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Urteil Kantonsgericht (SZ)

Zusammenfassung des Urteils BEK 2015 146: Kantonsgericht

In dem Fall BEK 2015 146 ging es um einen Beschuldigten, der wegen häuslicher Gewalt und Drohungen gegenüber seiner Frau in Untersuchungshaft genommen wurde. Die Beschwerdekammer hob die Verfügung auf und wies den Haftantrag ab, da keine konkrete akute Gefahrenlage vorlag. Es wurde festgestellt, dass die bekannten Drohungen entweder nicht strafrechtlich verfolgbar waren oder nicht hinreichend verdächtig. Die Staatsanwaltschaft wurde angewiesen, den Beschuldigten innerhalb einer Woche aus der Haft zu entlassen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Kanton auferlegt, und der Verteidiger wurde angemessen entschädigt.

Urteilsdetails des Kantongerichts BEK 2015 146

Kanton:SZ
Fallnummer:BEK 2015 146
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kammer
Kantonsgericht Entscheid BEK 2015 146 vom 09.11.2015 (SZ)
Datum:09.11.2015
Rechtskraft:In Rechtskraft
Leitsatz/Stichwort:Untersuchungshaft
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Ehefrau; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Untersuchungshaft; Drohung; U-act; Sinne; Kantons; Auseinandersetzung; KG-act; Zwangsmassnahmen; Antrag; Verfügung; Taten; Kantonsgericht; Drohungen; Vergehen; Verfahren; Verbrechen; Person; Verteidiger; Gewalt; Haftgr; Verbrechens; ächtig
Rechtsnorm:Art. 126 StGB ;Art. 180 StGB ;Art. 186 StPO ;Art. 219 StPO ;Art. 221 StPO ;Art. 28b ZGB ;Art. 397a ZGB ;Art. 42 BGG ;
Referenz BGE:137 IV 13; 137 IV 339; 137 IV 84;
Kommentar:
Donatsch, Hans, Hansjakob, Lieber, Kommentar StPO, Art. 186 StPO, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts BEK 2015 146

BEK 2015 146 - Untersuchungshaft

Beschluss vom 9. November 2015
BEK 2015 146


Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsidentin lic. iur. Daniela Pérez-Steiner,
Kantonsrichter Dr. Stephan Zurfluh und Clara Betschart,
Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis Bösch.

In Sachen

A.__,
Beschuldigter und Beschwerdeführer,
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt B.__,

gegen

Staatsanwaltschaft Innerschwyz, Postfach 562, 6431 Schwyz,
Strafverfolgungsbehörde und Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Staatsanwalt C.__,




betreffend
Untersuchungshaft
(Beschwerde gegen die Verfügung der Einzelrichterin am Zwangsmassnahmengericht vom 18. Oktober 2015, ZME 2015 78);-

