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Urteil Kassationsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:AA070012
Instanz:Kassationsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Kassationsgericht des Kantons Zürich Entscheid AA070012 vom 22.10.2007 (ZH)
Datum:22.10.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Unentgeltliche ProzessführungAnfechtung vor Bundesgericht (Rechtsmittelbelehrung)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführerin; Entscheid; Bundesgericht; Verjährung; Forderung; Vorinstanz; Unentgeltliche; Beschluss; Steuer; Zivil; Obergericht; Liegenden; Argument; Einander; Gericht; Erwägung; Rechtspflege; Vorliegenden; Verfahren; Frist; Eingabe; Urteil; FRANK/; MESSMER; Beschwerdegegner; Partei; Unentgeltlichen
Rechtsnorm: Art. 100 BGG ; Art. 127 OR ; Art. 132 BGG ; Art. 134 OR ; Art. 29 BV ; Art. 42 BGG ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:101 Ia 37; 119 Ia 253; 119 Ia 269; 124 III 449; 124 III 453; 129 I 232; 90 II 428; 96 II 428;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Kassationsgericht des Kantons Zürich

Kass.-Nr. AA070012/U/la

Mitwirkende: die Kassationsrichter Moritz Kuhn, Präsident, Herbert Heeb, die Kassationsrichterin Sylvia Frei, die Kassationsrichter Paul Baumgartner und Reinhard Oertli sowie der juristische Sekretär Lukas Künzli

Zirkulationsbeschluss vom 22. Oktober 2007

A.,

in Sachen

Klägerin, Appellantin und Beschwerdeführerin

vertreten durch Rechtsanwalt [ ]

gegen B.,

Beklagter, Appellat und Beschwerdegegner

vertreten durch Rechtsanwalt [ ]

betreffend

Forderung / unentgeltliche Rechtspflege
Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Beschluss der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Dezember 2006 (LB060077/Z04)

Das Gericht hat in Erwägung gezogen:

I.
  1. Mit Urteil vom 21. August 1987 hatte das Bezirksgericht Zürich die Vereinbarung der Parteien vom 9. Juli 1987 über die güterrechtliche Auseinandersetzung genehmigt. Danach hatte der (heutige) Beklagte der (heutigen) Klägerin zur Abgeltung der güterrechtlichen Ansprüche u.a. Fr. 700'000.- in bar zu bezahlen. Da damals noch Strafund Nachsteuern in Aussicht standen, vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin 50 % der Steuereinsparung erhalten sollte, falls der Steuerbetrag insgesamt unter die damals angenommene Höchstlimite von Fr. 470'000.- fallen sollte (vgl. BG act. 4/4). Gestützt auf diese Klausel forderte die Klägerin vom Beklagten den Betrag von Fr. 177'388.75 (nebst Zins). Mit Urteil vom 20. Juni 2006 wies das Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, die Klage ab (vgl. OG act. 91). Die Klägerin liess durch ihren unentgeltlichen Rechtsvertreter die Berufung erklären.

  2. Die I. Zivilkammer des Obergerichts forderte die Klägerin im Hinblick auf die Frage der Weitergeltung der unentgeltlichen Rechtspflege auf, ihre Berufungsanträ- ge bekannt zu geben und in kurzer Form darzulegen, mit welchen Argumenten sie ihre Berufung zu begründen gedenke. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2006 entzog die I. Zivilkammer des Obergerichts der Klägerin die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsvertretung für das Berufungsverfahren infolge Aussichtslosigkeit ihres Prozessstandpunktes und setzte ihr in Anwendung von § 73 Ziff. 4 ZPO Frist zur Leistung einer Kaution von Fr. 12'000.- an (vgl. KG act. 2).

  3. Die Klägerin (nachfolgend Beschwerdeführerin) erhob gegen den obergerichtlichen (Zwischen-)Entscheid mit Eingabe vom 31. Januar 2007 rechtzeitig kantonale Nichtigkeitsbeschwerde und stellte den (Haupt-)Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids (vgl. KG act. 1 S. 2). Der Beschwerde wurde mit Präsidialverfügung vom 7. Februar 2007 antragsgemäss aufschiebende Wirkung verliehen; eine Kaution musste die Beschwerdeführerin aufgrund des Ausschlussgrundes nach § 75 Abs. 2 ZPO nicht leisten (vgl. KG act. 7). Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet (vgl. KG act. 10). Der Beklagte (nachfolgend Beschwerdegegner) stellte in seiner Beschwerdeantwort vom 12. März 2007 den Antrag auf Ab-

weisung der Beschwerde (vgl. KG act. 11 S. 4). Z., der Bruder der Beschwerdefüh- rerin, reichte dazu eine Stellungnahme vom 15. März 2007 ein (vgl. KG act. 14-16).

