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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE140256
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE140256 vom 17.12.2014 (ZH)
Datum:17.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Markt; Service; Beklagten; Recht; Marke; Relevante; System; Vertrag; Importeur; Entscheid; Zeuge; Relevanten; Systemmarkt; Parteien; Wettbewerbs; Massnahme; Gericht; Schweiz; Servicepartner; Geschäft; Vertrieb; Vertrag; Marken; Hende; Hersteller; Hinweis; Unternehmen; Marktbeherrschung
Rechtsnorm: Art. 13 KG ; Art. 15 KG ; Art. 292 StGB ; Art. 4 KG ; Art. 5 KG ; Art. 6 KG ; Art. 7 KG ;
Referenz BGE:129 II 18; 131 III 473; 139 I 72;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE140256-O U/mb

Mitwirkend: Oberrichter Dr. Johann Zürcher sowie der Gerichtsschreiber Dr. David Egger

Urteil vom 17. Dezember 2014

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. und durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y1. , Rechtsanwältin Dr. iur. Y2. und durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y3.

    betreffend vorsorgliche Massnahmen

    Rechtsbegehren:

    (act. 1)

    1. Es sei der Gesuchsgegnerin unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Haft oder Busse nach Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung vorsorglich zu befehlen,

      1. den Servicevertrag mit der Gesuchstellerin vom 1. Januar 2005 auch nach dem 31. Juli 2014 vollumfänglich zu erfüllen; insbesondere

      2. der Gesuchstellerin auch nach dem 31. Juli 2014 Zugang zum IT - System des Werkstattnetzes und zu der für Serviceund Wartungsarbeiten notwendigen Software und technischen Informationen zu gewähren;

      3. der Gesuchstellerin auch nach dem 31. Juli 2014 die Verwendung der 'C. ' - Markenrechte (insbesondere der Marken CH-Nr. 1 und 2 zu gestatten; und

      4. die Gesuchstellerin auch nach dem 31. Juli 2014 zum Netz zugelassener Werkstätten der Marke 'C. ' zuzulassen.

    1. Es sei der Gesuchsgegnerin unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Haft oder Busse nach Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu untersagen,

      1. die Kunden der Gesuchstellerin wörtlich oder sinngemäss über die rechtswidrige Auflösung der Geschäftsbeziehung zu informieren; und

      2. Dritte oder die Öffentlichkeit wörtlich oder sinngemäss über die rechtswidrige Auflösung der Geschäftsbeziehung zu informieren.

    2. Die Befehle gemäss Ziff. 1 und 2 vorstehend seien sofort und ohne Anhö- rung der Gesuchsgegnerin (superprovisorisch) anzuordnen.

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen einschliesslich Mehrwertsteuer zu Lasten der Gesuchsgegnerin.

    (act. 18)

    1. Es sei der Beklagten unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Haft oder Busse nach Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung vorsorglich zu befehlen,

    1.1 den Servicevertrag mit der Klägerin vom 1. Januar 2005 vollumfänglich zu erfüllen;

    1.1a eventualiter mit der Klägerin einen mit dem Servicevertrag vom 1. Januar 2005 inhaltlich gleich lautenden Servicevertrag für die Dauer des Verfahrens abzuschliessen; insbesondere

    1.2. [in der Folge gleichbleibende Anträge].

    Der Einz elrichter z ieht in Erwägung:
    1. Prozessgeschichte

      28.07.2014: Eingang des Massnahmebegehrens (act. 1, act. 4; Beilagen act. 3/2 - 29; act. 5/1,2).

      29.07.2014: Erste Verfügung (act. 6): Abweisung Dringlichkeitsbegehren und Fristansetzungen.

      28.08.2014: Antwort zum Massnahmebegehren (act. 12; Beilagen act. 13/1 - 23). 29.08.2014: Zweite Verfügung (act. 14): Fristansetzung.

      02.09.2014: Eingabe Klägerin (act. 16; Beilage act. 17).

      16.09.2014: Stellungnahme Klägerin (act. 18: Beilagen act. 19/30 - 32). 17.09.2014: Dritte Verfügung (act. 20): Fristansetzung.

      10.10.2014: Eingabe Klägerin (act. 23/1; Beilage act. 23/2). 13.10.2014: Eingabe Klägerin (act. 24; Beilagen act. 25/1,2). 20.10.2014: Stellungnahme Beklagte (act. 26; Beilage act. 28/1). 22.10.2014: Vierte Verfügung (act. 29): Fristansetzung.

      12.11.2014: Stellungnahme Klägerin (act. 31).

      12.11.2014: Stellungnahme Beklagte (act. 32).

    2. Übersicht

      1. Die Klägerin (= Gesuchstellerin) hat ihren Sitz in D.

        und als Zweck im

        Wesentlichen den Betrieb einer Autogarage (HR - Auszug act. 3/4). Zweck der Beklagten (= Gesuchsgegnerin) ist ganz allgemein der Handel mit Motorfahrzeugen usw. (HR - Auszug act. 3/3). Wie ihre Firmierung zum Ausdruck bringt, ist sie

        spezialisiert auf die Marken E.

        und C. . Ihr Sitz liegt in F. . Die

        Beklagte bzw. die Gruppe, der sie angehört, nimmt gemäss Selbsteinschätzung (Website der Gruppe) und Notorietät eine führende Rolle in der Schweizer Automobilbranche ein.

