Zusammenfassung des Urteils HG140251: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die Schuldnerin GmbH hat Beschwerde gegen die Konkurseröffnung durch die Sammelstiftung eingereicht. Sie konnte ihre Zahlungsfähigkeit glaubhaft machen und die Konkursforderung begleichen. Das Gericht hat die Beschwerde gutgeheissen, den Konkurs aufgehoben und die Gerichtsgebühren der Schuldnerin auferlegt. Der Richter ist lic. iur. P. Diggelmann, und die Gerichtsschreiberin ist lic. iur. K. Würsch. Der Betrag der Gerichtskosten beträgt CHF 750.00.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG140251 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 06.03.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausweisung (ordentliches Verfahren) |
Schlagwörter : | Verfahren; Ausweisung; Künd; Kündigung; Streitwert; Kündigungsschutz; Bundesgericht; Ausweisungsverfahren; Beklagten; Urteil; Gericht; Handelsgericht; Entscheid; Kanton; Kantons; Miete; Bundesgerichts; Sinne; Klage; Verfahrens; Ausweisungsbegehren; Autoren; Streitwerts; Vermieter; BOHNET; Mieter; ändige |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 207 KG ;Art. 243 ZPO ;Art. 266d OR ;Art. 266o OR ;Art. 271 OR ;Art. 271a OR ;Art. 273 OR ;Art. 300 OR ;Art. 60 ZPO ;Art. 641 ZGB ; |
Referenz BGE: | 139 III 457; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG140251-O U/dz
Mitwirkend: Oberrichter Dr. George Daetwyler, Vizepräsident, Oberrichterin Dr. Claudia Bühler, die Handelsrichter Felix B. Haessig und Paul Flückiger, die Handelsrichterin Ursula Mengelt sowie der Gerichtsschreiber Roman Kariya
Beschluss vom 6. März 2015
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Beklagte
betreffend Ausweisung (ordentliches Verfahren)
Rechtsbegehren:
(act. 1 S. 2)
1. Es sei den Beklagten unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall zu befehlen, die von ihr gemieteten Büroräumlichkeiten im 4. OG der Liegenschaft G. strasse , Zürich, unverzüglich ordnungsgemäss und gereinigt zu verlassen.
Es sei den Beklagten unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall zu befehlen, den von ihr gemieteten Lagerraum im UG der Liegenschaft G. strasse , Zürich, unverzüglich ordnungsgemäss und gereinigt zu verlassen.
Es sei das zuständige Stadtammannamt Zürich anzuweisen, den zu erlassenden Befehl nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen der Klägerin zu vollstrecken;
alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Das Gericht z ieht in Erwägung:
1. Prozessverlauf
Am 16. Dezember 2014 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin hierorts die vorliegende Klage mit dem Betreff Ausweisung (ordentliches Verfahren) ein (act. 1). Mit Verfügung vom 18. Dezember 2014 wurde die Klägerin - unter Hinweis auf den Entscheid des Bundesgerichts 4A_346/2013 vom 22. Oktober 2013 (BGE 139 III 457) - darauf hingewiesen, dass Ausweisungsverfahren im vereinfachten Verfahren nach Art. 243 ff ZPO durchzuführen seien, wofür das Handelsgericht des Kantons Zürich sachlich nicht zuständig sei (Art. 243 Abs. 3 ZPO). Der Klägerin wurde daher Frist angesetzt, um sich zur sachlichen Zuständigkeit zu äussern (act. 4). Da die Klägerin überdies offen liess, wie der von ihr angegebene Streitwert auf die Beklagten 1-6 aufzuschlüsseln sei, wurde ihr mit Verfügung vom
5. Januar 2015 überdies Frist angesetzt, um sich zu dieser Streitwertproblematik zu äussern (act. 7). Die Stellungnahme der Klägerin vom 22. Januar 2015 erging fristgerecht (act. 9). Die Beklagten 1-6 liessen sich in der Folge nicht vernehmen.
