Urteile und Einredeentscheide des Gerichtspräsidenten im ordentlichen Verfahren und gegen solche des Obergerichtes, die durch kein ordentliches eidgenössisches Rechtsmittel anfechtbar sind...". Es stellt sich die Frage, ob gegen alle Urteile und Einredeentscheide des Obergerichtes soweit sie nicht durch ein ordentliches eidgenössisches Rechtsmittel anfechtbar sind -, Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden kann nur gegen solche im ordentlichen Verfahren. Unsicherheit besteht, weil im Gesetzestext das Wort "solche" mehrdeutig ist, indem ungewiss ist, welche Teile der vorangehenden Satzperiode es umfassen will: Es ist denkbar, dass sich das Wort "solche" nur gerade auf "Urteile und Einredeentscheide" bezieht; es ist aber auch möglich, dass es das Element "im ordentlichen Verfahren" mitenthalten soll. Die beigezogenen Materialien (Protokoll der kantonsrätlichen Spezialkommission; Verhandlungen des Kantonsrates) geben keine eindeutigen Auskünfte über die Frage. Es ist demnach vom Sinn, der der Bestimmung vernünftigerweise beizulegen ist, auszugehen: Neben dem ordentlichen Verfahren kennt die Zivilprozessordnung das Untersuchungs-verfahren und das summarische Verfahren. Für das Untersuchungsverfahren ist die vorliegende Frage wenig wichtig, weil zum mindesten die Urteile, die das Obergericht in dieser Verfahrensart erlässt, zum grössten Teil mit Berufung (also mit dem ordentlichen eidgenössischen Rechtsmittel) ans Bundesgericht weitergezogen werden können, so dass die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde hier ohnehin nur selten Platz greifen könnte. Die Frage spitzt sich auf das summarische Verfahren zu, wo nur ausnahmsweise Berufung ans Bundesgericht möglich ist. Gerade für das summarische Verfahren drängt sich nun aber eine kantonalrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde gegen Obergerichtsurteile keineswegs auf. Das summarische Verfahren dient zur schnellen und - nicht ausschliesslich, aber oft (s. die einstweiligen Verfügungen) zur vorläufigen Erledigung. Die Einschaltung einer kantonalrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde nach dem Rekursentscheid des Obergerichtes und vor der Möglichkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde ans Bundesgericht, oder, anders ausgedrückt, die Verdoppelung des obergerichtlichen Verfahrens erscheint bei dieser Verfahrensart als recht abwegig. Es besteht hier ein besonderes Bedürfnis danach, dass der Instanzenzug nicht zu lang wird. Andererseits besteht gegenüber eventuellen starken Entgleisungen des Obergerichtes immer noch die Sicherheitsvorrichtung der staatsrechtlichen Beschwerde. Da die Frage, ob alle Obergerichtsentscheide nur diejenigen des ordentlichen Verfahrens unter die Nichtigkeitsbeschwerde fallen, wie gesagt vor allem das summarische Verfahren betrifft, ist auf Grund der eben angestellten Überlegungen zu sagen: § 305 ZPO ist vernünftigerweise dahin auszulegen, dass nur Entscheide des Obergerichtes im ordentlichen Verfahren mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden können.
Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 7. Februar 1974
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