hat die Beschwerdekammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. A.__ hatte mit seiner Frau am 7. Oktober 2015 eine tätliche Auseinandersetzung, in deren Verlauf er sie auch bedroht haben soll. Nach einem weiteren Streit mit seiner Frau verliess er am 9. Oktober 2015 die Wohnung, wurde als vermisst gemeldet und polizeilich ausgeschrieben (prov. U-act. 2 S. 1). Die Kantonspolizei Schwyz nahm ihn am 15. Oktober 2015 gestützt auf Art. 217 Abs. 1 lit. a und b StPO vorläufig fest. Danach wurde bei den Ermittlungen festgestellt, dass er am 5. 6. Oktober gegenüber Mitarbeitern der D.__ in .__ gedroht haben soll, E.__ umzubringen und vorher noch ein paar andere mitzunehmen. Zuvor soll er am 17. August 2015 E.__ in Anwesenheit dessen Verteidiger schon folgendermassen bedroht haben: „Jetzt hast Du es mit .__ zu tun. Die machen es ganz anders. Kopf weg“ (ebd. S. 2 f.). Die Staatsanwaltschaft Innerschwyz eröffnete gegen A.__ am 16. Oktober 2015 wegen mehrfacher Drohung und häuslicher Gewalt eine Strafuntersuchung (prov. U-act. 10). Sie stellte gleichentags dem Zwangsmassnahmengericht Antrag auf Anordnung der Untersuchungshaft, welchem die Einzelrichterin mit Verfügung vom 18. Oktober 2015 teilweise stattgab und vorläufig Haft bis am 14. Dezember 2015 anordnete.
2. Mit Beschwerde vom 23. Oktober 2015 beantragt der Beschuldigte dem Kantonsgericht, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben, den Haftantrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen und ihn unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Eventualiter seien als Ersatzmassnahmen bestimmte Rayonund Kontaktverbote, subeventualiter gleichzeitig ein vorübergehender stationärer Aufenthalt in Absprache mit Dr. med. F.__ in einer geeigneten Klinik anzuordnen. Nachträglich reichte die Verteidigung am 29. Oktober 2015 eine Stellungnahme von Dr. med. F.__ ein und ersuchte um Beizug des Protokolls der Zeugenbefragung (KG-act. 6). Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Beschwerdeantwort vom 30. Oktober 2015, die Beschwerde abzuweisen. Sie reichte das Protokoll der Zeugenbefragung sowie ihren Auftrag zur psychiatrischen Begutachtung des Beschuldigten ein (KG-act. 8). Dazu äusserte sich der Beschuldigte nochmals mit Eingabe vom 3. November 2015 (KG-act. 10).
3. Die Vorderrichterin bejahte den allgemeinen Haftgrund und hielt den Beschuldigten in drei Fällen eines Vergehens Verbrechens dringend verdächtig (Art. 221 Abs. 1 StPO): Erstens der häuslichen Gewalt gegenüber der Ehefrau am 7. Oktober 2015 (tätliche Auseinandersetzung und Bedrohung), zweitens die direkte Bedrohung E.__am 17. August 2015 und drittens der bedrohlichen Äusserungen laut D.__ (dazu unten lit. a und b). Vor-auszuschicken ist, dass die vorläufige Festnahme durch die Polizei entgegen deren Angaben im Rapport (prov. U-act. 2 S. 2) nicht auf einem Ertappen auf frischer Tat im Sinne von Art. 217 Abs. 1 lit. a StPO beruhen kann. Weder diesem Rapport noch dem Zuführungsbericht nach Art. 219 Abs. 3 StPO (prov. U-act. 9) ist zu entnehmen, inwiefern das rapportierte Verhalten des Beschuldigten anlässlich der polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung am 15. Oktober 2015 kriminell gewesen sein sollte.
a) Bezüglich der Auseinandersetzung vom 7. Oktober 2015 stützt sich die angefochtene Verfügung auf die Aussagen der Ehefrau des Beschuldigten ab, ohne sich indes mit der Frage zu beschäftigen, ob sich der Beschuldigte dabei effektiv eines Vergehens Verbrechens und nicht nur einer Übertretung, nämlich der Tätlichkeiten im Sinne von Art. 126 StGB verdächtig gemacht haben könnte. Letzteres ist aus folgenden Gründen wahrscheinlicher: Die Polizei rapportiert nur gegenseitige „Tätlichkeiten“ (prov. U-act. 2 S. 2) und die Ehefrau gab zu Protokoll, dass sie nach anfänglichem gegenseitigem Schubsen mit Schlagen begonnen habe. Die darauf folgenden Schläge des Beschuldigten hätten ihr zwar weh getan und zu einem Unwohlsein geführt. Als sie dies ihm aber gesagt habe, habe er sofort aufgehört und die Ambulanz gerufen. Im Spital seien nur Hämatome diagnostiziert worden (prov. U-act. 6 S. 3 und S. 7 Nr. 13). Der Beschuldigte ist aufgrund dieses Sachverhaltes nicht dringend eines Vergehens Verbrechens verdächtig, zumal die Ehefrau ihr Unwohlsein mehr auf eine Verkrampfung zufolge psychischer Störungen bzw. Stress in ihrer Beziehung sowie den Urinabgang auf ein Beckenboden-Problem und nicht auf die vom Beschuldigten bestrittenen Schläge zurückführt (ebd. S. 3).