      2. Mit Wirkung ab 1. Januar 2005 bestand zwischen den Parteien ein sogenannter Servicevertrag (act. 3/2). In dessen Präambel wird der allgemeine Vertragshintergrund und -gegenstand zusammengefasst (die Klägerin wird darin als Servicepartner bezeichnet, die Beklagte als Importeur):

        Unter Berück sichtigung, dass der Importeur für den Reparateurund Kundendienst, einschliesslich des Verk aufs von Ersatzteilen für Motorfahrzeuge der Mark e C. ein selek tives Werkstattnetz einrichtet und demgemäss autorisierte Werk stätten in der Schweiz ernennt, die bestimmte C. -Grundstandards, wie sie im Anhang 1 zu diesem Servicevertrag festgehalten sind, erfüllen,

        unter Berück sichtigung, dass der Importeur beabsichtigt, den Servicepartner als autorisiert Werkstaat zu ernennen, und der Servicepartner beabsichtigt, die Ernennung für die Vermark tung und

        den Verk auf von Zubehör und Ersatzteilen der Mark e C.

        (nachstehend Vertragswaren ge-

        nannt) hierfür sowie von Reparatur- und Kundendienstleistungen für Fahrzeuge der Mark e C. (nachstehend Vertragsfahrzeuge genannt) anzunehmen,

        treffen die Parteien die nachfolgenden Vereinbarung:

      3. Im Juli 2012 wurde der Vertrag seitens der Beklagten ordentlich gekündigt (act. 3/6). Infolgedessen lief er Ende Juli 2014 aus.

      4. Die Parteien streiten darüber, inwiefern und inwieweit die Beklagte verpflichtet ist, aus kartellrechtlichen Gründen auch nach Juli 2014 geschäftliche Beziehungen zur Klägerin einzugehen bzw. diese fortzusetzen.

      5. Der Streit hat einen kartellrechtlichen Hintergrund von grundsätzlicher Bedeutung. Nach höchstrichterlicher Vorgabe sind Rechtsfragen im Massnahmeverfahren nur summarisch zu prüfen (BGE 131 III 473 = Pra 95 Nr. 32, E. 2.3). Diese Auffassung wird von einem Teil der Lehre kritisiert; die Rechtsprüfung müsse möglichst umfassend sein (BSK ZPO - Sprecher, Art. 261 N 57, N 80 ff., mit diversen Hinweisen). Praktische Auswirkungen der beiden Standpunkte zeigen sich selten. Im Bereich des Kartellrechts wird die Problemstellung allerdings noch akzentuiert durch die Verzahnung von Rechtsund (mit dem Beweismass des Glaubhaftmachens behafteten) Tatfragen, insbesondere bei der Ermittlung des relevanten Marktes und allenfalls bei der Prüfung der Erheblichkeit. Sodann ist in einem Hauptsacheverfahren über die Zulässigkeit einer Wettbewerbsbeschrän- kung ein Gutachten der WEKO einzuholen (Art. 15 Abs. 1 KG), was nach geltender Lehre und Praxis für das Massnahmeverfahren grundsätzlich nicht gilt (BSK KG - Jacobs/Giger, Art. 15 N 9). Insofern ist die Basis für die Entscheidfindung schmaler. Die Parteien haben korrekterweise keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Das Massnahmegericht hat schliesslich die drohenden Nachteile der Parteien - im Falle der Anordnung wie der Nichtanordnung von Massnahmen - vor der Entscheidfällung zu prüfen und beim Entscheid zu berücksichtigen (BGE 131 III 473 = Pra 95 Nr. 32, E. 2.3). Insofern sind die konkreten Verhältnisse von besonderer Bedeutung. Das erkennende Gericht geht davon aus, dass eine vorsorgliche Massnahme jedenfalls nur dann ausgesprochen werden darf, wenn in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mehr für als gegen ihre Begründetheit spricht.

      6. Die Klägerin sieht sich als Betroffene einer kartellrechtswidrigen Werkstattnetzplanung (Art. 5 KG). Auch sei der Abbruch bzw. die Verweigerung der Geschäftsbeziehung seitens der Beklagten missbräuchlich (Art. 7 KG). Unabhängig von den Anspruchsgrundlagen ist zunächst der relevante Markt zu ermitteln. Bei der nachfolgenden Zusammenfassung der Parteidarstellungen sind in erster Linie diejenigen der ordentlichen Rechtsschriften (act. 1, act. 12) erfasst. Auf die späteren Darlegungen, welche ohne zureichenden Anlass keine Noven enthalten dür- fen, wird - soweit erforderlich - bei der Würdigung eingegangen (Erwägungen sub Ziff. 7). Die wenigen Hinweise des Gerichtes sub Erwägungen Ziff. 3 - 6 nachfolgend dienen vor allem der Verständlichmachung.

    3. Zum relevanten Markt

      1. Nach üblicher Definition (statt vieler: Ducrey, in: von Büren/Marbach/Ducrey, Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht, 3. Aufl., N 1335) umfasst der sachlich relevante Markt alle Waren oder Dienstleistungen, die von der Marktgegenseite hinsichtlich ihrer Eigenschaften (z.B. Qualität, Preis) oder ihres vorgesehenen Verwendungszweckes als substituierbar angesehen werden (so auch die WEKO

        {Schweizerische Wettbewerbskommission} z.B. in ihrer nicht rechtskräftigen Verfügung vom 7. Mai 2012 in der Untersuchung 22-0408, RPW 2012/3, S. 540 ff., BMW; vgl. auch BGE 139 I 72 E 9.2.3.1, Publigroupe). Im Entscheid BMW, der allerdings den Autohandel betraf, wurden markenübergreifend Märkte für verschiedene Segmente angenommen (vom Microwagen bis zur Luxusklasse; a.a.O. Rz 184).

      2. Die Klägerin vertritt den Standpunkt, für eine C. - Vertragswerkstatt sei die Beklagte als exklusive Generalimporteurin selbiger Fahrzeuge (und Berechtigte für die Vornahme von Garantiearbeiten) im Bereich After - Sales die einzige in Frage kommende Anbieterin von Waren (Ersatzteilen) und Dienstleistungen (Bereitstellung von Geräten und technischen Informationen zur Wartung und Instandsetzung der Fahrzeuge). Die Produkte und Dienstleistungen der Anbieter anderer Automarken könnten nicht verwendet werden, mithin fehle die Substituierbarkeit. Folglich lasse sich der sachlich relevante Markt definieren als After - Sales Markt für Instandsetzungs-, Wartungsund Garantiedienstleistungen sowie den Vertrieb von Ersatzteilen betreffend die Fahrzeuge der Marke C. (act. 1 Rz 39).

