Zusammenfassung des Urteils ZZ.1984.8: Zivilkammer
Die Cour de Cassation pénale hat am 13. November 2009 über einen Rekurs von B.________ gegen ein Urteil des Strafvollzugsrichters verhandelt. Der Rekurs richtete sich gegen die Umwandlung von Geldstrafen in 16 Tage Freiheitsstrafe. B.________ hatte 14 unbezahlte Geldstrafen in Höhe von insgesamt 1'620 Franken. Der Richter entschied, dass die Geldstrafen nicht vollstreckt werden konnten und wandelte sie in Freiheitsstrafe um. Die Cour de Cassation pénale wies den Rekurs ab und bestätigte das Urteil.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZZ.1984.8 |
Instanz: | Zivilkammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 19.12.1984 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Besitzesschutzverfahren, res iudicata |
Schlagwörter : | Besitz; Besitzes; Recht; Gesuch; Rekurs; Verfügung; Besitzesschutz; Sachverhalt; Gesuchsteller; Rechtsbegehren; Urteil; Verfahren; Begehren; Antrag; Quot; Parzellen; Entscheid; Rekursverfahren; Zivilprozessrecht; Vogel; Rekurrenten; Sachverhalts; Ergebnis |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 101 II 378; 105 II 152; |
Kommentar: | Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen ZPO, 1982 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
b) Einstweilige Verfügungen gemäss § 255 ZPO erwachsen, wenn sie nicht durch Rekurs angefochten sind, in materielle Rechtskraft mit der Folge, dass der Richter sie in einem neuen summarischen Verfahren nur abändern aufheben darf -- diejenigen des Befehlsverfahrens gemäss § 255 lit. a ZPO sind dabei ausgenommen --, wenn sich die Umstände verändert haben (§ 263 ZPO; Guldener, a.a.O., S. 590; Vogel, Grundriss des Zivilprozessrechts, 1984, S. 246; Huber, Die einstweiligen Verfügungen nach solothurnischem Zivilprozessrecht, S. 90).
Der einstweiligen Verfügung vom 12. Juni 1984, die im normalen summarischen Verfahren mit vollem rechtlichem Gehör von A.T. als Gesuchsteller erging, also entgegen der Ansicht des Rekurrenten nicht "superprovisorischer" Natur sein konnte (Huber, a.a.O., S. 65), kam somit mangels Anfechtung durch Rekurs materielle Rechtskraft zu. Es fragt sich, ob das, was mit ihr gegenüber A.T. aufgrund des damals ermittelten Sachverhalts angeordnet wurde, dem Gesuch des A.T. im Sinne einer res iudicata im Wege steht.
c) Nach der herrschenden schweizerischen Lehre und Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob über ein Rechtsbegehren, das sich auf die gleichen Parteien und den gleichen Streitgegenstand bezieht, bereits rechtskräftig entschieden wurde, nicht allein nach der Identität der Antragstellung im früheren und neuen Verfahren. Sondern es kommt auch wesentlich darauf an, ob den Rechtsbegehren nach dem behaupteten Lebensvorgang ein identischer Streitgegenstand zugrunde liegt (Vogel, a.a.O., S. 147).Das will besagen: Wenn der Sachverhalt, auf den sich die klagende Partei zur Begründung ihres Antrags beruft, bereits Gegenstand eines rechtskräftig beigelegten Rechtsstreites zwischen den gleichen Parteien war, und wenn das neue Begehren im Ergebnis auf eine Aufhebung Abänderung des rechtskräftigen Entscheides hinausläuft, so ist das Eintreten auf den neuen Antrag verwehrt. Und zwar gilt dies auch dann, "wenn das neue Begehren bei umgekehrten Parteirollen das frühere Urteil negiert" (Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen ZPO, 1982, S. 322). Dabei entscheidet sich die Identitätsfrage darnach, wie die betreffenden Rechtsbegehren objektiv -- nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (BGE 105 II 152) -auszulegen sind, wobei es gilt, zur Auslegung die Urteilserwägungen heranzuziehen (Vogel, a.a.O. S. 148 mit Verweis auf BGE 101 II 378; Sträuli/Messmer, a.a.O., S. 323).