Konkurseröffnung über die Beklagte 1
Am 19. Februar 2015 wurde gemäss Schweizerischem Handelsamtsblatt über die Beklagte 1 der Konkurs eröffnet. Eine Sistierung des vorliegenden Verfahrens nach Art. 207 Abs. 1 SchKG drängt sich indessen nicht auf. Denn zum einen berührt der vorliegende Prozess den Bestand der Konkursmasse der Beklagten 1 nicht, und zum anderen ist vorliegend über die sachliche Zuständigkeit zu entscheiden, womit es sich um eine dringliche Angelegenheit handelt.
Vorbringen der Klägerin
Die Klägerin erachtet für die vorliegende Klage das Handelsgericht des Kantons Zürich für sachlich zuständig. Sie bringt zusammengefasst vor, dass zwischen dem Ausweisungsbegehren und dem mietrechtlichen Kündigungsschutzverfahren keine Identität bestehe. Das Kündigungsschutzverfahren finde seine Rechtsgrundlage in den Art. 271 f. OR, insbesondere in Art. 271 Abs. 1 OR. Es handle sich um einen Anspruch aus (zwingendem) Vertragsrecht. Demgegenüber stütze sich das Ausweisungsbegehren auf Art. 641 Abs. 1 ZGB, also auf einen dinglichen Anspruch. Ein in einem separaten Verfahren erhobenes Ausweisungsbegehren habe daher mit Kündigungsschutz im richtig verstandenen Sinne - nämlich gemäss Art. 300 OR - nichts zu tun, sondern sei im Grunde eine Vindikationsklage. Dies gelte umso mehr, falls wie im vorliegenden Fall - der Beklagte die erfolgte Kündigung nicht innert der Frist von Art. 273 Abs. 1 OR angefochten habe. Damit sei selbst die vorfrageweise Prüfung der Missbräuchlichkeit im Sinne von Art. 271 f. OR ausgeschlossen, womit das Verfahren überhaupt keinen Bezug zum Kündigungsschutz mehr aufweise. Im Weiteren bringt die Klägerin vor, dass im selbständigen Ausweisungsverfahren die Gültigkeit einer angefochtenen Kün- digung nach ständiger Rechtsprechung wenn sie bestritten sei eine Vorfrage sei. Bei einem Ausweisungsverfahren sei die Hauptfrage dagegen, ob der Rückgabeanspruch aus Eigentumsrecht bestehe. Zudem führt die Klägerin an, dass bereits die abschliessende Aufzählung von Ausnahmetatbeständen in Art. 243 Abs. 2 ZPO eine restriktive Auslegung der unabhängig vom Streitwert im vereinfachten Verfahren zu behandelnden Materien verlange. So hielten denn auch diverse namhafte Autoren in der französischsprachigen Literatur dafür, dass Ausweisungsverfahren mit einem Streitwert von mehr als CHF 30'000.im ordentlichen Verfahren durchzuführen seien. Letztlich rechtfertige auch der Zweck von Art. 243 ZPO keine streitwertunabhängige Behandlung von Ausweisungsverfahren im vereinfachten Verfahren. So dürften regelmässig nur Ausweisungen von Geschäftsraummietern einen Streitwert von mehr als CHF 30'000.erreichen. ln solchen Verfahren sei die Anwendung der sozialen Untersuchungsmaxime des vereinfachten Verfahrens aber verzichtbar.
