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Urteil Strafkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1996.22: Strafkammer

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze gemäss der Strafprozessordnung. Er bemängelt, dass die Schlussverfügung nicht den Anforderungen entspricht und nicht klar genug ist. Der Untersuchungsrichter hat die Sache zur Beurteilung an den Gerichtspräsidenten überwiesen, jedoch fehlen wichtige Angaben in der Schlussverfügung. Es wird erklärt, dass die Schlussverfügung die Funktion der Anklageschrift übernimmt und der Beschuldigte genau wissen muss, was ihm vorgeworfen wird. Im konkreten Fall wird dem Beschuldigten vorgeworfen, gegen das Abfallverbrennungsverbot verstossen zu haben. Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Beschuldigten gegen das Urteil des Obergerichts abgewiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZZ.1996.22

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1996.22
Instanz:Strafkammer
Abteilung:-
Strafkammer Entscheid ZZ.1996.22 vom 31.10.1995 (SO)
Datum:31.10.1995
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorhalt in Schlussverfügung, Verbrennen von Abfällen
Schlagwörter : Verfügung; Schlussverfügung; Beschuldigte; Quot; Anforderungen; Gericht; Verfahren; Untersuchungsrichter; Beschuldigten; Vorhalt; Anklage; Urteil; Absatz; Sachverhalt; Freien; Voruntersuchung; Beurteilung; Gehör; Abfälle; Prozessordnung; Präsidial; Verfügung; Protokoll; Angabe; Sachverhalts; Verfahrensprotokoll; Eröffnungsverfügung; Einsprache
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:120 IV 355;
Kommentar:
Schmid, Kommentar Einziehung, Art. 58 StGB, 1998

Entscheid des Kantongerichts ZZ.1996.22

Urteil erfolglos Kassationsbeschwerde:

1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung wesentlicher Verfahrensgrundsätze gemäss § 190 Abs. 1 lit. a StPO. Er macht geltend, die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Schlussverfügung genüge den Anforderungen von § 97 Abs. 2 StPO unter den Gesichtspunkten des Anklagegrundsatzes sowie des rechtlichen Gehörs nicht.

2. Der Schluss der Voruntersuchung und die Überweisung an das Gericht sind im vierten Abschnitt der Solothurner Strafprozessordnung geregelt. Der Unterabschnitt A umschreibt das Verfahren in Präsidialund Amtsgerichtsfällen. Gemäss § 97 Absatz 1 StPO schliesst der Untersuchungsrichter die Voruntersuchung durch Verfügung ab, die im Protokoll festzuhalten ist. Der Schlussverfügung ist demnach der Platz im (Verfahrens-)Protokoll klar zugewiesen. Absatz 2 schreibt dem Untersuchungsrichter weiter vor: "Überweist er die Sache dem Gericht zur Beurteilung, muss die Schlussverfügung eine summarische Angabe des Sachverhalts (Ort, Zeit, Umstände der Tat, Verletzter), die gesetzliche Bezeichnung der Straftat und die als anwendbar erachteten Strafbestimmungen enthalten." Die Schlussverfügung, eventuell ergänzt durch Einstellungsoder Ausdehnungsbeschlüsse des Gerichts, umschreibt den Gegenstand der Urteilsfindung genau und abschliessend (SOG 1993, Nr. 20 unter Hinweis auf SOG 1975, Nrn. 20 f.) Nicht eingeschränkt ist das Gericht hingegen in der strafrechtlichen Würdigung der Tat, wobei aber das rechtliche Gehör des Beschuldigten gemäss § 116 StPO gewahrt werden muss). Nach der Systematik des Gesetzes gilt die Regelung der Schlussverfügung gemäss § 97 StPO gleichermassen für das Präsidialwie für das Amtsgerichtsverfahren.

Im vorliegenden Fall hat der Untersuchungsrichter die Voruntersuchung abgeschlossen und die Sache zur Beurteilung an den Gerichtspräsidenten überwiesen. Diese 'Schlussverfügung' erfüllt die gesetzlichen Anforderungen nicht. Der Untersuchungsrichter beantragte nämlich eine Beurteilung des Beschuldigten "wegen des gemachten Vorhaltes". Aus der Schlussverfügung geht jedoch nicht hervor, worin dieser besteht. Auch im übrigen Verfahrensprotokoll finden sich hierzu keine Angaben. In der Eröffnungsverfügung wurde bloss auf die Strafverfügung verwiesen. Diese ist jedoch zufolge Einsprache hinfällig geworden (§ 136 Abs. 4 StPO) und schon deshalb untauglich, Teil einer Schlussverfügung zu sein.