II.

1. Beim vorliegend angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen prozessleitenden Entscheid. Im Interesse einer raschen Prozesserledigung ist ein solcher grundsätzlich erst mit dem Endentscheid anfechtbar (vgl. § 282 Abs. 2 ZPO). Immerhin lässt § 282 Abs. 1 ZPO eine selbstständige Anfechtung derartiger Entscheide (ausnahmsweise) zu, wenn ein schwer wiedergutzumachender Nachteil droht (Ziff. 1) oder wenn damit ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Verfahren erspart werden kann (Ziff. 2). Namentlich die (zusätzliche) Prozessvoraussetzung nach Ziff. 1 der genannten Bestimmung ist bei Beschlüssen der vorliegenden Art (Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege) erfüllt (FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung,

  1. Auflage, Zürich 1997, N 5b zu § 282 ZPO; VON RECHENBERG, Die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilund Strafsachen nach zürcherischem Recht, 2. Auflage, Zürich 1986, S. 6; SPÜHLER/VOCK, Rechtsmittel in Zivilsachen im Kanton Zürich und im Bund, Zürich 1999, S. 64). Die Beschwerdefähigkeit des vorinstanzlichen Entscheids ist demnach zu bejahen.

    1. Die mit der Beschwerde angerufenen Bestimmungen über die unentgeltliche Rechtspflege nach § 84ff. ZPO gehören zu den wesentlichen Verfahrensgrundsät- zen im Sinne von § 281 Ziff. 1 ZPO (VON RECHENBERG, a.a.O., S. 26f.; FRANK/STRÄU-

      LI/MESSMER, a.a.O., N 24 zu § 281 ZPO). Ob eine Verletzung von § 281 Ziff. 1 ZPO vorliegt, überprüft das Kassationsgericht unter Einschluss der dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen mit freier Kognition. Daneben kommen einzelnen Rügen, mit denen aktenwidrige und willkürliche tatsächliche Annahmen im Sinne von § 281 Ziff. 2 ZPO oder eine Verletzung klaren materiellen Rechts im Sinne von § 281 Ziff. 3 geltend gemacht werden, keine selbständige Bedeutung zu. Sie gehen in der (Haupt-)Rüge der Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes auf (VON RECHENBERG, a.a.O., S. 18; FRANK/ STRÄU- LI/MESSMER, a.a.O., N 15 zu § 281, N 4 zu § 288 ZPO).

    2. a) Gemäss § 84 Abs. 1 und § 87 ZPO hat eine Partei, der die Mittel fehlen, um neben dem Lebensunterhalt für sich und ihre Familie die Gerichtskosten aufzubringen, in einem für sie nicht aussichtslosen Zivilprozess Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung und, sofern sie zur gehörigen Führung des Prozesses eines solchen bedarf, auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters. Die Gewäh- rung der unentgeltlichen Rechtspflege setzt somit kumulativ Mittellosigkeit (Einkommensund Vermögensarmut) der gesuchstellenden Partei, die Verneinung der Aussichtslosigkeit des von ihr vertretenen Prozessstandpunktes sowie eine sachliche Notwendigkeit für eine anwaltliche Vertretung voraus.

      1. Gemäss bundesgerichtlicher und kantonaler Praxis gelten Rechtsbegehren als aussichtslos, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Aussichtslosigkeit ist nicht gegeben, wenn sich die Gewinnaussichten und die Verlustgefahren ungefähr die Waage halten, oder wenn jene nur wenig geringer sind als diese. Es soll verhindert werden, dass eine Partei auf Staatskosten einen Prozess führt, den eine vermögliche Person auf eigene Kosten vernünftigerweise nicht einleiten würde (BGE 119 Ia 253; 105 Ia 113; FRANK/STRÄULI/ MESSMER, a.a.O., N 21a

