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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG080158
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG080158 vom 25.10.2011 (ZH)
Datum:25.10.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Recht; Regress; Geschädigte; Klagt; Klagte; Digten; Klagten; Geschädigten; Beklagten; Unfall; Rückgriff; Versicherung; Partei; Schaden; Leistung; Klage; Forderung; Versicherer; Rückgriffs; Leistungen; Verjährung; Ansprüche; Parteien; Gericht; StVÜ; Schadens
Rechtsnorm: Art. 117 IPRG ; Art. 134 IPRG ; Art. 144 IPRG ; Art. 16 IPRG ; Art. 21 IPRG ; Art. 25 UVG ; Art. 37 UVG ; Art. 41 UVG ; Art. 44 UVG ; Art. 65 SVG ; Art. 72 VVG ;
Referenz BGE:107 II 495; 109 II 69; 119 II 364; 119 II 365; 129 III 680;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Frank Vischer; Frank Vischer; Vito Roberto; Claire Huguenin; Daniel Girsberger; Claire Huguenin; Anton K. Schnyder; Andreas Furrer; Marc Amstutz; Jolanta Kren Kostkiewicz; Alexandra Rumo-Jungo; Peter Breitschmid; Marc Amstutz; Alexandra Rumo-Jungo; Daniel
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr. HG080158/U

Mitwirkend: der Oberrichter Peter Helm, Vizepräsident, und die Oberrichterin Dr. Franziska Grob, die Handelsrichter Dr. Thomas Lörtscher, Dr. Rolf Dürr und Martin Hablützel, sowie der Gerichtsschreiber Jeremias Widmer

Urteil vom 25. Oktober 2011

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

    gegen

  2. ,

    Beklagte

    vertreten durch lic. iur. Z.

    betreffend Forderung

    Rechtsbegehren:

    (act. 25 S. 2)

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin CHF 1'685'760.20 zuzüglich 5% Zins auf CHF 150'000.- seit 1. April 1993, 5% Zins

    auf CHF 100'000.- seit 28. Dezember 1994 und 5% Zins auf CHF 1'435'760.20 seit Klageeinleitung zu bezahlen. Mehrforderungen für künftigen Schaden werden vorbehalten.

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die ab Klageeinleitung bis zum Urteilszeitpunkt an Frau C. ausbezahlten monatlichen IV-Komplementärrenten von CHF 6'000.- zu ersetzen. Mehrforderungen für Rentenleistungen nach dem Urteilszeitpunkt werden vorbehalten.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten.

Das Gericht zieht in Erwägung:

  1. Einleitung und Sachverhalt

    1. Bei einem Motorradunfall in D. am 2. August 1992 kam der Motorradlenker E. ums Leben. Seine Soziusfahrerin C. wurde dabei schwer verletzt (act. 1 Rz. 6; act. 7 Rz. 12 ff.). Mit der vorliegenden Klage macht die Klä- gerin, die Unfallversicherung von C. , Regressansprüche gegenüber der Beklagten, der Haftpflichtversicherung von E. selig, für den ihr bisher entstandenen Schaden bestehend aus Heilungskosten, Taggeldern, Invalidenrenten sowie Invaliditätskapital und -entschädigung geltend (act. 1 S. 2 ff. Rz. 2 und 5).

    2. Die Beklagte bestreitet sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin (act. 7 S. 4 ff. Rz. 15 ff.; act. 29 S. 4 ff. Rz. 15 ff. und 59) als auch die Zulässigkeit und Durchsetzbarkeit des Regresses (act. 7 S. 11 ff. Rz. 26 ff.; act. 29 S. 5 ff. Rz. 21 ff. und 59 f.).

  2. Prozessverlauf

Am 2. Juni 2004 ging die Klageschrift beim Handelsgericht ein (act. 1). Nach Eingang der Klageantwortschrift vom 29. Oktober 2004 (act. 7) fand am 20. Januar 2005 eine Referentenaudienz und Vergleichsverhandlung statt (Prot. S. 4 f.). Das Verfahren wurde schriftlich fortgesetzt mit Replik vom 17. Mai 2005 (act. 25) und Duplik vom 19. September 2005 (act. 29). Nach Abschluss des Hauptverfahrens wurde der Klägerin mit Verfügung vom 31. Mai 2006 Frist zur Stellungnahme zu den Dupliknoven angesetzt (Prot. S. 12 f.). Die Stellungnahme ging am 23. August 2006 ein (act. 37). Mit Urteil vom 2. März 2007 wies das Handelsgericht die Klage ab (act. 38). Die Klägerin erhob gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich sowie Berufung an das Bundesgericht. Mit Zirkulationsbeschluss vom 21. Dezember 2007 (act. 43) wies das Kassationsgericht die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Mit Urteil vom 30. Mai 2008 (act. 48), eingegangen am 18. Juni 2008, hob das Bundesgericht in teilweiser Gutheissung der Berufung das Urteil des Handelsgerichtes vom 2. März 2007 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.

In der Folge wurde - mit Beschluss vom 16. Dezember 2008 (act. 49) - beschlossen, hinsichtlich der Prüfung von Rechtsfragen nach Recht von D. ein Rechtsgutachten zu erheben. An das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung (im Folgenden ISDC) erging hinsichtlich einer Gutachtensübernahme eine Anfrage (act. 51). Nachdem das ISDC positiv geantwortet hatte (act. 54), wurde den Parteien Selbiges (und dort als Verantwortliche Frau Direktor Dr. F. ) als Experteninstitution vorgeschlagen, ihnen Frist zur Leistung einer Barkaution sowie der Beklagten - die Klägerin hatte dies mit Eingabe vom 5. Februar 2009 bereits getan (act. 55) - Frist zur Stellungnahme zum beabsichtigten Fragenkatalog bzw. zu den klägerischen Vorschlägen dazu angesetzt (Verfügung vom 9. Februar 2009, Prot. S. 3). Die Stellungnahme der Beklagten datiert vom 3. März 2009 (act. 62). Nach Eingang der Barkautionen (act. 63/1-2) wurde der Klägerin ihrerseits Frist angesetzt, um sich zur beklagtischen Stellungnahme bzw. deren Vorschlä- gen zu äussern (Verfügung vom 25. März 2009, Prot. S. 4). Dies tat die Klägerin

mit Eingabe vom 17. April 2009 (act. 67). In der Folge wurde das ISDC mit Schreiben vom 19. Mai 2009 (act. 68) instruiert, wobei Frage 9 des Fragenkatalogs - entsprechend dem klägerischen Ersuchen vom 27. Mai 2009 (act. 71), gegen welches die Beklagte nicht opponiert hatte (act. 73) - mit Schreiben vom 3. September 2009 präzisiert wurde (act. 74; Prot. S. 5 ff.). Am 15. Juli 2010 liess das ISDC vorerst die englische Original-Version des Rechtsgutachtens vom selben Datum zukommen (act. 84 - 85), bevor am 16. November 2010 eine korrigierte englische Original-Version des Rechtsgutachtens vom 9. November 2010 sowie die deutsche Übersetzung vom 11. November 2010 beim Handelsgericht eingingen (act. 88 - 90). In der Folge wurde - mit Verfügung vom 17. November 2010 (Prot. S. 15) - den Parteien je eine Ausfertigung der englischen OriginalVersion vom 15. Juli 2010, der korrigierten englischen Original-Version vom

9. November 2010 sowie der deutschen Übersetzung vom 11. November 2010 zugestellt und ihnen Frist angesetzt, um sich zu den beiden Letzteren zu äussern. Noch vor Eingang dieser Stellungnahmen äusserten sich beide Parteien - wie es ihnen mit Verfügung vom 10. Januar 2011 freigestellt worden war (Prot. S. 16) - zur Rechnung des ISDC (act. 96 - 97). Die Stellungnahmen zum Rechtsgutachten datieren vom 28. Februar 2011 (act. 103 - 104) und wurden - mit Verfügung vom

1. März 2011 (Prot. S. 19) - je der Gegenpartei zugestellt. Es folgte die unaufgeforderte Stellungnahme der Klägerin vom 17. März 2011 (act. 106) sowie - nach deren Zustellung an die Beklagte (Verfügung vom 18. März 2011, Prot. 20) - dieselbe der Beklagten vom 25. März 2011 (act. 108); Letztere wurde der Klägerin mit Verfügung vom 28. März 2011 zugestellt (Prot. S. 21).

Der Prozess erweist sich als spruchreif, weshalb im Folgenden darüber zu entscheiden ist.

  1. Prozessuales

    1. Die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1

      i.V.m. Art. 53 Abs. 1 LugÜ und Art. 21 IPRG, die sachliche aus § 62 GVG. Eine

      Weisung bzw. die Durchführung eines Sühnverfahrens erübrigen sich aufgrund von § 104 lit. d ZPO/ZH.

    2. Die Teilklage ist vorliegend in Anwendung von § 54 ZPO/ZH ohne Weiteres zulässig (act. 1 S. 2 ff.; act. 7 S. 2 Rz. 6).

    3. Die Klägerin erhöhte die ursprünglich eingeklagte Forderung mit der Replik; begründet wurde dies damit, dass weiterhin Leistungen an die Geschädigte ausgerichtet würden und sich der Schadensbetrag laufend erhöhe (act. 25 S. 3 f.

      Rz. 4). Die neu von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche stehen mit den bisher geltend gemachten in engem Zusammenhang; sie entstammen dem gleichen Lebensvorgang bzw. Rechtsverhältnis. Die Klageänderung ist gestützt auf

      § 61 Abs. 1 ZPO/ZH zulässig, was auch von der Beklagten anerkannt wird (act. 29 S. 2 Rz. 5).

    4. Das Bundesgericht qualifizierte in seinem Urteil vom 30. Mai 2008 den Sachverhalt auch betreffend Regressverhältnis als international und daher den Bestimmungen des IPRG unterstehend (act. 48 S. 4 f. E. 2). Es hielt weiter fest, dass entgegen der Ansicht des Handelsgerichts Art. 9 des Übereinkommens über das auf Strassenverkehrsunfälle anzuwendende Recht vom 4. Mai 1971 (SR 0.741.31: im Folgenden StVÜ) nicht ausschliesse, dass sich ein regressierender Versicherer auf das dem Geschädigten zustehende Direktklagerecht berufen könne. Ein solches Verständnis stehe im Widerspruch zu Art. 2 StVÜ, der den Regress des Versicherers ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausnehme. Mit Bezug auf die Position des Versicherers lasse sich aus Art. 9 StVÜ nichts ableiten (act. 48 S. 5 f. E. 3.2). Da das StVÜ Regress und Subrogation nicht regle, kämen hierfür die Art. 144 und 145 IPRG zur Anwendung (act. 48 S. 6 E. 3.3). Das Handelsgericht habe Bundesrecht verletzt, weil es den Anspruch der Beschwerdeführerin mit der Begründung abgelehnt habe, diese könne sich für ihre Regressansprüche nicht auf das StVÜ und das dort der Geschädigten zustehende Direktklagerecht berufen, ohne die Zulässigkeit des Regresses gestützt auf Art. 144 IPRG zu prüfen (act. 48 S. 7 E. 3.4).

