Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HE210082 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 29.06.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesellschaft ohne Geschäftstätigkeit und ohne Aktiven |
Schlagwörter : | Gesuchsteller; Gesuchsgegnerin; Gesellschaft; Gericht; Handelsregisteramt; Aktiven; Interesse; Zürich; Verfügung; Aufrechterhaltung; Verfahren; Verwertbare; Gesellschafter; Gerichtlich; Verwertbaren; Beschwerde; Geschäftstätigkeit; Rechts; Geltend; Entscheide; Gläubiger; Handelsgericht; Kosten; Dieser; Sendung; Kantons; Rechtliche; Gemäss |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 147 ZPO ; Art. 219 ZPO ; Art. 938a OR ; |
Referenz BGE: | 138 III 483; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Handelsgericht des Kantons Zürich
Einzelgericht
Geschäfts-Nr.: HE210082-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichter Dr. Stephan Mazan sowie der Gerichtsschreiber Jan Busslinger
in Sachen
A. ,
Handelsregisteramt des Kantons Zürich,
Gesuchsteller
gegen
B. AG,
Gesuchsgegnerin
betreffend Gesellschaft ohne Geschäftstätigkeit und ohne Aktiven
(act. 1)
Es sei gerichtlich über die Aufrechterhaltung der Eintragung der Ge- suchsgegnerin zu entscheiden.
Sachverhaltsüberblick
Am 16. November 2020 meldete das Steueramt der Stadt Zürich dem Han- delsregisteramt, dass aus dem Steuerbezugsverfahren gegen die Gesuchsgegne- rin ein Verlustschein resultiert habe (act. 2/3).
Am 19. November 2020 schrieb das Handelsregisteramt die Gesuchsgegne- rin an und verwies dabei auf Art. 938a Abs. 1 aOR und Art. 155 Abs. 1 aHRegV (act. 2/5). Gemäss diesen Bestimmungen kann eine Gesellschaft, welche keine Geschäftstätigkeit aufweist und über keine verwertbare Aktiven verfügt, von Am- tes gelöscht werden.
Nachdem sich die Gesuchsgegnerin zu diesem Schreiben nicht äusserte, ordnete das Amt gestützt auf Art. 155 Abs. 2 aHRegV einen dreimaligen Rech- nungsruf an. In der Publikation wurde festgehalten, sofern Gläubiger oder Gesell- schafter ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesellschaft geltend machen würden, werde die Angelegenheit gemäss Art. 938a Abs. 2 aOR dem Gericht überwiesen. In der Publikation wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach erfolgter Geltendmachung eines Interesses den Gläubigern oder Gesellschaftern im gerichtlichen Verfahren Parteistellung zukommen werde und dass das gericht- liche Verfahren mit Kosten zu ihren Lasten verbunden sein könne (act. 2/6).
Mit Schreiben vom 1. April 2021 machte der Alleinaktionär der Gesuchsgeg- nerin, A. , ein Interesse geltend (act. 2/2).
Mit Eingabe vom 17. Mai 2021 überwies das Handelsregisteramt die Ange- legenheit in Anwendung von Art. 938a Abs. 2 aOR dem Handelsgericht, damit
dieses über die Aufrecherhaltung der Eintragung der Gesuchsgegnerin entschei- de (act. 1).
Prozessuales
Mit Verfügung vom 19. Mai 2021 wurde A. als Gesuchsteller 1 und das Handelsregisteramt als Gesuchsteller 2 im Rubrum aufgeführt. Ferner wurde dem Gesuchsteller 1 in dieser Verfügung Frist angesetzt um klarzustellen, worin sein persönliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Eintrages der Gesuchs- gegnerin liege. Insbesondere wurde er aufgefordert, innert Frist darzutun, dass die Gesuchsgegnerin geschäftlich aktiv sei und/oder über Aktiven verfüge (act. 3, insbes. Dispositiv-Ziffer 2).
Diese Verfügung konnte dem Gesuchsteller 1 nicht zugestellt werden. Viel- mehr wurde die Sendung mit dem Vermerk nicht abgeholt zurückgeschickt (act. 4/1). Allerdings wurde die an die Gesuchsgegnerin gerichtete Sendung vom Gesuchsteller 1 entgegen genommen (act. 4/3). Es ist daher davon auszugehen,
dass der Gesuchsteller 1 von der Verfügung vom 19. Mai 2021 Kenntnis erlangte. Obwohl die an den Gesuchsteller 1 adressierte Sendung mit dem Vermerk nicht abgeholt ans Gericht zurückgesandt wurde, ist von einer rechtswirksamen Zu- stellung auszugehen.