        zu § 84 ZPO). Ob genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs (BGE 101 Ia 37; FRANK/STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N 21b zu § 84 ZPO). Das bedeutet insbesondere, dass die Prozesschancen im voraus, d.h. aufgrund der einstweilen noch unvollstän- digen Aktenlage, abzuschätzen sind und der (unpräjudizielle) Entscheid ohne vorgängiges bzw. ohne vollständig durchgeführtes Beweisverfahren zu fällen ist; es besteht keine Pflicht des Richters zur Beweiserhebung bzw. zur Vervollständigung derselben. Auch wenn der Richter dabei Argumente und Gegenargumente aufgrund der Beweislage im Zeitpunkt der Gesuchstellung mit Sorgfalt gegeneinander abzuwägen hat, kann es keineswegs darum gehen, bereits bei der Prüfung der Erfolgsaussichten im Sinne von § 84 Abs. 1 ZPO den Prozessstoff umfassend zu würdigen, die materielle Begründetheit der Klage praktisch definitiv zu beurteilen und so gleichsam das Erkenntnisverfahren vorwegzunehmen (vgl. etwa: Kass.-Nr. AA040101, Beschluss vom 15. November 2004, in Sachen W., E. II/4; Kass.-Nr. 97/234 Z, Beschluss vom 22. September 1997 in Sachen S., E. II/4c).

      2. Aus Art. 29 Abs. 2 BV (Anspruch auf rechtliches Gehör) folgt die Pflicht der Behörden und der Gerichte, ihre Entscheide zu begründen (BGE 129 I 232 E. 3.2, 126 I 97 E. 2b, je mit Hinweisen). Der Betroffene soll daraus ersehen, dass seine Vorbringen tatsächlich gehört, sorgfältig und ernsthaft geprüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt wurden. Aus der Begründung müssen sich allerdings nur die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte ergeben; es ist nicht nötig, dass sich der Richter ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und mit jedem rechtlichen Argument auseinandersetzt, sondern es genügt, wenn sich aus den Erwägungen ergibt, welche Vorbringen als begründet und welche - allenfalls stillschweigend - als unbegründet betrachtet worden sind (BGE 119 Ia 269 E. d, 112 Ia 109 E. 2b, je mit Hinweisen; G. MÜLLER in: Kommentar [alt]BV, Überarbeitung 1995, Art. 4 Rz 112-114; J.P. MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Auflage, Bern 1999,

      S. 535 ff., 539). Über diese Grundsätze geht auch das kantonale Verfahrensrecht nicht hinaus (ZR 81 Nr. 88 E. 2).

    3. Die Vorinstanz erwog in ihrem die unentgeltliche Rechtspflege entziehenden Entscheid das Folgende (vgl. KG act. 2 S. 4-6):

Bereits im Ansatz untauglich und verfehlt ist die Argumentation über die steuerrechtliche Verjährung. Zum einen geht es hier nicht um eine Forderung aus Steuerrecht, und schon gar nicht um eine Forderung des die Steuer erhebenden Staates, und zum anderen hätte - wenn schon - bereits bei erster Lektüre von § 161 Abs. 2 StG und ernsthafter Befassung mit der Sache auffallen müssen, dass die dort genannte Frist von 15 Jahren beim Ablauf der jeweiligen Steuerperiode anhebt und dass es bei der Verfügung über die Nachund Strafsteuern vom 4. Juli 1989 um die Steuerjahre 1979 bis 1984 ging (Urk. 4/6). Rechtshängig gemacht wurde die vorliegende Klage am 4. November 2004 (Urk. 1).

Was sodann die von der [Beschwerdeführerin] angerufene Norm von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR angeht, so ist vorab festzuhalten, dass nicht geltend gemacht wird, dass es aus vom [Beschwerdegegner] zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen ist, ihn vor einem schweizerischen Gericht einzuklagen. Sodann ist erneut darauf hinzuweisen, dass nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR nicht auf Fälle anwendbar ist, wo der Ansprecher aus subjektiven Gründen

