Zusammenfassung des Urteils AC070029: Kassationsgericht des Kantons Zürich
Das Obergericht hat entschieden, dass gegen superprovisorisch angeordnete Massnahmen im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes keine Beschwerde möglich ist. Die KESB kann vorsorgliche Massnahmen ohne Anhörung der Betroffenen treffen, muss diesen jedoch anschliessend Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Die Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen besteht innerhalb von zehn Tagen. Die Anfechtbarkeit von superprovisorischen Anordnungen im Kindes- und Erwachsenenschutz ist gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen, daher wurde die Beschwerde gegen solche Anordnungen verneint.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | AC070029 |
Instanz: | Kassationsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 03.12.2007 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen |
Schlagwörter : | Beschluss; Nichtigkeitsbeschwerde; Obergericht; Gericht; Bezirksgericht; Verfahren; Urteil; Obergerichtes; Ausstand; Beschlusses; Recht; Verwaltungskommission; Ausstandsbegehren; Entscheid; Bezirksgerichtes; Rechtsmittel; Prozess; Empfang; Kantons; Sekretär; Körperverletzung; Gerichtskasse; Vorinstanz; Bundesgericht; Kassationsverfahren; Kassationsgericht; Kass-Nr; Kassationsrichter |
Rechtsnorm: | Art. 100 BGG ;Art. 42 BGG ;Art. 92 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Donatsch, Flachsmann, Hug, Weder, 19. Aufl. Zürich, Art. 123 StGB, 2013 |
Kassationsgericht des Kantons Zürich
Kass.-Nr. AC070029/U/la
Mitwirkende: die Kassationsrichter Moritz Kuhn, Präsident, Bernhard Gehrig, Paul Baumgartner, die Kassationsrichterin Yvona Griesser und der Kassationsrichter Reinhard Oertli sowie der juristische Sekretär Titus Graf
Zirkulationsbeschluss vom 3. Dezember 2007
in Sachen
X.,
Gesuchsteller, Angeklagter und Beschwerdeführer
gegen
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Zweierstr. 25, Postfach, 8036 Zürich,
Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin
betreffend
Das Gericht hat in Erwägung gezogen:
1. X. (nachfolgend Beschwerdeführer) wurde mit Urteil der I. Abteilung des Bezirksgerichtes Y. vom 5. Dezember 2001 wegen mehrfachen Hausfriedensbruchs, Verletzung des Geheimoder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, Sachbeschädigung, einfacher Körperverletzung und mehrfacher Rassendiskriminierung schuldig gesprochen und mit neun Monaten Gefängnis (unter Verweigerung des bedingten Strafvollzugs) bestraft. Auf Berufung des Beschwerdeführers hin hob das Obergericht mit Beschluss vom 20. August 2002 dieses Urteil auf und wies die Sache zur Wiederholung der Hauptverhandlung zurück. Mit Beschluss und Urteil vom 3. September 2003 trat die I. Abteilung des Bezirksgerichtes Y. auf mehrere Anklagepunkte zufolge Verjährung nicht mehr ein und sprach den Beschwerdeführer überdies teilweise frei; es sprach den Beschwerdeführer indessen weiterhin der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Rassendiskriminierung und der versuchten Nötigung schuldig und bestrafte ihn mit fünf Monaten Gefängnis unbedingt. Dagegen appellierten sowohl der Beschwerdeführer wie auch die Staatsanwaltschaft. Die II. Strafkammer des Obergerichtes sprach den Beschwerdeführer mit Urteil vom 29. November 2004 der mehrfachen Rassendiskriminierung sowie der einfachen Körperverletzung schuldig, sprach ihn hingegen von weiteren Anklagepunkten frei; es bestrafte ihn mit fünf Monaten Gefängnis, unter Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. Eine gegen dieses Urteil vom Beschwerdeführer erhobene Nichtigkeitsbeschwerde hiess das Kassationsgericht mit Beschluss vom 4. Oktober 2005 gut und ordnete zuhanden des Obergerichtes die Rückweisung des Prozesses an die erste Instanz zur Wiederholung der Hauptverhandlung an, was das Obergericht seinerseits mit Beschluss vom 24. Oktober 2005 vollzog.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Beschwerdeführer den obergerichtlichen Beschluss vom 24. Oktober 2005 hinsichtlich der Regelung der Nebenfolgen mittels Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht anfocht, worauf dieses in Gutheissung der Beschwerde mit Beschluss vom 5. Oktober
2006 die Sache an das Obergericht zurückwies, um ergänzend über die Kostenund Entschädigungsfolgen des ersten Berufungsverfahrens zu entscheiden. Mit Beschluss vom 12. März 2007 nahm die II. Strafkammer des Obergerichts die Kosten des Berufungsverfahrens SB040014, einschliesslich diejenigen der amtlichen Verteidigung, auf die Gerichtskasse; zudem sprach es dem Beschwerdeführer für das genannte Verfahren eine gegenüber seinem Antrag reduzierte Prozessentschädigung aus der Gerichtskasse zu. Gegen diesen obergerichtlichen Beschluss hat der Beschwerdeführer wiederum kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, welche noch pendent ist.
Das Bezirksgericht Y. lud die Parteien zufolge der erwähnten Rückweisung der Sache durch das Obergericht auf den 26. Oktober 2007 zur (Wiederholung der) Hauptverhandlung vor. Mit Schreiben vom 14. September 2007 ersuchte der Beschwerdeführer die Bezirksrichter und Gerichtssekretäre des Bezirksgerichtes Y., welche in diesem Strafverfahren an früheren (aufgehobenen) Urteilen beteiligt gewesen seien, in den Ausstand zu treten (VK act. 1). Der Präsident dieses Bezirksgerichtes (A.) überwies das Ausstandsbegehren, seine gewissenhafte Erklärung im Sinne von § 100 Abs. 1 GVG sowie diejenigen der Bezirksrichter B. und C. der Verwaltungskommission des Obergerichtes zur Beurteilung. Der Bezirksgerichtspräsident führte im Überweisungsschreiben unter anderem aus, das Ausstandsbegehren gegen den juristischen Sekretär D. falle gemäss § 101 Abs. 3 GVG in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes; ein entsprechender Entscheid entfalle jedoch, da der frühere Sekretär den Staatsdienst verlassen habe (VK act. 2).
