E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Zivilkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1994.6: Zivilkammer

Die Person B.________ hat am 2. November 1999 eine Invalidenversicherungsleistung beantragt, da sie aufgrund von Fibromyalgie nur wenige Stunden Haushaltsarbeit pro Woche verrichten kann. Nach verschiedenen medizinischen Untersuchungen wurde ihr eine halbe Rente gewährt. Trotz einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustands forderte sie eine volle Rente, was abgelehnt wurde. Nach mehreren gerichtlichen Entscheidungen und Gutachten wurde die Entscheidung des Versicherungsamtes aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen. Es handelt sich um eine weibliche Person.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZZ.1994.6

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1994.6
Instanz:Zivilkammer
Abteilung:-
Zivilkammer Entscheid ZZ.1994.6 vom 22.02.1994 (SO)
Datum:22.02.1994
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verjährung, Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren
Schlagwörter : Verjährung; Montage; Verkauf; Verjährungsfrist; Handwerksarbeit; Kleinverkauf; Vergütungsanspruch; Montagepflicht; Leistung; Vertrag; Escher; Herstellung; Gauch; Vordergr; Kaufvertrag; Forderungen; Werkvertrag; Spiro; Teilleistungen; Willen; Arbeit; Tuhr/Escher; Lieferung; Normküchen; Parteien; Beklagten; Konsumenten; Gewerbetreibende
Rechtsnorm:Art. 127 OR ;
Referenz BGE:116 II 428;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZZ.1994.6

Urteils (in BR 1991, 99) hält Gauch unter anderem fest, die ratio legis, auf der die gesetzliche Verkürzung der Verjährungsfrist beruht, sei überholt und gebe für die Auslegung des Begriffs der Handwerksarbeit nur noch wenig her; deshalb rechtfertige es sich, den Kreis der Handwerksarbeiten eng zu ziehen. Stehe der Verkauf der gelieferten Elemente im Vordergrund und trete deren Montage als blosse Nebenleistung hinzu, was aber nicht generell zu bejahen sei, handle es sich in Wirklichkeit um einen Kaufvertrag mit Montagepflicht. Dann aber stelle sich die Frage, ob Art. 128 Ziff. 3 OR nicht gleichwohl zur Anwendung komme, weil die auf fünf Jahre verkürzte Verjährungsfrist auch für Forderungen aus dem Kleinverkauf von Waren gelte.

Merz (ZbJV 128/1992, 212) bemerkt zu BGE 116 II 428, bei dieser Betrachtungsweise könne man sich fragen, ob nicht ein Kauf mit Montagepflicht vorliege, wobei die Montage als gleichwertige Leistung zur Sachlieferung des Verkäufers hinzutritt. In diesem gemischten Vertrag seien die passenden Regeln des Kaufund Werkvertragsrechts sinngemäss anzuwenden, was wohl dazu führe, die Montage doch als Handwerksarbeit anzusehen. Für Gauch (Werkvertrag, S. 249 Rz 872 a.E.) geht es dagegen nicht an, für verschiedene Teile des Vergütungsanspruchs eine verschieden lange Verjährung laufen zu lassen. Nach Spiro (Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungsund Fatalfristen, 1975, Band I, § 279, S. 653) gilt die kurze Verjährung für die gesamte aus der Handwerksarbeit entstandene Rechnung, somit auch für den mitgelieferten Stoff und andere Auslagen. Für die meistens gemeinsam erfolgenden Teilleistungen zu unterscheiden, entspräche weder dem Grund der kurzen Verjährung noch dem Willen des Gesetzes, das auch den Verkauf von Waren an den Kunden erfasst, und wäre praktisch höchst untunlich. Escher dagegen will die ordentliche Verjährung gelten lassen, wenn der grössere Teil der zu leistenden Arbeit auf die fabrikmässige Herstellung des Materials entfällt (von Tuhr/Escher, Allgemeiner Teil des Schweiz. Obligationenrechts, Band II, 3. Aufl. 1974, S. 215 Anm. 42).

c) Die Herstellung und Lieferung von Normküchen, Badezimmern und Wandschränken, wie sie im vorliegenden Fall erfolgt ist, stellt keine Handwerksarbeit dar. Im Vordergrund steht die maschinelle Herstellung der einzelnen normierten Teile, bei der das handwerkliche Können keine Rolle spielt; sie erfolgte denn auch durchwegs durch ungelerntes Personal. Der ganze Produktionsprozess erfordert zudem beachtliche organisatorische Leistungen. Die manuelle, handwerkliche Arbeit umfasst bloss den Einbau der Normteile und ist von untergeordneter Bedeutung. Da die Montage bloss von untergeordneter Bedeutung war und sich nur mit rund 10% des Gesamtpreises ohne Apparate auswirkte, kann nicht von einem gemischten Vertrag gesprochen werden. Es handelte sich um ein einheitliches Vertragsverhältnis, weshalb mit der Mehrheit der Lehre eine einheitliche Verjährungsfrist anzunehmen ist. Die Parteien haben einen gesamthaften Vergütungsanspruch für Lieferung und Montage vereinbart (einzig die Küchenapparate sind separat ausgewiesen). Diesen nachträglich auf Teilleistungen aufzuteilen, widerspricht dem Willen der Parteien und ist auch praktisch undurchführbar. Beruht die Leistung der Beklagten auf einem Werklieferungsvertrag, gilt für den Vergütungsanspruch somit die allgemeine zehnjährige Verjährungsfrist des Art. 127 OR.

d) Handelt es sich um einen Kaufvertrag mit Montagepflicht, kann sich einzig noch fragen, ob die fünfjährige Verjährungsfrist deshalb anwendbar ist, weil es sich um einen Kleinverkauf von Waren handelt. Dabei ist daran zu erinnern, dass einer kurzen Verjährung lediglich Forderungen unterworfen sein sollen, für welche im Allgemeinen weder schriftliche Verträge aufgesetzt noch Belege lange aufbewahrt zu werden pflegen. Zum Kleinverkauf von Waren zählt der gewerbsmässige Verkauf vertretbarer Gegenstände durch den Detaillisten an Konsumenten an kleine Gewerbetreibende, welche die Ware im eigenen Geschäft verbrauchen, nicht aber der Verkauf zum Weiterverkauf der gelegentliche, nicht gewerbsmässige Verkauf einer einzelnen Sache (Von Tuhr/Escher, S. 215 Anm. 43; Honsell, Kommentar OR, Art. 1-529, 1992, N 19 zu Art. 128; Spiro, §§ 285 und 286).

Ob ein Verkauf von Normküchen und -badezimmern an einen Endverbraucher überhaupt als Kleinverkauf von Waren gelten kann, erscheint fraglich, kann aber offen bleiben. Im vorliegenden Fall ist der Verkauf an einen anderen Gewerbetreibenden erfolgt, der die gelieferte Sache nicht selber genutzt, sondern an einen Konsumenten abgegeben hat. Damit kann von vornherein nicht von einem Kleinverkauf von Waren gesprochen werden, so dass auch in diesem Falle für den Vergütungsanspruch des Beklagten die allgemeine zehnjährige Verjährungsfrist des Art. 127 OR gilt.

Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 22. Februar 1994



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.