d) Im vorliegenden Fall beriefen sich die Gesuchsteller zur Begründung ihres neuen Rechtsbegehrens, dem Gesuchsgegner B. sei zum Schutz ihres Besitzes die Bewirtschaftung und das Betreten der streitigen Parzellen zu verbieten, ausdrücklich auf den Sachverhalt, der Gegenstand des Summarverfahrens zwischen B. als Gesuchsteller und A.T. als Gesuchsgegner war. Sie stützten also ihren Antrag auf den gleichen Sachverhalt ab, der zur rechtskräftigen Verfügung vom 12. Juni 1984 führte. Nach dieser Verfügung ging es um den Schutz des Besitzes von B. gegen die Besitzesstörung durch A.T., der auf den fraglichen Parzellen zur Heuerte geschritten war. Die rechtskräftige Verfügung lautet wohl nur dahin, dass A.T. die Heuerte nicht vornehmen dürfe. Sie beinhaltet aber nach den heranzuziehenden Entscheidgründen unmissverständlich, dass dies eine Folge der geschützten Besitzesrechte B.'s sei, dem die Befugnis zur Bewirtschaftung zuerkannt wurde. Damit, dass B. mit dem Hinweis auf seine Bewirtschaftungsrechte umfassend in seinem hiefür nötigen, bereits ausgeübten Besitz geschützt worden ist, wurde A.T. zwangsläufig die tatsächliche Herrschaft über die Parzellen und damit das Recht auf Besitzesschutz abgesprochen. Sein jetziges Begehren um Besitzesschutz läuft also im Ergebnis darauf hinaus, das, was aufgrund des gleichen Sachverhalts bereits rechtskräftig gegen ihn entschieden ist, umzustossen, was nach den angestellten rechtlichen Erwägungen als unzulässig zu erachten ist.
Daran vermag der Umstand, dass zwischen ihm und B. nunmehr die Parteirollen vertauscht sind, wie bereits ausgeführt, nichts zu ändern. Unbehelflich ist auch, dass zur Stützung des behaupteten Besitzes im Rekursverfahren noch neue Beweismittel eingereicht wurden. Es handelt sich dabei um solche über Tatsachen (Bundesbeiträge mit Auszahlung im Februar 1983 und Januar 1984), welche zur Zeit der früheren Verfügung vom 12. Juni 1984 bereits eingetreten waren, aber nicht vorgebracht wurden. Derartige Noven, die nur dem Beweis des Sachverhalts dienen, der schon dem früheren Entscheid zugrunde lag, sind eben nicht geeignet, mit einem neuen Rechtsbegehren die Umstossung des früheren Entscheides zu erwirken (Sträuli/Messmer, a.a.O., S. 323).Anders könnte es nur sein, wenn ein anderer Sachverhalt als derjenige, welcher der früheren Beurteilung zugrunde lag, geltend gemacht wäre, d.h. veränderte Verhältnisse angerufen würden. Das trifft vorliegend aber in klarer Weise nicht zu.
e) Demnach hat es dabei zu bleiben, dass das Begehren des A.T. um Besitzesschutz als unzulässig zu erachten ist. Auf dieses Gesuch hätte der Vorderrichter zufolge Fehlens einer Prozessvoraussetzung eigentlich nicht eintreten sollen. Da er das Gesuch abwies, ändert sich im Ergebnis nichts. Der Rekurs ist bezüglich des Gesuchstellers und Rekurrenten 1 als unbegründet abzuweisen, ohne dass im Urteilsdispositiv aufzunehmen ist, auf das Gesuch werde nicht eingetreten.
3. Was den Gesuchsteller und Rekurrenten 2 O.T. anbelangt, so treffen die prozessualen Erwägungen gemäss Ziff. 2 auf diesen nicht zu. Er war ja nicht Partei im Verfahren, das zur rechtskräftigen Verfügung vom 12. Juni 1984 führte. Sein Rekurs beurteilt sich vielmehr massgeblich nach besitzesschutzrechtlichen Gesichtspunkten.
Besitzesschutz kann nur beanspruchen, wer die tatsächliche Herrschaft über die betreffenden Sachen inne hat. Ob ein vertraglicher Anspruch auf den Besitz besteht, kann nicht Gegenstand eines Besitzesschutzverfahrens sein. Ohne Anhaltspunkte dafür, dass Besitzerfunktionen effektiv ausgeübt werden, reicht selbst der Nachweis einer zum Besitz berechtigenden Rechtsstellung nicht aus, um die tatsächliche Sachherrschaft als gegeben zu erachten (Kommentar Stark, Der Besitz, zu Art. 926 bis 941 ZGB, Vorbemerkungen, Besitzesschutz, Art. 929, N 12, S. 6/7; Weber, Die Besitzesschutzklagen, Diss. 1975, S. 9; Tuor/-Schnyder, ZGB, 9. Aufl., S. 481).
Da O.T. anerkanntermassen seit 1982 seinen Landwirtschaftsbetrieb aufgegeben hat und die fraglichen Parzellen nicht mehr bewirtschaftete, steht fest, dass er seither über diese keine tatsächliche Sachherrschaft mehr inne hatte und nicht mehr in deren Besitz war. Ob er gestützt auf seine Behauptung, das Pachtverhältnis mit Dr. V. sei nicht zum Erlöschen gekommen, ein Recht auf Besitz hat, ist -wie ausgeführt -- unerheblich. Er kann deshalb im geltend gemachten Besitzesschutzanspruch entsprechend den Erwägungen der Vorinstanz nicht geschützt werden. Sein Rekurs erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 19. Dezember 1984
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