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Urteil Zivilkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1993.4: Zivilkammer

Ein Gerichtsurteil vom 4. November 2009 wurde von der Chambre des Recours des Tribunal cantonal gefällt. Die Klägerin G.________ aus Lausanne hatte gegen die Beklagte F.________ SA aus Zürich geklagt. Nach verschiedenen Verfahrensschritten wurde der Rekurs von G.________ als unzulässig erklärt, da dieser nur neue Behauptungen, aber keine neuen Schlussfolgerungen enthielt. Das Gerichtsurteil ist ohne Kosten und ist vollstreckbar. Der Richter war M. Colombini, der Betrag der Gerichtskosten betrug 900 CHF, und die Kosten für die Gegenseite betrugen 1'500 CHF. Die verlierende Partei war die Firma F.________ SA (weiblich).

Urteilsdetails des Kantongerichts ZZ.1993.4

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1993.4
Instanz:Zivilkammer
Abteilung:-
Zivilkammer Entscheid ZZ.1993.4 vom 16.03.1993 (SO)
Datum:16.03.1993
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Wasserrecht, ehehafte wohlerworbene Rechte
Schlagwörter : Recht; Wasser; Rechte; Quot; Reglement; Brunnen; Verträge; Wasserrechte; Hahnenbrunnen; Reglemente; Dienstbarkeiten; Solothurn; Vertrag; Zeiten; Rechten; Kündigung; Wasserbezug; Minutenliter; Bestimmungen; Verträgen; Gutachten; Gemeinde; Rechtsordnung; Urteil; Liegenschaft; Wasserabgabe; Wasserversorgung; Rappen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZZ.1993.4

Urteil, Willensverordnung und Verjährung = Ersitzung) begründet und übertragen (§ 772 CGB).Die Inhaber hatten aber das Recht, diese Servitute zu Beweiszwecken einzutragen (§ 778 CGB).

Die selbständigen und dauernden Rechte (Baurechte, Quellenrechte und "Wasserrechtsverleihungen") wurden nicht gesondert behandelt. Sie galten auch nicht als irreguläre Personalservitute, sondern wurden den Prädialservituten gleichgestellt (Walliser, Der Gesetzgeber Joh. Baptist Reinert und das Solothurnische Civilgesetzbuch von 1841-1847, S. 529). Eigentliche Dienstbarkeiten waren die Wasserrechte nicht (§ 765 CGB).Durch die Verknüpfung mit einer Liegenschaft hatten sie aber den Charakter von Realgerechtigkeiten, die das CGB wie Dienstbarkeiten behandelte. § 774 CGB bestimmte ausdrücklich, dass diejenigen Dienstbarkeiten, "die bis zum Zeitpunkt, wo gegenwärtiges Gesetz in Kraft tritt, erworben worden sind, in Bestand bleiben".Die ständigen Dienstbarkeiten, z.B. das Recht der Wasserleitung, wurden nach 30Jahren durch Ersitzung erworben (§ 773 CGB).

5. Die Wasserreglemente von 1877, 1884 und 1904 regelten die Wasserabgabe nach dem jeweiligen Stand der Wasserversorgung in unterschiedlicher Weise:

a) Im Reglement vom 27.11.1877 ging es vor allem darum, den Wasserbezug mengenmässig zu regulieren. Die laufenden Privatbrunnen wurden als Übel empfunden (Tschumi, S. 28).Das Wasser wurde "kaufsweise", ausnahmsweise "mietweise" abgegeben und das gekaufte Quantum mit Kaliberhahnen zugewiesen. Der Kauf eines Minutenliters kostete 400 Franken, die Miete 35 Rappen. Den bisherigen Brunnenberechtigten wurde das Wasser (im Rahmen ihrer Berechtigung) ebenfalls mit Kaliberhahnen zugewiesen (§ 8).Die Regulierung des Zuflusses kostete sie nichts. Hingegen mussten sie pro Minutenliter 40 Franken zahlen, wenn sie durch entsprechende Veränderungen an der bestehenden Einrichtung vom höheren Druck profitieren wollten, der mit der neuen Anlage möglich geworden war (§ 23).