- und sei es auch ohne jedes Verschulden - daran gehindert ist, rechtzeitig vor einem schweizerischen Gericht zu klagen (BGE 96 II 428ff.; 124 III 449 E. 4; Berti, ZH Komm. zum OR, N. 16 und 20 zu Art. 134). Soweit sich die [Beschwerdeführerin] darauf beruft, dass auch Meinungen vertreten werden, die auch subjektive Momente für einen Stillstand der Verjährung nach Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR genügen lassen wollen (Urk. 99, S. 6-9), so ist ihr entgegenzuhalten, dass sich das Bundesgericht in seinem Entscheid 90 II 428 [dort E. 7-10] eingehend mit dieser Frage auseinandergesetzt und

dabei insbesondere auch die von der [Beschwerdeführerin] erwähnten abweichenden Meinungen von Fick, Bloch und Spiro einbezogen hat. Auch der Hinweis auf den Dresdner Entwurf hilft nicht weiter. Das Bundesgericht hat sich im erwähnten Entscheid auch mit der Entstehungsgeschichte von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR auseinandergesetzt und festgehalten, dass sich daraus keine Schlüsse auf die Bedeutung dieser Bestimmung ziehen lassen (BGE, a.a.O., S. 437; dazu auch Spiro, Die Begrenzung privater Rechte durch VerjährungsVerwirkungsund Fatalfristen, Bd. 1, S. 214ff.). Nachdem das Bundesgericht zuletzt in BGE 124 III 449, E. 4, an dieser Rechtsprechung, wonach sich auf Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR nur berufen könne, wer durch objektive, von seinen persönlichen Verhältnissen unabhängige Umstände daran gehindert wird, in der Schweiz zu klagen, festgehalten hat und nicht irgendwelche aktuelle Publikationen ersichtlich sind, welche dringend zu einer Abkehr von dieser Praxis raten, kann nicht mit überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass es im vorliegenden Fall zu einer Praxisänderung kommen könnte. Damit muss der Standpunkt der [Beschwerdeführerin] im Berufungsverfahren als aussichtslos gelten.

    1. a) Die Beschwerdeführerin wendet ein, das Bundesgericht habe sich noch nie mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sich eine urteilsunfähige, nicht bevormundete Person auf Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR berufen könne. Herr Spiro habe sinngemäss daran, d.h. an seiner früher geäusserten bejahenden Auffassung, festgehalten. In BGE 90 II 428 sei es um einen rumänischen Staatsangehörigen, der in Bukarest lebe und aus Angst, vom Staate verfolgt zu werden, seine Forderungen in der Schweiz nicht geltend gemacht habe. In BGE 124 III 449 sei ein sehr komplexes rechtliches Gebilde zu beurteilen gewesen, welches den Kläger sozusagen ausser Stande gesetzt habe, eine örtliche Zuständigkeit zu begründen. Beide Fälle hätten nicht ansatzweise etwas mit diesem konkreten Fall zu tun. Eine erweiterte Auslegung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR sei vor allem deshalb angezeigt, weil bei bestehender Urteilsunfähigkeit und bei nicht bestehender Vormundschaft die Verjährung unmöglich nicht unterbrochen werden könne. Der nicht bevormundete Urteilsfähige (recte wohl: Urteilsunfähige) wisse ja gar nicht, welche Rechte er habe. Da sich seit Spiro niemand mehr mit dieser Frage habe auseinandersetzen müssen, könne die Vorinstanz auch nicht davon ausgehen, dass das Bundesgericht in dieser ganz speziellen Situation gleich entscheiden würde wie in den anders gelagerten genannten Fällen (vgl. KG act. 1 S. 10-12, vgl. auch S. 16-19).

