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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils HG110203: Handelsgericht des Kantons Zürich

Die Berufungsklägerin beantragt eine vorsorgliche Beweisabnahme bezüglich Mängeln am erworbenen Stockwerkeigentum, die der Berufungsbeklagte verschwiegen haben soll. Die Vorinstanz lehnt das Gesuch ab, da sie annimmt, es handle sich um ein Provisorium, nicht um ein fertiges Bauwerk. Die Berufungsklägerin legt Berufung ein, um die Beweisabnahme durchzusetzen. Das Obergericht des Kantons Zürich hebt den vorinstanzlichen Entscheid auf und ordnet die vorsorgliche Beweisabnahme an. Die Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungsbeklagten auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts HG110203

Kanton:ZH
Fallnummer:HG110203
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG110203 vom 03.07.2012 (ZH)
Datum:03.07.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung / Feststellung
Schlagwörter : Betreibung; Beklagten; Betrag; Klage; Feststellung; Forderung; Parteien; Gericht; Feststellungsklage; Leistung; Handel; Stück; Verfügung; Hauptverhandlung; Gartenplatten; Rechnung; Leistungen; Rechtsbegehren; SchKG; Offerte; Bestellung; Zweifel; Interesse; Verzug; Handelsgericht; Betreibungsamt; Klageantwort
Rechtsnorm:Art. 102 OR ;Art. 104 OR ;Art. 105 ZPO ;Art. 15 ZPO ;Art. 153 ZPO ;Art. 211 OR ;Art. 223 ZPO ;Art. 31 ZPO ;Art. 372 OR ;Art. 6 ZPO ;Art. 60 ZPO ;Art. 85a KG ;Art. 88 ZPO ;Art. 8a KG ;Art. 91 ZPO ;Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:120 II 20; 125 III 149; 128 III 334; 77 II 154;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts HG110203

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG110203-O U/dz

Mitwirkend: Oberrichter Thomas Seeger, Vorsitzender, Ersatzoberrichterin Flurina Schorta, die Handelsrichter Werner Furrer, Christoph Pfenninger und Hans Dietschweiler sowie der Gerichtsschreiber Dr. Matthias Nänni

Urteil vom 3. Juli 2012

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte

    betreffend Forderung / Feststellung

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1. Es sei festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten den Betrag von Fr. 401'855.65 zuzüglich Zins von 5% seit 03.03.2011 nicht schuldet.

    1. Das Betreibungsamt C. sei anzuweisen, die Betreibung Nr. ... gegen die Klägerin aufzuheben.

    2. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von

      Fr. 76'756.55 zuzüglich Zins von 5% seit 03.03.2011 zu bezahlen.

    3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

Das Gericht zieht in Erwägung:
  1. Prozessverlauf

    Am 23. September 2011 reichte die Klägerin die Klage beim Handelsgericht Zürich ein (act. 1). Nachdem die Klägerin den ihr mit Verfügung vom 26. September 2011 (Prot. S. 2 f.) auferlegten Vorschuss für Gerichtskosten rechtzeitig geleistet hatte (act. 5), wurde der Beklagten mit Verfügung vom 5. Oktober 2011 (Prot.

    S. 4) Frist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt. Die Beklagte nahm diese Verfügung am 7. Oktober 2011 entgegen (act. 6/2), reichte innert Frist aber keine Klageantwort ein. In der Folge wurde ihr mit Verfügung vom 14. Dezember 2011 (Prot. S. 5) eine kurze Nachfrist bis zum 23. Januar 2011 angesetzt unter der Androhung, dass bei Säumnis ein Endentscheid getroffen werden könne. Die Beklagte nahm diese Verfügung am 16. Dezember 2011 entgegen (act. 7).

    Die Beklagte hat keine Klageantwort eingereicht. Mit Verfügung vom 17. Februar 2012 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorbringen der Klägerin teilweise als unklar als unvollständig erschienen, die Sache deshalb nicht spruchreif sei, weshalb die Parteien (gestützt auf Art. 223 Abs. 2 ZPO) zur Hauptverhandlung vorgeladen würden, sofern sie nicht darauf verzichteten (Prot. S. 6). Die Klägerin erklärte mit Eingabe vom 12. März 2012, dass sie auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichte (act. 9). Da die Beklagte ihrerseits keine Verzichtserklärung abgegeben hatte, wurden die Parteien auf den 3. Juli 2012,

    14.30 Uhr, zur Hauptverhandlung vorgeladen, wobei sie nochmals auf die Möglichkeit eines Verzichts hingewiesen wurden. Am Morgen des 3. Juli 2012 erklärte dann auch die Beklagte ihren Verzicht auf die Hauptverhandlung (vgl. act. 11), worauf diese abgesagt wurde.