Schliesslich führt die Klägerin aus, dass eine klare und publizierte Haltung des Bundesgerichts nicht vorliege. Das Bundesgericht habe den Begriff des Kündigungsschutzes im - nicht publizierten - Entscheid 4A_451/2011 vom
29. November 2011, welcher aus der Zeit kurz nach Inkrafttreten der gesamtschweizerischen ZPO stamme, ohne nähere Begründung weit gefasst und diesen auch auf ein Ausweisungsverfahren angewendet. Es sei denkbar, dass das Bundesgericht im konkreten Fall eine weitere Verzögerung der offensichtlich gerechtfertigten Ausweisung aus verfahrenstechnischen Gründen habe verhindern wollen. Mit diesem Entscheid habe das Bundesgericht aber keine Praxis begründet. Im später ergangenen Entscheid 4A_87/2012 vom 10. April 2012 sei die Frage, ob ein Ausweisungsgesuch mit Streitwert von mehr als CHF 30'000.im ordentlichen Verfahren zu behandeln sei, explizit offengelassen worden. Im Entscheid 4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012 sei das Bundesgericht davon ausgegangen, dass Ausweisungsverfahren im ordentlichen Verfahren stattfänden, indem es hinsichtlich des Streitwerts erwogen habe, dass eine Ausweisung (bei entsprechendem Streitwert) im ordentlichen Verfahren stattfinde. Auch im Leitentscheid BGE
139 III 457 ff. habe das Bundesgericht die Frage, ob ein Anwendungsfall des
Kündigungsschutzes im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO vorliege, wenn nur die Feststellung Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit verlangt werde - unter Bezugnahme auf das vorerwähnte Urteil 4A_451/2011 erneut explizit offengelassen. Im Zusammenhang mit BGE 139 III 457 ff. sei bedeutsam, dass dieser kein selbständiges, vom Vermieter eingeleitetes Ausweisungsverfahren zum Inhalt gehabt
habe und somit nur beschränkt einschlägig sei (act. 9 S. 3 ff.).
Hinsichtlich der Streitwertproblematik bringt die Klägerin unter Hinweis auf die Urteile 5A_645/2011 vom 17. November 2011, 5A_295/2010 vom 30. Juli 2010, 4A_107/2007 vom 22. Juni 2007 resp. 4A_72/2007 vom 22. August 2007 vor, dass sich nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts der Streitwert im Exmissionsverfahren nach der voraussichtlichen Dauer, in welcher der Vermieter nicht über das Objekt verfügen könne, berechne. Der Nutzungsausfall der Klägerin sei bis zum Vollzug der Ausweisung gleich hoch, ungeachtet der Tatsache, ob das Mietobjekt untervermietet sei nicht. Es bestehe daher kein Grund, von dieser bewährten und anerkannten Methode zur Berechnung des Streitwerts abzuweichen, womit vorliegend keine Aufschlüsselung des Streitwerts bei mehreren Beklagten vorzunehmen sei (act. 9 S. 8 f.).
Sachliche Zuständigkeit
Das Gericht tritt auf eine Klage nur ein, wenn es unter anderem sachlich zuständig ist. Bei der sachlichen Zuständigkeit handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b ZPO), welche von Amtes wegen zu prüfen ist (Art. 60 ZPO).
Fraglich ist vorliegend, ob ein Ausweisungsverfahren unter den Begriff Kündigungsschutz im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO fällt, womit unabhängig vom Streitwert das vereinfachte Verfahren anwendbar wäre. Da das vereinfachte Verfahren aufgrund der klaren Gesetzesbestimmung (Art. 243 Abs. 3 ZPO) wie auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor Handelsgericht keine Anwendung findet (Urteil 4A_346/2013 vom 22. Oktober 2013), wäre bejahendenfalls das Handelsgericht sachlich nicht zuständig.
