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Urteil Zivilkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZZ.1977.5: Zivilkammer

Die Chambre des Tutelles des Kantonsgerichts behandelt den Einspruch von A.U. gegen die Entscheidung des Friedensrichters des Bezirks West Lausanne vom 16. Juli 2009 bezüglich ihrer minderjährigen Tochter B.U. und den Einspruch des SERVICE DE PROTECTION DE LA JEUNESSE gegen ihre Ernennung zum Vertreter der Letztgenannten. Nach einer Anhörung und einer Untersuchung wurde beschlossen, dass das Sorgerecht von A.U. über ihre Tochter vorläufig entzogen und dem SPJ übertragen wird. Es wurde festgestellt, dass die Beziehung zwischen Mutter und Tochter sehr belastet war und dass das Kind in einer extremen Notlage war. Letztendlich wurde entschieden, dass das Sorgerecht nicht dauerhaft entzogen wird, sondern eine Massnahme der Assistenzvormundschaft für B.U. eingeführt wird, wobei der SPJ als Vormund eingesetzt wird. Der SPJ widersetzte sich jedoch der Ernennung zum Vertreter und forderte die Ernennung eines Dritten. Das Gericht entschied, dass der SPJ nicht als Vertreter eingesetzt wird und die Angelegenheit zur Ernennung eines neuen Vertreters an das Friedensgericht zurückverwiesen wird.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZZ.1977.5

Kanton:SO
Fallnummer:ZZ.1977.5
Instanz:Zivilkammer
Abteilung:-
Zivilkammer Entscheid ZZ.1977.5 vom 27.01.1977 (SO)
Datum:27.01.1977
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrecht, Verzicht auf unabdingbare Ansprüche, Treu und Glauben
Schlagwörter : Arbeitnehmer; Leistung; Gesetzes; Beschwerdebeklagte; Vereinbarung; Arbeitgeber; Arbeitsgerichte; Lohnerhöhung; Urteil; Bestimmungen; Beschwerdeführers; Arbeitsverhältnis; Arbeitsgerichtes; Arbeitsverhältnisses; Gesamtarbeitsvertrag; Anspruch; Rechte; Nichtigkeitsbeschwerde; Obergericht; Gesetzesverletzung; Glauben; Leistungswille; Leistungsfähigkeit; Monats; Gesamtarbeitsvertrages; Schreinergewerbe; Erhöhung; Lohnes
Rechtsnorm:Art. 341 OR ;Art. 357 OR ;
Referenz BGE:101 Ia 465;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZZ.1977.5

