Zusammenfassung des Urteils AC090015: Kassationsgericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um einen Streit zwischen den Verpächtern und den Pächtern eines Bauernhofes in F. Der Pachtvertrag wurde vorzeitig gekündigt, da die Pächter trotz Aufforderung den Hof nicht verlassen hatten. Die Verpächter erhoben Klage, um die Räumung des Hofes zu erwirken. Die Pächter argumentierten, dass sie das Wohnhaus beziehen sollten, was zu weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen führte. Letztendlich entschied das Obergericht des Kantons Zürich, dass die Kündigung des Pachtvertrages unrechtmässig war und wies die Berufung der Verpächter ab. Die Gerichtskosten wurden den Verpächtern auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | AC090015 |
Instanz: | Kassationsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 21.10.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anspruch auf Abnahme von EntlastungsbeweisenBeschleunigungsgebot in Strafsachen |
Schlagwörter : | Geschädigte; Urteil; Geschädigten; Verletzung; Rüge; Vorinstanz; Stich; Anklage; Messer; Sachverständige; Geschworenengericht; Urteils; Verletzungen; Oberkörper; Sachverständigen; Aussage; Recht; Gericht; Bundesgericht; Kanton; Kantons; Sachverhalt; Staatsanwalt; Sinne; Stichverletzung |
Rechtsnorm: | Art. 100 BGG ;Art. 122 StGB ;Art. 13 EMRK ;Art. 144 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 385 StGB ;Art. 42 BGG ;Art. 63 StGB ;Art. 9 BV ; |
Referenz BGE: | 130 IV 54; |
Kommentar: | - |
Kassationsgericht des Kantons Zürich
Kass.-Nr. AC090015/U/mum
Mitwirkende: die Kassationsrichter Moritz Kuhn, Präsident, Herbert Heeb, Vizepräsident, Bernhard Gehrig, Andreas Donatsch und Paul Baumgartner sowie der Generalsekretär Viktor Lieber
in Sachen
X.,
,
,
Angeklagter und Beschwerdeführer
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt
gegen
Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Anklägerin und Beschwerdegegnerin 1
vertreten durch Staatsanwalt lic. iur. M. Scherrer, Molkenstr. 15/17, Postfach, 8026 Zürich
Y.,
Geschädigter und Beschwerdegegner 2
vertreten durch Rechtsanwalt
Z.,
,
Geschädigter und Beschwerdegegner 3
betreffend
I.
Mit Urteil vom 3. April 2008 sprach das Geschworenengericht des Kantons Zürich den Beschwerdeführer schuldig der versuchten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB, des mehrfachen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB und der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 3½ Jahren als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 1. September 2007, unter Anrechnung von Polizei-, Untersuchungsund Sicherheitshaft von insgesamt 480 Tagen. Sodann ordnete das Gericht eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB während des Strafvollzugs an (KG act. 2).
Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende, vom 7. Oktober 2009 datierende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer beantragt, das angefochtene Urteil sei vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (KG act. 1 S. 23). Vorinstanz und Staatsanwaltschaft haben auf Beantwortung bzw. Stellungnahme zur Beschwerde ausdrücklich verzichtet (KG act. 9, 10); seitens der Geschädigten ist keine Antwort eingegangen.
II.