  2. Materielles

    A. Sachverhalt und geltend gemachte Ansprüche
    1. Am Nachmittag des 2. August 1992 fuhren E. sel. und C. auf der Strasse von G. Richtung H. . Auf dieser Strecke, ca. 180 m westlich der Ortschaft I. , fuhr E. sel. auf einer langgezogenen Rechtskurve um ca. 14.00 Uhr auf der falschen (rechten) Strassenseite, wo er mit einem korrekt entgegenkommenden Personenwagen kollidierte. Die Strasse befand sich in einem guten Zustand (act. 1 S. 5 f. Rz. 13; act. 7 S. 3 Rz. 13).

      E. sel. starb noch auf der Unfallstelle. C. zog sich schwerste Verletzungen zu, welche zur vollständigen Erwerbsunfähigkeit führten (act. 1 S. 6

      Rz. 14; act. 7 S. 4 Rz. 14).

    2. Als Unfallversicherer der Geschädigten bezahlte die Klägerin Heilungskosten, Taggelder, Invalidenrenten, Invaliditätskapital und -entschädigung an die Geschädigte und übernimmt laufend weitere Kosten (act. 1 S. 4 Rz. 7). Die klägerische Forderung gemäss dem in der Replik gegenüber demjenigen in der Klageschrift leicht erhöhten Rechtsbegehren Ziff. 1 setzt sich wie folgt zusammen

      (act. 25 S. 4 Rz. 4):

      IV-Komplementärrente CHF 294'990.00

      Zwischentotal CHF 1'433'928.20

      Zwischentotal CHF 251'832.00

      c. Gesamte Zahlungen an C.

      Total UVGO CHF 1'433'928.20

      Total UVGZ CHF 251'832.00

      Total UVGO und UVGZ CHF 1'685'760.20

    3. Diese klägerischen Forderungen sind - abgesehen von der im Rahmen der Replik bei der IV-Komplementärrente zugeschlagenen Teuerung (vgl. nachfolgend) - in quantitativer Hinsicht unstreitig (act. 7, S. 2 Rz. 7 f.; s. act. 25 S. 3 f. Rz. 4 f.; act. 29 S. 2 f. Rz. 4 ff.).

      Streitig ist nach Ansicht der Beklagten die Höhe der UVG-Invalidenrente bzw. der Teuerung ab 1. Januar 2005 (act. 25 S. 2 f. Rz. 4 ff.; act. 29 S. 2 Rz. 7). Diesbezüglich macht die Beklagte geltend, die UVG-Invalidenrente betrage seit dem

      1. Januar 2005 CHF 6'246.00, was gegenüber dem Vorjahr einer teuerungsbedingten Erhöhung um CHF 90.00 entspreche. Der seitens der Klägerin in der Replik geltend gemachte, diese zusätzlichen CHF 90.00 übersteigende Betrag werde deshalb bestritten (act. 29 S. 2 Rz. 7).

        Der von der Klägerin bei der IV-Komplementärrente (Rechtsbegehren Ziff. 1) zugeschlagene Betrag für geleisteten Teuerungsausgleich von CHF 2'322.00 setzt sich aus den Teuerungszulagen für den Zeitraum Mai 2004 (Klageeinleitung:

      2. Juni 2004) bis Mai 2005 (Replik: 17. Mai 2005) zusammen (act. 25 S. 3 Rz. 4). Auch die Klägerin geht - in Übereinstimmung mit der Beklagten - per 1. Januar 2005 von einer UVG-Invalidenrente von CHF 6'246.00 (Teuerung inklusive) aus bzw. von einer teuerungsbedingten Erhöhung am 1. Januar 2005 von (lediglich) CHF 90.00 (act. 25 S. 3 Rz. 4; act. 26/28). Abgesehen von der Höhe der Teuerung per 1. Januar 2005 blieb der von der Klägerin eingeforderte Betrag für geleisteten Teuerungsausgleich und seine Berechnung von der Beklagten unkommentiert. Aufgrund des Gesagten divergieren somit die Ansichten der Parteien betreffend Quantitativ nicht, weshalb vom eingeklagten Betrag auszugehen ist (die Basis-IV-Komplementärrente von CHF 6'000.00 wird auch für den Zeitraum Klageeinleitung - Erstattung Replik mit Rechtsbegehren Ziff. 2 verlangt).

      D. h. die klägerischen Forderungen sind in quantitativer Hinsicht unstreitig. Es sei angefügt, dass entgegen den beklagtischen Ausführungen die Klägerin weder in der Klageschrift unter dem Titel Kosten den Betrag von CHF 17'985.04 geltend machte, noch diesen in der Replik reduzierte (act. 29 S. 3 Rz. 8). Entsprechende klägerische Behauptungen fehlen in den Rechtsschriften gänzlich (vgl. act. 1 S. 7 Rz. 15 ff.; act. 25 S. 3 Rz. 4 ff.). Die Klägerin meldete ihren Regressanspruch im Übrigen unbestrittenermassen mit Schreiben vom 23. Februar 1993 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten an (act. 1 S. 9 Rz. 20).

      B. Anwendbares Recht
    4. Art. 134 IPRG verweist für Ansprüche aus Strassenverkehrsunfällen auf das nach dem StVÜ anwendbare Recht. Nach Art. 2 StVÜ ist das Übereinkommen jedoch unter anderem nicht anzuwenden auf Rückgriffsansprüche und den Übergang von Ansprüchen, soweit Versicherer betroffen sind (Ziff. 5), und auf Rückgriffsansprüche, die von Einrichtungen der sozialen Sicherheit oder Trägern der Sozialversicherung geltend gemacht werden (Ziff. 6). Art. 9 StVÜ weicht insofern von Art. 2 Ziff. 5 StVÜ ab, als es das unmittelbare Forderungsrecht zugunsten des Geschädigten im Sinn einer Ausnahme wieder unter die Herrschaft des Übereinkommens zurückholt. Nach Abs. 1 der Norm ist bei der hier interessierenden Konstellation in erster Linie das innerstaatliche Recht des Staates massgebend, in dessen Hoheitsgebiet sich der Unfall ereignet hat. Sieht dieses kein direktes Klagerecht vor, kann es gemäss Art. 9 Abs. 3 StVÜ dennoch ausgeübt werden, wenn es von dem Recht zugelassen ist, das auf den Versicherungsvertrag Anwendung findet. Da das StVÜ Regress und Subrogation nicht regelt, kommen hierfür die Art. 144 und 145 IPRG zur Anwendung (vgl. act. 48 S. 5 f.

      E. 3.2).

      Bei der Anknüpfung muss unterschieden werden zwischen den Fragen betreffend Zulässigkeit und Umfang eines Regresses (Art. 144 Abs. 1 IPRG), Durchführung des Rückgriffes (Art. 144 Abs. 2 IPRG) sowie Rückgriff sozialer Einrichtungen (Art. 144 Abs. 3 IPRG).

      Für die Zulässigkeit und den Umfang eines Regresses sieht Art. 144 Abs. 1 IPRG ein sogenanntes Kumulationsstatut vor. Die Zulässigkeit bestimmt sich demnach sowohl nach dem Recht, das auf das Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und regressverpflichtetem Schuldner anwendbar ist (Forderungsstatut), als auch nach dem auf die Rechtsbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem regressberechtigten Schuldner anwendbaren Recht (Kausalstatut). Die anwendbaren Rechtsordnungen müssen nicht die gleiche Art des Rückgriffs enthalten; vorausgesetzt ist lediglich, dass die beiden Rückgriffsformen vergleichbar (BGE 107 II 495) bzw. ähnlich (BGE 109 II 69 f.) sind (A. DOSS, A.K. SCHNYDER, in: Marc Amstutz / Peter Breitschmid / Andreas Furrer / Daniel Girsberger / Claire Huguenin / Markus Mül- ler-Chen / Vito Roberto / Alexandra Rumo-Jungo / Anton K. Schnyder (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Zürich 2007, Art. 144 IPRG N 4 ff.). Über den Rückgriff entscheidet deshalb immer das für den Rückgriffsberechtigten strengere Recht. Der Schutz der berechtigten Erwartungen der Beteiligten, namentlich des Rückgriffsverpflichteten, der durch die kumulative Anknüpfung erreicht werden soll, ist nicht immer leicht zu rechtfertigen. Namentlich darf der Schutz des inländischen Rückgriffsschuldners, der nach der Praxis des BGer geboten ist, nicht übertrieben werden. Für die Frage der Zulässigkeit sollten deshalb auch ausländische Institute als vergleichbar gelten, die dem Rückgriffsgläubiger ein gesetzliches Recht auf Abtretung zur Verfügung stellen. Nicht gleichwertig mit gesetzlichen Regressformen ist jedoch der auf einem Vertrag zwischen Gläubiger und zahlendem Schuldner beruhende Rückgriff (M. KELLER, D. GIRSBERGER, in: Andreas Girsberger / Anton Heini / Max Keller / Jolanta Kren Kostkiewicz / Kurt Siehr / Frank Vischer / Paul Volken (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, Zü- rich 2004, Art. 144 N 16).

      Für die Durchführung des Regresses ist nach Art. 144 Abs. 2 Satz 1 IPRG das Recht massgebend, welches auf das Verhältnis zwischen Gläubiger und rückgriffsverpflichtetem Schuldner anwendbar ist, somit das Forderungsstatut (A. DOSS, A.K. SCHNYDER, a.a.O., Art. 144 IPRG N 9). Unter Durchführung des Rückgriffsrechtes sind die Wege und Mittel zu verstehen, aufgrund derer sich der Rückgriffsberechtigte das Forderungsrecht verschaffen kann, um vom Schuldner Zahlung zu erlangen. Nicht eine Frage der Durchführung, sondern der Zulässigkeit des Rückgriffs ist demgegenüber die Frage, ob derjenige, welcher das Rückgriffsrecht geltend machen will, kraft der gesetzlichen Rückgriffsregelung dazu legitimiert sei, z.B. ob ein Haftpflichtversicherer des Geschädigten zum Rückgriff berechtigt sei, wenn er gezahlt hat (M. KELLER, D. GIRSBERGER, a.a.O., Art. 144 N 21 ff.).

