E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Zivilkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZKNIB.2006.122: Zivilkammer

P.________ reichte am 18. Dezember 2008 eine Klage gegen die Caisse de pensions de l'État de Vaud (CPEV) ein, um seine Renten- oder Pensionszahlungen ab dem 1. Januar 2009 an die Inflation anzupassen. Die Klage wurde am 5. Oktober 2009 zurückgezogen, und daher wurde die Angelegenheit vom Richter aus dem Register gestrichen, ohne Gerichtskosten oder Auslagen zu erheben. Der Richter war M. Jomini, und die Gerichtskosten betrugen CHF 0. Die verlierende Partei war P.________, männlich, und die unterlegene Partei war die Caisse de pensions de l'État de Vaud (CPEV).

Urteilsdetails des Kantongerichts ZKNIB.2006.122

Kanton:SO
Fallnummer:ZKNIB.2006.122
Instanz:Zivilkammer
Abteilung:-
Zivilkammer Entscheid ZKNIB.2006.122 vom 13.04.2007 (SO)
Datum:13.04.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Abänderung eines Scheidungsurteils, vorsorgliche Massregeln
Schlagwörter : Massnahme; Quot; Massnahmen; Abänderung; Kindes; Urteil; Kommentar; Ehescheidung; Kinderrenten; Verfahren; Berner; Grundlage; Thomas; Kindeswohl; Rentenschuldner; Umstände; Hauptsache; Kürze; Verfügung; Scheidungsrecht; Voraussetzungen; Recht; Lehre; Umständen; Abänderungsprozess; Zweifel
Rechtsnorm:Art. 134 ZGB ;Art. 137 ZGB ;Art. 153 ZGB ;Art. 157 ZGB ;Art. 286 ZGB ;
Referenz BGE:118 II 228;
Kommentar:
Thomas Sutter, Dieter Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich, Art. 134 ZGB, 1999
Hegnauer, Berner Bern, Art. 286 ZGB, 1997
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts ZKNIB.2006.122

Urteilsform festgelegte Leistungspflicht zu erfüllen (BGE 118 II 228; ZR 1978 Nr. 91, S. 203; Karl Spühler/Sylvia Frei-Maurer: Die Ehescheidung, Berner Kommentar, Ergänzungsband, Bern 1991, N 91 f. zu Art. 153 aZGB).

Im neuen Scheidungsrecht gelten für vorsorgliche Massnahmen in Abänderungsverfahren die gleichen Voraussetzungen wie im alten Recht. Der Vorentwurf zur Gesetzesrevision sah zwar noch vor, dass vorsorgliche Massnahmen teilweise überhaupt ausgeschlossen werden sollten. Davon wurde in der Folge aber abgesehen, weil wie soeben aufgezeigt wurde nach bundesgerichtlicher Praxis und auch nach der herrschenden Lehre vorsorgliche Massnahmen nur in dringenden Fällen und bei besonderen Umständen gerechtfertigt seien. Es müsse somit ein Ausnahmefall vorliegen, damit überhaupt vorsorgliche Massnahmen angeordnet werden dürften. Gesuchen um vorsorgliche Massnahmen ist somit auch im Abänderungsprozess nach neuem Recht nur mit Zurückhaltung zu entsprechen. Im Zweifel ist zugunsten der bisherigen Ordnung ein Massnahmebegehren abzulehnen (Karl Spühler: Neues Scheidungsverfahren, Zürich 1999, S. 86 f.).

8. Für die Abänderung von Kinderrenten, die in einem Ehescheidungsurteil festgelegt wurden, ist gemäss Art. 134 Abs. 2 ZGB der Art. 286 Abs. 2 ZGB die gesetzliche Grundlage. Auch hier sind grundsätzlich vorsorgliche Massnahmen möglich (Cyrill Hegnauer: Die Unterhaltspflicht der Eltern, Berner Kommentar, Bern 1997, N 96 ff. zu Art. 286 ZGB).

Zu den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein solches Gesuch bereits im vorsorglichen Verfahren gutzuheissen ist, äussert sich Hegnauer nicht. Dagegen besteht eine ansehnliche Literatur zur früheren gesetzlichen Grundlage, dem Art. 157 aZGB. Diese Doktrin ist keineswegs obsolet geworden, denn durch die Scheidungsnovelle sollte materiell hinsichtlich der Abänderung von Kinderrenten gar nichts reformiert werden (Thomas Sutter/Dieter Freiburghaus: Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Zürich 1999, N 3 zu Art. 134 ZGB).