Dem Beschwerdeführer wird, soweit hier von Interesse, von der Anklage vorgeworfen, er habe am 6. Dezember 2006, kurz nach Mitternacht, in der Asylunterkunft in Seuzach den Geschädigten Y. mit einem ca. 30 cm langen Küchenmesser schwer verletzt, als er von diesem 5 Gramm Kokain zum Preise von Fr. 350.-habe kaufen wollen. Er, der Beschwerdeführer, habe dem Geschädigten vier Hunderternoten übergeben und im Gegenzug ein Päckchen mit dem Kokain
entgegengenommen, in der Erwartung, er bekomme Fr. 50.-- Herausgeld. Nachdem er das Päckchen geöffnet und eine Probierportion geschnupft habe, habe er jedoch sofort geltend gemacht, die Ware sei minderwertig bzw. gestreckt und es seien weniger als 5 Gramm; er verlange gute Ware. Der Verkäufer habe ihm darauf gesagt, er habe die Verpackung schon geöffnet und solle verschwinden. Darauf habe der Beschwerdeführer Y. die bereits ausgehändigten Fr. 400.-wieder aus der Hand gerissen und ihm einen Stoss versetzt, worauf der Geschädigte seinerseits auf den Beschwerdeführer losgegangen sei und ihn gepackt habe; dabei sei das Päckchen zu Boden gefallen, der Beschwerdeführer habe es aufgehoben und in seiner Hosentasche versorgt und gleichzeitig das Geld festgehalten. Als der Beschwerdeführer realisiert habe, dass der Geschädigte ihn körperlich attackieren würde, habe er das mitgeführte Messer aus der Jacke gezogen und mehrere Stiche gegen den Oberkörper des Geschädigten geführt, der darauf von ihm abgelassen und sich schreiend ins Innere des Containers zurückbegeben habe. Der Geschädigte erlitt bei diesem Vorfall gemäss Anklage nebst drei weiteren Verletzungen eine nicht in den Bauchraum reichende Stichverletzung im (linken) unteren Brust-/oberen Bauchbereich. Zwar habe objektiv keine Lebensgefahr bestanden, doch wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er hätte durch die Attacke mit einem ca. 30 cm langen Messer gegen den Oberkörper des Geschädigten schwer gar lebensgefährlich verletzen können, was er gewollt zumindest in Kauf genommen habe.
Das Geschworenengericht hielt die Anklage sowohl hinsichtlich des äusseren wie auch des inneren Sachverhaltes im Wesentlichen (mit Ausnahme der Anzahl der vom Beschwerdeführer ausgeführten Messerstiche und der damit verbundenen Lebensgefahr) für erwiesen (Urteil S. 50, 53).
Der Beschwerdeführer gibt zunächst den Inhalt des angefochtenen Urteils wieder (Beschwerde S. 2 bis 15, Ziff. 1 bis 4), ohne in diesem Zusammenhang konkret eine Rüge zu erheben zu begründen. Darauf ist nicht näher bzw. nur insoweit einzutreten, als im Zusammenhang mit den nachfolgend erhobenen Rügen sachlich darauf Bezug genommen wird.
Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, dass mit den Vorbringen unter Ziff. 5 (Beschwerde S. 15 f.) kein Nichtigkeitsgrund nachgewiesen wird, sofern man darin überhaupt eine rechtsgenügend begründete Rüge erblicken will. Der Beschwerdeführer führt aus (und scheint zu beanstanden), dass anders als die Anklage, die von mehreren Messerstichen bzw. Schnittverletzungen gegen den Oberkörper des Geschädigten ausgehe, die Vorinstanz nur noch einen einzigen Messerstich für erwiesen halte, während sie offen lasse, ob die anderen Verletzungen überhaupt vom Beschwerdeführer stammten. Der Beschwerdeführer ist indessen, was die Feststellung des äusseren Sachverhaltes betrifft, dadurch, dass die Vorinstanz nur eine der in der Anklage genannten Verletzungen als erwiesenermassen von ihm verursacht betrachtet und die Herkunft der übrigen Verletzungen offen lässt, nicht beschwert. Sollte der Beschwerdeführer was sich allerdings der Beschwerde nicht eindeutig entnehmen lässt in diesem Zusammenhang weiter der Auffassung sein, unter Zugrundelegung nur eines erwiesenen Messerstiches könne ihm auch kein Vorsatz bzw. Eventualvorsatz nachgewiesen werden, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz ausdrücklich festhält (Urteil
S. 52 unten), wer wie der Beschwerdeführer mit dem Wissen um die Möglichkeit, mit einem Messerstich gegen den Oberkörper eines Menschen lebensgefährliche tödliche Verletzungen herbeiführen zu können, trotzdem das Messer zumindest einmal mit Kraft gegen den Oberkörper einsetze, nehme in Kauf, seinem Kontrahenten entsprechende Verletzungen zuzufügen. Hingegen folgerte die Vorinstanz aufgrund des Umstands, dass nur von einem vom Beschwerdeführer geführten Stich auszugehen sei und sich der Beschwerdeführer sogleich vom Tatort absetzte, als der Geschädigte von ihm abliess, könne ausgeschlossen werden, dass er auch den Tod des Geschädigten in Kauf genommen habe (Urteil S. 53 oben). Diese Annahmen zum inneren Sachverhalt sind jedenfalls nicht willkürlich.