      b) Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente vermögen die vorinstanzliche Beurteilung der Erfolgschancen nicht umzustossen. Das Obergericht hat mit aller Deutlichkeit dargelegt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Hemmungsgrund nach Ziff. 6 von Art. 134 Abs. 1 OR nur dann erfüllt ist, wenn der Gläubiger durch objektive, von seinen persönlichen Verhältnissen unabhängige Umstände daran gehindert ist, in der Schweiz zu klagen. Das Bundesgericht hat seine Ansicht einlässlich unter Hinweis auf die Natur und den Zweck der im OR vorgesehenen Verjährung sowie die Gesetzessystematik begründet und dabei auch die in der Lehre bestehenden Gegenansichten miteinbezogen. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht in BGE 124 III 453 E. 4a (=Pra 88 Nr. 53 E. 4a) im Grundsatz bestätigt (Gemäss der Rechtsprechung ist diese Bestimmung nur anwendbar, wenn der Gläubiger durch objektive Umstände, die nicht von seiner persönlichen Lage abhängen, daran gehindert ist, in der Schweiz eine Klage einzureichen [BGE 90 II 428 E. 6-9=Pra 54 Nr. 33]. Durch seine restriktive Auslegung der vorgenannten Bestimmung hat das Bundesgericht so die Tragweite des durch das Rechtssprichwort hervorgebrachten Grundsatzes 'contra non valentem agere non currit praescriptio' stark relativiert. Dieser Grundsatz besagt, dass die Verjährung still steht, wenn der Gläubiger, aus welchem Grund auch immer, an der Verfolgung seines Rechts gehindert ist [...]. Wenn es angebracht ist, sich gegenüber der Art der Umstände strikt zu zeigen, die für die Anwendung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR massgebend sind, ist im Gegenzug eine gewisse Nachgiebigkeit am Platz, wenn es darum geht zu entscheiden, ob der im konkreten Fall vorgebrachte objektive Umstand die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt oder nicht.; vgl. zum Ganzen auch BERTI, Zürcher Kommentar OR, N 3 und 16ff. zu Art. 134 OR). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht keine genügenden Anhaltspunkte dafür gesehen hat, dass es im vorliegenden Fall, in welchem sich die Beschwerdeführerin auf ihre persönliche (gesundheitliche) Situation beruft, zu einer Praxisänderung kommen könnte. Auch der Versuch der Beschwerdeführerin, den vorliegenden Fall mit den in Ziff. 1 bis 4 von Art. 134 Abs. 1 OR erwähnten Hinderungsbzw. Stillstandsgründe gleichzusetzen und daraus eine Notwendigkeit der richterlichen Lückenfüllung über Ziff. 6 von Art. 134 Abs. 1 OR abzuleiten (vgl. KG act. 1 S. 16-18), lässt die Erfolgschancen ihres Prozessstandpunktes nicht in einem besseren Licht erscheinen. Zum einen ist der in Art. 134 OR enthaltene Katalog der Hinderungsbzw. Stillstandsgründe grundsätzlich abschliessend und zwingend (vgl. BERTI, a.a.O., N 1, 3 und 37 zu Art. 134 OR; vgl. BGE 90 II 428 E. 9) und zum anderen bleibt es dabei, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Hemmungsgrund nach Ziff. 6 von Art. 134 Abs. 1 OR nur dann erfüllt ist, wenn der Gläu- biger durch objektive, von seinen persönlichen Verhältnissen unabhängige Umstän- de daran gehindert ist, in der Schweiz zu klagen.

    2. a) Die Beschwerdeführerin sieht weiter ihren Gehörsanspruch verletzt. Sie hält dafür, dass ihr im Berufungsverfahren mindestens zwei Parteivorträge zur Frage der Verjährungsproblematik hätten zugestanden werden müssen (vgl. KG act. 1 S. 11-12).

b) Der Vorinstanz war es nach § 90 Abs. 2 ZPO unbenommen, die Frage der Weitergeltung der unentgeltlichen Rechtspflege für ihr Verfahren zu prüfen bzw. einen selbstständigen Entscheid zu fällen und hierzu die Beschwerdeführerin gestützt auf § 84 Abs. 2 ZPO aufzufordern, ihre Angriffsund Verteidigungsmittel zu bezeichnen (vgl. FRANK/STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N 23 zu § 84, N 3 zu § 90 ZPO). Die Beschwerdeführerin kam einer entsprechenden Aufforderung mit Eingabe vom 15. September 2006 nach (vgl. vorstehend E. I/2, OG act. 99). Inwiefern der Beschwerdeführerin darüber hinaus im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten ein weitergehendes Anhörungsrecht hätte zugestanden werden müssen, ist im Lichte der einleitenden Erwägungen (vgl. vorstehend E. I/3b a.E.; vgl. auch FRANK/STRÄU- LI/MESSMER, a.a.O., N 23 zu § 84 a.E.) nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht weiter geltend gemacht. Die Rüge ist unbegründet.

6. a) Weiter erachtet die Beschwerdeführerin folgende Erwägung der Vorinstanz unter Hinweis auf ihre vorinstanzliche Eingabe vom 15. September 2006 (OG act. 99 S. 5-6) als aktenwidrig und willkürlich (vgl. KG act. 2 S. 4):

In ihrer mit Verfügung vom 12. Juli 2006 (Urk. 94) angeforderten Kurzbegründung hält die [Beschwerdeführerin] der Erwägung der Vorinstanz, dass die Forderung der [Beschwerdeführerin] im Oktober 1989 fällig geworden und dass damals der Lauf der zehnjährigen Verjährungsfrist nach Art. 127 OR ausgelöst worden ist, nichts entgegen. Sie bestreitet auch nicht, dass diese Frist im Oktober 1999 geendet hat und somit zur Zeit der Klageanhebung klar abgelaufen war.