  2. Parteien/Sachverhalt

    1. Gemäss der unbestritten gebliebenen Sachdarstellung der Klägerin, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht (vgl. Art. 153 Abs. 2 ZPO), und in Übereinstimmung mit den von ihr eingereichten Urkunden ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

    2. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C. . Sie bezweckt den Handel mit Baustoffen und verwandten Produkten (act. 3/2). Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D. (act. 3/3). Sie bezweckt die Beratung und Ausführung auf den Gebieten des Garten-, Landschaftsund Sportplatzbaus.

    3. Klägerin und Beklagte stehen in einer vertraglichen Beziehung. Die Beklagte war im Rahmen einer Wohnüberbauung ( [Adresse]) von der E. AG mit den Umgebungsarbeiten beauftragt. Die Klägerin offerierte der Beklagten mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 (act. 3/7) die Lieferung von Gartenplatten für diese Wohnüberbauung. Die Beklagte akzeptierte die Offerte, indem sie umgehend die Positionen 1-3 (170.1m2 Bodenplatten Jura Gelb zum Preis von Fr. 183.-

      -/m2, 25 Stück Bodenplatten Jura Gelb (Randplatten) zum Preis von

      Fr. 493.40/Stück und 2 Stück Bodenplatten Jura Gelb (Randplatten) zum Preis von Fr. 632.--/Stück abrief. F. von der Beklagten brachte auf der Offerte den Vermerk Bestellung an und unterzeichnete das Dokument. Die Klägerin bestellte die Platten über die G. in bei der H. GmbH in , .

    4. In der Folge wurden der Beklagten Gartenplatten durch die Speditionsfirma I. GmbH mit Speditionsterminen vom 29. November 2010, 14. Dezember 2010 und 22. Dezember 2010 an die [Adresse] (in unmittelbarer Nähe der [Adresse]) geliefert (act. 3/11-13). Weitere Gartenplatten wurden mit Speditionstermin vom 24. März 2011 an die Klägerin geliefert (act. 3/14) und am 28. März 2011 in an die Beklagte übergeben (act. 3/15). Zudem lieferte die Klägerin der Beklagten einen Gussdeckel an die Baustelle Pflegeheim C. (act. 1 Rz. 15).

    5. Für diese Leistungen stellte die Klägerin der Beklagten die folgenden Beträge in Rechnung: CHF 232.50 mit Rechnung vom 2. November 2010,

      CHF 3'090.25 mit Rechnung vom 29. Dezember 2010, CHF 1'195.35 mit Rech-

      nung vom 29. Dezember 2010, CHF 48'997.55 mit Rechnung vom 11. Januar

      2011, CHF 15'525.45 mit Rechnung vom 11. Januar 2011 sowie CHF 870.15 mit Rechnung vom 28. März 2011. Diese Rechnungen im Gesamtbetrag von

      CHF 69'911.25 blieben bislang unbezahlt (act. 1 Rz. 15).

    6. Gemäss Ziff. 12 der Verkaufsbedingungen der Klägerin (act. 3/22) verfallen sämtliche Rabatte, Sonderrabatte und anderen Vergünstigungen, wenn Betreibung eingeleitet werden muss.

    7. Mit Schreiben vom 3. März 2011 (act. 3/32) mahnte die Klägerin die Beklagte für den Betrag von CHF 71'152.25 (act. 1 Rz. 20).

    8. Am 14. Juni 2011 betrieb die Klägerin die Beklagte für den Betrag von CHF 86'117.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 03.03.2011 (act. 1 Rz. 7, vgl. act. 3/4).