Der Beschwerdeführer erblickt einen Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO darin, dass die Vorinstanz seinen Antrag auf Durchführung einer Tatrekonstruktion zum genauen Ablauf ablehnte und damit ein Parteibzw. Verteidigungsrecht verletzt habe (Beschwerde Ziff. 6, S. 16 ff.).
Zur Ablehnung dieses anlässlich der Hauptverhandlung von der Verteidigung gestellten Antrags verweist die Vorinstanz (Urteil S. 9) zunächst auf die Grundsätze zur antizipierten Beweiswürdigung, wonach einem Beweisantrag nicht stattgegeben werden muss, wenn willkürfrei die Annahme getroffen werden kann, die in Frage stehende Tatsache sei aufgrund der bereits erhobenen Beweise dermassen erwiesen widerlegt, dass der angebotene Beweis daran nichts mehr zu ändern vermöge.
Konkret wird sodann auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C. verwiesen, aufgrund welcher das Gericht zum Schluss gekommen sei, dass die Verletzung der linken Flanke des Geschädigten nicht allein durch eine Rammelei um die entrissenen Fr. 400.-entstanden sein könne, sondern vielmehr davon überzeugt sei, dass der Beschwerdeführer mit Kraft gegen den Oberkörper des Geschädigten gestochen habe, unabhängig davon, wie auch immer die Bewegungen der beiden im Einzelnen abgelaufen seien. Eine Rekonstruktion der vor Schranken geltend gemachten Variante des Beschwerdeführers vom Kerngeschehen vermöchte, so die Vorinstanz, an dieser Überzeugung nichts zu ändern, zumal dessen Vorbringen, er habe versucht, das Messer vom Geschädigten wegzuführen, in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen als unglaubwürdige Schutzbehauptung gewertet worden sei. Hinsichtlich der beiden anderen auf den Vorfall zurückzuführenden Verletzungen des Geschädigten habe der Nachweis der Verursachung durch den Beschwerdeführer nicht erbracht werden können; daran würde auch eine Tatrekonstruktion nichts ändern, da der Beschwerdeführer vehement bestreite, gegen den Oberkörper des Geschädigten Messerstiche geführt zu haben.
Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seiner Rüge geltend, die Tatsache, dass in der Anklage einzig von mehreren Messerstichen gegen den Oberkörper des Geschädigten die Rede sei und die Möglichkeit einer Rangelei, in deren Verlauf sich der Geschädigte die Verletzungen möglicherweise selbst zugefügt hätte, als Hergangsvariante unberücksichtigt geblieben sei, erfordere eine Tatrekonstruktion. Eine solche sei umso mehr angezeigt, als ausser den Ablaufschilderungen des Beschwerdeführers selber keinerlei anderen unmittelbaren
Zeugenaussagen vorlägen und selbst nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des Geschworenengerichts die Aussagen des Geschädigten weder verlässlich noch glaubhaft gewesen seien. Seien aber einzig aufgrund der Verletzungen und der Annahmen der sachverständigen Ärzte Rückschlüsse auf den Tatablauf möglich, müssten verschiedene Varianten vor den Schranken präsentiert und im Hinblick auf deren Plausibilität gegeneinander abgewogen werden. Der Grundsatz in dubio pro reo besage überdies, dass von verschiedenen möglichen Sachverhaltsvarianten die für den Angeklagten Günstigste vorliegend also die Rangelei und nicht die Stichbewegung heranzuziehen sei. Indem die Vorinstanz eine Tatrekonstruktion verweigerte, habe sie die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers in krasser Weise verletzt.