b) Die Beschwerdeführerin hielt diesen Feststellungen auf Seiten 5 und 6 ihrer Eingabe vom 15. September 2006 offensichtlich nichts entgegen. Dass sie - die Beschwerdeführerin - indessen den (rechtlichen) Standpunkt vertrat, dass nicht die 10-, sondern die 15-jährige Verjährungsfrist zur Anwendung gelange, entging auch der

Vorinstanz nicht, wie dem angefochtenen Entscheid unschwer entnommen werden kann (vgl. KG act. 2 S. 4, 2. Abschnitt, a.E. und dortige Belegstellen). Inwiefern die angerufenen Nichtigkeitsgründe gegeben sein sollen, bleibt bei dieser Sachlage unerfindlich. Die Rüge erweist sich sogleich als unbegründet.

    1. a) Die Vorinstanz erachtete die Argumentation über die steuerrechtliche Verjährung im Ansatz als untauglich und verfehlt mit der Begründung, dass es hier nicht um eine Forderung aus Steuerrecht, und schon gar nicht um eine Forderung des die Steuer erhebenden Staates gehe (vgl. vorstehend E. II/4). Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, ihre Forderung stütze sich im Ergebnis auf den Bestand, respektive Nichtbestand einer Forderung der öffentlichen Hand. Für die Forderung der öffentlichen Hand laufe einer längere Verjährung als für die grundsätzlich davon abgeleitete Forderung der Beschwerdeführerin. Es stelle sich deshalb die Frage, ob sie sich nach Treu und Glauben darauf berufen dürfe, dass ihre Verjährung nicht kürzer sein dürfe, als die Verjährung der Basisforderung, von der sie ihre eigene Forderung ableite. Genau diesen Standpunkt habe sie vor Vorinstanz eingenommen. Diese habe sich aber unter Verletzung des Gehörsanspruches nicht damit auseinandergesetzt (vgl. KG act. 1 S. 15, 2. Abschnitt).

      b) Die Beschwerdeführerin weist nicht nach, wo bzw. dass sie bereits im vorinstanzlichen Verfahren in der nunmehr geltend gemachten Art und Weise argumentiert habe. Sollte sie der Meinung sein, dass sie auf Seite 6 (2. Abschnitt) ihrer obergerichtlichen Eingabe vom 15. September 2006 (OG act. 99) entsprechend argumentiert habe, erweist sich die Rüge der Gehörsverletzung als unbegründet. Die Vorinstanz hat die dort vorgebrachten Argumente gehört bzw. zur Kenntnis genommen, wie sich aus den Erwägungen auf S. 4 (unten) ihres Entscheids und der dort angeführten Belegstelle Urk. 99 S. 6 ergibt. Wie gezeigt erwog sie im Anschluss daran, dass die Argumentation über die steuerrechtliche Verjährung im Ansatz untauglich und verfehlt sei, da es nicht um eine Forderung aus Steuerrecht, und schon gar nicht um eine Forderung des die Steuer erhebenden Staates gehe (Hervorhebung durch KassGer). Mit dieser Erwägung hat die Vorinstanz das Argument der Beschwerdeführerin implizit als nicht stichhaltig verworfen. Denn die Forderung des die Steuer erhebenden Staates mag zwar Einfluss auf die Höhe der Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner gehabt haben, sie ändert aber nichts

      daran, dass diese (ihre eigene) Forderung zivilrechtlicher Natur ist, für welche die 10-jährige Verjährungsfrist gilt.

    2. Die Vorinstanz erwog im vorstehenden Kontext im Sinne einer selbststän- dig tragenden Eventualbegründung weiter, dass selbst die 15-jährige Verjährungsfrist nach § 161 Abs. 2 StG abgelaufen wäre (vgl. KG act. 2 S. 5 oben, vorstehend

E. II/4). Ob diese Erwägungen auf einem Überlegungsfehler beruhen, wie die Beschwerdeführerin weiter einwendet (vgl. KG act. 1 S. 15-16), braucht nicht entschieden zu werden. Wie gezeigt hat die vorstehend unter E. II/7.1 behandelte (Haupt-) Begründung, wonach die 15-jährige Verjährungsfrist gar nicht zur Anwendung gelange, Bestand und vermag als solche den Entscheid in diesem Punkt alleine zu tragen.