      Soweit die Klägerin als Sozialversicherer regressiert, kommt Art. 144 Abs. 3 IPRG zur Anwendung; er muss im Hinblick auf seinen besonderen gesetzgeberischen Zweck auch dann gelten, wenn ein Privatversicherer mit der Erfüllung sozialer Aufgaben betraut ist und in Ausübung dieser Aufgaben bezahlt hat (M. KELLER,

      D. GIRSBERGER, a.a.O., Art. 144 N 30). Für die Zulässigkeit und die Durchführung des Regresses erfolgt die Anknüpfung auch hier nach 144 Abs. 1 und 2 IPRG, wofür in 144 Abs. 3 IPRG eine ausdrückliche Verweisung enthalten ist.

    5. Der Anspruch der Geschädigten gegenüber dem Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung, der Beklagten (Forderungsstatut), in den die Klä- gerin eingetreten sein will, untersteht dem Recht D. s (Art. 134 IPRG i.V.m. Art. 3 StVÜ; act. 48 S. 4 f. E. 2).

      Der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts ist von Amtes wegen festzustellen. Dazu kann die Mitwirkung der Parteien verlangt werden. Bei vermö- gensrechtlichen Ansprüchen kann der Nachweis den Parteien überbunden werden (Art. 16 Abs. 1 IPRG). Wenn die Parteien übereinstimmende Ausführungen zum ausländischen Recht machen, ist auf diese abzustellen, es sei denn, das Gericht habe selber sichere Kenntnis vom Inhalt des anwendbaren ausländischen Rechts (ZR 90 Nr. 19). Die Parteien hatten Gelegenheit, sich zum Recht

      D. s zu äussern (act. 1 S. 13 Rz. 33; act. 7 S. 5 Rz. 18; act. 25 S. 6 Rz. 9;

      act. 29 S. 4 Rz. 14).

      C. Legitimation und Zulässigkeit des Regresses
    6. Direktes Klagerecht der Geschädigten

      Die Parteien sind sich darin einig, dass das Haftpflichtrecht D. s den Direktanspruch des Geschädigten gegenüber der Versicherung des Schädigers erst seit 2003 kennt (act. 25 S. 13 Rz. 27; act. 29 S. 4 Rz. 15). Ein direktes Klagerecht der Geschädigten ergibt sich jedoch gestützt auf Art. 9 Abs. 3 StVÜ in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 SVG, da auf den Versicherungsvertrag schweizerisches Recht anwendbar ist. Ob der Klägerin ein Regressrecht zukommt, bestimmt sich nach Art. 144 IPRG. Das schweizerische Recht lässt den Rückgriff der Klägerin kraft Subrogation gestützt auf Art. 41 aUVG und Art. 72 VVG grundsätzlich zu; das direkte Forderungsrecht der Geschädigten geht als akzessorisches Nebenrecht auf die subrogierende Klägerin über (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 30. Mai 2008, act. 48, S. 7 E. 3.4). Es ist zu prüfen, ob das Recht D. s eine vergleichbare Regelung kennt.

    7. Übergang des direkten Klagerechts auf den leistenden Unfallversicherer

      1. Die Beklagte bringt vor, zwischen dem direkten Klagerecht nach Art. 9 StVÜ bzw. Art. 65 SVG und dem anwendbaren Haftpflichtstatut nach StVÜ, also dem Recht D. s, bestehe kein direkter Zusammenhang. Insbesondere könne nicht die Auffassung vertreten werden, dass es sich beim direkten Klagerecht nach Art. 9 StVÜ um ein akzessorisches Nebenoder Vorzugsrecht der Haftpflichtforderung handle. Vielmehr müsse es sich um eine eigenständige Forderung handeln, die losgelöst vom Haftpflichtanspruch übergehen könne. Da das Recht D. s den Direktanspruch des Geschädigten bis Januar 2003 nicht gekannt habe, sei nicht davon auszugehen, dass ein allfälliges nach Art. 9 Abs. 3 StVÜ bestehendes Forderungsrecht mit der Haftpflichtforderung übergegangen wäre (act. 7 S. 6 f. Rz. 24). Mangels eines direkten Forderungsrechts im Haftpflichtrecht D. s bzw. eines Forderungsüberganges stehe der Klägerin kein direktes Forderungsrecht gegenüber ihr zu, weshalb die Klage abzuweisen sei (act. 7 S. 7 Rz. 25).

      2. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass dort, wo ein unmittelbares Forderungsrecht gegenüber dem Haftpflichtversicherer bestehe, jenes ohne weiteres als akzessorisches Nebenrecht zusammen mit der Haftpflichtforderung auf den Unfallversicherer übergehe (act. 25 S. 14 Rz. 30).

      3. Aus dem aufgrund der divergierenden Parteibehauptungen zum Recht

        D. s in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten des ISDC vom 9./11. November 2010 geht hervor, dass auch nach dem Recht D. s ein direktes Forderungsrecht des Geschädigten auf den Leistungen erbringenden Unfallversicherer des Geschädigten übergehen muss. So kommt nach den grundlegenden Prinzipien des (Versicherungs-)Rechts D. s die in die Rechte des Versicherten eingetretene Versicherungsgesellschaft grundsätzlich in den Genuss jeglichen Anspruchs, der dem Versicherten im Hinblick auf Minderung seines Schadens gegenüber der Drittpartei im Verfahren zur Verfügung steht (Any claim of any character which the assured is entitled to bring in proceedings against a third party to diminish his loss) und kann zudem alle Rechte und Rechtsmittel die dem Versicherten in der Rechtsstreitigkeit zustehen geltend machen (AII the rights and remedies of the assured in respect of the subject-matter), ungeachtet derer Quellen. Im Besonderen ist die in die Rechte des Versicherten eingetretene Versicherung berechtigt, die gesetzlichen Verfahren, welche dem geschädigten Versicherten zustehen, ebenfalls zu nutzen (act. 89 S. 24 ff.; act. 90 S. 22 f.).

        Daran haben die am 19. Januar 2003 in Kraft gesetzten European Communities (Rights against Insurers) Regulations 2002 nichts geändert. Im Gegenteil, das daraus erwachsende direkte Forderungsrecht des Geschädigten findet nicht nur auf nach deren Inkrafttreten entstandene Ansprüche Anwendung, sondern auch auf solche, die zuvor entstanden, bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht durch Anordnung, Vergleich oder Urteil entschieden worden sind (act. 89 S. 23; act. 90 S. 21). Mit anderen Worten lässt sich ein direktes Klagerecht der Geschädigten nicht nur auf Art. 9 Abs. 3 StVÜ in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 SVG, sondern auch (direkt) auf die European Communities (Rights against Insurers) Regulations 2002 abstützen. Auf die beklagtischen Vorbringen, welche sich ausschliesslich auf ers-

        tere Rechtsgrundlage beschränken, braucht - demzufolge - nicht weiter eingegangen zu werden.

    8. Eintritt in die Rechtsstellung des Versicherten / Regress

      1. Die Beklagte macht geltend, die Klägerin könne nach dem Recht D. s über die subrogation nicht in die Rechtsstellung des Versicherten eintreten; hierfür wäre ein - in casu nicht vorliegendes - assignment erforderlich. Denn gemäss Recht D. s finde kein Forderungsübergang statt. Beim gesetzlichen right of subrogation handle es sich vielmehr um eine vertragliche Regelung, die teilweise oder vollständig wegbedungen werden könne. Der regressierende Versicherer mache die Ansprüche nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Geschädigten geltend, d.h. der Versicherer trete - entgegen der Rechtslage in der Schweiz - nicht in die Rechtsstellung des Geschädigten ein. Da die Klage im Namen des Geschädigten hätte erhoben werden müssen, was vorliegend nicht erfolgt sei, fehle es bereits an der Aktivlegitimation der Klägerin (act. 7 S. 7 Rz. 29 ff.; act. 29 S. 21 Rz. 59).

        Mangels eines Forderungsüberganges nach dem Recht D. s könne auch der Direktanspruch der Geschädigten (nach Art. 9 Abs. 3 StVÜ) nicht auf die Klä- gerin übergehen bzw. übergegangen sein (act. 7 S. 8 Rz. 31). Ähnlich verhalte es sich mit der Regressforderung der Klägerin gestützt auf Art. 72 VVG. Das Recht D. s kenne keine Art. 72 VVG analoge Regelung (act. 7 S. 9 Rz. 38). Überdies könne der Versicherer seine Rechte erst geltend machen, wenn er die Versicherungsleistungen vollumfänglich ausbezahlt habe. Gewähre der Versicherer unter verschiedenen Titeln Leistungen, spiele nach dem Recht D. s die Subrogation erst dann eine Rolle, wenn der Versicherer sämtliche Leistungen vollumfänglich erbracht habe (act. 29 S. 19 ff. Rz. 55 und 59).

      2. Die Klägerin ist der Ansicht, dass nach dem Recht D. s ein Unfallversicherer kraft Subrogation auf den Schädiger für die einer geschädigten Person bezahlten Leistungen Regress nehmen kann (act. 25 S. 8 Rz. 14).

      3. Gemäss dem Rechtsgutachten des ISDC vom 9./11. November 2010 kennt auch das Recht D. s - als wichtigstes Rechtskonzept, mittels welchem Versicherungsgesellschaften Geldbeträge von Schädigern der von ihnen versicherten Risiken zurückverlangen können - die Grundsätze der Subrogation (nebst drei weiteren Möglichkeiten, ihre Verluste wieder gut machen zu können, act. 89 S. 6; act. 90 S. 6). Allerdings soll Voraussetzung der Subrogation sein, dass die Partei, welche sie geltend macht, mit jener Partei, deren Rechte übergehen sollen, einen Vertrag über eine Schadensversicherung (contract of indemnity insurance) abgeschlossen (act. 89 S. 8; act. 90 S. 8) sowie alle im Rahmen des Vertrages geschuldeten Versicherungsleistungen erbracht und hierbei den Geschädigten vollständig entschädigt hat (act. 89 S. 16 und 39; act. 90 S. 15 und 35), und soll die subrogierte Versicherung nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen des Versicherten klagen können (act. 89 S. 18, 26 und 38; act. 90 S. 17, 23 und 35).