Im Weiteren referiert der Beschwerdeführer die Aussagen des Sachverstän- digen Dr. C. zu diesem Punkt; er macht geltend, die Annahme der Vorinstanz, wonach die Verletzung an der linken Flanke des Geschädigten gemäss Aussage des Sachverständigen nicht allein auf eine Rammelei um die zuvor entrissenen Fr. 400.-zurückgeführt werden könne, stehe in Widerspruch zu den tatsächlichen Aussagen des Sachverständigen und sei damit aktenwidrig (Beschwerde S. 18).
a) Grundsätzlich erscheint eine Tatrekonstruktion vorliegend schon insofern als wenig sinnvoll, weil es nicht um die Frage geht, ob die eine andere Sachverhaltsvariante (konkret: Rangelei mit Selbstverletzung des Geschädigten Stichbewegung des Beschwerdeführers) von den äusseren Verhältnissen her überhaupt möglich gewesen sei nicht, sondern vielmehr darum, welche der möglichen Varianten sich tatsächlich verwirklicht hat. Dass eine Rangelei bzw. ein Umarmen, bei welcher sich der Geschädigte die Verletzungen unabsichtlich selbst zufügte, grundsätzlich hätte stattfinden können, ist vorliegend unbestritten (vgl. auch nachfolgend die Ausführungen des Sachverständigen), doch ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht näher dargelegt, inwiefern die Durchführung einer Tatrekonstruktion konkrete Anhaltspunkte zur Wahrscheinlichkeit zum Ausschluss eines solchen Tathergangs hätte liefern können. Für die entscheidende Frage, welche der möglichen Varianten sich effektiv verwirklichte, durfte die Vorinstanz von einer Tatrekonstruktion absehen und sich auf die
Aussagen der Beteiligten, der operierenden Ärzte sowie des medizinischen Sachverständigen stützen.
Inwiefern in diesem Zusammenhang der Grundsatz in dubio pro reo verletzt worden sein soll, ist nicht ersichtlich. Es geht hier nicht um die Beweiswürdigung (dazu nachfolgend lit. b), sondern um dem Anspruch auf Abnahme von Entlastungsbeweisen, der jedoch nach dem Gesagten nicht verletzt wurde.
b) Zur Rüge der Aktenwidrigkeit ergibt sich Folgendes:
Die Aussagen des Sachverständigen Dr. C. werden im angefochtenen Urteil einlässlich wiedergegeben (Urteil S. 38 ff.). Dabei wird zunächst auf das in der Untersuchung erstellte Aktengutachten und auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen. Soweit hier von Interesse, hält die Vorinstanz weiter fest (Urteil S. 39/40), der Sachverständige habe die Ansicht des Staatsanwaltes bestätigt, wonach die vom Beschwerdeführer geschilderte Tatversion, der Geschädigte habe ihn umarmt bzw. umfasst (Rangelei bzw. Rammelei), mit dem vorderen Stich nicht vereinbar sei. Die Entfernung zwischen dem Täter und dem Geschädigten hinsichtlich der Verletzung an der linken Flanke habe der Sachverständige als erreichbar beschrieben; zum Impuls, der nötig gewesen sei, damit die attestierten Verletzungen hätten entstehen können, laute der Schluss des Sachverständigen wie folgt: Im Gegensatz dazu beim seitlichen Stich, der von den Chirurgen als etwa zehn Zentimeter langer Stichkanal dokumentiert wird, muss dort der Impuls und die Energie für das unterminieren mindestens einem mittelgradigen wenn nicht höheren Impuls entsprechen. Der laterale Stich ist also energetisch höher anzusetzen. Den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ablauf habe der Sachverständige zwar für eine mögliche Variante gehalten, gleichzeitig aber festgehalten, dass das Messer nicht aus dem Gefahrenbereich entfernt worden, sondern zur Gefahr geworden sei (Urteil S. 40). Diese Wiedergabe entspricht den so protokollierten Aussagen des Sachverständigen vor Schranken (Prot. GG S. 163 ff., insbes. S. 164, 166, 173), womit die Rüge der Aktenwidrigkeit fehl geht.