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2007 trat die Verwaltungskommission des Obergerichtes auf das gegen den ehemaligen Gerichtssekretär D. gerichtete Ausstandsbegehren nicht ein. Die Ausstandsbegehren bezüglich der Bezirksrichter A., B. und C. wies sie ab (VK act. 10 bzw. KG act. 2).
Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher die Aufhebung des Beschlusses der Verwaltungskommission des Obergerichtes und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung beantragt wird (KG act. 1).
1. Es stellt sich die Frage, ob eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen den angefochtenen Beschluss zulässig ist.
Die Vorinstanz hat im Dispositiv ihres Beschlusses als zulässiges Rechtsmittel die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne der zürcherischen Zivilprozessordnung aufgeführt (KG act. 2 S. 11/12). Der Beschwerdeführer beruft sich in seiner Beschwerde auf diese Rechtsmittelbelehrung (KG act. 1 S. 2 oben).
Da es sich im vorliegenden Verfahren um einen Strafprozess handelt, ist eine zivilprozessuale Nichtigkeitsbeschwerde von vornherein unzulässig. Aus den nachfolgenden Gründen kann gegen den angefochtenen Beschluss auch keine strafprozessuale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden. Dabei ist ohne Belang, dass die Beschwerde nicht was gemäss § 431 StPO zwingende Voraussetzung ist innert zehn Tagen nach Empfang des vorinstanzlichen Beschlusses angemeldet wurde, sondern innert 30 Tagen nach Empfang begründet wurde.
Gemäss dem unmissverständlichen Wortlaut von § 428 StPO ist die Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen nur gegen Endentscheide (Urteile und Erledigungsverfügungen bzw. -beschlüsse) der dort genannten Gerichtsbehörden zulässig. Demgegenüber können anders als im Zivilverfahren (vgl. § 282 ZPO) verfahrensleitende Entscheide nicht selbständig mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden (Schmid, in: Donatsch/Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996 ff, N 4 und 6 zu § 428 StPO; ders., Strafprozessrecht, 4. A., Zürich 2004, Rz 1050 f.; von Rechenberg, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilund Strafsachen nach zürcherischem Recht, 2. A., Zürich 1986, S. 11). Da es sich bei Entscheiden über Ausstandsbegehren nach herrschender Lehre und gefestigter Praxis um prozessleitende Entscheide handelt, ist deren selbständige Anfechtung ausgeschlossen (Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, N 7 zu § 101 GVG; Schmid, a.a.O. [Kommentar], N 6 zu § 428 StPO; von Rechenberg, a.a.O., S. 11; SJZ 1975, S. 64; ZR 81 Nr. 97; 82 Nr. 125; 83 Nr. 56; 95 Nr. 82; Kass.-Nr.
2001/247, Beschluss vom 1.10.2001 i. S. T. Erw. 3; s.a. Hauser/Schweri, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. A., Basel/Genf/München 2005, § 101 Rz 18 f.). Selbstverständlich vermag eine fehlerhafte bzw. unzutreffende Rechtsmittelbelehrung eine nicht gegebene Zuständigkeit der Rechtsmittelinstanz nicht zu begrün- den (Kass.-Nr. AA050198, Beschluss vom 23.5.2006 i.S. P. Erw. II.4b). Aus diesen Gründen ist mangels (selbständiger) Beschwerdefähigkeit des angefochtenen Beschlusses auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten. Bei dieser Sachund Rechtslage kann in Anwendung von § 433 Abs. 1 StPO davon abgesehen werden, die Beschwerde der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin zur Stellungnahme zuzustellen.
Es rechtfertigt sich im vorliegenden Fall angesichts der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz die Kosten des Kassationsverfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen. Ein Anspruch auf Prozessentschädigung steht dem unterliegenden Beschwerdeführer indessen nicht zu (§ 396a StPO).
Gegen den vorliegenden (Erledigungs-)Beschluss kann Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht erhoben werden. Zudem ist gemäss Art. 100 Abs. 6 BGG neu Frist zur Anfechtung des vorinstanzlichen Beschlusses anzusetzen; hierzu ist festzuhalten, dass es sich dabei um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid über Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG handelt, welcher später beim Bundesgericht nicht mehr angefochten werden kann (Art. 92 Abs. 2 BGG).
Das Gericht beschliesst:
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
Die Gerichtsgebühr für das Kassationsverfahren wird festgesetzt auf: Fr. 300.-- ; die weiteren Kosten betragen:
Die Kosten des Kassationsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.
Dem Beschwerdeführer wird für das Kassationsverfahren keine Entschädigung zugesprochen.
Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 90 ff.
BGG innert 30 Tagen nach dessen Empfang schriftlich durch eine Art. 42 BGG entsprechende Eingabe Beschwerde gemäss Art. 78 ff. BGG an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden.
Sodann läuft die Frist zur Anfechtung des Beschlusses der Verwaltungskommission des Obergerichtes vom 25. Oktober 2007 mit Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht neu ab Empfang dieses Beschlusses.
Hinsichtlich des Fristenlaufes gelten die Art. 44 ff. BGG.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, die Verwaltungskommission des Obergerichtes und das Bezirksgericht Y., je gegen Empfangsschein.
Der juristische Sekretär:
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