        1. Was die Beschränkung der Subrogation auf Schadensversicherungen angeht, ist die Rechtslage in der Schweiz keine andere: Bei der Schadensversicherung gilt das Prinzip der Anspruchskonkurrenz - der Geschädigte soll den ihm entstandenen Schaden nur einmal ersetzt erhalten -, während in der Personenversicherung, soweit sie als Summenversicherung ausgestaltet ist, das Prinzip der Kumulation gilt (vgl. VVG-G RABER, Art. 72 N 1 f.). Während Schadensversicherungen klar auf die Deckung von bestimmten Schäden ausgerichtet sind, dienen Summenversicherungen nicht primär dem Schadensausgleich, sondern erbringen im Voraus vereinbarte Leistungen (ST. WEBER, Privatversicherung, in: Peter Münch/Thomas Geiser, Schaden - Haftung - Versicherung, Basel/Genf/München 1999, Rz. 4.104 ff.).

          Um die fraglichen Leistungen einer der beiden Versicherungsarten zuzuordnen, darf nach BGE 119 II 364 keine globale Qualifikation en fonction du contenu principal de la police vorgenommen werden. Massgebend ist die Rechtsnatur der in Frage stehenden Leistungen und nicht die jeweilige Hauptleistung. Zu prüfen ist daher im Einzelfall, ob die konkrete Versicherungsleistung einen Schaden deckt, oder ob der Anspruch auf die Versicherungsleistung schadensunabhängig ist. Dabei können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Das Bundesgericht scheint das massgebende Unterscheidungskriterium nicht im Zweck der Versicherungsleistung, sondern in deren Voraussetzungen zu sehen (BGE 119 II 365

          E. 4). Dementsprechend dürfte es sich dann um eine Schadensversicherung handeln, wenn der Eintritt eines Vermögensschadens selbständige Voraussetzung des Leistungsanspruchs ist; demgegenüber ist eine Summenversicherung anzunehmen, falls die Verwirklichung des versicherten Risikos einzige Anspruchsvoraussetzung ist (H. REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., 2003, S. 69; ST. WEBER, Kumul der Ersatzeinkünfte bei der Versorgerschadenberechnung, in: SVZ 65 (1997) S. 68 f.). Die Bemessung der Versicherungsleistungen ist nicht entscheidend. Versicherer und Versicherter nehmen mitunter in Kauf, dass der gegebenenfalls auszuzahlende Betrag mit der erlittenen Vermögenseinbusse nicht übereinstimmt. Dies ist dann der Fall, wenn die Schadenersatzleistung pauschaliert, standardisiert oder typisiert wird. Dies schliesst jedoch das Bestehen einer Schadensversicherung nicht aus (VVG-GRABER, Art. 96 N 5).

        2. Im vorliegenden Fall wurden einesteils Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (UVGO), andererseits solche einer (die Grobfahrlässigkeit im Rahmen der UVG-Leistungen deckenden, act. 3/7) Zusatzunfallversicherung (UVGZ) ausgerichtet.

          Bei der Heilungskostensowie der Taggeldversicherung handelt es sich um Schadensversicherungen. Beide fordern als auslösendes Moment zwingend eine Vermögenseinbusse, i.e. Heilungskosten im einen und einen Lohnausfall im anderen Fall. In Bezug auf Taggeldversicherungen erklärte das Bundesgericht in 5C.106/2003, Urteil vom 7. November 2003, dass es sich bei einer durch die Arbeitgeberin für den Fall der Erwerbsunfähigkeit ihrer Angestellten abgeschlossenen Versicherung um eine Lohnausfallversicherung handle, und eine solche stelle bei Unselbständigerwerbenden in jedem Fall eine Schadensversicherung dar. Im genannten Urteil hatte das Bundesgericht - gemäss unwidersprochener Sachverhaltsdarstellung der Klägerin (act. 1 S. 11) - Taggeldleistungen der heutigen Klä- gerin gestützt auf die auch im vorliegenden Fall anwendbaren Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) zu charakterisieren. In Bezug auf diese AVB erwog das Bundesgericht: Mit dem Verweis in Art. 8 Abs. 3 der AVB wurden die einschlägigen (öffentlich-rechtlichen) Normen des UVG zum Inhalt des (privatrechtlichen) Versicherungsvertrages gemacht. Den Parteien ist es auf Grund der Inhaltsfreiheit für Verträge denn auch unbenommen, für den dispositiven Bereich des VVG mit

          privatautonomer Abrede bzw. mit allgemeinen Versicherungsbedingungen auf die Regelung des UVG zu verweisen. Der Verweis deckt sich mit der Feststellung in Art. 1 Abs. 2 der AVB, der festhält, dass die AVB auf den Bestimmungen des UVG basieren. Damit wird offensichtlich eine Übereinstimmung mit dem UVG [ ] und gleichzeitig eine einheitliche Lösung für die obligatorische Unfallversicherung und die Zusatzversicherung angestrebt. Mithin gilt die bundesgerichtliche Schlussfolgerung (Taggeldversicherung = Schadensversicherung) vorliegendenfalls sowohl für den UVGOals auch für den UVGZ-Bereich.

          Ebenfalls kompensatorischen Charakter hat die IV-Komplementärrente: Eine solche wird ausgerichtet, wenn eine Invalidenrente der Unfallversicherung mit einer Rente der Invalidenversicherung zusammentrifft. Die Ausrichtung von Invaliditätsleistungen setzt eine voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit voraus. Die Erwerbsunfähigkeit wird durch einen Einkommensvergleich ermittelt (vgl. Art. 18 Abs. 2 aUVG) und entspricht damit der Schadensermittlung im Haftpflichtrecht (S T. WEBER, a.a.O., S. 73).

          Zur Bemessung der IV-Komplementärrente werden zunächst wie bei der normalen Rentenberechnung der massgebende Verdienst des Versicherten im Jahr vor dem Unfall und sein Invaliditätsgrad festgestellt. Von der auf diesen Rechnungsgrundlagen mit 90% frankenmässig bestimmten Gesamtrente ist die IV-Rente abzuziehen (Wegleitung der SUVA durch die Unfallversicherung, 10. Aufl., Luzern 2008, S. 45).

          Dagegen entspringt die Integritätsentschädigung einer Summenversicherung. Die Integritätsentschädigung wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft (Art. 25 Abs. 1 UVG). Die Schwere des Integritätsschadens wird nach dem medizinischen Befund beurteilt. Bei gleichem medizinischen Befund ist der Integritätsschaden für alle Versicherten gleich; er wird abstrakt und egalitär bemessen (8C_62/2010, Urteil des Bundesgerichts vom 2. Juni 2010, E. 3.3.1). Die Höhe der Integritätsentschädigung hängt somit nicht von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab, sondern bemisst sich grundsätzlich nach Anhang 3 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV), zu welcher die SUVA ein ausführliches Tabellenwerk erstellt hat (vgl. http://www.suva.ch/startseite-suva/unfall -

          suva/versicherungsmedizin-suva/integritaetsentschaedigung-suva.htm). D.h. weder Leistungsgrund noch Leistungshöhe knüpfen am Eintritt eines Vermögensschadens an, auch wenn eine Integritätsverletzung regelmässig mit finanziellen Nachteilen verbunden ist (vgl. auch ST. WEBER, a.a.O., S. 72). In diesem Sinne dient die Integritätsentschädigung - gleich wie die haftpflichtrechtliche Genugtuung - nicht der Existenzsicherung, sondern geht über den konkreten Bedarf hinaus und soll dem Versicherten ungeschmälert zufliessen. Für die Zuordnung nicht relevant ist, dass auch die Integritätsentschädigung dem Überentschädigungsverbot untersteht und - in der Schweiz auf der Grundlage (spezial-)gesetzlicher Bestimmungen - an die individuell unter Würdigung der besonderen Umstände bemessene haftpflichtrechtliche Genugtuung anzurechen ist.

        3. Was die weitere Voraussetzung der vollständigen Entschädigung der versicherten Person angeht, wendet die Klägerin ein, dass die massgebende englische Version des Gutachtens von [ ] once a loss has occurred and the insurer pays out any benefits to the insured [ ] spreche. Any benefits bedeute schlicht Leistungen und nicht, dass diese in irgendeiner Art und Weise vollständig sein müssten, weshalb die deutsche Übersetzung Hat der Versicherer im Schadensfall dem Versicherungsnehmer alle gemäss Vertrag geschuldeten Leistungen erbracht [ ] nicht korrekt sei (act. 103 S. 5 ff. Rz. 25 ff., unter Hinweis auf act. 89 S. 17 und act. 90 S. 15).

        4. Dieser Einwand erfolgt zu Recht: Gemäss Langenscheidts e-Handwörterbuch Englisch-Deutsch kommt dem englischen Wort any die Bedeutung von

          1. (fragend, verneinend od. bedingend) (irgend)ein, (irgend)welch; etwaig; einige pl.; etwas und/oder 2. (bejahend) jeder, jede, jedes (beliebige) zu. Diese sprachliche Unvollkommenheit beschlägt nur einen (right to receive back; Recht [ ] die gleichwertige Summe einzufordern, act. 89 S. 17) von mehreren zu verschiedenen Zeitpunkten im Prozess der Entschädigung eines Verlustes [ ] zum Tragen kommenden Aspekten der Subrogation. An anderer Stelle ist die Rede von [ ] where a loss has occurred and the insurer pays out all of the insurance benefits to which the insured ist entitled under to the contract [ ] (act. 90 S. 16) und [ ] where a loss has occurred, the insurer pays out insurance benefits to which the

          insured ist entitled under the contract and this results in the complete indemnification of the insured against the loss suffered [ ] (act. 90 S. 17). Insoweit das Gutachten aus diesen (unter dem Titel Need for full payment of all insurance benefits wiedergegebenen, act. 90 S. 15) nicht deckungsgleichen Ausführungen die Schlussfolgerung zieht, An insurer [ ] can enforce its rights [ ] once it can show that it has provided all of the insurance benefits due under the personal accident insurance contract and has thereby completely indemnified the injured person (act. 90 S. 35), ist es nicht stichhaltig. Allerdings ist dieser Umstand nicht weiter von Bedeutung. Denn keine der obgenannten Formulierungen führt zwingend zum Schluss, dass der Regress dort, wo ein Unfallopfer medizinische Kosten noch lange nach dem Unfall in Anspruch nimmt und/oder eine Invalidenrente einem Geschädigten auf unbestimmte Zeit entrichtet werden muss, mangels Vollständigkeit der Ersatzleistung noch nicht möglich sei. Dies würde zum absurden Ergebnis führen, dass es in solchen Fällen nie zu Lebzeiten des Geschädigten zum Zeitpunkt käme, an welchem der Versicherer alle gemäss Versicherungsvertrag geschuldeten Leistungen erbracht hat, geschweige denn, den Versicherten vollständig für seine (fortlaufenden) Verluste entschädigt hat. Vielmehr muss daraus gefolgert werden, dass ein Versicherer, der dem Versicherten alle ihm bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vertraglich zustehenden Leistungen ausgerichtet hat, hinsichtlich ebendieser Leistungen subrogiert. In diesem Sinne muss auch das Gutachten verstanden werden: [ ] due [1. Wirtschaft fällig, sofort zahlbar; 2. zeitlich fällig, erwartet; 3. gebührend, angemessen, geziemend, gehörig; 4. verpflichtet; vgl. Langenscheidts e-Handwörterbuch Englisch-Deutsch] under the personal accident insurance contract [ ] sind eben nur Versicherungsleistungen für bis dahin entstandenen Schaden, nicht aber in Zukunft möglicherweise geschuldete. Die Frage, ob ein Versicherter vollständig entschädigt wurde, kann zu einem gegebenen Zeitpunkt nur bezüglich der Vergangenheit beantwortet werden; ein möglicherweise zu ersetzender zukünftiger Schaden ist in jenem Zeitpunkt ja noch gar nicht entstanden.