Die Frage, was in Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO unter dem Begriff Kündigungsschutz fällt, wird in der vornehmlich französischsprachigen Literatur kontrovers diskutiert. Einige Autoren, darunter LACHAT und BOHNET, sind der Auffassung, dass der Begriff „Kündigungsschutz“ lediglich die Anfechtung von missbräuchlichen Kündigungen (Art. 271 und Art. 271a OR) umfasst und nicht auch
die Feststellung der Wirksamkeit von Kündigungen. Dies mit der Begründung, dass der Begriff Kündigungsschutz so zu verstehen sei, wie er in Abschnitt III des
8. Titels OR verstanden werde (vgl. DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, Lausanne 2011, S. 133 N 37 f; FRANÇOIS BOHNET, 16n Séminaire sur le droit du bail, N 112, 141 und 143; siehe auch BOHNET/CONOD, Bail et procédure civile suisse: premiers développements, in: 17e séminaire sur le droit du bail, Bâle 2012, N 58 ff.). Von LACHAT wird aber auch die Meinung vertreten, dass bei einer Kündigungsanfechtung durch den Mieter der Vermieter berechtigt sein müsse, unabhängig vom Streitwert widerklageweise die Ausweisung des Mieters (im vereinfachten Verfahren) zu beantragen. Ein anderer Teil der französischsprachigen Autoren, wie beispielsweise COLOMBINI und HOHL, sprechen sich hingegen für eine grosszügigere Auslegung des Begriffs „Kündigungsschutz“ aus. Nach ihrem Dafürhalten umfasst der Begriff „Kündigungsschutz“ jegliche Aufhebungsarten einer Kündigung, gleichgültig ob es sich dabei um eine anfechtbare, unwirksame nichtige Kündigung handelt (vgl. FABIENNE HOHL, Procédure civile, Bd. II, Bern 2010, N 1329; JEAN-LUC COLOMBINI, Note sur quelques questions liées à la procédure d'expulsion, JdT 2011 III, S. 85). Nach letzterer Lehrmeinung fällt daher auch die Ausweisung unter diesen Begriff. Das Appellationsgericht des Kantons Waadt äusserte sich diesbezüglich in einem Entscheid dahingehend, dass es kaum vertretbar wäre, die Anfechtung der Kündigung prozessrechtlich anders zu behandeln, als die Feststellung der Wirksamkeit der Kün- digung und das Ausweisungsbegehren des Vermieters (Zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 4A_87/2012, E 3.2.1, bezgl. Urteil des Appellationsgerichts VD vom 10. April 2012, in: mp 3, 2012, S. 227; vgl. dazu auch BOHNET, 16n Séminaire sur le droit du bail, N 143).
Aber auch deutschsprachige Autoren äusserten sich zu dieser Problematik. So sprechen sich etwa KORAK-DISLER, SOHM, STAEHELIN THANEI insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung für eine weite Auslegung des Begriffs Kündigungsschutz im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO aus und subsumieren die Ausweisung ebenfalls darunter (ANNINA KORAK-DISLER, Diss., Streitigkeiten betreffend die Miete von Wohnund Geschäftsräumen nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, insbesondere das
Schlichtungsverfahren und das vereinfachte Verfahren, N 221, Basel 2013; MARTIN SOHM, MRA 4/2012, S. 235; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Zürich 2013, § 21 N 56, S. 402; ANITA THANEI, in: SJWZ vom
19. Juni 2013). Im Übrigen hat sich auch das Obergericht des Kantons Zürich bei einer Ausweisung für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ausgesprochen, allerdings in einer eher beiläufigen Erwägung (vgl. ZR 110 Nr. 54, E.II./4 am Ende).