b) Drohungen und mithin Vergehen werden dem Beschuldigten im Rahmen der tätlichen Auseinandersetzung mit der Ehefrau (unten lit. aa) und in Bezug auf zwei weitere Vorfälle (unten lit. bb) angelastet.
aa) Der Beschuldigte soll sich im Rahmen der tätlichen Auseinandersetzung (vgl. oben lit. a) sinngemäss folgendermassen gegenüber seiner Ehefrau geäussert bzw. einen Tag vorher in einem WhatsApp geschrieben haben: Er werde sie nachher schon noch finden und sie müsse aus der Wohnung, sonst passiere etwas. Diese Äusserungen beinhalten indes keine Androhung eines konkreten Übels. Sie machten der Ehefrau auch nur deshalb Angst, weil der Beschuldigte ihrer Ansicht nach jetzt psychisch so schlecht beisammen sei und sie ihn nicht wiedererkenne (prov. U-act. 6 Nr. 6, vgl. auch Nr. 8). Sie bieten daher keinen Anlass zur Fassung eines Zwangsmassnahmen rechtfertigenden dringenden Tatverdachts einer von Amtes wegen zu verfolgenden schweren Drohung im Sinne von Art. 180 StGB.
bb) Eine Bestrafung wegen der angeblichen direkten Bedrohung von E.__ vom 17. August 2015 ist bislang nicht beantragt worden, weshalb dieser Vorfall vorläufig nicht weiter verfolgt werden kann, geschweige denn unter Ergreifung von Zwangsmassnahmen. Auch zur zweiten, E.__ indirekt sowie unbestimmte andere Personen betreffenden mutmasslichen Drohung vom 5. 6. Oktober 2015 fehlt ein Strafantrag. Schon deswegen ist vorläufig eine Verurteilung nicht wahrscheinlich. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass die Vorfälle unter bislang bekannten Umständen ohne weiteres den Tatbestand einer schweren Drohung erfüllen (Art. 180 Abs. 1 StGB). Unklar ist namentlich ihre Eignung, überhaupt jemanden in Angst und Schrecken zu versetzen. Dagegen spricht nicht nur, dass die Drohungen weder E.__ noch andere Personen bislang zu Strafanträgen veranlasst haben, sondern auch, dass sie laut Aussagen des D.__ diffus sind. Ihr Potential erschöpft sich im Wesentlichen in den diesem unter dem unmittelbaren Eindruck der tätlichen Auseinandersetzung bekanntgemachten verständlichen Sorgen der Ehefrau um die psychische Verfassung des Beschuldigten (prov. U-act. 7 S. 3 Nr. 8 f. und 11 f. i.V.m. KG-act. 8/2 Nr. 9 ff.). Erst angesichts dieser Schilderungen begann der D.__ die allgemeine Situation anders zu beurteilen und die fragliche Drohung nicht nurmehr als Ausdruck der Verzweiflung des Beschuldigten wegen des sexuellen Missbrauchs seines Sohnes zu betrachten (KG-act. 8/2 Nr. 15 und 19). Da wie gesagt (oben lit. a) nicht davon ausgegangen werden darf, dass der Beschuldigte gegenüber seiner Ehefrau massiv gewalttätig geworden wäre, wie sie dies offenbar dem Zeugen mitgeteilt hatte (ebd. Nr. 23), ist die Bedeutung der Drohungen zu relativieren. Die Anordnung von strafrechtlichen Zwangsmassnahmen erweisen sich daher auch in der Sache als nicht gerechtfertigt.
4. Spezielle Haftgründe liegen aus folgenden Gründen nicht vor:
a) Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren durch Flucht entziehen könnte. Zum einen ist er nach einer Vermisstmeldung im September wie gegenüber der Polizei angekündigt in die Schweiz zurückgekehrt (prov. U-act. 9 S. 2). Zurzeit besteht auch kein dringender Tatverdacht für ein Vergehen Verbrechen, wofür er eine erhebliche Strafe zu erwarten hätte. Zudem hat er zu seinem Sohn nach Einschätzung des Zeugen eine sehr innige Beziehung (KG-act. 8/2 Nr. 22 und 32).
b) Inwiefern der Beschuldigte Personen und Beweismittel zu Lasten der Wahrheitsfindung konkret negativ beeinflussen könnte, legen weder die Staatsanwaltschaft noch die Zwangsmassnahmenrichterin dar. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern bezüglich der Ehefrau Kollusionsgefahr bestehen soll, zumal diese laut seitens der Staatsanwaltschaft unbestrittenen Angaben des Verteidigers inzwischen befragt worden sein soll.