In seiner zusammenfassenden Würdigung hält das Geschworenengericht sodann fest (Urteil S. 46), der Sachverständige Dr. C. schätze die geschilderte
Variante des Beschwerdeführers, wonach der Geschädigte ihn umfasst bzw. umarmt habe, zwar als möglich ein, stelle demgegenüber aber klar, dass der Beschwerdeführer das Messer nicht aus dem Gefahrenbereich habe entfernen kön- nen. Wie auch immer die Bewegungen abgelaufen seien, sei das Gericht aufgrund der unmissverständlichen Aussage des Sachverständigen, wonach es für das Entstehen der Verletzung an der Flanke zumindest eines mittleren Impulses bedurfte, zum Schluss gekommen, dass diese Stichverletzung nicht allein aus einer Rammelei entstanden sein konnte, sondern dass der Beschwerdeführer mit Kraft in Richtung des Oberkörpers des Geschädigten gestochen habe. Diese Annahmen basieren einerseits auf den in Frage stehenden Protokollstellen und kön- nen andererseits hinsichtlich ihrer Schlussfolgerung (aktives Zustechen des Beschwerdeführers in Richtung des Oberkörpers des Geschädigten) jedenfalls nicht als willkürlich bezeichnet werden. Die Rüge erweist sich damit als unbegründet.
In Anwendung von § 247 Abs. 2 StPO hatte die Staatsanwaltschaft im Verlauf des Beweisverfahrens die Anklage insofern berichtigt, als der Geschädigte nicht wie gemäss Seite 4, 2. Absatz der ursprünglichen Anklage eine ca. 10 cm lange oberflächliche Schnittverletzung, sondern eine ca. 10 cm tiefe Stichverletzung erlitten habe; nachdem keine formellen Einwendungen dagegen erhoben worden waren, wurde diese Änderung vom Gerichtshof bewilligt (vgl. Urteil S. 10). In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend (Beschwerde Ziff. 7, S. 20 f.), die Bejahung einer solchen Stichverletzung sei aktenwidrig bzw. willkürlich und verstosse gegen den Grundsatz in dubio pro reo. So habe der Zeuge Dr. Rudin was auch die Vorinstanz einräume ausgesagt, der Stichkanal verlaufe tangential und nicht senkrecht im Körper. Die Bejahung einer 10 cm tiefen, nicht etwa langen Stichverletzung sei aber willkürlich, wenn gleichzeitig von einem tangentialen Verlauf des Stichkanals die Rede sei. Eine tangentiale Stichverletzung sei in sich widersprüchlich.
Der Zeuge A., welcher (zusammen mit B.) den Geschädigten operiert hatte, sprach im Operationsbericht davon, dass sich beim Geschädigten ein 10 - 15 cm langer Stichkanal zeigte, der nach schräg hinten verlaufe; dabei habe es sich also nicht um eine oberflächliche Verletzung, sondern um ein Loch gehandelt (Prot.
GG S. 148). Entsprechend wird im Urteil dieses Aussage aufgenommen und festgehalten, die Wunde sei tangential und nicht senkrecht in den Körper verlaufen (Urteil S. 49). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführer liegt darin keine willkürliche widersprüchliche Annahme. Aufgrund des Gesagten steht fest, dass es sich nicht wie aufgrund der ursprünglichen Formulierung der Anklage anzunehmen war - um eine blosse oberflächliche Schnittverletzung handelte, sondern eben um eine ca. 10 cm tiefe Stichverletzung, wenngleich die Richtung des Stichkanals nicht senkrecht zur Körperoberfläche verlief, sondern eben schräg nach hinten (d.h. tangential). Die Rüge ist unbegründet.