b) Mit dem Reglement vom 26.5.1884 wurden die Hahnenbrunnen mit Wassermessern eingeführt. Das Wasser wurde grundsätzlich nur noch mietweise gegen Bezahlung von 10 Rappen pro m3 abgegeben (§ 6).Die bisherigen Brunnenberechtigten konnten ihre laufenden Brunnen ebenfalls in einen Hahnenbrunnen mit Wassermesser umwandeln. Pro Minutenliter wurde ihnen dabei ein unentgeltlicher Wasserbezug von 250 m3 im Jahr zugestanden. Für den Mehrverbrauch mussten sie wie alle andern 10 Rappen pro m3 zahlen. Im übrigen waren sie wie schon im Reglement von 1877 den allgemeinen Bestimmungen unterstellt (§ 24).

c) Das Reglement vom 22.7.1904 erlaubt nur noch die "pachtweise" Abgabe von Wasser und in der Regel nur noch für Hahnenbrunnen. Laufende Brunnen werden zu Ausnahme (§ 20).Hinsichtlich der bisherigen Brunnenberechtigten wird unterschieden zwischen "denjenigen Privaten", die "zufolge Kauf Eigentümer von Brunnen sind" und denjenigen "zufolge alten bestehenden Rechten" (§ 23).

6. Die Parteien bzw. der Staat Solothurn und das Gasund Wasserwerk der Stadt Solothurn haben in der Zeit von 1885 bis 1934 zu allen streitigen Wasserrechten Verträge abgeschlossen. Nach Auffassung der Klägerin sind dadurch Neuregelungen entstanden. Namentlich die Wasserlieferungen für das Rathaus seien mit einem Vertrag vom 30.4.1934 völlig neugeordnet worden. Es werde nicht nur ausdrücklich und vorbehaltlos auf das Reglement vom 22.7.1904 hingewiesen, sondern auch eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart.

Die Verträge sind für die Umstellung von laufenden Brunnen in Hahnenbrunnen abgeschlossen worden. Es wird reglementsgemäss festgelegt, wieviele Kubikmeter (statt Minutenliter) fortan unentgeltlich zu liefern sind und dass für den Mehrverbrauch nach üblichem Tarif bezahlt werden muss. Es sind Formularverträge, die allerdings nicht zu allen Zeiten die gleichen vorgedruckten Texte hatten. In den älteren Verträgen wurde für die Umwandlung der unentgeltlichen Brunnenrechte in Hahnenbrunnen ein nur für diese Fälle bestimmter Text verwendet. Bei diesen Verträgen (es betrifft die Rechte Nr. 152, 185d, 233, 235, 244, 321d und 336) ist überhaupt nicht ersichtlich, inwiefern die Rechte auf eine neue Grundlage gestellt inhaltlich neu geregelt worden sein könnten. Neben der Umwandlung in Hahnenbrunnen wird festgelegt, aus welcher Leitung das Wasser geliefert wird, und dass die Reglementsbestimmungen gelten, soweit sie durch den Vertrag nicht aufgehoben geändert werden. Zu den Rechten selber äussern sich die Verträge nicht. Sie enthalten auch keine Kündigungsklauseln.

Zwei spätere Verträge vom 7.8.1918 und vom 30.4.1934 sehen eine beidseitige Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von drei Monaten vor (Recht Nr. 306, Liegenschaft Herrenweg).Es ging auch bei diesen Verträgen um die Umwandlung in Hahnenbrunnen. Die vorgedruckten Texte beziehen sich aber nicht mehr spezifisch auf die Brunnenrechte mit unentgeltlichem Wasserbezug und sind so gestaltet, dass sie für alle Fälle und Arten von Wasserabgaben verwendet werden konnten. Im Vertrag vom 30.4.1934 wird zudem die Menge der unentgeltlichen Wasserlieferungen für das Rathaus gemäss den Rechten Nr. 234, 237, 238 und 240 von total 2875 m3 pro Jahr zusammengezählt festgehalten. Beide Verträge verweisen auf das Reglement vom 22.7.1904 und halten fest, dass der "Brunnenpächter alle daherigen Bestimmungen und Vorbehalte" anerkenne und übernehme.