      3. Die Beklagte sieht den sogenannten Systemmarkt für Personenkraftwagen als relevanten Markt (act. 12 Rzn 56 ff.). Sollte eventualiter ein eigenständiger After - Sales Markt angenommen werden, sei dieser markenübergreifend (act. 12 Rzn 57 ff.).

        1. Ein Systemmarkt, bestehend aus dem Anbieten und dem Verkauf von (neuen) Fahrzeugen (Primärbereich) und dem Garantie-, Serviceund Ersatzteilgeschäft (Sekundärbereich), liegt nach Ansicht der Beklagten deshalb vor, weil beim Kaufentscheid der Kunden auch die Wartungskosten eine wichtige Rolle spielten, was für den Sekundärbereich eine disziplinierende Wirkung zeitige. Die Beklagte könne sich mit anderen Worten ein antikompetitives Verhalten im After - Sales Bereich nicht erlauben, weil dies das Neuwagengeschäft negativ beeinflussen würde.

        2. Für ihre Auffassung, ein (allenfalls eigenständig definierter) After - Sales Markt müsse - wie beim Neuwagengeschäft - markenübergreifend definiert werden, verweist die Beklagte auf ein deutsches Präjudiz (BGH, KZR 6/09, Urteil vom

30. März 2011, MAN; act. 13/20). Diesem Entscheid liegt der Gedanke zugrunde

(a.a.O. Rz 15), dass eine Auto - Werkstatt als Anbieterin von Instandsetzungsund Wartungsdienstleistungen bei Dritten (in casu z.B. bei der Beklagten) vorgelagerte Leistungen bezieht, was den Zutritt in den Endkundenmarkt erleichtere. In einem Verhältnis wie dem vorliegenden sei der vorgelagerte und nicht der Endkundenmarkt relevant. Im Weiteren hielt der BGH fest, die Zulassung als Vertragswerkstatt bilde keinen eigenständigen Markt, sie stelle vielmehr eine von mehreren untereinander austauschbaren Ressourcen im vorstehend definierten relevanten Markt dar.

  1. Zum Thema Unzulässige Wettbewerbsabrede nach Art. 5 KG

    1. Mit ihren bloss vier Absätzen bietet diese Norm eine Vielzahl von Auslegungsproblemen. Sie beschlägt horizontale (Abs. 3) und vertikale Abreden (Abs. 4), damit auch Mischformen, sie stellt für bestimmte Verhaltensweisen die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbes auf (Abs. 3 und 4), und delegiert

      den rechtsanwendenden Behörden die anspruchsvolle Aufgabe, zu definieren, was eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung ausmacht (Art. 5 Abs. 1 KG).

    2. Seitens der Klägerin wird eine vertikale Wettbewerbsabrede angenommen, bestehend daraus, dass die Beklagte mit den Vertriebspartnern vereinbart habe, ausschliesslich diese im Absatzgebiet (gemeint wohl die Schweiz) zu beliefern (act. 1 Rz 41). Die (qualitative) Erheblichkeit gemäss Art. 5 Abs. 1 KG begründet sie mit einem Verstoss gegen Grundsätze der Kfz-Bekanntmachung der WEKO (Kfz - BM), einschliesslich der dazugehörigen Kfz - Erläuterungen, implizit auch wegen Missachtung der Vertikalbekanntmachung (Vertikal - BM; act. 1 Rzn 42 ff.; unter Hinweis auf Ziff. 14 Vertikal - BM und Ziff. 6 Kfz - Erläuterungen). So verweigere die Beklagte eine weitere Geschäftsbeziehung mit der Klägerin, ohne zur Begründung qualitative Kriterien (Standards) zu nennen (act. 1 Rz 46 ff.). Die fehlende (schriftliche) Begründung der Kündigung stelle sodann einen Verstoss gegen Ziff. 11 i.V. mit Art. 17 Kfz - BM dar (act. 1 Rz 51 ff.). Schliesslich wird der Beklagten vorgeworfen, sie wolle (generell) keine separaten Serviceverträge mehr schliessen. Die Kopplung von Salesund After - Sales - Verträgen sei unzulässig (act. 1 Rz 55 ff.; unter Hinweis auf Ziff. 6, 7 und 15 Abs. 1 lit. a und b Kfz - BM).

    3. Die Beklagte sieht keine Wettbewerbsbeschränkung, schon gar keine relevante bzw. erhebliche. Sie weist zunächst darauf hin, dass es im Umkreis der Klägerin viel Konkurrenz gebe (act. 12 Rzn 64 f.): Ziehe man einen Kreis von 36 km, so habe es sechs autorisierte Servicepartner, ziehe man einen solchen von 47 km gar deren zwölf. In der näheren Umgebung der Klägerin (Umkreis von 5 km) finde man sodann 33 Autowerkstätten.

    4. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen einer Abrede (Art. 4 f. KG; act. 12 Rzn 84 ff.). Mit der Klägerin befinde sich die Beklagte in einem vertragslosen Zustand. Jener sei es möglich, ihre Tätigkeit auch ohne Servicevertrag auszuüben. Das Vertriebssystem der Beklagten stehe nicht zur Diskussion.