        5. Bezüglich der prozessualen Durchsetzung unterscheiden sich die schweizerische und die Rechtsordnung D. s insoweit, als dass Letztere keinen eigentlichen Rechtsübergang vorsieht, sondern lediglich dem regressberech-

tigten Versicherer die Möglichkeit einräumt, im Namen des Versicherten den Prozess gegen den Regressverpflichteten zu führen (The cause of action ist not transferred to the insurer, but it is nevertheless considered to take the place of the insured, in the sense that the insurer can conduct legal proceedings in the name of the insured). Dabei kann der regressberechtigte Versicherer den Versicherten aber zur Mitwirkung - zumindest zum namentlichen Auftreten als Kläger im Prozess - zwingen (act. 89 S. 18; act. 90 S. 17). Für den Regressverpflichteten macht es - im Ergebnis - wohl keinen Unterschied, ob er in einem in den allermeisten Fällen wohl bloss formaliter vom Geschädigten geführten Prozess zu einer Regresszahlung verpflichtet wird, welche dieser ohne Weiteres an den regressberechtigten Versicherer herauszugeben hat, oder ob er sich im Prozess direkt Letztgenanntem gegenübersieht.

      1. Im Ergebnis sind die oben dargestellten Grundsätze der Subrogation nach dem Recht D. s als mit den Rückgriffsformen des schweizerischen Rechts vergleichbar bzw. ähnlich anzusehen: Auch das Recht D. s kennt grundsätzlich den Rückgriff des Versicherers auf einen schadensverursachenden Dritten (bzw. dessen Versicherer) für an den Geschädigten ausgerichtete Leistungen aus Schadensversicherungen (nicht aus Summenversicherungen). Zugrunde liegt ihm

        • wie der Subrogation nach schweizerischem Recht - das Überentschädigungsverbot (The aim of this rule ist to ensure that a party [the insured] entitled to indemnity receives only an indemnity and not a double recovery [i.e. from his insurer and from a party liable for the loss], act. 90 S. 16 f.). Der Umstand, dass nach dem Recht D. s der Rückgriff nicht in eigenem Namen durchgesetzt werden kann, sondern der Versicherer für die prozessuale Geltendmachung auf den Geschädigten angewiesen bleibt, ist von untergeordneter Bedeutung, da - wie gesehen - der Geschädigte vom Versicherer (notfalls gerichtlich) zur Mitwirkung verpflichtet werden kann. Überdies offenbart das Rechtsgutachten des ISDC, dass in diesen Fällen der Versicherer den Prozess führt und von der beklagten Drittpartei Schadenersatz erhält (If the insurer successfully conducts the proceedings and obtains compensations from the third party defendant [ ]), aus welchem er seine Aufwendungen decken darf ([ ] it has the right to retain so much of that compensation as corresponds to its indemnification payment to the insured and its le-

          gal costs, act. 89 S. 19; act. 90 S. 17).

          Es ist daran zu erinnern, dass dem durch die Anknüpfung am Kumulationsstatut angestrebten Schutz des inländischen Rückgriffschuldners - es soll vermieden werden, dass seine Rechtsstellung durch die Anwendung eines ihm möglicherweise unbekannten Rechts verschlechtert wird (vgl. M. SÜSSKIND, Der IPRRegress, in: SVZ 68 (2000) S. 96) - im vorliegenden Prozess zwischen zwei Schweizer Versicherungsgesellschaften keine massgebende Bedeutung zukommt. Darum - und da sich das Common Law System (D._ s) mit dem ihm innewohnenden Vorrang des Verfahrensrechts ganz grundsätzlich vom kontinentaleuropäischen Civil Law System unterscheidet - ist der zur Beurteilung der Ähnlichkeit / Vergleichbarkeit anzulegende Massstab nicht besonders hoch anzusetzen.

      2. Als (Zwischen-)Fazit lässt sich festhalten, dass die Zulässigkeit des klägerischen Regresses zu bejahen ist, soweit es sich um Leistungen aus Schadensversicherungen handelt. Für die ausgerichtete Integritätsentschädigung

        (CHF 68'040.00) hingegen sieht das Recht D. s keine Rückgriffsmöglichkeit vor, weshalb diese von der Beklagten nicht zu erstatten ist.

      3. Was die (dem Recht D. s unterstehende) Durchführung des Regresses angeht, kann vorab auf obige Erwägungen verwiesen werden; vor allem ist daran zu erinnern, dass die Frage, ob derjenige, welcher das Rückgriffsrecht geltend machen will, kraft der gesetzlichen Rückgriffsregelung dazu legitimiert ist, nicht eine Frage der Durchführung, sondern der Zulässigkeit des Rückgriffs ist. Mithin ist nicht von Bedeutung, dass die Klägerin - und nicht die Geschädigte gewissermassen als Prozessstandschafterin - die Regressklage im eigenen Namen führt. Hinsichtlich der übrigen Einreden und Einwendungen der Beklagten gilt das Folgende:

D. Einreden der Beklagten
    1. Kein Regress zufolge Vergleichs mit der Geschädigten

      1. Die Beklagte beruft sich auf die Entschädigungsvereinbarung zwischen ihr und der Geschädigten vom 3. November 2004. Das Regressrecht der Klägerin sei dadurch ausgeschlossen worden (act. 29 S. 20 f. Rz. 58 f.; act. 30/28).

      2. Die Klägerin hält dafür, dass der Vergleich nichts an der Sachund Rechtslage ändere. Ein direkter Vergleich zwischen Beklagter und Geschädigter hätte (gemäss dem Recht D. s) höchstens dann zum Untergang ihrer Ansprüche führen können, wenn es sich um einen gerichtlichen gehandelt hätte. Ein aussergerichtlicher Vergleich wie hier habe keine Auswirkungen auf ihre Rechtsposition. Zudem habe die Geschädigte gemäss Vergleichswortlaut nicht auch die Ansprü- che ihrer Unfallversicherung gegen die Beklagte regeln wollen. Der Vergleich betreffe nicht die eingeklagten Ansprüche, sondern den Direktschaden der Geschä- digten (act. 37 S. 3 ff.). Im Übrigen habe die Geschädigte im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 3. November 2004 keine Verfügungsmacht mehr gehabt über jene Ansprüche, die damals bereits auf sie übergegangen seien. Selbst wenn die Vereinbarung vom 3. November 2004 eine Auswirkung auf ihre Rechtsposition haben sollte, was nicht der Fall sei, so nur im Umfang der am 3. November 2004 noch nicht ausbezahlten Leistungen gemäss Zusatzunfallversicherung (act. 37 S. 5 Rz. 6 c)).

      3. Entgegen der Formulierung der Beklagten beschlägt die aufgeworfene Frage nicht die grundsätzliche Zulässigkeit des Regresses, sondern vielmehr die Durchführung des Regresses bzw. eine Frage, die mit dem Rückgriff in Zusammenhang steht und nicht von Art. 144 Abs. 1 IPRG erfasst wird. Massgebend für die Beurteilung ist somit nach Art. 144 Abs. 2 IPRG das Forderungsstatut und damit das Recht D. s. Demgemäss hat der Versicherte die Pflicht, die wirksame Ausübung der Subrogationsrechte des Versicherers durch diesen nicht zu beeinträchtigen, jedoch bedeutet diese Pflicht nicht a priori, dass es ihm verwehrt ist, bindende Regelungen mit Drittparteien zu schliessen. Dies auch dann nicht,

        wenn die Vereinbarung eine tiefere Summe als den vollumfänglichen Nennwert der Forderung festlegt oder - im Austausch für die Bezahlung anderer Posten durch die Drittpartei - die Aufgabe einer oder mehrerer Punkte der Klage beinhaltet (act. 89 S. 28 ff.; act. 90 S. 26 f.). Demzufolge kann ein aussergerichtlicher Vergleich zwischen dem Geschädigten und der Haftpflichtversicherung des Schä- digers (mit Saldoklausel für gegenwärtige und zukünftige Ansprüche) zum Ausschluss oder zur Einschränkung des Regressrechtes des Unfallversicherers des Geschädigten gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers führen, sowohl in grundsätzlicher Hinsicht als auch - da der Geschädigte sein Klagerecht gegen den Schädiger behält - nach erfolgter Subrogation (des Unfallversicherers) (act. 89 S. 39; act. 90 S. 35).

      4. Damit ist die Entschädigungsvereinbarung vom 3. November 2004 zwischen der Geschädigten und der Beklagten grundsätzlich geeignet, die Regressrechte der Klägerin zu beschneiden.

      5. Allerdings soll - nach Sachverhaltsdarstellung der Klägerin - diese Entschädigungsvereinbarung nur den sog. Direktschaden betroffen und mit dem Gegenstand des Regresses nichts zu tun haben. Bei den CHF 513'000.00 sei es um rund CHF 390'000.00 Haushaltsschaden, die Kosten für Pedicure, ein automatisches Wechselgetriebe für das Fahrzeug der Geschädigten sowie um eine Genugtuung gegangen. Für diese Positionen habe die Geschädigte von ihr keine Leistungen erhalten, weshalb sie direkt von der Beklagten eine entsprechende Entschädigungsleistung gefordert habe (act. 37 S. 4 f. Rz. 6 b) f.; act. 103 S. 12

        Rz. 57).