Das Geschworenengericht ging hinsichtlich des Ablaufs des Kokainhandels vor dem Messereinsatz davon aus, dieser habe sich so abgespielt, wie in der Anklageschrift beschrieben. Dabei basiere die Anklage auf den Aussagen des Beschwerdeführers, wobei jedoch eine Abmachung zwischen ihm und dem Geschädigten hinsichtlich eines vorgängigen Probierens der Ware als Schutzbehauptung abzulehnen sei. Hingegen sei es durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer die Ware subjektiv als schlecht empfunden und deshalb beanstandet habe (Urteil S. 44/45). An anderer Stelle hält das Gericht fest, der Beschwerdeführer habe, als er dem Geschädigten das bereits übergebene Geld wieder entrissen habe, gewusst, dass nach erfolgter Übergabe Zug um Zug dieses Geld nun nicht mehr ihm, sondern dem Geschädigten gehörte und dieser es behalten wollte (Urteil S. 58).
In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anklageprinzips geltend (Beschwerde Ziff. 8, S. 21 f.). In der Anklage sei explizit von einer Probierportion die Rede. Indem das Geschworenengericht ungeachtet der Tatsache, dass der Beschwerdeführer dem Geschädigten die vier Hunderternoten gegen die Probierportion ausgehändigt und mithin bei Beanstandung der als schlecht erachteten Probierportion ohne weiteres habe davon ausgehen dürfen, dass er entweder bessere Ware das Geld zurückerhalte, unterstelle, der Beschwerdeführer sei vom Eigentumsrecht des Geschädigten am Geld ausgegangen, womit sich dessen Angriff auf den Beschwerdeführer als rechtmässig erweise, verletze es das Anklageprinzip und erfülle damit den Nichtigkeitsgrund
von § 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO. Überdies sei es willkürlich, von einer Eigentumsstellung des Geschädigten auszugehen, wenn er doch lediglich eine vom Beschwerdeführer als mangelhaft erachtete Probierportion ausgehändigt hatte und seiner Zug-um-Zug-Verpflichtung als Verkäufer noch nicht nachgekommen war.
Ob der Geschädigte mit der Übergabe das Eigentum an dem ihm übergebenen Geld erworben hatte, ist eine hier nicht zu beurteilende Rechtsfrage (§ 430b StPO).
Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe gewusst, dass die dem Geschädigten übergebenen vier Hunderternoten nicht mehr ihm gehörten, womit umgekehrt darin, dass er ihm dieses Noten entriss, sich sein Wille manifestiert habe, die Herrschaftsmacht des Geschädigten zu brechen und eigene zu begründen; einen Rechtsanspruch habe der Beschwerdeführer nur auf das Rückgeld in der Höhe von Fr. 50.-gehabt, während hinsichtlich der übrigen Fr. 350.-- die Bereicherungsabsicht unrechtmässig gewesen sei (Urteil S. 58). Mit diesen tatsächlichen Annahme ist die Vorinstanz nicht über den durch die Anklage gezogenen Rahmen hinausgegangen. Selbst wenn die Anklage davon spricht, der Beschwerdeführer habe eine Probierportion geschnupft, lässt sich ihr nicht entnehmen, zwischen den Parteien sei eine solche vorgängig effektiv vereinbart worden. Zudem begründet die Vorinstanz die Unrechtmässigkeit der Bereicherung damit, dass der Beschwerdeführer nicht nur das Geld, sondern auch die Drogen, für die er hätte bezahlen sollen, nicht zurückgab, sondern einsteckte und in der Folge zusammen mit D. und E. konsumierte.
Eine Verletzung des Anklageprinzips liegt nicht vor.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend (Beschwerde Ziff. 9, S. 22), im vorliegenden Verfahren sei das konventionsund verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot verletzt worden. Konkret macht er geltend, der Umstand, dass das vorliegende Urteil am 3. April 2008 ausgefällt und erst am 9. September 2009 also 17 Monate später in begründeter Form zugestellt wurde, komme einer gravierenden Verletzung dieses Gebotes gleich und erfülle den Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 430 Abs. 1 Ziff. 4 bzw. 6 StPO. Dieser Mangel könne nur
durch Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung insbesondere hinsichtlich der Sanktionen geheilt werden.
Vorab stellt sich die Frage, ob auf die Rüge im vorliegenden Verfahren im Hinblick auf § 430b StPO (Subsidiarität der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde) eingetreten werden kann.