c) Entgegen der Auffassung der Vorderrichterin hat das Bundesgericht das Vortatenerfordernis bei der Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO weder aufgegeben noch stark relativiert, sondern nur in zwei Richtungen zurückgenommen. Erstens können sich früher begangene Straftaten nicht nur auf rechtskräftig abgeschlossene frühere Strafverfahren, sondern auch auf Vorwürfe beziehen, die Gegenstand des hängigen Strafverfahrens sind, in dem sich die Frage der Untersuchungshaft stellt. Allerdings muss dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass die beschuldigte Person solche Straftaten begangen hat. Neben einer rechtskräftigen Verurteilung gilt der Nachweis auch bei einem glaubhaften Geständnis einer erdrückenden Beweislage als erbracht (BGE 137 IV 84 E. 3.2; vgl. auch EGV-SZ 2011 A 5.1). Zweitens kann nur bei akut drohenden Schwerverbrechen ausnahmsweise ganz auf das Vortatenerfordernis verzichtet werden (vgl. BGE 137 IV 13 = Pra 2011 Nr. 90 E. 3 und 4 bei Vorliegen eines psychiatrischen Gutachtens, welches die Rückfallgefahr in Bezug auf ein Tötungsdelikt bejahte). Die Bedeutung des Vortatenerfordernisses bei der Wiederholungsgefahr wird schliesslich indirekt auch noch durch die Rechtsprechung zur Ausführungsgefahr eines angedrohten schweren Verbrechens im Sinne von Art. 221 Abs. 2 StPO insofern relativiert, als es nicht erforderlich ist, dass der Beschuldigte mit der Ausführung einer Straftat ausdrücklich gedroht hat, sondern es genügt, wenn er durch sein konkretes Verhalten (konkludent) diese Gefahr zu erkennen gab (BGE 137 IV 339 E. 2.4). Jedenfalls aber sollen die Beschränkungen von Art. 221 StPO immer noch verhindern, dass Personen aufgrund wenig fundierter Vermutungen in Untersuchungshaft versetzt werden (BGE 137 IV 13 = Pra 2011 Nr. 90 E. 3.2 und 4.5; zum Ganzen BEK 2014 40 vom 22. April 2014 E. 4.a).
Bei der Auseinandersetzung mit der Ehefrau handelt sich zwar um eine untolerierbare, aber keine Untersuchungshaft rechtfertigende physische Gewaltausübung des in letzter Zeit nach Aussagen der Ehefrau psychisch auffälligeren Beschuldigten im Abgrenzungsbereich zu einfachen Köperverletzungen. Dieser Vorfall ist indes kein erhebliches Indiz für ein allfälliges fremdgefährdendes Gewaltpotential, umso weniger als die Ehefrau zugegebenermassen den Beschuldigten zuerst geschlagen haben soll. Gefährlich dünken Staatsanwaltschaft und Vorderrichterin noch die Drohungen, wofür es aber nach dem Gesagten in jenen Fällen, in welchen die erforderlichen Strafanträge nicht vorliegen, von Vornherein am (auch relativierten) Vortatenerfordernis fehlt. Angesichts der erwähnten Umstände der bedrohlichen Äusserungen des Beschuldigten (E. 3.b) ist darüber hinaus die nur unter restriktiven Voraussetzungen prognostizierbare, Präventionshaft rechtfertigende Gefahrenlage nicht gegeben. Vielmehr erscheinen diese Äusserungen, soweit sie überhaupt hinreichend bestimmten Drohcharakter aufweisen, nach wie vor primär der Verzweiflung des Beschuldigten darüber geschuldet, ob der nach drei Tagen aus der Haft entlassene E.__ wegen mutmasslichen sexuellen Missbrauchs seines geistig behinderten Sohnes korrekt verfolgt wird. Deswegen fürchtet auch der D.__ in Übereinstimmung mit den Informationen des den Beschuldigten behandelnden F.__-Arztes (KG-act. 6/1) mehr um das Wohlergehen des Beschuldigten bzw. darum, dieser könnte sich selber etwas antun (ebd. Nr. 22), als dass er anderen gefährlich werden könnte.
d) Mangels spezieller Haftgründe erweist sich daher abgesehen vom fehlenden dringenden Tatverdacht die Anordnung von Untersuchungshaft als unzulässig. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft erweist sich vorliegend auch deswegen als problematisch, weil abgesehen von der naheliegenden Einschaltung der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) sich strafprozessual wenn schon die Prüfung einer stationären Begutachtung nach den Voraussetzungen von Art. 186 StPO aufdrängte. Dies umso mehr, als das von der Ehefrau geschilderte verstärkte aggressive und impulsive Drohverhalten des Beschuldigten bislang nicht untersucht werden konnte (anders in mit vorliegendem Sachverhalt in keiner Weise vergleichbaren BGer 1B_25/2011 = BGE 137 IV 13 = Pra 2011 Nr. 90 E. 2.1, wonach im Rahmen eines Tötungsdelikts gutachterlich andauernde, die öffentliche Sicherheit ernsthaft und schwer gefährdende Persönlichkeitsstörungen diagnostiziert waren).