    5. Eine Wettbewerbsbeschränkung als Folge der Kündigung fehlt gemäss Beklagter auch deshalb, weil der Klägerin lediglich Garantieund Free Service - Arbeiten entgingen, bezüglich welcher zwischen den Garagebetrieben zudem keine

      Differenzierungsmöglichkeit bestünde, weil die Arbeiten vom Hersteller bzw. Importeur vorgeschrieben seien und durch diese abgegolten würden (act. 12 Rzn 89 ff.). Bei der Klägerin hätten besagte Arbeiten im Geschäft mit der Beklagten nur einen geringen Teil des Umsatzes ausgemacht (act. 13/7). Hinsichtlich Umsatz und Marketingeinsatz habe die Klägerin schliesslich keine kompetitive Kraft dargestellt.

    6. Auch fehlt es gemäss Beklagter an der Erheblichkeit. Qualitativ stelle die Vertragsauflösung keinen relevanten Vorgang dar, da die Klägerin nach wie vor als unabhängige Werkstatt tätig sein könne (act. 12 Rz 94). In quantitativer Hinsicht (dazu act. 12 Rzn 95 ff.) seien die geringen Anteile der Beklagten auf dem relevanten Markt zu berücksichtigen (dazu nachfolgend Erwägungen sub Ziff. 5.5). Sodann könne die Klägerin Ersatzteile von autorisierten oder anderen Quellen beziehen. Technische Informationen seien via Internet vom Hersteller erhältlich. Auch biete die Beklagte preiswerte Kurse an, welche allerdings niemand nutze. Der Umsatz, welcher der Klägerin entgehe, sei nicht relevant.

  2. Zum Thema Marktbeherrschung

    1. Bezüglich des Begriffes Marktbeherrschung enthält Art. 4 Abs. 2 KG eine Legaldefinition:

      Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.

    2. Das Bundesgericht verlangt bei der Prüfung der Frage nach der Marktbeherrschung eine Einzelfallbeurteilung, mithin keine (mechanische) Befolgung fixer Kriterien (BGE 139 I 72 E 9.3.1, Publigroupe). In der Praxis werden verschiedene Beurteilungskriterien berücksichtigt (vgl. Ducrey, a.a.O., N 1483 ff.: v.a. Marktanteil, Marktstruktur, Finanzkraft, Innovationsstärke, Markteintrittschancen).

    3. Gemäss Klägerin ist die Beklagte auf dem relevanten Markt, wie ihn die Klä- gerin definiert hat, marktbeherrschend; es handle sich um ein faktisches Monopol.

      Als exklusive Generalimporteurin von C.

      könne nur die Beklagte zeitnah

      Material und Daten liefern (zu alledem act. 1 Rzn 59 ff.).

    4. Die Klägerin stützt sich (gewissermassen eventualiter) auf die Theorie der relativen Marktmacht (act. 1 Rzn 64 ff., mit diversen Hinweisen, u.a. auf die durch einvernehmliche Regelung im Jahre 2004 erledigte Untersuchung in Sachen CoopForte; RPW 2005/1, S. 146 ff.). Danach liege Marktbeherrschung auch vor, wenn ein Unternehmen über keine ausreichenden oder zumutbaren Alternativen verfüge und diese Situation auch nicht verschuldet habe. Dies sei zwischen den Parteien der Fall (gewesen), bei einem relevanten Umsatzanteil im Geschäft der Parteien von über 30%.

    5. Gemäss Beklagter (act. 12 Rz 61, act. 13/11) verfügen Fahrzeuge der Marke C. in der Schweiz über einen Marktanteil von 1,1% (Basis: Personenwagen) bzw. 4,61% (Basis: SUV Premium - Segment).

    6. Die Beklagte hält die Theorie der relativen Marktmacht für nicht angängig und verneint insbesondere eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin (act. 12 Rzn 108 ff.). Sie bestreitet auch den behaupteten Umsatzanteil im Verhältnis Klägerin zu Beklagter von über 30% (act. 12 Rzn 27, 110).

  3. Zum Thema Unzulässige Verhaltensweise eines marktbeherrschenden Unternehmens (Art. 7 KG)

    1. Gemäss Art. 7 Abs. 1 KG verhält sich ein marktbeherrschendes Unternehmen unzulässig, wenn es durch Missbrauch seiner Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert oder die Marktgegenseite benachteiligt.

    2. Die Klägerin sieht einen sogenannten Behinderungsmissbrauch, indem die Beklagte Geschäftsbeziehungen verweigere (act. 1 Rz 69 ff.; Art. 7 Abs. 2 lit. a KG).

    3. Wesentlicher als Begrifflichkeiten ist gemäss Rechtsprechung die Frage nach der Rechtfertigung allfälliger Behinderungen, Benachteiligungen usw.; das marktbeherrschende Unternehmen muss sachliche Gründe für sein Verhalten haben (BGE 139 I 72 E. 10.1.1/2, Publigroupe, mit Hinweisen auf die Lehre).

    4. In ihrem Massnahmegesuch bestritt die Klägerin das Vorliegen solcher sachlichen Gründe (act. 1 Rzn 69 ff.). Was sie betreffe, seien die Leistungsziele betreffend Ersatzteile in den Jahren 2012 und 2013 erfüllt worden (act. 1 Rz 71). Dies gelte auch für die sogenannten Performance-Standards hinsichtlich Kundendienst und Diagnostik (act. 1 Rz 79).

    5. Die Beklagte geht ganz grundsätzlich davon aus, sie dürfe ihre Vertragspartner frei wählen, zumal sie nur über einen kleinen Marktanteil verfüge (act. 12 Rz 102). Sodann habe sie aufgezeigt, dass die Klägerin (Original-) Ersatzteile und Informationen auch andernorts beziehen könne.

    6. Die behauptete Abhängigkeit der Klägerin von der Beklagten bestreitet diese (act. 12 Rzn 108 ff.). Der behauptete Umsatzanteil von 30% im Vertragszeitraum wird - wie schon erwähnt - ebenfalls bestritten.