Der Hinweis auf das Reglement hat zur Folge, dass die reglementarischen Bestimmungen Vertragsinhalt wurden. Was das Reglement hinsichtlich der alten Rechte bestimmte, galt damit auch für die Verträge. Unter diesen Umständen kann ihnen nicht entnommen werden, die Vertragsparteien hätten den Willen gehabt, die Stadt solle die alten Rechte mit einer Kündigung auf drei Monate aufheben können. Es waren Formularverträge, die für die Normalfälle und vor allem für die Begründung von neuen Wasserabgabeverhältnissen verwendet wurden. Die Kündigungsmöglichkeit kann sich nur auf jenes Wasser bezogen haben, das über die unentgeltliche Menge hinaus gebraucht und geliefert wurde. Von einer vertraglichen Neuordnung der alten Wasserrechte kann deshalb nicht gesprochen werden.

7. Für die Beurteilung der Rechte aus heutiger Sicht ist bei den Reglementen anzuknüpfen, die seit 1877 erlassen wurden. Die alten Rechte waren reglementarisch zu allen Zeiten anerkannt. Den Berechtigten wurde stets zugesichert, es werde ihnen wie bisher weiterhin Wasser geliefert. Die Reglemente von 1877, 1884 und 1904 bestimmten gleichzeitig den Umfang des künftigen unentgeltlichen Wasserquantums näher. Die Rechte wurden damit als vorbestandene Rechte anerkannt und gefestigt (Gutachten Siegwart, S. 42).Im Unterschied zu den Bezugsrechten, die neu und unter der Herrschaft der Reglemente begründet wurden, konnten sie nicht entzogen werden. Der Gemeinderat konnte aus Gründen des öffentlichen Wohls nach allen ersten drei Reglementen gegen Rückerstattung der Concessionsgebühr bezw. des Kaufpreises nur "erteilte Brunnen-Concessionen" wieder an sich ziehen (Urk. 18, § 9; Urk. 19, §§ 8 lit. b, 24; Urk. 20, § 20).Auf die alten Rechte, für die im Sinne der Reglemente nie eine Gebühr ein Preis bezahlt worden war, konnten sich diese Bestimmungen jedenfalls nicht beziehen. Die Reglemente garantierten insofern auch den Bestand der Rechte. Daran hat sich in diesem Jahrhundert bis zum Reglement vom 25. Juni 1979 nichts geändert.

Der kommunale Gesetzgeber hätte es schon bei den ersten Reglementen in der Hand gehabt, alle wasserbeziehenden Bürger gleich zu behandeln. Es waren schon damals Privilegien, die dem Zeitgeist und der öffentlichen Ordnung an sich nicht mehr entsprachen. Die Anerkennung kann heute nur mit der damals schon bestandenen Althergebrachtheit erklärt werden. Rechte, die aus weit zurückliegenden Zeiten stammten und ohne Störung neben den neu entwickelten Verhältnissen noch Platz hatten, wurden respektiert und dinglichen Rechten gleichgestellt (Gutachten Siegwart, S. 15/16).Der "Zug zur Verdinglichung" aus den alten Rechtssystemen haftete ihnen weiter an. Auch das kantonale Recht anerkannte dingliche Rechte, die vor seiner Geltung als solche begründet worden waren. Die Wasserrechte waren an ein Grundstück gebunden und entsprachen inhaltlich insofern einer Dienstbarkeit, als die Gemeinde in ihrer Verfügungsgewalt über das öffentliche Wasser eingeschränkt wurde (Siegwart, S. 18/19). Neue Rechte ihrer Art konnten nach 1877 nicht mehr begründet werden. Wenn es keine dinglichen Rechte waren, wurden sie jedenfalls als solche angesehen und wie sie behandelt. In diesem Sinne waren es schon damals historische ehehafte Rechte.