Alle Autoren sind sich einig, dass vorsorgliche Massnahmen im Abänderungsprozess von Kinderrenten nur bei "besonderer Dringlichkeit" zulässig sind (Spühler/Frei-Maurer, a.a.O., N 48 zu Art. 157 aZGB; sachlich ebenso Heinz Hausheer/Annette Spycher: Handbuch des Unterhaltsrechts, Bern 1997, Rz. 11.38). "Im Zweifel ist (...) eine Änderung im Massnahmeverfahren abzulehnen" (Spühler/Frei-Maurer, a.a.O.). Laut Bühler/Spühler sind vorsorgliche Verfügungen nur "aus besonderen Gründen zur Wahrung des Kindeswohls" zulässig (Walter Bühler/Karl Spühler: Die Ehescheidung, Berner Kommentar, Bern 1980, N 48 zu Art. 157 aZGB; ebenso Hans Hinderling/Daniel Steck: Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zürich 1995, S. 532: "...wenn das Kindeswohl es gebietet"; auch Adolf Lüchinger/Thomas Geiser in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser [Hrsg.]: Schweizerisches Zivilgesetzbuch I, Basler Kommentar, Basel etc. 1996, N 21 zu Art. 157 aZGB, berufen sich auf das Kindeswohl). Damit kann nicht die Herabsetzung (oder gar Aufhebung) eines Aliments gemeint sein, denn diese dient einzig dem Rentenschuldner. Eine Reduktion fände nicht zum Wohl des Kindes, sondern zu seinen Lasten statt.

Dieser (herrschenden) Lehre ist beizupflichten. Immerhin liegt im Gegensatz zum Regelfall vorsorglicher Massnahmen nach Art. 137 ZGB bereits ein Urteil vor. Dieses basiert auf einem ordentlichen Verfahren, in dem alle relevanten Umstände der Parteien umfassend ausgeleuchtet werden konnten. Vorsorgliche Verfügungen ergehen dagegen im summarischen Prozedere, wo (unter anderem) die Beweismittel beschränkt sind. Daraus erhellt, dass nur in Notfällen und zum Wohl des Kindes vom Erkanntnis des ordentlichen Richters abgewichen werden darf, etwa in Bezug auf "die Versorgung eines Kindes auf das Besuchsrecht" (Bühler/Spühler, a.a.O.). Gegenüber unmündigen Kindern sind im Übrigen "besonders hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit" des Schuldners zu stellen (Hausheer/Spycher, a.a.O., Rz. 09.43).

9. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Vaters erweist sich damit hinsichtlich der Kinderrenten auch dann als unbegründet, wenn sein Existenzminimum durch die (vorläufige) Weitergeltung des Scheidungsurteils tangiert werden sollte. Denn zur Diskussion steht ja bloss eine vorsorgliche Massnahme. Der (behauptete) Eingriff in den Notbedarf würde nur vorübergehend, nicht aber dauerhaft stattfinden.

10. Hinzu kommt gerade im vorliegenden Fall, dass die Abklärung des Sachverhalts im Hauptprozess relativ einfach abzuklären sein wird: Klage und Antwort liegen bereits vor. Als Beweismittel beantragt sind lediglich Urkunden und eine Parteibefragung. Das Verfahren ist hauptverhandlungsreif. Vorsorgliche Schnellschüsse sind daher gar nicht nötig. Eher in wenigen Wochen als in Monaten sollte ein Urteil in der Hauptsache selbst vorliegen.

11. Trotz anderer gesetzlicher Grundlage (vorne E. 6 ff.) ist letztere Erwägung auch für die Abänderung des Frauenaliments relevant: Entscheidend ist doch, ob der Rentenschuldner sich in einer derartigen Ausnahmesituation befindet, dass ihm nicht zuzumuten ist, den Entscheid in der Hauptsache selbst, der in Kürze ergehen wird, abzuwarten. Um diese Frage zu beantworten, sind nicht nur die aktuellen finanziellen Verhältnisse von Bedeutung, wichtig ist besonders auch, wann ein Urteil in der Hauptsache zu erwarten ist. Da dies in Kürze der Fall sein wird, erweisen sich vorsorgliche Massnahmen unter diesen Umständen nicht als dringlich. Fehlt es aber an diesem Erfordernis, kann nicht durch eine Summarverfügung ein im ordentlichen Verfahren ergangenes Urteil ausser Kraft gesetzt werden. (...)

13. Zusammenfassend ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden: In Kürze ist ein Endentscheid zu erwarten, so dass keine Dringlichkeit vorliegt. Vorübergehend sind begrenzte Eingriffe ins Existenzminimum des Rentenschuldners durchaus zulässig. (Angeblich) verbesserte Verhältnisse der Rentengläubigerin sind für das vorsorgliche Massnahmeverfahren nicht relevant. Die Beschwerde ist demnach als unbegründet abzuweisen.

 

Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 13. April 2007 (ZKNIB.2006.122)



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.