  4. Würdigung

    1. Nachfolgend werden nur für die Entscheidfällung wesentliche Punkte thematisiert.

    2. Zum relevanten Markt

      Anhand der Parteivorbringen - und wohl auch objektiv - sind drei Ortungen des relevanten Marktes denkbar, wobei klar ist, dass ein kleinerer Markt eher Anlass geben kann, Verletzungshandlungen zu bejahen (Ducrey, a.a.O., N 1332; Zäch, Schweizerisches Kartellrecht, 2. Aufl., Rz 537).

      1. Der sogenannte Systemmarkt stellt einen (relativ) grossen Markt dar.

        1. Die WEKO hat in einer Vorabklärung allgemeine Abgrenzungskriterien zwischen der Systemmarktund der Zweimärkte - Theorie formuliert (RPW 2010/3,

          S. 435 ff., Rz 29, SAP Wartungspreiserhöhung):

          Gemäss der Systemmarkt-Theorie und der Zweimärkte-Theorie können folgende Ansätze für die Marktabgrenzung herangezogen werden: Aus Sicht der Marktgegenseite (Konsumenten) systemisch verbundene Komplementärgüter können unter gewissen Umständen zu einem einzigen Systemprodukt oder Systemproduktmarkt zusammengefasst werden, während systemisch nicht oder nur schwach verbundene Komplemente separate sachlich relevante Märkte bilden dürften. Welcher Ansatz in einem fraglichen Fall adäquat ist, das heisst die Realität besser abzubilden vermag, muss gemäss den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls geprüft werden. Verkürzt ausgedrückt ist ein Systemprodukt oder Systemproduktmarkt dann anzunehmen, wenn eine ausreichende Disziplinierungswirkung vom Primärmarkt auf die nachgelagerten Sekundärmärkte ausgeht. Eine Disziplinierungswirkung liegt dann vor, wenn sich ein Unternehmen auf den nachgelagerten Sekundärmärkten nicht unabhängig verhalten kann, weil dieses Verhalten Rückwirkungen auf den eigenen Erfolg auf dem Primärmarkt aufweist.

          In einer früheren Vorabklärung (Tintenstrahldrucker und Tintenstrahlpatronen, RPW 2003/4, S. 732 ff.) hatte die WEKO - unter Hinweis auf den Entscheid MINOLTA (RPW 1999/2, S. 247 ff., RPW 2000/4, S. 716 ff.) - das Vorliegen eines Systemmarkts, nämlich eines Markt[es] für Tintenstrahldrucker für den Heimbereich (inkl. Patronen), bejaht (a.a.O. Rz 17 ff.).

        2. In der Literatur finden sich folgende Standpunkte:

        aa) Reinert/Bloch stehen zusammengefasst positiv zur Systemmarkttheorie, wobei im Einzelfall diverse Kriterien anzusetzen seien (BSK KG - Reinert/Bloch, Art. 4 Abs. 2 N 175 ff.). Ein Systemmarkt könne insbesondere auch im Verhältnis Hersteller (in casu: Importeur) und Händler bzw. Reparaturbetriebe bestehen (a.a.O., N 190 ff.).

        bb) Zäch (a.a.O., Rzn 534 ff.) nimmt gegenüber der Systemmarkttheorie einen kritischen Standpunkt ein, jedenfalls was das vorliegend interessierende Verhältnis zwischen Serviceunternehmen und Importeur betrifft. Man müsse es bzw. den

        dort gebildeten Markt vom Markt abgrenzen, in welchem sich Hersteller (in casu Importeur) und Endkunde gegenüberstünden.

        cc) Gemäss Böni (Koppelung vs. Systemmarkt, in: Jusletter 10. März 2014) darf eine Disziplinierungswirkung nicht einfach so als gegeben angesehen werden, sie bedürfe einer Untersuchung im Einzelfall (Rz 31). Zum Katalog der Kriterien (potenzielle Neukunden, Lebensdauer des Primärproduktes, Wechselkosten für Altkunden, Preistransparenz, Höhe der Kosten von Primär- und Sekundärprodukt, Möglichkeit der Preisdiskriminierung) führt er an, das führe zu keinen klaren Ergebnissen, jedenfalls soweit es den Schluss anbelange, der Systemmarkt sei zu öffnen (a.a.O., Rz 32).

      2. Geht man von der klägerischen These aus, liegt ein eher kleiner Markt vor. Auch wenn die Beklagte bestreitet, Exklusivimporteurin der inkriminierten Fahr-

        zeuge zu sein, dürfte sie bezüglich C.

        in der Schweiz einen sehr hohen

        Marktanteil besitzen, dies wohl auch im Serviceund Ersatzteilgeschäft (direkt und indirekt). Sie nennt denn auch keine anderen, relevanten Importeure von

        C.

        - Fahrzeugen. Die klägerische These führt zugespitzt zur Frage: Ist eine

        Marke ein Markt

        1. Seitens Reinert/Bloch wird schon die Fragestellung kritisiert und ein Verkennen ökonomischer Realitäten konstatiert (a.a.O., Art. 4 Abs. 2 N 196, wobei das Verstehen der Begründung nicht leicht fällt).

        2. In ihrem Aufsatz Ist eine Marke ein Markt Marktabgrenzung bei selektiven Vertriebssystemen (in: sic! 2001, S. 593 ff.) weisen Dietrich/Saurer in einer sehr eingehenden Analyse auf die ökonomischen und kartellrechtlichen Implikationen von selektiven Vertriebssystemen hin. Auch wenn der Beitrag primär den Vertrieb behandelt, lassen sich die Grundthesen auch auf den Servicebzw. Ersatzteilbereich lesen: Entscheidend sei der (bzw. ein funktionierender) Interbrandwettbewerb. Er zwinge die Hersteller (in casu den Importeur) im Vertikalbereich zur Effizienzsteigerung und/oder zur Senkung von Transaktionskosten. Den Händlern (in casu den Servicebetrieben) käme bloss eine Mittlerposition zu, Marktgegenseite sei aber alleine der Endverbraucher.