Das Bundesgericht hat sich bisher zur Frage des Geltungsbereichs des vereinfachten Verfahrens in Bezug auf den Begriff „Kündigungsschutz“ in Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO noch nicht explizit geäussert. In seinem Urteil 4A_451/2011 vom
29. November 2011 hat es den Begriff Künd igung sschutz gemäss Art. 243
Abs. 2 lit. c ZPO ohne weitere Begründung weit verstanden und das vereinfachte Verfahren in einem von den Vermietern angestrengten Ausweisungsverfahren angewendet (E. 2). Im Urteil 4A_87/2012 vom 10. April 2012 setzte sich das Bundesgericht zu dieser Frage unter Bezugnahme auf die einschlägige (französischsprachige) Literatur zwar eingehend auseinander, liess jedoch die Frage letztlich offen (E. 3). Dadurch machte das Bundesgericht aber deutlich, dass die Frage, was unter dem Begriff Kündigungsschutz im Sinne von Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO zu verstehen ist und in welchem Verfahren eine Ausweisung stattzufinden hat, unklar ist. Dem Urteil 4A_273/2012 vom 30. Oktober 2012 lässt sich entnehmen, dass als Streitwert in einem Ausweisungsverfahren der durch die Verzögerung mutmasslich entstehende Schaden zu betrachten sei, bestehend im hypothetisch anfallenden bzw. entgangenen Mietoder Gebrauchswert für die Zeit, bis voraussichtlich ein Ausweisungsentscheid in einem Prozess im ordentlichen Verfahren ergehen könne (E. 1.2.2). Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich alleine daraus indessen die Haltung des Bundesgerichts zu dieser Frage nicht ersehen, handelt es sich dabei doch nur um eine beiläufige Äusserung zur Festsetzung des Streitwerts, womit lediglich die Abgrenzung zum summarischen Verfahren verdeutlicht werden sollte. Auch im Urteil 4A_346/2013 vom 22. Oktober 2013 (BGE
139 III 457) geht das Bundesgericht vom weiten Begriff Künd igung sschutz in Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO aus, wobei es auch hier diese Frage letztlich offen lässt (E. 4).
Aus Gründen der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung ist - (auch) dem Bundesgericht folgend - von einem weiten Begriff des in Art. 243 Abs. 2 li t. c ZPO erwähnten Künd igung sschutzes aus zug ehe n. Ginge man nämlich von einem engen Begriff aus, könnte das dazu führen, dass zum Teil gerade besonders schutzbedürftige Materien (beispielweise eine nichtige unwirksame Kündigung) dem ordentlichen Verfahren mit seinen erhöhten formellen Anforderungen unterstehen würden, was dem Gedanken des Mieterschutzes und damit dem gesetzgeberischen Willen (vgl. BBl 2006, 7346) zuwiderlaufen würde. Wenn von Autoren, wie etwa LACHAT und BOHNET, die Auffassung vertreten wird, dass der Begriff Kündigungsschutz so aufzufassen sei, wie er in Abschnitt III des 8. Titels OR zu verstehen sei, so kann dem - den Ausführungen von KORAK-DISLER folgend entgegengehalten werden, dass eine systematische Auslegung des Obligationenrechts ergibt, dass sich eine Vielzahl von einschlägigen Kündigungsschutzbestimmungen eben auch ausserhalb von Abschnitt III des
8. Titels OR befinden; so beispielsweise die Frist von Art. 257d Abs. 1 und 2, Art. 257f Abs. 3, Art. 266c und Art. 266d OR sowie auch die Formvorschriften von Art. 266l und Art. 266o OR (vgl. ANNINA KORAK-DISLER, Diss., Streitigkeiten betreffend die Miete von Wohnund Geschäftsräumen nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, insbesondere das Schlichtungsverfahren und das vereinfachte Verfahren, N 221, Basel 2013).
Somit sind alle Bestreitungsmöglichkeiten betreffend die Kündigung eines Mietverhältnisses (sei es die Anfechtbarkeit, die Unwirksamkeit die Nichtigkeit einer Kündigung) sowie ebenso die vorliegend in Frage stehende Aus weisung auch wenn es sich dabei im Grunde genommen um eine Vindikationsklage handeln mag - unter diesen Begriff zu subsumieren. Fiele eine Ausweisung nicht unter den Begriff Kündigungsschutz, so könnte dies je nach Fallkonstellation dazu führen, dass die Anfechtung der Kündigung im vereinfachten Verfahren zu beurteilen wäre, währenddessen ein Ausweisungsbegehren je nach Streitwert gegebenenfalls im ordentlichen Verfahren und damit unter Umständen noch von unterschiedlichen Gerichten behandelt werden müsste. Wäre überdies noch das Handelsgericht zuständig, entfiele folglich auch das Schlichtungsverfahren. Es böte sich daher eine nur noch schwer überblickbare Situation, die im Einzelfall zu
schwierigen Abgrenzungsproblemen führen würde. Diese Problematik vor Augen, bewog wohl auch das Appellationsgericht des Kantons Waadt im vorgängig zitierten Entscheid dazu, die Ausweisung ebenfalls unter den Begriff Kündigungsschutz in Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO zu subsumieren.