Die rechtliche und zeitliche Herkunft unterscheidet die Solothurner Wasserrechte von den Wasserbezugsrechten in der Gemeinde Derendingen gemäss dem Gutachten Liver, von dem sich die Klägerin hauptsächlich leiten liess. Dort lagen Verträge vor, die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts abgeschlossen worden waren und nach Massgabe von bekanntem Recht qualifiziert und eingeordnet werden konnten. Den Berechtigten wurde zwar auch zugesichert, das Wasser werde ihnen auf "ewige Zeiten" unentgeltlich weitergeliefert. Es waren aber keine vorbestandenen Rechte, die auf längst vergangene Zeiten und Rechtssysteme zurückgingen. Sie wurden mit diesen Verträgen erst begründet und konnten unter der Herrschaft des CGB nicht als dingliche Rechte ausgestaltet sein. Die Frage, ob sie die geltende Rechtsordnung als altrechtliche Ansprüche anzuerkennen habe und es deshalb wohlerworbene ehehafte Rechte sein könnten, stellte sich nicht. Das Gutachten Liver hatte einen anderen Sachverhalt zu beurteilen als den vorliegenden und trifft in den Schlussfolgerungen hier nicht zu.

Die Weitergeltung bis in die neueste Zeit hat an der Natur der Rechte grundsätzlich nichts geändert. Die Rechte haben sich mit der fortwährenden Anerkennung und unangefochtenen Ausübung aber zusätzlich verstärkt. Weder die Einführung des ZGB noch die Schaffung der öffentlich-rechtlichen Wasserversorgung haben zu Änderungen geführt dazu Anlass gegeben. Es wäre insbesondere bei der Monopolisierung der Wasserversorgung naheliegend gewesen, die Rechte aufzuheben sie neu zu ordnen. Stattdessen wurden sie abermals anerkannt. Sie fanden dadurch auch in der modernen Rechtsordnung und Rechtspraxis Eingang. Aktenkundiger Ausdruck dafür ist der Beschluss des Gemeinderates vom 11.2.1965, wo erklärt wird, es seien wohlerworbene Privatrechte ". .. in deren Bestand das Gemeinwesen nicht nur gegen Entschädigung eingreifen kann". Im Beschwerdeverfahren, das im Zusammenhang mit der jüngsten Reglementsrevision durchgeführt wurde, stellte auch der Regierungsrat fest "Viele Umstände weisen darauf hin, dass es sich bei den vor 1877 begründeten und bis anhin stets anerkannten Berechtigungen um wohlerworbene Rechte handelt, die unter dem Schutz von Art. 15 der Kantonsverfassung stehen" (RRB vom 22.9.1981, S. 18).Die Regierung hatte die Frage selber nicht zu entscheiden. Sie nahm dazu dennoch eindeutig Stellung, was darauf hinweist, dass die Rechte auch aus der Sicht der kantonalen Rechtsordnung Bestand und Platz haben sollen.

8. Als historische Rechte lassen sich die Wasserrechte in das heutige Sachenrecht nicht einordnen. Es sind keine Dienstbarkeiten im Sinne des ZGB, stehen diesen aber nahe. Beide Parteien halten sie für subjektive Privatrechte. Sie gehen auf längst vergangene Rechtsordnungen zurück und waren ursprünglich dinglich konzipiert. Sie sind in allen Rechtssystemen anerkannt und ununterbrochen ausgeübt worden. Die Ausübung ist heute noch mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verknüpft. Inhaltlich sind sie darauf ausgerichtet, Verfügungsmacht des Gemeinwesens einzuschränken. Sie erfüllen damit die Voraussetzungen, die ehehafte wohlerworbene Rechte kennzeichnen.

Von kündbaren Rechten kann bei diesem Ergebnis nicht die Rede sein. Es liegt kein Dauerschuldverhältnis vor, das einseitig aufgehoben angefochten werden könnte. Was in den reglementarischen Anfängen nicht für angängig angesehen wurde, ist heute erst recht nicht möglich. Die Rechte haben sich in der Zwischenzeit als Rechtspositionen und inhaltlich verfestigt. Die Klägerin kann sich deshalb auch nicht auf die clausula rebus sic stantibus berufen. Als wohlerworbene Rechte können die Wasserrechte nur nach den Regeln der Enteignung und in dem dafür vorgesehenen Verfahren abgelöst werden. Die Feststellung von Ansprüchen der Klägerin wäre nur möglich und zulässig, wenn der Zivilprozess ergeben hätte, dass vertragliche Verhältnisse vorliegen, die gegen Entschädigung abgelöst neu geregelt werden können.

Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 16. März 1993

Die Berufung der Stadt Solothurn gegen dieses Urteil hat das Bundesgericht am 22. Dezember 1993 abgewiesen.



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