Nach der durch BGE 130 IV 54 (= Pra 2005 Nr. 10 und schon Pra 2004 Nr.
139) begründeten Rechtsprechung des Bundesgerichts ist auf die Rüge der Verletzung des Beschleunigungsgebotes im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht einzutreten, soweit in diesem Zusammenhang eine Nichtberücksichtigung der Verletzung bei der Strafzumessung geltend gemacht wird; dies unabhängig davon, ob die kantonale Vorinstanz (hier das Geschworenengericht) über eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes ausdrücklich entschieden hat nicht; das Bundesgericht prüft in diesem Fall (früher im Rahmen der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, heute im Rahmen des Strafrechtsbeschwerde nach Art.
78 ff. BGG) die Verletzung dieses Gebotes vorfrageweise zur Hauptfrage der Strafzumessung (BGE 130 IV 54 E. 3.3.2; überholt seither ZR 98 Nr. 56; zum Ganzen auch Kass.-Nr. AC070009 v. 14.6.2007, Erw. II.3.2).
Der vorliegende Fall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass zur Begründung der Rüge ein Sachverhalt angeführt wird, der sich erst nach Fällung des angefochtenen Urteils vom 3. April 2008 ereignet hat, nämlich die Dauer zwischen Urteilsfällung und Zustellung des begründeten Urteils. Dieser Sachverhalt konnte daher logischerweise im Rahmen der vorinstanzlichen Strafzumessung keine Berücksichtigung finden. Der Beschwerdeführer beanstandet denn auch nicht, dass die Vorinstanz diesem Umstand keine Rechnung getragen hat, sondern strebt eine Aufhebung und Rückweisung zur Neubeurteilung an, im Rahmen welcher der nachträglich eingetretenen Verzögerung Rechnung zu tragen sei. Ob eine solche Aufhebung nach zürcherischem Prozessrecht überhaupt möglich wäre, soweit nicht das Urteil das zu ihm führende Verfahren an einem Nichtigkeitsgrund leidet, sondern ein nachträglich eingetretener Umstand (der allerdings der Vorinstanz zuzurechnen ist, indem das Verfahren erst mit der Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung zum Abschluss kommt) angerufen wird, ist fraglich, kann aber aus nachfolgendem Grund offen bleiben.
In einem Urteil vom 17. Dezember 2009 (BGer 6B_764/2009) hatte das Bundesgericht in einem ebenfalls das hiesige Geschworenengericht betreffenden Fall die (mit der vorliegenden Rüge übereinstimmende) Rüge zu beurteilen, wonach die Strafzumessung insofern bundesrechtswidrig sei, als dabei die Dauer der für die Ausfertigung der schriftlichen Urteilsbegründung benötigten Zeit von zwei Jahren und zwei Monaten nicht strafmindernd berücksichtigt worden sei; ergänzt wurde die Rüge in jenem Fall durch den Hinweis darauf, dass auch die gesamte Verfahrensdauer von vier Jahren und zwei Monaten unangemessen lang gewesen sei.
Das Bundesgericht hielt zu Eintretensfrage folgendes fest:
1.4.2 Der Beschwerdeführer beruft sich auf einen Sachverhalt, der sich nach der Fällung des angefochtenen Urteils am 10. Mai 2007 ereignet hat. Zu prüfen ist, ob auf die Beschwerde eingetreten werden kann. Gemäss Art. 13 EMRK hat jede Person, die in ihren in der Konvention anerkannten Rechten Freiheiten verletzt worden ist, das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben. Würde das Bundesgericht die Rüge der nach der Urteilsfällung behaupteten Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht behandeln, wäre das Recht auf eine wirksame Beschwerde in Frage gestellt (Urteil 1P.784/2003 E. 5.2 mit Hinweisen). Zwar könnte der Beschwerdeführer im zuständigen Kanton ein Begehren um Wiederaufnahme des Verfahrens nach Art. 385 StGB bzw. § 449 Ziff. 3 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO/ZH, LS 321) einreichen. Die Wiederaufnahme ist von einem Bewilligungsentscheid abhängig, welcher endgültig ist (§ 442 Abs. 3 StPO/ZH). Damit besteht kein absoluter Rechtsanspruch auf erneute Überprüfung. Unter diesen Umständen ist auf die Rüge einzutreten. Dies erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil das Bundesgericht in seiner bisherigen unpublizierten neueren Praxis, in welcher es sich nicht mit den Eintretensvoraussetzungen zu befassen hatte, die durch die Dauer der letztinstanzlichen kantonalen Urteilsausfertigung entstandene Verletzung des Beschleunigungsgebots materiell prüfte (Urteile 6B_794/2008 vom 1. Dezember 2008 E. 3.2; 6S.74/ 2007 vom 6. Februar 2008 E. 3.2; 6S.84/2005 vom 20. Oktober 2005 E. 3.1;
6P.65/2003 vom 26. August 2003 E. 3).