    9. Am 22. Juni 2011 betrieb die Beklagte die Klägerin für den Betrag von

      CHF 401'855.65 zuzüglich Zins zu 5% seit 03.03.2011 (act. 1 Rz. 7, vgl. act. 3/5). Die Klägerin erhob am 23. Juni 2011 Rechtsvorschlag. Die Forderung ist mit Verzugsfolgen begründet. Die Klägerin kann sich das Vorgehen der Beklagten nur als Rachebetreibung erklären (act. 1 Rz. 8). Sie forderte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juni 2011 auf, die Betreibung zurückzuziehen (act. 1 Rz. 9, vgl. act. 3/6). Die Beklagte zog die Betreibung nicht zurück und liess sich auch sonst nicht vernehmen (act. 1 Rz. 9).

  3. Formelles

    1. Die Beklagte hat ihre Klageantwort versäumt. Da die Klägerin trotz Hinweises auf teilweise Unklarheit und Unvollständigkeit ihrer Klage auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtete, in der sie ihre Vorbringen hätte ergänzen und verbessern können, ist gestützt auf Art. 223 Abs. 2 ZPO ein Endentscheid zu fällen, wobei sich in der Klage vorhandene Unklarheiten und Unvollständigkeilen zulasten der Klägerin auswirken müssen.

      Auf die in der Klage vorgebrachten Tatsachenbehauptungen, die unbestritten geblieben sind, kann abgestellt werden, soweit an deren Richtigkeit keine erheblichen Zweifel bestehen (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Rechtshemmende, -hindernde oder

      -aufhebende Tatsachen sind zu berücksichtigen, soweit sie in der Klage selbst angeführt sind. Andere aus den Akten ersichtliche Tatsachen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als es für das Vorhandensein der von Amtes wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen von Bedeutung ist (Art. 60 ZPO).

    2. Das Gericht tritt auf eine Klage ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 60 Abs. 1 ZPO). Prozessvoraussetzungen sind insbesondere, dass die klagende Partei ein schutzwürdiges Interesse hat und das Gericht sachlich und örtlich zuständig ist.

    3. Mit dem ersten Rechtsbegehren verlangt die Klägerin die negative Feststellung, dass sie der Beklagten den Betrag von CHF 401'855.65 nicht schulde. Eine negative Feststellungsklage nach Art. 88 ZPO ist nur unter der allgemeinen

      Voraussetzung des Feststellungsinteresses zulässig, es sei denn sie erfolge nach Art. 85a SchKG während einer laufenden Betreibung. Bei der betreibungsrechtlichen Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG handelt es sich um einen Notbehelf, der nur zur Verfügung steht, sofern dem Betriebenen Vollstreckungsmassnahmen drohen. Dies ist nicht der Fall, wenn wie vorliegend Rechtsvorschlag erhoben wurde und dieser nicht rechtskräftig beseitigt ist (BGE 125 III 149, Erw. 2; BGE 128 III 334). Es liegt kein Fall für eine betreibungsrechtliche Feststellungsklage vor.

      Zu prüfen sind demnach die Voraussetzungen der allgemeinen Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO. Bereits die Tatsache der Betreibung kann ein hinreichendes Feststellungsinteresse begründen, weil ein ungerechtfertigter Eintrag im Betreibungsregister die Kreditund Vertrauenswürdigkeit des Betriebenen herabsetzt, zumindest wenn es sich um eine namhafte Summe handelt (BGE 120 II 20, Erw. 3). Dies trifft jedenfalls während des Zeitraumes zu, während dem Dritten nach Art. 8a Abs. 4 SchKG Einsicht in das Betreibungsregister offen steht. Zu berücksichtigen ist aber auch das Interesse des Betreibungsgläubigers, der vorzeitig zur Führung des Prozesses über einen möglicherweise berechtigten Anspruch gezwungen wird (BGE 120 II 20, Erw. 3).

      Der gegen die Klägerin in Betreibung gesetzte Betrag von CHF 401'855.65 ist hoch. Es besteht die Gefahr, dass Dritte nach einer Einsicht in das Betreibungsregister ihre Kreditund Vertrauenswürdigkeit in Zweifel ziehen. Überwiegende Interessen der Beklagten, die der Zulassung der Feststellungsklage entgegen stün- den, sind nicht ersichtlich. Nach den Angaben auf dem Zahlungsbefehl ist die Forderung mit Verzugsfolgen begründet. Die Klägerin kann den Grund der Forderung nicht nachvollziehen (act. 1 Rz. 8). Auf ein Schreiben der Klägerin reagierte die Beklagte nicht (act. 1 Rz. 9). Sie äusserte sich auch in diesem Verfahren nicht. Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten ist nicht ersichtlich. Demzufolge ist ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin für ihre Feststellungsklage zu bejahen.