5. Aufgrund der durch die Ehefrau geschilderten erheblichen Verschlechterung des psychischen Zustands des Beschuldigten ist in diesem Verfahren nicht auszuschliessen, dass er erwachsenenschutzrechtlicher Massnahmen bedarf. Es rechtfertigt sich deshalb zur Ablösung der Untersuchungshaft durch eine fürsorgerische Unterbringung nach Art. 426 ff. ZGB im Sinne des Eventualantrages durch einen mit dem Arzt des SPD abgesprochenen, freiwilligen stationären Aufenthalt der Staatsanwaltschaft noch etwas Zeit einzuräumen (dazu vgl. BGer 1B_77/2014 vom 17. März 2014 E. 2.3). Auch die fürsorgerische Unterbringung muss gewöhnlich umgehend vollzogen werden können. Es genügt daher, die Staatsanwaltschaft anzuweisen, den Beschuldigten innert Wochenfrist nach Eröffnung des vorliegenden Beschlusses nach Absprache mit der zuständigen KESB bzw. mit dem von der Verteidigung bezeichneten Arzt F.__ aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Die allfällige fürsorgerische Unterbringung nach vorliegend verfügter Haftentlassung ist nicht als Ersatzmassnahme anzusehen (vgl. Philipp Maier, FFE statt Untersuchungshaft, in Bornatico/Breitschmid/Hell/Maier, Freiheitsentziehung: Fürsorgeund Ordnungsrecht im Spannungsfeld des Art. 397a ZGB, Zürich 2004, S. 85). Im vorliegenden Fall kann der Beschuldigte nicht unter dem Haftregime in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden, welches sich als unzulässig erwiesen hat. Die Unzulässigkeit der Untersuchungshaft liegt nochmals zusammenfassend darin, dass bloss die Vermutung, der Beschwerdeführer sei psychisch gefährlich krank, abgesehen vom fehlenden allgemeinen Haftgrund keine hinreichend Grundlage zur Annahme einer konkreten akuten Gefahrenlage im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c bzw. Abs. 2 StPO bieten konnte. Die bekannten Drohungen sind entweder mangels Strafantrag strafrechtlich nicht verfolgbar mangels hinreichender Bestimmtheit nicht dringend verdächtig. Unter diesen Umständen gehen zivilrechtliche Massnahmen vor (vgl. auch Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, Bern 20123, N 926; abgesehen von den polizeirechtlichen Möglichkeiten unter Anrufung des Zivilrichters vgl. § 19b PVO sowie Art. 28b ZGB) und hätten die Strafverfolgungsbehörden ihre Zuständigkeit zur Ergreifung von Sicherheitsmassnahmen umgehend in Koordination mit der KESB von Anfang an verneinen sollen, um die Vermischung erwachsenenschutzrechtlich strafprozessual notwendiger Prävention von Beginn weg zu vermeiden. Abgesehen davon hätte sich vor der Beantragung von Untersuchungshaft die Prüfung einer Einweisung zur stationären Begutachtung aufgedrängt (Art. 186 StPO), welche aber im Falle einer fürsorgerischen Unterbringung ebenfalls nicht erforderlich gewesen wäre (Donatsch in Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar StPO, 20142, Art. 186 N 20 und 25 f.; zum Ganzen BEK 2014 40 vom 22. April 2014 E. 5).
6. Aus diesen Gründen ist in teilweiser Gutheissung der Beschwerde die angefochtene Verfügung aufzuheben. Der Haftantrag der Staatsanwaltschaft ist abzuweisen und diese im Sinne der Erwägungen anzuweisen, den Beschuldigten innert Wochenfrist aus der Haft zu entlassen. Ausgangsgemäss gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des Kantons und ist der Verteidiger angemessen für beide Instanzen zu entschädigen;-

beschlossen:
1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die angefochtene Verfügung aufgehoben, der Haftantrag abgewiesen und die Staatsanwaltschaft angewiesen, den Beschwerdeführer im Sinne der Erwägungen innert Wochenfrist nach Beschlusseröffnung aus der Haft zu entlassen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1‘000.00 gehen zu Lasten des Kantons.
3. Der Verteidiger wird für beide Instanzen aus der Kantonsgerichtskasse mit Fr. 2‘000.00 entschädigt.
4. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
5. Zufertigung an Rechtsanwalt B.__ (2/R, vorab per Fax), die Staatsanwaltschaft Innerschwyz (1/R, vorab per Fax), die Oberstaatsanwaltschaft (1/R) die Vorinstanz (1/ü) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/ü mit den Akten) und an die Kantonsgerichtkasse (1/ü, im Dispositiv).

Namens der Beschwerdekammer
Die Kantonsgerichtsvizepräsidentin


Der Gerichtsschreiber

Versand
10. November 2015 sl
Quelle: https://www.kgsz.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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