Daraus folgt ohne weiteres, dass auch in der hier vorliegenden Konstellation zur Frage, ob die Dauer der Urteilsausfertigung durch das Geschworenengericht eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes darstellt und bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, das Bundesgericht und somit nicht das Kassationsgericht anzurufen wäre.
Am Gesagten ändert nichts, dass das Kassationsgericht jüngst in einer ähnlichen (aber nicht identischen) Konstellation die Rüge der Verletzung des Beschleunigungsgebotes materiell behandelte (Kass.-Nr. AC090003 v. 12.11.2009, dazu BGer 6B_45/2009 v. 4.3.2010). Der dortige Beschwerdeführer hatte mit seiner Rüge einzig die Feststellung der Konventionswidrigkeit (ohne Bezugnahme auf die Strafzumessung) beantragt, in welcher Konstellation davon auszugehen ist, dass das Kassationsgericht zur Behandlung der Rüge zuständig ist (vgl. diesbezüglich BGE 130 IV 54 E. 3.3.2 sowie Kass.-Nr. AC070009 v. 14.6.2007, Erw. II.3.2b). Hingegen hatte das Kassationsgericht in einem Entscheid vom 13. Januar 2006 (Kass.-Nr. AC040127 = RB 2006 Nr. 9) eine mit der vorliegenden Rüge identische Rüge behandelt, womit sich die Frage stellt, ob der Beschwerdeführer im Vertrauen darauf die Rüge im vorliegenden Verfahren erhob und auf diese allenfalls unter dem Aspekt des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 9 BV) einzutreten wäre. Indessen erleidet der Beschwerdeführer durch den Nichteintretensentscheid insofern keinen Rechtsverlust, als ihm gemäss Art. 100 Abs. 6 BGG mit Zustellung des vorliegenden Entscheides die Frist zur Erhebung der Beschwerde nach Art. 78 ff. BGG (neu) zu laufen beginnt und er somit die Rüge ohne weiteres dort erheben kann.
Dem Aspekt des Vertrauensschutzes ist immerhin bei der Bemessung der Gerichtsgebühr im Sinne einer leichten Reduktion Rechnung zu tragen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer damit für das Kassationsverfahren grundsätzlich (vgl. Ziff. 6.3 a.E.) kostenpflichtig.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann
Die Gerichtsgebühr für das Kassationsverfahren wird festgesetzt auf Fr.
900.--.
Die Kosten des Kassationsverfahrens, einschliesslich diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 90 ff.
BGG innert 30 Tagen nach dessen Empfang schriftlich durch eine Art. 42 BGG entsprechende Eingabe Beschwerde gemäss Art. 78 ff. BGG an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden. .
Sodann läuft die Frist von 30 Tagen zur Anfechtung des Urteils des Geschworenengerichts vom 3. April 2008 mit Beschwerde an das Bundesgericht neu ab Empfang des vorliegenden Entscheides (Art. 100 Abs. 1 und 6 BGG).
Hinsichtlich des Fristenlaufes gelten die Art. 44 ff. BGG.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an das Geschworenengericht des Kantons Zürich, das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich sowie an das Migrationsamt des Kantons Zürich, je gegen Empfangsschein.
KASSATIONSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Der Generalsekretär:
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