  1. Z. setzt sich in der Stellungnahme vom 15. März 2007 (vgl. KG act. 14) mit dem Gesundheitszustand seiner Schwester, der Beschwerdeführerin, auseinander, und repliziert dabei offenbar auf die Vorbringen des Beschwerdegegners in der Beschwerdeantwort (vgl. KG act. 11 S. 2). Die Frage, ob bei der Beschwerdeführerin eine dauernde schwere geistige Störung, wie sie von Spiro für die Anwendung von Art. 134 Abs. 1 Ziff. 6 OR vorausgesetzt wird, überhaupt vorgelegen hatte, bildete nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bzw. der vorinstanzlichen Aussichtslosigkeitsprüfung. Ein allfälliger Mangel kann sich folglich auch nicht zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgewirkt haben. Auf die genannte Eingabe braucht bei dieser Sachlage nicht weiter eingegangen zu werden, und es kann auch offen gelassen werden, ob die dortigen Vorbringen nicht ohnehin am im Verfahren der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde geltenden Novenverbot scheitern.

  2. Nach dem Gesagten vermochte die Beschwerdeführerin keinen Nichtigkeitsgrund darzutun. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden kann.

  3. Da der vorliegende Beschluss nach dem 1. Januar 2007 ergeht, kann er mit den im Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG) vorgesehenen bundesrechtlichen Rechtsmitteln beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 132 Abs. 1 BGG). Beim vorliegenden Beschluss handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Demnach ist gegen ihn die Beschwerde

in Zivilsachen gemäss Art. 72 ff. BGG an das Bundesgericht nur unter den in Art. 93 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Ob diese erfüllt sind, entscheidet das Bundesgericht. Weiter beginnt nach der neueren bundesgerichtlichen Praxis zu

Art. 100 Abs. 6 BGG mit der Eröffnung des kassationsgerichtlichen Beschlusses grundsätzlich auch die Frist zur (Mit-)Anfechtung des obergerichtlichen Beschlusses vom 8. Dezember 2006 mit Beschwerde an das Bundesgericht zu laufen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 5A_86/2007 vom 3. September 2007, E. 1.3, und 6B_51/2007 vom 3. September 2007, E. 1). Allerdings ist in Fällen der vorliegenden Art betreffend Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege im Lichte des Urteils des Bundesgerichts vom 20. August 2007 (5A_36/2007, E. 3) nicht sicher, ob das Bundesgericht auf eine entsprechende Beschwerde gegen den obergerichtlichen Entscheid eintreten würde. Die Rechtsmittelbelehrung erfolgt daher ausdrücklich unter diesem Vorbehalt.

III.

Die Beschwerdeführerin hat ausgangsgemäss die Kosten des vorliegenden Verfahrens zu tragen und sie ist zu verpflichten, dem Beschwerdegegner eine angemessene Prozessentschädigung zu bezahlen (vgl. §§ 64 Abs. 2 und 68 Abs. 1 ZPO).

Das Gericht beschliesst:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

    Damit entfällt die der Beschwerde verliehene aufschiebende Wirkung.

  2. Der Beschwerdeführerin wird eine Frist von 20 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses angesetzt, um für die Gerichtskosten und eine allfällige Prozessentschädigung an die Gegenpartei bei der Obergerichtskasse eine Prozesskaution von Fr. 12'000.- zu leisten, unter den Androhungen und Bedingungen gemäss Beschluss der I. Zivilkammer des Obergerichts vom 8. Dezember 2006.

  3. Die Gerichtsgebühr für das Kassationsverfahren wird festgesetzt auf:

  4. Die Kosten des Kassationsverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

  5. Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, dem Beschwerdegegner für das Kassationsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.- zu entrichten.

  6. Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 90 ff. BGG innert 30 Tagen nach dessen Empfang schriftlich durch eine Art. 42 BGG entsprechende Eingabe Beschwerde gemäss Art. 72 ff. BGG an das Schweizerische Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden.

    Sodann läuft die Frist von 30 Tagen zur Anfechtung des Beschlusses des Obergerichtes vom 8. Dezember 2006 mit Beschwerde an das Bundesgericht neu ab Empfang des vorliegenden Entscheides (Art. 100 Abs. 1 und 6 BGG).

    Hinsichtlich des Fristenlaufes gelten die Art. 44 ff. BGG

  7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich und an die 4. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich, je gegen Empfangsschein.

KASSATIONSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Der juristische Sekretär:

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