Urteil des Arbeitsgerichtes Nichtigkeitsbeschwerde. Das Obergericht hiess sie gut mit der folgenden Begründung: 1. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde unter anderm geltend, das Urteil des Arbeitsgerichtes stelle eine Gesetzesverletzung gemäss $ 35 lit. c des Gesetzes über die Arbeitsgerichte vom 20.5.1973 dar. Er verweist insbesondere auf Art. 341 und 357 OR sowie auf Art. 10 ff des GAV hin. Die Beschwerdebeklagte bestreitet die Anwendbarkeit des GAV nicht, führt aber aus, es widerspreche Treu und Glauben, wenn ein Arbeitnehmer eine Vereinbarung unterschreibe, um einer Kündigung zu entgehen, und sie dann 1 1/2 Jahre später widerrufe. Das treffe um so mehr zu, als der Leistungswille und die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht mehr seinem überdurchschnittlichen Lohn entsprochen habe. 2. Gemäss Art. 341 Abs. 1 OR kann ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten. Der für das vorliegende Rechtsverhältnis massgebende Gesamtarbeitsvertrag 1975 für das Schreinergewerbe enthält folgende Bestimmungen: Mit Wirkung ab 1 Januar 1975 hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf eine Erhöhung seines Lohnes um 70 Rappen pro Stunde (Art. 10 Abs. 1 GAV).Diese Lohnerhöhung setzt Volleistungsfähigkeit und Einsatzwilligkeit voraus. Ist die Arbeitsleistung ungenügend, kann zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine reduzierte Lohnerhöhung vereinbart werden. Diese Vereinbarung muss schriftlich erfolgen (Art. 10 Abs. 3 GAV).Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer im Dezember 1975 zwei Drittel des normalen Monatslohnes als Gratifikation auszurichten (Art. 11 Abs. 1 GAV). Wortlaut und Sinn dieser Bestimmungen sind klar. Zweifellos begründen sie unabdingbare Rechte im Sinne von Art. 341 Abs. 1 OR. 3. Aufgrund der Bestimmungen im GAV ist das Argument der Beschwerdebeklagten, der bisherige Stundenlohn des Beschwerdeführers habe den Durchschnittslohn eines Hilfsarbeiters in der Region um Fr. 3.45 überstiegen, unerheblich. Nach dem GAV hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Erhöhung seines Lohnes. Bei mangelndem Leistungswillen und ungenügender Leistungsfähigkeit kann zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schriftlich eine reduzierte Lohnerhöhung vereinbart werden. In der schriftlichen Vereinbarung vom 20.12.1974 wird jedoch die Lohnerhöhung gänzlich wegbedungen und ausschliesslich mit rezessionsbedingten Auftragsschwierigkeiten begründet. Erst im Prozess macht die Beschwerdebeklagte mangelnde Leistung geltend, indem sie sich auf die Leistungskurve des Beschwerdeführers beruft. Die Leistung des Beschwerdeführers weist nun aber von Anfang 1974 bis Ende 1974 steigende Tendenz auf. Die Vereinbarung lässt sich damit offensichtlich nicht mit mangelnder Leistung begründen. Falls die Leistung tatsächlich ungenügend wäre, hätte dies in der schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden müssen. Das Arbeitsverhältnis endigte am 30.6.1976. Sowohl die Vereinbarung vom 20.12.1974 als auch die Saldoquittung vom 25.6.1976 fallen unter Art. 341 Abs. 1 OR. Nach Art. 357 Abs. 2 OR sind beide Verzichtserklärungen nichtig. 4. Im Verhalten des Beschwerdeführers kann kein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben erblickt werden, insbesondere hat er nicht sofort nach Inkrafttreten des neuen GAV gegen die Beschwerdebeklagte vorgehen müssen. Art. 341 OR ist zum Schutz des Arbeitnehmers aufgestellt worden. Das Gesetz will verhindern, dass der Arbeitnehmer, der entsprechend der wirtschaftlichen Lage in einem mehr weniger stark ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber steht, während des Arbeitsverhältnisses unter Druck gesetzt werden kann (s. Schweingruber E., Kommentar zum Arbeitsvertrag, Bern 1974, zu Art. 341, S. 314 ff). Weil die Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich typisch ist, kann es nicht darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer bei der Unterzeichnung einer Verzichtserklärung weiss, dass er allenfalls seine Rechte noch geltend machen kann. Er wird auf die Durchsetzung seiner Rechte verzichten, wenn ihm und dem Arbeitgeber an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses gelegen ist. Die Grenzen der Durchsetzbarkeit sind in Art. 341 Abs. 2 OR in unzweideutiger Weise festgelegt, indem auf die 5jährige Verjährungsfrist verwiesen wird. Das Argument der Beschwerdebeklagten, sie hätte im Falle des Nichteinverständnisses dem Beschwerdeführer gekündigt und ihn zu einem tieferen Stundenlohn wieder eingestellt, ist unerheblich. Falls die Beschwerdebeklagte so vorgegangen wäre, müsste dies als Gesetzesumgehung qualifiziert werden (s, dazu BGE 101 Ia 465). 5. Wortlaut und Sinn des Gesetzes und des Gesamtarbeitsvertrages 1975 für das Schreinergewerbe sind klar. Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf die gesamtarbeitsvertraglich vorgesehene Lohnerhöhung und Gratifikation. Das Urteil des Arbeitsgerichtes stellt eine Gesetzesverletzung gemäss $ 35 lit. e des Gesetzes über die Arbeitsgerichte vom 20.5.1973 dar.

Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 27. Januar 1977



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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