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Urteil Strafkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1978.20: Strafkammer

In dem vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob nach der Anfechtung eines Kosten- und Entschädigungsentscheids der Vorinstanz durch Rekurs eine neue Entscheidung getroffen werden kann, die den Rekursgegner belastet. Es wird erläutert, dass das Verbot der reformatio in peius nur für den Beschuldigten oder Verurteilten gilt, der ein Rechtsmittel eingelegt hat. Es wird betont, dass die Rechtsmittelinstanz Spielraum für Korrekturen haben sollte und das Reformationsverbot nicht über das gesetzlich Gebotene hinaus ausgedehnt werden darf. Im vorliegenden Fall wird entschieden, dass die Strafklägerin die Prozesskosten tragen muss, da sie keinen begründeten Anlass für die Strafantragstellung hatte. Das Obergericht Strafkammer fällt das Urteil am 8. August 1978.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZZ.1978.20

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1978.20
Instanz:Strafkammer
Abteilung:-
Strafkammer Entscheid ZZ.1978.20 vom 08.08.1978 (SO)
Datum:08.08.1978
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kostenentscheid bei Freispruch
Schlagwörter : Rekurs; Rechtsmittel; Beschuldigte; Beschuldigten; Verfahren; Entschädigung; Entscheid; Entschädigungsentscheid; Rekursgegner; Antrag; Quot; Verbot; Rechtsmittelinstanz; Hindernis; Klägerin; Regel; Antrag; Vorinstanz; Bindung; Schranke; Verurteilten; Regelung; Person; Reformationsverbot; Parteien; Rekursgegnerin; Stellung; Rechtsmittelverfahren
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZZ.1978.20

Urteils gehemmt sind, soweit dieses durch Rekurs angefochten ist, was übrigens als Selbstverständlichkeit erscheint. Da es im vorliegenden Fall wegen der Anfechtung des Kostenund Entschädigungsentscheides der Vorinstanz keine rechtskraftmässige Bindung gibt, welche verbieten würde, anders als die Vorinstanz zu entscheiden, frägt es sich, ob allenfalls dadurch eine Schranke gesetzt sei, dass nicht mehr zum Nachteil des Rekursgegners, der kein Rechtmittel eingelegt hat, entschieden werden darf. Das Verbot der reformatio in peius nach § 165 Satz 2 StPO gilt jedoch ausdrücklich nur bezüglich des Beschuldigten Verurteilten, der ein Rechtsmittel eingelegt hat. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Person, die ein Strafverfahren über sich ergehen lassen muss, wie dies beim Beschuldigten Verurteilten zutrifft, nicht durch Risiken, ungünstiger wegzukommen, davon abgehalten wird, an die Rechtsmittelinstanz zu gelangen. Über diese ratio legis hinaus besteht kein Grund, einen durch Rechtsmittelerklärung angefochtenen Entscheid dem Reformationsverbot zu unterstellen. Es gilt vielmehr, den Entscheidungsspielraum der Rechtsmittelinstanz zur Vornahme angebrachter Korrekturen möglichst weit zu halten. Das bedeutet, dass das Reformationsverbot nicht über das gesetzlich gebotene hinaus ausgedehnt werden darf. Da die StPO kein Verbot der Abänderung eines Entscheides zu Ungunsten anderer am Strafverfahren in Parteistellung beteiligter Personen vorsieht, müssen diese sich einen für sie ungünstigen Ausgang des Rechtsmittelverfahrens gefallen lassen. Eine Schranke gibt es hier nur insofern zu berücksichtigen, als die Rechtsmittelinstanz in Anlehnung an die allgemeinen zivilprozessualen Regeln nicht über die Anträge der Parteien hinaus gehen darf (Haefliger, Erläuterungen zu § 198 Abs. 2 VE = § 202 Abs. 2 StPO). Demnach besteht in einem Falle, wo wie im vorliegenden - der Kostenund Entschädigungsentscheid durch Rekurs des freigesprochenen Beschuldigten gänzlich angefochten ist, weder unter dem Gesichtspunkt des Verbotes der reformatio in peius noch unter demjenigen der Bindung an die Parteianträge (die nur aktuell würde, wenn der Rekurrent den Kostenund Entschädigungsentscheid teilweise gegen sich gelten liesse) ein Hindernis, einen den Rekursgegner belastenden neuen Entscheid zu treffen. - Ein Hindernis besteht übrigens auch hinsichtlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht, da der Rekursgegnerin ja Gelegenheit gegeben worden ist, zum Rekurs Stellung zu nehmen.

b) Besteht nach den unter lit. a gemachten Ausführungen kein sich aus dem Rechtsmittelverfahren ergebendes Hindernis, die Strafklägerin und Rekursgegnerin an Stelle des rekurrierenden Beschuldigten mit den Kosten des Strafverfahrens zu belasten, so bleibt zu prüfen, ob eine solche Kostenüberwälzung nach der einschlägigen materiellen Ordnung der StPO geboten sei. Damit, dass Art. 24 MSchG statuiert, dass die unter lit. a bis f aufgeführten Markenrechtsverletzungen auf dem Wege des Ziviloder Strafprozesses verfolgt werden "können", ist klargestellt, dass die Strafverfolgung nur auf Antrag des Verletzten stattfindet. Es handelt sich also um sogenannte Antragsdelikte, wie denn auch dem Kommentar David, N 4 (S. 264) und N 35 (S. 283) zu Art. 24 MSchG zu entnehmen ist. Der Kostenund Entschädigungsentscheid hat sich daher nach der speziellen Regelung zu richten, wie sie die StPO in § 32 Abs. 4 für Antragsdelikte getroffen hat. Darnach erliegen bei Freispruch des Beschuldigten die Verfahrenskosten in der Regel auf dem Strafantragsteller. Wenn wie vorn unter Ziff. 2 ausgeführt - der freigesprochene Beschuldigte nicht kostenpflichtig erklärt werden kann, könnten die Kosten nur ausnahmsweise dem Staat statt dem Antragsteller auferlegt werden, nämlich dann, wenn dieser "nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes begründeten Anlass hatte, Strafantrag zu stellen" (letzter Satz von § 32 Abs. 4).Die Strafklägerin, welche alle strafprozessualen Schritte durch einen solothurnischen Fürsprech vornehmen liess, musste sich des grossen Risikos des angestrengten Strafprozesses auf Grund des zum voraus gegebenen und in den wesentlichen Belangen überblickbaren Sachverhalts bewusst sein. Es konnte ihr gestützt auf den in der Rekurs-Stellungnahme zitierten neuen Bundesgerichtsentscheid 101 IV 40 ff und insbesondere auf Grund der bis dahin bereits gefestigten Bundesgerichtspraxis nicht entgangen sein, dass der objektive Tatbestand mangels Täuschungsgefahr für das Publikum nicht gegeben war. Unter diesen Umständen kann ihr nicht zugebilligt werden, dass sie nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes begründeten Anlass zur Strafantragstellung hatte. Die Voraussetzungen, ausnahmsweise den Staat mit den Kosten zu belasten, sind demnach nicht erfüllt. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Prozesskosten gänzlich der Strafklägerin aufzuerlegen. Nach § 31 StPO umfassen die Prozesskosten auch die staatliche Entschädigung für Nachteile, sowie die Parteientschädigung des freigesprochenen Beschuldigten.

Obergericht Strafkammer, Urteil vom 8. August 1978



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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