An dieser Auffassung vermag auch die Klägerin mit ihren Vorbringen nichts zu ändern, spricht sie sich mit ihren Äusserungen doch gegen die Rechtssicherheit und die einheitliche Rechtsanwendung aus. Wenn die Klägerin geltend macht, dass letztlich der Zweck von Art. 243 ZPO keine streitwertunabhängige Behandlung von Ausweisungsverfahren im vereinfachten Verfahren rechtfertige, da regelmässig nur Ausweisungen von Geschäftsraummietern einen Streitwert von mehr als CHF 30'000.erreichten, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese Argumentation der Absicht des Gesetzgebers, auch Geschäftsraummieter unter den Mieterschutz zu stellen, klar entgegensteht. Überdies übersieht die Klägerin, dass der von ihr angenommene Streitwert, nämlich sechs Monatsmietzinse, nach der Praxis im Kanton Zürich (Audienzrichteramt Bezirksgericht Zürich und Obergericht Zürich) nur in den Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen (= summarisches Verfahren) gilt. Für alle anderen (nicht summarischen) Fälle ist hingegen die voraussichtliche Dauer entsprechend länger zu bemessen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_266/2007 vom 26. September 2007), was zum stossenden Ergebnis führen kann, dass auch Mieter, welche angesichts des tiefen Mietzinses Anspruch auf das vereinfachte Verfahren hätten, gezwungen wären, das (teurere) ordentliche Verfahren zu durchlaufen.
Aufgrund obiger Ausführungen ist die von der Klägerin begehrte Ausweisung unter den Begriff Kündigungsschutz in Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO zu subsumieren, womit das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt. Da wie gesehen - die Regelung der Verfahrensart jener über die sachliche Zustän- digkeit der Handelsgerichte vorgeht, ist das Hand elsgericht sachlich ni cht zus tän- dig.
Infolgedessen ist auf die Klage nicht einzutreten.
Kostenund Entschädigungsfolgen
In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 und § 10 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf rund einen Drittel der Grundgebühr festzusetzen. Ausgangsgemäss hat die Klägerin die Kosten dieses Nichteintretensentscheides zu tragen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Vorliegend rechtfertigt es sich nicht wie von der Klägerin vorgebracht - die Gerichtskosten auf die Staatskasse zu nehmen, zumal Zustän- digkeitsfragen zum gewöhnlichen Prozessrisiko gehören. Ohnehin hätte sich prioritär für die Klägerin wohl der Rechtsschutz in klaren Fällen (summarisches Verfahren) aufgedrängt.
Da die Klägerin die Kosten zu tragen hat, erübrigen sich Ausführungen hinsichtlich der Aufschlüsselung des Streitwerts auf die einzelnen Beklagten.
Den Beklagten 1-6 sind mangels Umtrieben keine Parteientschädigungen zuzusprechen.
Das Gericht beschliesst:
Auf die Klage wird nicht eingetreten.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 2'200.-.
Die Kosten werden der Klägerin auferlegt.
Den Beklagten 1-6 werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte 1 durch Zustellung an das Konkursamt Zürich ( ), [Adresse].
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42
und Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 60'724.20.
Zürich, 6. März 2015
Handelsgericht des Kantons Zürich Gerichtsschreiber:
Roman Kariya
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