        3. Zäch hält (mindestens) dafür, dass Markenartikel während gewisser Zeit einen eigenen Markt bilden können, mit der Konsequenz, dass der betreffende Hersteller (in casu Importeur) auf diesem beherrschend sei (a.a.O., Rz 540).

      3. Im erwähnten Entscheid MAN (vgl. oben Erwägungen sub Ziff. 3.3.2) war zwar für das Verhältnis Hersteller (in casu Importeur) zu Werkstattbetrieb ein eigener Markt angenommen worden, jedoch nicht markenbezogen. Der deutsche Bundesgerichtshof stellte seinem Entscheid folgende Leitsätze voran.

        a) Die Zulassung einer freien Werkstatt zum Vertragswerkstattnetz eines Herstellers von Nutzfahrzeugen betrifft einen dem Endkundenmarkt zur Erbringung von Instandsetzungsund Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge vorgelagerten Markt.

        1. Der vorgelagerte Markt umfasst alle Produkte, Dienstleistungen und Rechte, die den Zutritt auf dem nachgelagerten Markt erleichtern, wie etwa das Angebot von Ersatzteilen, Diagnosegeräten und Spezialwerkzeugen, die Vermittlung der erforderlichen jeweiligen markenspezifischen Fachkenntnisse und die Zulassungen als Vertragswerkstatt für bestimmte Fahrzeugmarken.

        2. Dieser vorgelagerte Markt ist markenübergreifend abzugrenzen.

        Auch wenn es in jenem Präjudiz um Nutzfahrzeuge der Marke MAN ging, darf füglich angenommen werden, der BGH würde auch bei Personenwagen analog entscheiden (in diesem Sinne ist auch das Urteil Az. 11 U 6/14 des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main vom 29. Juli 2014 zu verstehen; act. 28/1, Rz 58).

      4. Sowohl das Systemmarktkonzept als auch die Lösung des BGH führen zu einer markenübergreifenden Marktdefinition. Für beide Ansichten finden sich Prä- judizien und gewichtige Literaturstellen. Dem Konzept der Markenbezogenheit kommt aus Sicht des betroffenen Serviceunternehmens eine verständliche Attraktion zu. Das Gericht hat aber alle Interessen in seine Würdigung einzubeziehen. Dabei darf nicht verkannt werden, dass der enge Markt, wie ihn die Klägerin sieht, im Wesentlichen auf der national starken Marktstellung der Beklagten im Bereich C. beruht und mindestens im Hinblick auf die Anwendung von Art. 7 KG ergebnisorientiert definiert erscheint. Der Wortlaut dieser Bestimmung enthält keinen Hinweis darauf, was überhaupt einen Markt bildet oder bilden kann. Anders

        Art. 5 KG: Hier ist in Abs. 1 vom Markt für bestimmte Waren oder [Dienst-] Leistungen die Rede. Auch die tradierte allgemeine Definition des sachlichen Marktes enthält die Gattungsbegriffe Waren und Dienstleistungen (siehe oben Erwägungen sub Ziff. 3.1). Die Marke ist der Name eines Produktes oder einer Dienstleistung. Sie hat verschiedene Funktionen, so die Individualisierungs-, die Unterscheidungsund die Werbefunktion. Unstrittig gibt es bekannte und berühmte Marken, deren hohe Wertschätzung selbstredend auch auf das Produkt abfärbt. Andererseits ändert das an der Ware oder der Dienstleistung nichts. Diese bleiben objektiv grundsätzlich immer noch gleich substituierbar, mit oder ohne (bekannte oder berühmte) Marke. Dass alleine die Bekanntheit oder gar Berühmtheit des Namens gewissermassen zu einem neuen Markt führen soll, ist objektiv schwer nachzuvollziehen und lässt sich wohl nur begründen, wenn subjektiven Faktoren (z.B. wenn sich ein Service - Unternehmen auf das Markenprodukt eines Dritten spezialisiert) eine entscheidende Bedeutung gegeben wird. Es gibt offenbar kein bekanntes Präjudiz (von der WEKO auch kein sonstiges Arbeitsergebnis), welches den relevanten Markt auf ein Markenprodukt bzw. Leistungen im Zusammenhang mit einem Markenprodukt eingegrenzt hätte. Marken haben eine mehr oder weniger grosse Marktgeltung, aber sie bilden den Markt nicht. Gesamthaft spricht vorliegend mehr für die Annahme eines markenübergreifenden Systemmarktes oder eines markenübergreifenden vorgelagerten Marktes.

          1. Zu Art. 5 KG

            1. Die Klägerin geht davon aus, dass im Markt eine unzulässige vertikale Wettbewerbsabrede in Form eines selektiven Vertriebssystems besteht, enthaltend die Abrede, es würden nur die autorisierten Vertriebspartner beliefert (act. 1 Rz 41). Die Beklagte bestreitet - wenn auch sehr pauschal - das Bestehen einer (einschlägigen) Abrede (act. 12 Rz 89).

            2. Es ist unstrittig, dass die Beklagte mit diversen autorisierten Servicepartnern einen Servicevertrag geschlossen hat. Die Klägerin reichte - ausser dem eigenen (act. 3/2) - keinen Servicevertrag und auch kein anderes diesbezüglich zielführendes Dokument zu den Akten. Insofern ist der behauptete Inhalt einer Abrede zwischen Beklagter und anderen Marktteilnehmern nicht glaubhaft gemacht. Zu Gunsten der Klägerin wird aber angenommen, der Inhalt der Verträge zwischen Beklagter und Dritten entspreche im Wesentlichen dem Vertrag der Parteien (act. 3/2). Vermutungsweise werden solche Verträge gleich oder ähnlich formuliert, was die Beklagte auch einräumt (act. 12 Rz 45).