      6. Trifft diese Sachverhaltsdarstellung zu, bezieht sich der Vergleich nur auf den sog. Direktschaden, wird - auch nach dem Recht D. s - das Regressrecht des Unfallversicherers nur diesbezüglich eingeschränkt: If the relevant compromise refered only to the so-called direct loss, which is not covered by the benefits provided by the social insurer, it restricts the accident insurer's right of recovery by way of subrogation only in respect of direct loss (act. 90 S. 35). Es ist der Klägerin zuzustimmen, dass die deutsche Übersetzung der Ziff. V.6.3 falsch ist und auf einem offensichtlichen Übersetzungsfehler beruht. Eine ergänzende

Stellungnahme des ISDC - wie sie die Beklagte beantragt (act. 104 S. 3; act. 108

S. 3) - drängt sich nicht auf. Deshalb ist - im Folgenden - festzustellen, was mit der Entschädigungsvereinbarung vom 3. November 2004 abgegolten werden sollte, wobei - die Entschädigungsvereinbarung hat ihren engsten Zusammenhang unzweifelhaft mit der Schweiz (Art. 117 Abs. 1 IPRG) - die (Auslegungs-)Regeln des schweizerischen Rechts zur Anwendung gelangen. Keine der Parteien substantiierte Behauptungen zum tatsächlichen Konsens aufstellte, weshalb auf die objektivierte Vertragsauslegung zurückzugreifen ist, mithin die Willensäusserungen der (Entschädigungsvereinbarungs-)Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen sind, wie sie nach ihrem Wortlaut und den gesamten Umstän- den verstanden werden durften und mussten. Massgebend ist dabei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGE 129 III 680 E. 2.3; 118 II 366 E. 1; 107 II 418 E.

6).

Für eine umfassende Vereinbarung - wie sie die Beklagte in der Entschädigungsvereinbarung vom 3. November 2004 erblickt (act. 29 S. 20 Rz. 58; act. 104 S. 3 Rz. 6; act. 108 S. 2 Rz. 4) - spricht vor allem der Wortlaut, demgemäss die Geschädigte mit der B. als totale und abschliessende Versicherungsleistung für den Verkehrsunfall vom 02.08.1992 den Betrag von CHF 513'000.- vereinbart und sich damit für die ihm aus diesem Schadenereignis erwachsenen Ansprüche an die B. für gegenwärtige und zukünftige Ansprüche per Saldo aller Ansprüche als abgefunden erklärt, sowie die Tatsache, dass nur die der Geschädigten im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall erwachsenen Anwaltskosten von dieser Vereinbarung nicht erfasst sein sollten (act. 30/28). Dagegen spricht, dass unter schweizerischem Recht der Geschädigte - aufgrund des Subrogationsprinzips - grundsätzlich nicht über die fraglichen (Regress-)Ansprüche der Unfallversicherung verfügen kann, weshalb in Entschädigungsvereinbarungen mit Haftpflichtversicherungen praxisgemäss nur der Direktschaden geregelt wird. Dass die Parteien der Entschädigungsvereinbarung vom 3. November 2004 sich des (späteren) Einflusses des Rechts D. s bereits bewusst waren und - dies ausdrücklich berücksichtigend - auch Regressansprüche erledigen wollten, wurde von ihnen - namentlich von der Beklagten - aber gerade nicht behauptet. Ausserdem ist höchst unwahrscheinlich, dass sich die im damaligen Zeitpunkt 41jährige Geschädigte, die als Geschäftsführerin über einen versicherten Verdienst von immerhin CHF 106'000.00 verfügte (vgl. IV-Komplementärrenten-Verfügung vom 26.Mai 2000, act. 3/13 S. 3), mit einer halben Million für sämtliche Ansprüche abfinden lassen wollte. Die Geschädigte stand mehr als 20 Jahre vor der Pensionierung. Es ist nicht anzunehmen, dass sie eine jährliche Erwerbsaufallsentschä- digung von weniger als CHF 25'000.00 - die halbe Million sollte zudem die übrigen Ansprüche wie Haushaltsschaden, Genugtuung etc. abdecken - akzeptiert resp. ihr Rechtsvertreter ihr die Annahme eines solchen Angebots empfohlen hät- te. Das musste auch der Beklagten klar sein, weshalb sie die Vereinbarung nicht als eine (auch die im vorliegenden Verfahren regressweise geltend gemachten Ansprüche) umfassende verstehen durfte, sondern vielmehr als eine auf die von der Klägerin genannten, im Einzelnen nicht bestrittenen (Direkt-)Schadenspositionen beschränkte.

Mit anderen Worten: Das Regressrecht der Klägerin wird durch die Entschädigungsvereinbarung vom 3. November 2004 nicht ausgeschlossen.

    1. Unzulässigkeit des Regresses aufgrund von Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG

      1. Die Beklagte macht geltend, dass das Subrogationsrecht der Klägerin im vorliegenden Fall auch deshalb nicht bestehe, weil E. sel. und die Geschä- digte in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt hätten. Des Weiteren könne das zum Unfall führende Verhalten von E. sel. bloss als leichtfahrlässiges Verhalten eingestuft werden (act. 7 S. 10 ff. Rz. 40 ff. in Bezug auf die Regelungen gemäss Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG). Weiter führt die Beklagte aus, der Ausnahme von Art. 144 Abs. 2 Satz 2 IPRG liege der Gedanke zugrunde, dass der kollisionsrechtliche Schuldnerschutz im Bereich des Rückgriffs dann unnötig sei, wenn die Interessen des Rückgriffsverpflichteten nicht berührt wür- den. Dies treffe insbesondere dann zu, wenn sich eine Rechtsnorm nur zwischen dem Gläubiger (Geschädigte) und dem Rückgriffsberechtigten (Klägerin) auswirke. Die Regelung von Art. 44 aUVG habe für sie erhebliche Drittwirkung, weshalb es sich nicht um einen Anwendungsfall von Art. 144 Abs. 2 Satz 2 IPRG handle. Die von ihr erhobene Einrede sei deshalb zuzulassen (act. 7 S. 10 Rz. 41).

      2. Seitens der Klägerin wird geltend gemacht, dem Recht D. s seien die von der Beklagten erhobenen und ihr Regressrecht einschränkenden Einreden gemäss Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG betreffend eine bloss leichte Fahrlässigkeit von E. sel. und der Existenz einer häuslichen Gemeinschaft gänzlich unbekannt (act. 25 S. 8 Rz. 15). Abgesehen davon seien diese Einreden der Beklagten auch materiell unbegründet, hätten E. sel. und die Geschä- digte doch nie zusammen im Konkubinat gelebt und hätten sich diese zwei Personen beim Einzug in die am 1. Mai 1992 gemietete, geräumige Wohnung bereits getrennt gehabt und deshalb die Wohnung nicht als Konkubinat bezogen und bewohnt (act. 25 S. 9 Rz. 16 a); vgl. auch act. 1 S. 15 Rz. 40). Art. 144 Abs. 2 Satz 2 IPRG betreffe gar nicht das für die erwähnten Einreden relevante Verhältnis zwischen den Parteien, sondern jenes zwischen ihr (als Regressberechtigter) und der Geschädigten. Die Behauptungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar (act. 25 S. 22 Rz. 50).

      3. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage betrifft die Durchführung des Regresses und wird von Art. 144 Abs. 2 Satz 1 IPRG erfasst; massgebend ist das Recht D. s (Forderungsstatut). Was die Beklagte in diesem Zusammenhang aus den Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG ableiten will, ist nicht nachvollziehbar, zumal von ihr nicht behauptet wird, es bestehe im Recht D. s eine dem schweizerischen Recht entsprechende Regelung. Nicht verständlich sind die beklagtischen Ausführungen zu Art. 144 Abs. 2 Satz 2 IPRG. Selbst bei Anwendung von schweizerischem Recht käme es mangels Vorliegens des vorausgesetzten Sachverhaltes - wie nachfolgend aufzuzeigen ist - nicht zu einer Einschränkung oder gar zu einem Ausschluss des Regresses.

        1. Die Privilegierung gemäss Art. 72 Abs. 3 VVG greift nur, wenn E. sel. lediglich ein leichtes Verschulden vorgeworfen werden kann (BGE 120 II

          58 ff.); Die Beklagte macht (implizit) einen Einspurfehler an der Kreuzung

          /I. von E. sel. geltend. Der Weg auf der von G. Richtung H. macht kein Abbiegen an dieser Kreuzung erforderlich. Vielmehr mündet die in der . Dies geht aus der seitens der Beklagten eingereichten Skizze betreffend die von E. sel. und C. befahrene Route hervor (act. 7 S. 4).

          Zutreffend ist das klägerische Vorbringen, wonach die Beklagte nie behauptet habe, von welcher Strasse E. sel. auf die eingebogen sein soll; die Beklagte bestritt zudem nicht, dass E. sel. auf der von G. nach H. unterwegs war (act. 1 S. 5 Rz. 13; act. 7 S. 3 f. Rz. 13 plus die bereits erwähnte Skizze der befahrenen Route; act. 29 S. 22 ff. Rz. 65 und 73). Ein allfällig minderes Verschulden durch einen für Kontinentaleuropäer durchaus möglichen Einspurfehler, wie ihn die Beklagte anspricht (act. 29 S. 24 Rz. 73), steht also mangels eines dafür erforderlichen Aboder Einbiegens in eine andere Strasse gar nicht zur Diskussion. Weiter ist der Auffassung der Klägerin zuzustimmen, dass sie nicht - wie seitens der Beklagten behauptet (act. 29 S. 24 Rz. 73) - geltend gemacht hatte, die Kollision habe östlich der Kreuzung stattgefunden (act. 37 S. 6 Rz. 10 i.V.m. act. 1 S. 5 Rz. 13 und act. 25, S. 12 f. Rz. 23). Die Beklagte selbst lässt verlautbaren, dass dasselbe Verhalten von E. sel. - das Befahren der falschen Strassenseite - in der Schweiz als grobfahrlässig hätte eingestuft werden müssen (act. 29 S. 28 Rz. 102). Das Fehlverhalten von E. sel. ist entgegen der beklagtischen Behauptung auch für einen Kontinentaleuropäer in

          D. grobfahrlässig (act. 7 S. 11 Rz. 45).

        2. Das beklagtische Argument, wonach die Klägerin die Leistungen an die Geschädigte gestützt auf Art. 37 UVG hätte kürzen müssen, sofern E. sel. tatsächlich fahrunfähig gewesen wäre (bzw. ihm Grobfahrlässigkeit hätte vorgeworfen werden müssen), geht fehl (act. 29 S. 23 Rz. 68). Die in Art. 37 UVG angesprochene Versicherte ist C. und nicht E. sel.; eine Kürzung ist nur angezeigt, wenn C. ein entsprechendes Verhalten vorgeworfen werden müsste, was offenbar nicht der Fall war.