Die mit Verfügung vom 19. Mai 2021 angesetzte Frist verstrich, ohne dass sich der Gesuchsteller 1 vernehmen liess. Er ist daher säumig. Das Verfahren ist ohne die versäumte Handlung fortzusetzen und abzuschliessen, worauf der Ge- suchsteller 1 hingewiesen wurde (Art. 147 ZPO, act. 3 S. 3 Dispositiv-Ziffer 2). Insbesondere erübrigt es sich angesichts der summarischen Natur des Verfah- rens, dem säumigen Gesuchsteller 1 nach Art. 223 i.V.m. Art. 219 ZPO eine kurze Nachfrist anzusetzen (BGE 138 III 483 E. 3.2.4 [betreffend Rechtsöffnungsverfah- ren]).
Materielles
Anwendbares Recht
Am 1. Januar 2021 ist die Änderung des Handelsregisterrechts vom 17. März 2017 in Kraft getreten. Gemäss Art. 1 der ÜBest zu dieser Gesetzesnovelle sind die Art. 1-4 SchlT ZGB für die Bestimmung des anwendbaren Rechts massge- bend. Der einschlägige Art. 1 Abs. 1 SchlT ZGB sieht vor, dass die rechtliche Wir- kung von Tatsachen, die sich vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes ereignet haben, nach früherem Recht zu beurteilen ist. Als Tatsache im Sinn dieser Bestimmung ist die erwähnte Meldung des Steueramtes der Stadt Zürich vom
16. November 2020 ans Handelsregisteramt zu sehen (vgl. oben, E. 1.1.). Im vor- liegenden Fall ist damit das frühere, bis am 31. Dezember 2020 geltende Recht anwendbar.
Gerichtliche Beurteilung
Gemäss Art. 938a aOR kann der Handelsregisterführer eine Gesellschaft nach dreimaligem ergebnislosem Rechnungsruf löschen, wenn diese keine Geschäfts- tätigkeit mehr aufweist und wenn sie keine verwertbaren Aktiven mehr hat
(Abs. 1). Wenn ein Gesellschafter oder Gläubiger ein Interesse an der Aufrecht- erhaltung der Eintragung geltend macht, entscheidet das Gericht (Abs. 2). Im vor- liegenden Fall hat zwar ein Gesellschafter (der Gesuchsteller 1) ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesellschaft geäussert, weshalb das Gericht zu ent- scheiden hat. In der Folge hat der Gesuchsteller 1 jedoch trotz Aufforderung sei- tens des Gerichtes keine Angaben zur Geschäftstätigkeit und zu den verwertba- ren Aktiven der Gesellschaft gemacht. Es gibt daher keine Anhaltspunkte für eine Geschäftstätgkeit oder für das Vorliegen von verwertbaren Aktiven der Gesuchs- gegnerin. Im Gegenteil ist dem von Amtes wegen eingeholten Auszug aus dem Betreibungsregister zu entnehmen, dass mehrere Verlustscheine (für öffentlich- rechtliche Forderungen) ausgestellt werden mussten und dass mehrfach Konkur- sandrohungen ergingen (act. 5). Dies lässt darauf schliessen, dass die Gesuchs- gegnerin keine verwertbaren Aktiven hat. Die Gesuchsgegnerin kann daher nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. im Fall eines erfolglosen Weiter- zugs gelöscht werden.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Gesuchsteller 1 kostenpflichtig (Art. 106 ZPO). Entschädigungen sind keine zuzusprechen. Die gerichtliche Streitwertschätzung (CHF 30'000 übersteigend, act. 3 S. 3) blieb unbestritten.
Das Handelsregisteramt wird angewiesen, die Gesuchsgegnerin nach unbe- nutztem Ablauf der Beschwerdefrist bzw. im Falle eines erfolglosen Weiter- zuges zu löschen.
Die Gerichtsgebühr von CHF 2'200 wird dem Gesuchsteller 1 auferlegt und aus dem geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Entschädigungen werden keine zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streit- wert beträgt über CHF 30'000.
Zürich, 29. Juni 2021
Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht
Der Gerichtsschreiber:
Jan Busslinger
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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