            3. Der Vertrag (act. 3/2) stipuliert eine Vielzahl von Pflichten, welche die Servicepartner zu erfüllen haben. Die Pflichten der Beklagten sind dünn gesät. Eine explizite Verpflichtung der Beklagten, ausschliesslich diese [die Servicepartner] im Absatzgebiet zu beliefern (so die Klägerin in act. 1 Rz 41), findet sich im Vertrag nicht. In diese Richtung könnte allenfalls Ziff. 1.7 des Vertrages deuten, wo es unter dem Titel Direktverkäufe Importeur heisst: Der Importeur behält sich das Recht vor, Vertragswaren direkt zu verkaufen und auszuliefern an:

              - die Eidgenossenschaft, die Kantone sowie deren Anstalten und Körperschaften;

              • internationale Organisationen und Diplomaten;

              • Flottenbesitzer und Leasinggesellschaften;

              • Tochtergesellschaften der Lieferwerke des Importeurs sowie deren Angestellte;

              • Hersteller von Fahrzeugteilen und Ausrüstungen;

              • Angestellte und Pensionierte der E. .

              Eine Rechtspflicht der Beklagten, welche den Servicepartnern einklagbare Unterlassungsanspruche einräumen würde, kann aber aus dieser Ziffer nicht abgeleitet werden. Die Klägerin macht das auch nicht geltend. Die Beklagte bleibt zudem - zumindest nach dem vorliegenden Vertrag - auch völlig frei, wen sie als Servicepartner anerkennt und wen nicht. Sodann kann die Beklagte über Tochtergesellschaften der Lieferwerke des Importeurs schalten und walten wie sie will. Der Konzern oder die Gruppe, welchem oder welcher sie angehört, führt bekanntlich diverse eigene Garagenbetriebe. Nach dem Aktentstand beruht die Weigerung der Beklagten, die Klägerin zu beliefern, nicht auf einer Abrede, sondern auf einer autonomen Entscheidung. Damit fallen Ansprüche, soweit sie auf Art. 5 KG abgestützt werden, ausser Betracht.

            4. Zur Vertikal - BM vom 28. Juni 2010, zur Kfz - BM vom 21. Oktober 2002 und zu den Erläuterungen Kfz - BM vom 21. Oktober 2012

        1. Die nachfolgenden Erwägungen gelten für den Fall, dass man eine Abrede bejaht.

        2. Die auf Art. 6 KG abgestützten Verlautbarungen der WEKO binden die Gerichte bekanntlich nicht (vgl. u.a. BGE 129 II 18 E. 5.2.1, Buchpreisbindung). Abzulehnen ist die gestützt auf ein kantonales Präjudiz (RPW 2013/3, S. 455, E 3.3.1) vertretene These, wonach Bekanntmachungen bei (hinreichend) klarem Sachverhalt analog einem Gutachten der WEKO massgebend sein sollen (act. 1 Rz. 44). Die WEKO selber lehnt - jedenfalls grundsätzlich - die Verbindlichkeit von Bekanntmachungen in Bezug auf eigene Untersuchungen ab (Ducrey, a.a.O., N 1449). Sodann werden WEKO - Gutachten aufgrund eines vom Gericht darzulegenden Sachverhaltes erstellt, es geht also um Subsumtion, währenddem bisher Bekanntmachungen im Wesentlichen die (fallmässig regelmässig noch vorzunehmende) allgemeine Praxisbildung zum Gegenstand haben. Sie sind generell - abstrakt gefasst und daher für die Gerichte nicht mehr und nicht weniger als eine zu konsultierende Quelle zur Frage, wie das Gesetz ausgelegt werden soll. Bei der richterlichen Arbeit muss in jedem Fall die Nachvollziehbarkeit des Inhalts einer Bekanntmachung vor dem Hintergrund der massgeblichen Bestimmungen des Kartellgesetzes im Zentrum stehen. Wesentlicher für die freie richterliche Rechtsfindung sind darüber hinaus stets Präjudizien (Fall - Praxis der WEKO und der Gerichte, v.a. des Bundesgerichtes).

        3. Die Kfz - BM enthält keine Bestimmung, welche einen Kontrahierungszwang als wettbewerbsrechtlich geboten statuiert. Erst in den Erläuterungen zur Kfz - BM wird von einem Kontrahierungszwang ausgegangen, sofern ein Werkstattbetrieb die qualitativen Kriterien erfüllt (Ziff. 6). Eine nachvollziehbare Begründung fehlt allerdings. Es ist kein WEKO - Entscheid bekannt, in welchem ein Kontrahierungszwang ausgesprochen wurde oder gar eine Sanktionierung in diesem Zusammenhang erfolgte.

        4. Konsultiert man ergänzend die Vertikal - BM (gemäss deren Ziff. 9), so hält diese zur Erheblichkeit (Anspruchsvoraussetzung gemäss Art. 5 Abs. 1 KG) fest, hierbei seien sowohl qualitative wie auch quantitative Kriterien zu berücksichtigen (Ziff. 12). Bei Zugrundelegung der vorgenommenen Marktabgrenzung ist der Marktanteil der Beklagten eher klein (unter 5%). Die Klägerin war eine von vielen Servicepartnern der Beklagten und es gibt viele Importeure. Eingehende konkrete Ausführungen zu den Marktverhältnissen in der Schweiz sind seitens der Parteien unterblieben. Die quantitative Erheblichkeit (Auswirkungen im Markt) kann deshalb nicht beurteilt werden. Folglich fehlt es an einer Anspruchsvoraussetzung gemäss Art. 5 KG, weshalb auch von daher die Bejahung eines Kontrahierungszwanges (gestützt auf Art. 13 KG) nicht in Frage kommt (vgl. auch BSK KG-Neff, Kfz - BM Ziff. 7, N 2 ff.).