        3. Schliesslich sei noch erwähnt, dass auch die zwischen den Parteien streitige Frage, ob E. sel. während längerer Zeit auf der falschen Strassenseite fuhr (so die Beklagte in act. 29 S. 22 f. Rz. 65), offen bleiben kann. Zwar ist nicht auszuschliessen, dass die Länge der auf der falschen Strassenseite gefahrenen Strecke nach dem Recht D. s für das Verschulden von E. sel. relevant wäre. Weiterungen hierzu können jedoch unterbleiben, weil die Beklagte erkennbar nichts Weiteres daraus ableitet. Sie bezieht sich überdies auf eine angebliche Behauptung der Klägerin, wonach die gefahrene Strecke mit 180m beziffert werde. Eine entsprechende Behauptung wird von der Klägerin bestritten

          (act. 37 S. 6 Rz. 9). Es sind die angeblich gemachten Behauptungen in den klägerischen Rechtsschriften denn auch nirgends zu finden (act. 1 S. 5 Rz. 13; act. 25 S. 12 f. Rz. 23).

      4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass einerseits es an Behauptungen von Seiten der Beklagten betreffend die Existenz von mit Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG vergleichbaren Bestimmungen im Recht D. s fehlt und andererseits Art. 44 Abs. 1 aUVG und Art. 72 Abs. 3 VVG selbst bei der Massgeblichkeit von schweizerischem Recht mangels Vorhandenseins der tatsächlichen Voraussetzungen nicht zur Anwendung kämen.

    2. Verjährung

      1. Unter Art. 144 Abs. 2 IPRG ist auch die seitens der Beklagten eingeworfene Einrede der Verjährung der Regressforderung (vgl. act. 7 9 Rz. 36) zu subsumieren (M. K ELLER, D. GIRSBERGER, a.a.O., Art. 144 IPRG N 17 ff.).

      2. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang insbesondere, dass ein genereller, im Voraus erklärter Verjährungsverzicht nach dem Recht D. s nicht möglich und nicht zulässig sei (act. 29 21 Rz. 60 unter Bezug auf act. 3/26 = Regresskodex für alle Gesellschaften des Schweizerischen Versicherungsverbandes) bzw. dass kein Verjährungsverzicht im Namen der Geschädigten bestehe (act. 7 8 Rz. 32). So sei der auf den Namen der Klägerin betreffend ihre Regressansprüche eingeholte Verjährungsverzicht bis zum 31. Dezember 2007 (mit Datum vom 4. Juni 2002, act. 3/18) aus diesem Grund unbeachtlich (act. 25 10 ff. Rz. 18 f. und 40; act. 7 S. 8 Rz. 32).

      3. Die Klägerin führt aus, dass die Beklagte dem UVG-Regressabkommen vom 1. Januar 1992 beigetreten sei und damit ohne weitere Erklärung während zehn Jahren auf die Verjährungseinrede verzichtet habe, falls der Regressanspruch innert zweier Jahre ab Unfalldatum schriftlich angemeldet werde. Die Anmeldung sei am 23. Februar 1993 erfolgt (act. 1 S. 19 Rz.52). Der zum Privatver-

        sicherungsrecht zählende nicht obligatorische Bereich werde von einem Regresskodex erfasst, dem sich sowohl sie als auch die Beklagte angeschlossen hätten. Dieser enthalte ebenfalls einen Verjährungsverzicht (act. 1 S. 20 Rz. 53). Mit Schreiben vom 4. Juni 2002 habe die Beklagte ihr gegenüber weitere fünf Jahre,

        d.h. bis 31. Dezember 2007, auf die Verjährungseinrede verzichtet (act. 1 S. 20 Rz. 54). Diese Verjährungsverzichte seien nach dem Recht D. s zulässig. Sie macht weiter geltend, ein vertraglicher Verjährungsverzicht sei für ein Gericht D. s nicht per se verbindlich. Erhebe die beklagte Partei die Verjährungseinrede, so könne sich die klagende Partei auf [Bestimmung des Recht D. s] berufen, welche dem Gericht erlaube, die Verjährung im konkreten Fall nach eigenem Ermessen nicht zu berücksichtigen, falls dies der Billigkeit entspreche. Massgebend seien drei Gesichtspunkte: Das Verhalten des Klägers, die Beeinträchtigung für die klagende Partei bei Anwendung der Verjährung sowie die Beeinträchtigung für die beklagte Partei bei Nichtanwendung der Verjährung (vgl. act. 25 S. 10 Rz. 17 ff.).

      4. Gemäss dem Rechtsgutachten des ISDC vom 9./11. November 2010 ist ein genereller, im Voraus erklärter Verjährungsverzicht (zwischen Unfallversicherungen des Geschädigten und Haftpflichtversicherung des Schädigers, bezogen auf künftige Regressansprüche) nach dem Recht D. s sowohl möglich, als auch zulässig (act. 89 S. 39; act. 90 S. 36). Aus dem Rechtsgutachten ergeben sich keinerlei Hinweise, dass ein solcher Verjährungsverzicht im Namen des Geschädigten (und nicht seiner Unfallversicherungsgesellschaft) eingeholt werden müsste, um gültig zu sein. Entscheidend scheint vielmehr zu sein, dass die Aussagen oder Verhaltensweisen der verzichtenden Person klar auf einen freiwilligen Rücktritt von den Rechten hindeuten und die Gegenpartei sich darauf verlassen -

        z.B. mit der Einleitung eines Prozesses zugewartet - hat (act. 89 S. 33 ff.; act. 90

        S. 30 f.). Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt; insbesondere sind die mit Beitritt zum UVG-Regressabkommen vom 1. Januar 1992 (act. 3/25) / zum Regresskodex vom 13. Mai 1998 (mit Verweis auf Art. 4.1 des Teilungsabkommens vom 1. Januar 1985, act. 3/26) bzw. mit Schreiben vom 4. Juni 2002 erklärten Verjährungsverzichte hinreichend klar (und wurden von der Beklagten denn auch nicht bestritten).

      5. Damit war - aufgrund der genannten Verzichtserklärungen der Beklagten

  • die Verjährung zum Zeitpunkt der Klageanhebung am 2. Juni 2004 noch nicht eingetreten; auch nach dem Recht D. s wird mit der Einleitung eines Gerichtsprozesses der Verlust der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen verhindert (vgl. act. 89 S. 34; act. 90 S. 31).

    1. Begrenzung des right of recourse auf 5 Jahre

      1. Die Beklagte macht geltend, wenn das Gericht zur Auffassung gelangen sollte, dass die Verjährung der Regressforderung noch nicht eingetreten sei, dann sei der Regress in zeitlicher Hinsicht auf höchstens fünf Jahre zu begrenzen. Es sei das right of recourse auf eine 5 Jahre dauernde und nicht unterbrechbare Frist beschränkt. Aus der Tatsache, dass sich der Unfall bereits am 2. August 1992 ereignet habe, folge, dass das Ende der Regressperiode auf den 2. August 1997 gefallen sei. Soweit die Klägerin ab diesem Datum Zahlungen erbracht habe, sei ihr deshalb nach dem Sozialversicherungsrecht D. s ein Regress auf die Beklagte versagt. Deshalb seien die Forderungen der Klägerin, welche Leistungen aus dem UVG-Obligatorium beträfen, nicht zuzulassen (act. 7 S. 9 Rz. 37; act. 29 S. 9 ff. Rz. 33 ff., 45, 88 und 97). Sachlich nicht vom right of recourse in der entsprechenden Zeitperiode umfasst seien ausserdem die Heilungskosten, sei doch dem National Health Service ein diesbezügliches right of recourse erst seit 1999 - und damit nach der massgebenden Zeitperiode - zugestanden worden. Soweit die Klägerin also Heilungskosten geltend mache, seien ihre unter diesem Titel verlangten Zahlungen unbegründet bzw. nicht regressierbar (act. 29

        1. 15 Rz. 46). Gleiches gelte für die seitens der Klägerin verlangte Integritätsentschädigung, da diese - ungeachtet der Tatsache, dass das Sozialversicherungsrecht D. s keine entsprechende Leistung kenne - erst nach Ablauf der fünfjährigen Periode am 26. Mai 2000 ausbezahlt worden sei (act. 29 S. 15 Rz. 47).

      2. Die Klägerin trägt dazu vor, dass sich die beschriebene Regelung auf die speziellen Regressansprüche des Staates und nicht auf jene eines Unfallversicherers beziehe. Eine Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist auf ihren Regressanspruch sei daher zu verneinen. Selbst wenn die fünfjährige Verjährungs-

        frist anwendbar wäre, sei hier der Verjährungsverzicht der Beklagten ebenfalls massgebend (act. 25 S. 19 Rz. 42).

      3. Wie das Rechtsgutachten des ISDC vom 9./11. November 2010 offenbart, fehlt es im an einem eigentlichen Sozialversicherungssystem und das Gefüge der Sozialfürsorge ( social welfare structure), welches arbeitsunfähig gewordene Unfallopfer auffängt, steht in diametralem Gegensatz zu den kontinentaleuropäi- schen Sozialversicherungssystemen (social insurance). Der Staat betätigt sich nicht als Versicherer im Sinne des Privatrechts und keine der in diesem Zusammenhang erfolgten Leistungen wird als Versicherungszahlung im Sinne des Versicherungsrechts behandelt. Aus diesem Grund unterscheidet das Versicherungsrecht auch nicht zwischen Privatversicherungsleistungen und Sozialversicherungsleistungen. Den Versicherungsgesellschaften steht es frei, Ereignisse zu versichern, bei deren Eintreten der Versicherte auch Sozialversicherungsleistungen beziehen könnte. Dennoch werden solche Vereinbarungen nicht als Teil des Sozialversicherungsnetzes gesehen und so gibt es auch keine gesetzlichen Einschränkungen oder Minimalanforderungen bezüglich der angebotenen Versicherungsleistungen. Versicherungsgesellschaften fallen unter die Regulierung der Anbieter von Finanzdienstleistungen, wie etwa Banken oder (Handels-

        )Garantiegesellschaften, und sind nicht Säulen der Einkommenssicherungsstruktur (act. 89 S. 26; act. 90 S. 24).