    4. In örtlicher Hinsicht ist das Handelsgericht Zürich sowohl für die negative Feststellungsklage als auch für die Forderungsklage zuständig. Die Forderungsklage betrifft das vertragliche Verhältnis zwischen den Parteien. Für Klagen aus Vertrag ist unter anderem das Gericht an dem Ort zuständig, an dem die charakteristische Leistung erbracht wird, Art. 31 ZPO. Die charakteristische Leistung war im vorliegenden Fall die Lieferung von Steinplatten, die mangels anderer Vereinbarung am Sitz des Schuldners, also in C. , zu erfüllen war, vgl. Art. 74

      Abs. 1 und Abs. 2 OR. Die Zuständigkeit hinsichtlich der negativen Feststellungsklage ergibt sich zumindest aus Art. 15 Abs. 2 ZPO.

    5. In sachlicher Hinsicht ist das Handelsgericht Zürich nach Art. 6 Abs. 2 ZPO und § 44 lit. b GOG zuständig, da die Streitigkeit die geschäftliche Tätigkeit der

      Parteien betrifft, da gegen den Entscheid die Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht offen steht und da die Parteien im Handelsregister eingetragen sind.

  4. Materielles

    1. Leistungsklage

      1. Nach den Ausführungen der Klägerin wurden die Gartenplatten eigens für die Beklagte hergestellt (act. 1 Rz. 14). Die Vereinbarung ist hinsichtlich dieser Gartenplatten als Werkvertrag im Sinne von Art. 363 ff. OR zu qualifizieren. Es ist nicht bestritten, dass die Gartenplatten geliefert wurden. Ausgehend von den vereinbarten Einheitspreisen (CHF 183.00/m 2, CHF 493.40/Stück und

        CHF 632.00/Stück) und den bestellten und gelieferten Mengen (170.1 m2, 25

        Stück und 2 Stück, vgl. act. 3/19) gelangt man zum Betrag von CHF 44'727.30 (31'128.30 + 12'335.00 + 1'264.00). Auf diesen Leistungen gewährte die Klägerin einen Rabatt von 10% (act. 1 Rz. 17, act. 3/19). Für die Lieferung der Gartenplatten verlangte die Klägerin mit der Offerte zusätzlich CHF 3'100.00 (act. 3/7), was die Beklagte mit der Bestellung ebenfalls akzeptierte. Vereinbart und geschuldet ist damit ein Betrag von insgesamt CHF 43'354.60 (44'727.30 *9/10 + 3'100.00).

      2. Die Klägerin verlangt mit dem Rechtsbegehren 3 den weiteren Betrag von CHF 33'401.95 (76'756.55 -43'354.60), wovon CHF 103.auf Zahlungsbefehlskosten, der Betrag von CHF 26'556.65 auf weitere Leistungen und der Betrag von CHF 6742.30 auf nachträglich verweigerte Rabatte entfallen.

        Der Betrag von CHF 26'556.65 für zusätzlich erbrachte Leistungen ist ebenfalls geschuldet. Auch wenn es die Klägerin nicht ausdrücklich behauptet, so ergibt sich aus ihrem Vortrag doch schlüssig, dass diese weiteren Teillieferungen von der Beklagten verlangt wurden (vgl. act. 1 Rz. 14-15). Es ist nicht bestritten, dass die Klägerin diese Leistungen erbrachte. Folglich steht ihr ein entsprechender Vergütungsanspruch zu, wobei es auf die Rechtsnatur des Geschäfts nicht ankommt (vgl. Art. 211 Abs. 1 OR, Art. 257 f. OR, Art. 372 OR).