        5. Die Klägerin weist auf den Entscheid B-506/2010 Gaba des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Dezember 2013 hin, in welchem eine qualitativ erhebliche Wettbewerbsbeschränkung als für die Bejahung der Erheblichkeit ausreichend angesehen wurde (E. 11.2.4). Die gleiche Instanz hat allerdings im Entscheid B- 8399/2010 Siegenia vom 23. September 2014 festgehalten, es bestehe im Schweizer Kartellrecht keine per se - Erheblichkeit, weshalb die Auswirkungen von Absprachen auf dem Markt zu untersuchen seien (E. 6.1.3). Entscheidend sind höchstrichterliche Erwägungen. Diesbezüglich einschlägig ist immer noch BGE 129 II 18 E. 5.2.1, Buchpreisbindung: Danach sind qualitative und quantitative Aspekte zu prüfen (in diesem Sinne auch BSK KG-Krauskopf/Schaller, Art. 5 N 173).

          1. Zu Art. 7 KG

            1. Ausgehend von der getroffenen Marktabgrenzung und einem Marktanteil von unter 5% kann nach dem tradierten Marktbeherrschungsbegriff nicht von einer Marktbeherrschung durch die Beklagte gesprochen werden (Reinert/Bloch, a.a.O., Art. 4 Abs. 2 N 277).

            2. Bezüglich konkreter Abhängigkeitsverhältnisse hat die WEKO im Fall CoopForte (allerdings nur in obiter dicta - Erwägungen, da eine einvernehmliche Regelung zu keiner Entscheidung in der Sache führte) Voraussetzungen formuliert, welche eine Abhängigkeit bejahen lassen können (RPW 2005/1 S 146 ff, Rzn 98 ff.). In casu liegen aber derart wenige und noch weniger glaubhaft gemachte Daten vor, dass eine Prüfung anhand dieser Kriterien unmöglich ist. Selbst die klägerischerseits als wesentlich angegebene Grösse eines Umsatzanteils von 30% bzw. mehr (act. 1 Rz 65) wurde nicht glaubhaft gemacht. Als Beweismittel legte die Klägerin nur ein geschwärztes Mail zu den Akten (act. 3/22). Das genügt nicht. Die als act. 5/1 eingereichte Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) mit dem Titel Abhängigkeitsverhältnisse im Kfz-Gewerbe vom 18. März 2014 ändert daran nichts. Zum Einen können allgemeine Erhebungen die Substantiierung und Beweisführung im konkreten Verfahren nicht ersetzen. Zum Anderen beruht der empirische Teil der Studien auf einer Internethändlerbefragung mit einem Rücklauf von etwa 5% (act. 5/1 Seite II). Die Objektivität der Angaben und die Repräsentanz sind daher fraglich.

            3. Für die Anwendung von Art. 7 KG braucht es ein missbräuchliches Verhalten. Dass die Beklagte Geschäftsbeziehungen zur Klägerin verweigert, räumt sie ein. Insofern könnte - bei Bejahung von Marktbeherrschung - eine verpönte Verhaltensweise vorliegen. Hinsichtlich der sachlichen Gründe hat die Beklagte wenig zielführende Angaben gemacht. Zusammengefasst soll der Geschäftsgang bei der Klägerin unbefriedigend verlaufen sein. Auch habe man das Vertriebsnetz der Beklagten neu ausrichten wollen. Ob darin die wirklichen Motive liegen, erscheint fraglich. Es fehlen schriftliche Abmahnungen, es fehlt auch jeglicher Hinweis, wie die Klägerin „ersetzt“ worden ist und was am Vertriebsnetz neu ist. Mündliche Begründungselemente, die angeblich im Kündigungszeitpunkt geäussert wurden, blieben bestritten und sind nicht glaubhaft gemacht. Dies gilt gegenseitig auch für die anderen behaupteten mündlichen Äusserungen. Die Missbrauchsfrage kann aber offen gelassen werden, weil die Marktbeherrschung nicht erstellt ist.

          1. Die Beklagte stellte in ihrer zweiten Rechtsschrift (act. 26) den Antrag, auf das Massnahmebegehren sei nicht einzutreten, weil die Klägerin in deren zweiten Rechtsschrift vorgetragen habe, die Servicearbeiten seien über einen verflochtenen Betrieb abgewickelt worden (act. 18). Das angesprochene Rechtsschutzinteresse ist aber dennoch zu bejahen, da der Vertrag zwischen den Parteien bestand und er grundsätzlich auch durch Dritte erfüllt werden kann.

          2. Verträge der vorliegenden Art unterstehen dem Obligationenrecht. Es ist keine materiellrechtliche Bestimmung ersichtlich, die für solche Vereinbarungen eine Pflicht zur schriftlich zu begründenden Kündigung statuieren würde (vgl. auch BGer 4A_101/2011, Urteil vom 6. September 2011). Von daher ist auf diesen Punkt nicht näher einzugehen.

          3. Die klägerischen Begehren lassen sich nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt nicht auf Art. 5 und/oder Art. 7 KG abstützen. Damit sind die Rechtsbegehren unter Ziff. 1 der Anträge abzuweisen. Konsequenterweise damit auch die Rechtsbegehren unter Ziff. 2 der Anträge, da eine sachliche Information erlaubt ist. Auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere den relevanten Nachteil, ist nicht mehr einzugehen.

  5. Ausgangsgemäss wird die Klägerin kostenund entschädigungspflichtig. Die gerichtliche Streitwertschätzung von CHF 500'000 wurde nicht bestritten (act. 6).

Der Einz elrichter erkennt:
  1. Das klägerische Begehren betreffend Erlass vorsorglicher Massnahmen wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr beträgt CHF 12'000.

  3. Die Gerichtsgebühr wird der Klägerin auferlegt.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 16'000 zu zahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und die Schweizerische Wettbewerbskommission (WEKO), Monbijoustrasse 43, 3003 Bern.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 500'000.

Zürich, 17. Dezember 2014

Handelsgericht des Kantons Zürich Einzelgericht

Gerichtsschreiber:

Dr. David Egger

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