      4. Auf die social welfare structure bezieht sich auch die Beklagte, wenn sie in ihrer Klageantwort feststellt, dass nach dem Recht D. s [ ] der Staat bis Ende 1988 kein Regressrecht [hatte] und erst mit der Einführung einer Gesetzesnovelle [ ] ein auf 5 Jahre (nach Beginn der Leistungspflicht) zeitlich befristetes right of recourse eingeführt [wurde] (act. 7 S. 9 Rz. 37). Dass diese Regelung auch unter privaten Versicherungsgesellschaften gelten würde - was von der Klägerin ausdrücklich in Abrede gestellt wird -, wurde von der Beklagten nicht behauptet. Auch im Rechtsgutachten des ISDC wird eine derartige Beschränkung des Rückgriffsrechts privater Versicherer nicht erwähnt, weshalb - vorliegendenfalls - das Regressrecht der Klägerin nicht auf die zwischen 2. August 1992 und

        2. August 1997 erbrachten Leistungen beschränkt ist.

        Hinsichtlich des sachlichen Umfangs kann auf obige Erwägungen verwiesen werden; sämtliche Heilungskosten werden vom Regress erfasst (vgl. act. 89 S. 40; act. 90 S. 36).

    2. Haftungsquote

      1. Die Beklagte macht geltend, weil die Geschädigte E. sel. weder auf das Fahren auf der falschen Strassenseite aufmerksam gemacht habe, noch Vorbehalte gegen dessen Fahrfähigkeit erhoben habe, stelle sich die Frage der Höhe der Haftungsquote. Sollte sich herausstellen, dass der Unfall auf Übermüdung des Lenkers zurückzuführen sei, treffe die Geschädigte ein erhebliches Mitverschulden. Es wäre eine Haftungsreduktion von 40% angezeigt (act. 7 S. 12

        Rz. 49).

      2. Die Klägerin bringt vor, selbst wenn die Geschädigte das Fahrverhalten vor dem Unfall noch bemerkt hätte, wäre dies nicht als grobes Selbstverschulden zu werten, nachdem sie als Soziusfahrerin im Gegensatz zu E. sel. nicht verpflichtet gewesen sei, auf das Fahrverhalten des Motorradlenkers und das Einhalten der Verkehrsvorschriften zu achten. Auch nach dem Recht D. s sei es dessen Pflicht gewesen, sich mit den Verkehrsverhältnissen im Land vertraut zu machen und sich auf deren Einhaltung zu konzentrieren. Umgekehrt habe die Geschädigte davon ausgehen dürfen, dass E. sel. in der Lage gewesen sei, die in D. geltenden Verkehrsvorschriften einzuhalten (act. 25 S. 24

        Rz. 60).

      3. Auch das Recht D. s kennt - wie das schweizerische - eine Haftungsreduktion bei Mitverschulden. Subsection 1(1) des [Recht D. s] hält fest, dass, [...] der rückforderbare Schaden in dem Mass reduziert werden soll, wie es das Gericht entsprechend der Höhe des Mitverschuldens des Klägers als gerecht und angemessen erachtet [...] ([...] the damages recoverable [...] shall be reduced to such extent as the court thinks just and equitable having regard to the claimant's share in the responsibility for the damage [...]), wenn ein Kläger den Schaden zum Teil wegen des Fehlers des Beklagten und zum Teil wegen seines eigenen Fehlers erlitten hat. Beruft sich ein Beklagter auf diese Bestimmung, muss er - gemäss Interpretation der Gerichte D. s - erstens beweisen, dass das Tun oder Unterlassen des Klägers eine der Schadensursachen war, und zweitens, dass das Verhalten des Klägers nicht der Sorgfaltspflicht entsprach, welche von ihm erwartet werden konnte, und somit als fahrlässig zu qualifizieren ist (act. 89 S. 35 f.; act. 90 S. 32 f.).

      4. Vorliegend ist unumstritten, dass E. sel. und die Geschädigte am Vorabend des Unfalltages vom Zeltplatz, wo sie campierten, zu Fuss zu einem ca. 5 km entfernten Volksfest gingen. Dort blieben sie bis lange nach Mitternacht und trafen erst gegen drei Uhr morgens mit einem Taxi beim Campingplatz ein. Am Unfalltag standen sie um ca. 7 Uhr auf, packten ihre Sachen zusammen, frühstückten in einem nahegelegenen Restaurant und begaben sich mit ihrem Motorrad auf die Weiterfahrt. An besagtem Volksfest konsumierte E. sel. Bier (act. 1 S. 5 Rz. 12). Indessen: Diese Umstände für sich - ohne eine Mengenangabe bezüglich des Bierkonsums - lassen nicht auf eine um 14 Uhr nachmittags (Unfallzeitpunkt) bestehende Fahrunfähigkeit von E. sel. schliessen, welche die Geschädigte hätte erkennen und von einer Weiterfahrt als Soziusfahrerin abhalten müssen.

Ebenso wenig lässt sich aus dem Fahren auf der falschen (rechten) Strassenseite ein Mitverschulden der Geschädigten ableiten, da nicht bekannt ist, welche Strecke vor der Kollision mit dem korrekt entgegenkommenden Fahrzeug auf der falschen Fahrbahn - und wo genau (am linken Rand, in der Mitte, am rechten Rand der Fahrbahn) - zurückgelegt wurde. Ein Mitverschulden käme nämlich überhaupt nur dann in Frage, wenn E. sel. vor der Kollision mit dem korrekt entgegenkommenden Personenwagen bereits eine gewisse Zeit auf der falschen Strassenseite gefahren wäre, so dass die Geschädigte sein Fehlverhalten hätte erkennen können / müssen, und er nicht z.B. erst aufgrund der (langgezogenen) Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn geraten wäre. Ein länger andauerndes Fehlverhalten von E. sel. wurde von der Beklagten gerade nicht behauptet

(act. 7 S. 11 Rz. 44; vgl. auch Ziff. 4.10.3.3 oben).

Somit ist der Geschädigten kein Selbstverschulden vorzuwerfen und - dementsprechend - die Haftung der Beklagten nicht zu reduzieren.

    1. Verzugszinsen

      Zins und Zinsenlauf sind unbestritten, weshalb der Verzugszins wie von der Klä- gerin eingeklagt - ab dem Zeitpunkt der Mahnungen (act. 3/14-15) - zuzusprechen ist.

    2. Fazit

Aufgrund obiger Erwägungen sind die (Regress-)Ansprüche der Klägerin - ausgenommen der auf die Integritätsentschädigung (CHF 68'040.00) gerichtete - ausgewiesen, weshalb die Beklagte zu verpflichten ist, der Klägerin

CHF 1'617'720.20 zuzüglich 5% Zins auf CHF 150'000.00 seit 1. April 1993, 5%

Zins auf CHF 100'000.00 seit 28. Dezember 1994 und 5% Zins auf

CHF 1'367'720.20 seit Klageeinleitung (1. Juni 2004; Datum Poststempel) zu bezahlen. Des Weiteren ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die ab 1. Juni 2004 bis zum Urteilszeitpunkt (25. Oktober 2011) an Frau C. ausbezahlten monatlichen IV-Komplementärrenten von CHF 6'000.00, d.h. CHF 534'000 (89 Monate x CHF 6'000.00) zu ersetzen.

  1. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Der Streitwert richtet sich nach §§ 18 ff. ZPO/ZH und beträgt CHF 2'151'720.20 (CHF 1'617'720.20 + CHF 534'000.00).

    2. Die nach der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom

      4. April 2007 (GebV) zu bemessende Gerichtsgebühr ist auf CHF 63'000.00 (3/2 der ordentlichen Gerichtsgebühr) festzusetzen. Die Anwendbarkeit des Rechts

      D. s - und die dadurch bedingte Einholung eines Rechtsgutachtens - hatten für das Gericht einen erheblichen Mehraufwand zur Folge.

    3. Betreffend die Kosten des Rechtsgutachtens des ISDC von CHF 39'816.00 wurde den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt (vgl. Verfü- gung vom 10. Januar 2011, Prot. S. 16), welche beide Parteien wahrnahmen. Dabei stellte es die Klägerin ins Ermessen des Gerichts, ob der in Rechnung gestellte Betrag vertretbar sei (act. 96 S. 2); die Beklagte konnte / wollte die Angemessenheit der Rechnung mangels Detaillierung nicht beurteilen (act. 97). Auch mangels gegenteiliger Parteibehauptungen und Anhaltspunkte erscheint die Rechnung als angemessen.

    4. Gemäss § 64 Abs. 2 ZPO/ZH werden die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt bzw. bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen verhältnismässig verteilt.

      Vorliegendenfalls obsiegt die Klägerin grösstenteils; nur im Betrag von

      CHF 68'040.00 (Integritätsentschädigung) dringt sie mit ihrer Klage nicht durch. Gemessen am Streitwert handelt es sich dabei um einen zu vernachlässigenden Teil, welcher eine Verteilung der Gerichtskosten auf beide Parteien nicht rechtfertigt; vielmehr sind sie vollumfänglich der Beklagten aufzuerlegen.

    5. Gemäss § 68 Abs. 1 ZPO/ZH hat jede Partei in der Regel die Gegenpartei im gleichen Verhältnis für aussergerichtliche Kosten und Umtriebe, einschliesslich Weisungskosten, zu entschädigen, wie ihr Kosten auferlegt werden; festgesetzt wird die Prozessentschädigung nach Ermessen (§ 69 Satz 1 ZPO).

Demgemäss ist die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Prozessentschädigung zu bezahlen, welche in Anwendung von § 3 Abs. 1 und § 6 der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 (AnwGebV) auf CHF 64'000.00 (3/2 der ordentlichen Prozessentschädigung) festzusetzen ist. Die Parteien mussten vor und nach Einholung des Rechtsgutachtens des ISDC weitere Rechtsschriften produzieren (vgl. act. 55; act. 62; act. 103; act. 104).

Das Gericht erkennt:

  1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 1'617'720.20 zuzüglich 5% Zins auf CHF 150'000.00 seit 1. April 1993, 5% Zins auf CHF 100'000.00 seit

    28. Dezember 1994 und 5% Zins auf CHF 1'367'720.20 seit 1. Juni 2004 zu bezahlen.

  2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 534'000.00 zu bezahlen.

  3. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf

    CHF 63'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: CHF 39'816.00 Gutachten/Rechtsvergleich.

  4. Die Kosten werden der Beklagten auferlegt.

  5. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Prozessentschädigung von CHF 64'000.00 zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsbestätigung.

  7. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von dessen Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, nach Massgabe von Art. 72 ff. sowie Art. 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde, allenfalls nach Massgabe von Art. 113 ff. BGG subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Zürich, 25. Oktober 2011

Handelsgericht des Kantons Zürich

Der Vizepräsident:

Oberrichter lic. iur. Peter Helm

Der Gerichtsschreiber:

lic.iur. Jeremias Widmer

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