        Nicht geschuldet ist dagegen der Betrag von CHF 6742.30. Die Klägerin begrün- det diese Forderung mit verfallenen Rabatten unter Verweis auf Ziff. 12 ihrer Allgemeinen Verkaufsbedingungen (act. 1 Rz. 16, vgl. act. 3/22). Allgemeine Bedingungen, wie es die vorgelegten Verkaufsbedingungen sind, gelten nur, wenn sie von den Parteien übernommen wurden. Die Übernahme kann ausdrücklich stillschweigend erfolgen (BGE 77 II 154, Erw. 4). Eine Übernahme macht die Klägerin nicht geltend, weder eine ausdrückliche (durch Verweis) noch eine stillschweigende (aus einer vorbestehenden Geschäftsbeziehung aus einem Handelsbrauch). Ohnehin ist zweifelhaft, ob die eingereichten Verkaufsbedingungen (act. 3/7) überhaupt hätten übernommen werden können. Sie sind mit im Februar 2011 datiert, während die Offerte/Bestellung älter ist, nämlich vom

        26. Oktober 2010.

        Die Kosten eines Zahlungsbefehls sind ausserhalb des Betreibungsverfahrens, dessen Weiterführung die Klägerin mit der vorliegenden Klage nicht verlangt, ebenfalls nicht zuzusprechen.

      3. Demnach ist die Leistungsklage im Betrag von CHF 69'911.25 (43'354.60 + 26'556.65) gutzuheissen. Im Mehrbetrag ist die Klage abzuweisen.

      4. Die Klägerin verlangt zudem Zins zu 5% seit 03.03.2011. Es ist unbestritten, dass die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 3. März 2011 für den Betrag von CHF 71'152.25 mahnte (act. 1 Rz. 20). Erfolgt die Mahnung für einen höheren als den geschuldeten Betrag, so gilt die Mahnung auch für den geschuldeten Betrag, ausser es bestehen ausnahmsweise Anhaltspunkte dafür, dass der Gläubiger die Zahlung eines geringeren Betrages nicht annehmen würde (W IEGAND, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 5. Auflage 2011, N. 6 zu

        Art. 102). Solche Anhaltspunkte bestehen nicht. Demnach wurde die Beklagte mit der Mahnung vom 3. März 2011 für den geschuldeten Betrag gemäss Art. 102 Abs. 1 OR in Verzug gesetzt. Ab diesem Zeitpunkt ist der Verzugszins gemäss Art. 104 Abs. 1 OR geschuldet.

    2. Negative Feststellungsklage

      Nach den Vorbringen der Klägerin ist die Forderung der Beklagten unbegründet. Grund für die Betreibung war nicht eine Forderung, sondern die kurz vorher eingeleitete Betreibung der Klägerin gegen die Beklagte. Diese Vorbringen sind knapp, aber es oblag ohnehin der Beklagten, zur Begründung ihrer Forderung nähere Angaben zu machen (vgl. BGE 120 II 20, Erw. 3a). Dies versäumte die Beklagte.

      Daran, dass die Forderung unbegründet ist, bestehen auch nach den Akten keine erheblichen Zweifel. Mit der Klägerin ist anzunehmen, dass der Umstand, dass die Betreibung der Beklagten ab demselben Datum Zins verlangt, wie es kurz vorher die Klägerin in ihrer Betreibung verlangte, nämlich seit dem 3. März 2011, eher gegen eine begründete Forderung spricht. Wer einen Anspruch ernsthaft verfolgt, bestimmt den Beginn des Zinsenlaufes in der Regel nicht anhand desjenigen der Gegenforderung. Dass aber eine unabhängige Bestimmung des Zinsbeginns zum selben Datum wie jenem der Gegenforderung führte, ist sehr unwahrscheinlich. Eine Grundlage für eine Forderung lässt sich auch in den anderen vorgebrachten Umständen und in den Akten nicht erkennen. Wohl könnte, was die Klägerin übersieht (act. 1 Rz. 8), mit Verzugsfolgen auch ein Verspätungsschaden gemeint sein. Und aus einem von der Klägerin eingereichten Schreiben ergibt sich, dass es beim Auftrag der Beklagten gegenüber der E. AG zu Lieferschwierigkeiten gekommen ist (act. 3/31). Es ergibt sich daraus aber nicht, dass diese Schwierigkeiten die Leistungen der Klägerin betrafen dass die Klägerin für diese Schwierigkeiten verantwortlich gewesen wäre. Das Schreiben weckt daher keine erheblichen Zweifel an der Unbegründetheit der Forderung. Zweifel vermögen auch die weiteren Beilagen nicht zu wecken: Mit dem als Offerte bzw. Bestellung bezeichneten Dokument vom 26. Oktober 2010 vereinbarten die Parteien unter dem Titel Lieferdatum kein Datum. Nach dem ersten Lieferschein der H. GmbH vom 25. November 2010 (act. 3/9) erfolgte die Bestellung durch die Klägerin am 27. Oktober 2010, also schon am Tag nach der Offertstellung.