Nach den Erläuterungen Arthur Haefliger zum Entwurf der neuen StPO - dort zu § 96 - übernimmt die Schlussverfügung "die Funktion der Anklageschrift, so weit es sich um die Umgrenzung der Taten handelt, die das Gericht zu beurteilen hat". Beigefügt wird, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt, dass der Beschuldigte genau weiss, was ihm zur Last gelegt wird. Im Vorhalt liegt das Kernstück der Schlussverfügung. Er muss daher dort, wenn auch nur summarisch, wiedergegeben werden. Ein Sachverhalt, welcher lediglich den Akten, nicht aber der Schlussverfügung, zu entnehmen ist, genügt den Anforderungen des Anklageprinzips nicht (BGE 120 IV 355; 116 Ia 457. Das schliesst nicht aus, dass der summarische Vorhalt in einer Beilage, z.B in einem beigehefteten Deliktsverzeichnis, konkretisiert wird). Es geht daher nicht an, den Sachverhalt, der einer Strafverfügung zugrunde liegt, im Falle der Einsprache durch blossen Verweis zum Bestandteil einer Schlussverfügung zu erklären. Der eingeklagte Vorgang muss vielmehr in der Schlussverfügung selber enthalten sein. Das gilt auch dort, wo keine zusätzlichen Untersuchungshandlungen erfolgten diese zu keinen neuen Erkenntnissen führten. Denn eine Strafverfügung und eine Schlussverfügung sind, was schon aus ihrer ungleichen Umschreibung in der Strafprozessordnung erhellt (vgl. § 97 Abs. 2 mit § 135, insbes. lit. b), ihrer Natur nach verschiedene Dinge, was einer Vermischung der beiden Verfügungen grundsätzlich im Wege steht. Den gesetzlichen Anforderungen genügt auch nicht ein Vorhalt, der sich zwar gemäss § 97 Absatz 1 StPO im Verfahrensprotokoll (z.B. in der Eröffnungsverfügung), nicht aber in der Schlussverfügung findet. Der Wortlaut von Absatz 2 lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die in dieser Vorschrift aufgeführten Kriterien in der Schlussverfügung selber erfüllt sein müssen. Die Bestimmung macht keinen Unterschied zwischen den eingeklagten Deliktsarten und gilt daher auch für blosse Übertretungen. Dagegen vermögen Argumente der Praktikabilität nicht aufzukommen, zumal sie in Anbetracht der modernen Textverarbeitung nicht mehr ins Gewicht fallen.

3. (...) § 16 Abs. 1 KAV verbietet das Verbrennen von Abfällen im Freien. Dieser Grundsatz wird durch die Marginalie noch betont. Wer also im Freien Abfälle verbrennt, macht sich grundsätzlich strafbar. Vom Verbot ausgenommen sind lediglich Feldoder Gartenabfälle sowie Schnittholz von Feldobstbäumen, sofern kumulativ folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind: Das Brenngut muss trocken sein, eine Kompostierung ist nicht zumutbar, und die Nachbarschaft wird nicht belästigt. Nur unter diesen Bedingungen sind Feuer im Freien erlaubt. Es handelt sich dabei um Ausnahmekriterien, nicht um Tatbestandsmerkmale.

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschuldigten eine Missachtung des Abfallverbrennungsverbotes vorgeworfen. Mit dem Vorhalt, der Beschuldigte habe ein grosses Feuer und eine starke Rauchentwicklung verursacht, wurde den materiellen Anforderungen an eine summarische Angabe des Sachverhalts i.S. von § 97 Abs. 1 StPO Genüge getan. Es geht daraus hervor, dass der Beschuldigte im Freien Abfälle verbrannt und dadurch gegen § 16 KAV verstossen hat. Es wird weiter deutlich gemacht, dass es sich dabei zwar um Feldabfälle gehandelt hat, dass aber die übrigen Ausnahmevoraussetzungen nicht erfüllt sind. Mehr kann in einem Baga-tellverfahren nicht verlangt werden. Der Untersuchungsrichter war nicht verpflichtet, dem Beschuldigten das Fehlen der drei Ausnahmevoraussetzungen im Anklagesachverhalt ausdrücklich vorzuhalten. Dass sie im vorliegenden Fall fehlen, ergibt sich schon aus der Tatsache der Anklage an sich.

 

Obergericht Strafkammer, Urteil vom 31. Oktober 1995

 

Das Bundesgericht hat eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde des Beschuldigten am 3. Juni 1996 abgewiesen.

 



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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