzung von Rechtsansprüchen vor Gericht unerlässlich ist (Ziff. 2.3.5 f.). Damit ist die von der Beklagten beabsichtigte Datenübermittlung an die US-Behörden nicht gerechtfertigt. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, die weiteren Parteivorbringen näher abzuhandeln.

    3. Entsprechend ist das klägerische Unterlassungsbegehren vollumfänglich gutzuheissen und der Beklagten zu verbieten, Personendaten der Klägerin direkt oder indirekt ins Ausland zu übermitteln oder direkt oder indirekt an US-Behörden weiterzugeben, unter Androhung gegen die Organe der Beklagten der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse) im Widerhandlungsfall.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Streitwert

      Der Streitwert richtet sich nach dem Rechtsbegehren zum Zeitpunkt der Klageeinreichung beim Gericht (BSK ZPO-R ÜEGG, a.a.O., Art. 91 N 7). Er beträgt vorliegend CHF 500'000.- (siehe auch act. 1 Rz. 6 und act. 16/10 [= act. 3/23] S. 2).

    2. Kostenauflage im Allgemeinen

      Die Prozesskosten werden der unterliegenden Partei auferlegt. Ausgangsgemäss wird die Beklagte vollumfänglich kostenund entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

    3. Gerichtskosten

      1. Die Gerichtsgebühr ist bei einem Streitwert von CHF 500'000.- unter Berücksichtigung des Gesuchs um Aufhebung der vorsorglichen Massnahme und der Komplexität des Falles in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GebV OG auf CHF 24'000.- festzusetzen.

      2. Wie dargelegt ist die Klage vollumfänglich gutzuheissen. Dementsprechend ist die Gerichtsgebühr vollumfänglich der Beklagten aufzuerlegen und soweit möglich aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken. Der Klägerin ist in diesem Umfang (CHF 21'000.-) das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen. Im Mehrbetrag (CHF 3'000.-) ist die Gerichtsgebühr von der Beklagten direkt einzufordern.

      3. Für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) wurde die Gerichtsgebühr auf CHF 2'500.- festgesetzt und bereits aus dem von der Klägerin dort geleisteten Kostenvorschuss gedeckt (act. 16/10 [= act. 3/23] S. 3). Davon ist Vormerk zu nehmen. Ausgangsgemäss ist die Gerichtsgebühr für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) der Beklagten aufzuerlegen und der Klägerin in diesem Umfang (CHF 2'500.-) antragsgemäss das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen.

    4. Parteientschädigung

      1. Bei diesem Verfahrensausgang ist der Klägerin für das Hauptsacheverfahren antragsgemäss eine Parteientschädigung zuzusprechen. Die Grundgebühr, auf die der Anspruch mit der Erarbeitung oder Beantwortung der Klage entsteht, deckt auch den Aufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung ab (§ 11 Abs. 1 AnwGebV). Vorliegend fand infolge Verzichts keine mündliche Hauptver-

        handlung statt (act. 36-37), jedoch haben die Parteien weitere Rechtsschriften eingereicht (act. 26 und 30). Die Parteientschädigung ist bei einem Streitwert von CHF 500'000.- unter Berücksichtigung der Stellungnahme zum Gesuch um Aufhebung der vorsorglichen Massnahme und der Komplexität des Falles in Anwendung von Art. 4 Abs. 1 und 2 AnwGebV auf CHF 26'500.- festzusetzen.

      2. Bei diesem Verfahrensausgang ist der Klägerin zudem für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140458-O) eine Parteientschädigung zuzusprechen. Im vorprozessualen Massnahmeverfahren wurde die Parteientschädigung an die Beklagte für den Fall, dass die Massnahme aufgrund von Säumnis der Klägerin dahinfällt, auf CHF 5'000.- festgesetzt (act. 16/10 [= act. 3/23]). Nachdem innert Frist prosequiert wurde, ist nunmehr aufgrund des klägerischen Obsiegens die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Parteientschädigung für das vorprozessuale Massnahmeverfahren zu bezahlen. Die Parteientschädigung für das vorprozessuale Massnahmeverfahren ist in Anwendung von § 4 Abs. 2 AnwGebV zu reduzieren und auf CHF 3'500.- festzusetzen.

      3. Zusammenfassend ist die Beklagte somit zu verpflichten, der Klägerin für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) und für das Hauptsacheverfahren eine Parteientschädigung von insgesamt CHF 30'000.- zu bezahlen.

      4. Ist einer mehrwertsteuerpflichtigen Partei eine Parteientschädigung zuzusprechen, hat dies infolge Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer zu erfolgen. Ist die anspruchsberechtigte Partei nicht im vollen Umfang zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, ist die Parteientschädigung um den entsprechenden Faktor anteilsmässig anzupassen. Solche aussergewöhnlichen Umstände hat eine Partei zu behaupten und zu belegen (BGer 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016, E. 4.5; ZR 104 [2005] Nr. 76; SJZ 101 [2005]

531 ff.). Die Klägerin verlangt die Zusprechung einer Parteientschädigung zuzüg- lich 8 % Mehrwertsteuer (act. 1 und 26, je S. 2). Sie macht keine weiteren Ausfüh- rungen zu diesem Antrag. Insbesondere behauptet sie keine für die Zusprechung der Mehrwertsteuer erforderlichen aussergewöhnlichen Umstände. Daher ist der Klägerin die Parteientschädigung ohne Mehrwertsteuer zuzusprechen.

Das Handelsgericht erkennt:

  1. Der Beklagten wird verboten, Personendaten der Klägerin direkt oder indirekt ins Ausland zu übermitteln oder direkt oder indirekt an US-Behörden weiterzugeben, unter Androhung gegen die Organe der Beklagten der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Busse) im Widerhandlungsfall.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Hauptsacheverfahren wird festgesetzt auf CHF 24'000.-.

  3. Die Gerichtsgebühr für das Hauptsacheverfahren wird der Beklagten auferlegt und soweit möglich aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Der Klägerin wird in diesem Umfang (CHF 21'000.-) das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt. Im Mehrbetrag (CHF 3'000.-) wird die Gerichtsgebühr für das Hauptsacheverfahren von der Beklagten direkt eingefordert.

  4. Die für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) festgesetzte Gerichtsgebühr von CHF 2'500.- wird der Beklagten auferlegt. Es wird vorgemerkt, dass die Gerichtsgebühr für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) bereits aus dem von der Klägerin dort geleisteten Kostenvorschuss gedeckt wurde. Der Klägerin wird in diesem Umfang (CHF 2'500.-) das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

  5. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das vorprozessuale Massnahmeverfahren (HE140485-O) und für das Hauptsacheverfahren eine Parteientschädigung von insgesamt CHF 30'000.- zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage des Doppels von act. 37, und an die Beklagte unter Beilage des Doppels von act. 36.

  7. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht,

1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 500'000.-.

Zürich, 1. September 2017

Handelsgericht des Kantons Zürich

Der Vorsitzende:

Roland Schmid

Der Gerichtsschreiber:

Silvan Sdzuy

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