    3. Aufhebung der Betreibung

      Nach dem Gesagten ist die Betreibung zu Unrecht erfolgt. Die Klägerin verlangt gemäss Rechtsbegehren Ziff. 2 deren Aufhebung.

      Aufzuheben ist eine Betreibung als Folge einer Klage nach Art. 85 und 85a SchKG. Im Rahmen der allgemeinen negativen Feststellungsklage ist dies nicht vorgesehen (ANDRÉ EQUEY/RETO VONZUN, Mittel und Wege zur Beseitigung der negativen Auswirkungen des Betreibungsregistereintrags grundloser Betreibungen, AJP 2011 S. 1337 ff., S. 1343). Hingegen ist nach Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis zu geben, wenn sie aufgrund einer Beschwerde eines Urteils aufgehoben wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts führt namentlich eine (erfolgreiche) allgemeine negative Feststellungsklage dazu, dass Dritten die Einsicht gemäss Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG verweigert wird (BGE 125 III 149, Erw. 2d). Entsprechend ist das zuständige Betreibungsamt anzuweisen, den Eintrag Dritten gegenüber nicht mehr mitzuteilen.

  5. Prozesskosten

    1. Die Prozesskosten, bestehend aus Gerichtskosten und Parteientschädigung, werden der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 ZPO). Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG), die Höhe der Parteibzw. Prozessentschädigung nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (Art. 96 ZPO i.V.m. § 48

      Abs. 1 lit. c und Abs. 2 des Anwaltsgesetzes vom 17. November 2003). Sowohl die Gerichtsgebühr als auch die Parteientschädigung richten sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG;

      § 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV).

    2. Der Streitwert wird durch das Rechtsbegehren bestimmt, Art. 91 Abs. 1 ZPO. Er beträgt im vorliegenden Fall CHF 478'612.20 (act. 1, Rechtsbegehren Ziff. 1 und 3).

    3. Vorliegend erscheint es unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Gerichts und in Anbetracht des kurzfristigen Verzichts auf die Durchführung der Hauptverhandlung angemessen, die gemäss § 4 Abs. 1 GebV OG zu ermittelnde Grundgebühr in Anwendung von § 4 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 GebV OG leicht zu reduzieren. Die Klägerin unterliegt nur zu einem unwesentlichen Anteil. Die Kosten sind dementsprechend der Beklagten allein aufzuerlegen. Sie sind aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken. Der nicht beanspruchte Anteil des Kostenvorschusses ist der Klägerin zurückzuerstatten. Für die der Beklagten auferlegten Kosten ist der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen (Art. 111 Abs. 1 und 2 ZPO).

    4. Ausgangsgemäss hat die Beklagte der Klägerin eine Parteientschädigung zu leisten. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Grundgebühr gemäss § 4 Abs. 1 AnwGebV; dieser Anspruch entsteht mit der Erarbeitung der Klagebegründung und deckt auch den Aufwand für die Teilnehmer, somit auch für die Vorbereitung der Hauptverhandlung ab (§ 11 Abs. 1 AnwGebV).

Das Gericht erkennt:
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin den Betrag von CHF 69'911.25 nebst Zins zu 5 % seit 03.03.2011 zu bezahlen.

    Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.

  2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten den Betrag von CHF 401'855.65 zuzüglich Zins von 5% seit 03.03.2011 nicht schuldet.

  3. Das Betreibungsamt C. wird angewiesen, den Eintrag in der Betreibung Nr. ... vom 22. Juni 2011 Dritten nicht mehr mitzuteilen.

  4. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 18'000.00.

  5. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Der nicht beanspruchte Anteil des Kostenvorschusses wird der Klägerin zurückerstattet. Für die der Beklagten

    auferlegten Kosten wird der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.

  6. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 23'000.00 zu bezahlen.

  7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und an das Betreibungsamt C. .

  8. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 3. Juli 2012

HANDELSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Der Vorsitzende: Der Gerichtsschreiber:

Oberrichter lic. iur. Thomas Seeger Dr. Matthias Nänni

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