Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2013.143: Zivilkammer
In dem Text geht es um eine Anklage vor dem Tribunal d'accusation wegen Extorsion und Erpressung. Die Angeklagten A.B. und B.B. wurden freigesprochen und haben eine Entschädigung in Höhe von 3'500 CHF für ihre Verteidigungskosten erhalten. Sie haben jedoch keine Entschädigung für immaterielle Schäden erhalten, da sie nicht nachweisen konnten, dass die strafrechtliche Untersuchung einen schwerwiegenden Schaden verursacht hat. Der Richter in diesem Fall war Herr J.-F. Meylan.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBES.2013.143 |
Instanz: | Zivilkammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 17.12.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Unentgeltliche Rechtspflege, Gegenrecht |
Schlagwörter : | Kanton; Bundesgericht; Bundesgerichts; Anwalt; Urteil; Verbeiständung; Recht; Kantons; Rechtsbeistand; Solothurn; Rechtsprechung; Sprache; Anwalts; Armenanwalt; Schwyz; Vorinstanz; Voraussetzungen; Entscheid; Luzern; Rechtsvereinbarung; Anwälte; Urteile; Einsetzung; Vertrauensverhältnis; Sinne; Rechtsanwalt; Verfahren |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 113 Ia 69; 125 I 164; 95 I 409; |
Kommentar: | - |
Im neuen Entscheid des Bundesgerichts (2C_79/2013), der einen Fall aus dem Kanton Solothurn betrifft, wurde einem Luzerner Anwalt die unentgeltliche Verbeiständung gewährt, obwohl mit Luzern keine Gegenrechtsvereinbarung besteht. Das Bundesgericht hielt fest, es habe zwar bereits anerkannt, dass eine kantonale Bestimmung, wonach grundsätzlich im Anwaltsregister des betreffenden Kantons eingetragene Anwälte für die unentgeltliche Verbeiständung bestellt werden, in Übereinstimmung stehe mit Art. 29 Abs. 3 Bundesverfassung (BV, SR 101) und ebenso mit dem Anwaltsgesetz (insbesondere Art. 12 lit. g BGFA). So seien die betreffenden Behörden mit Aufsichtskompetenz am besten in der Lage, über die Eignung von Anwälten zur Übernahme amtlicher Mandate zu entscheiden (vgl. Urteile des Bundesgerichts 5A_63/2010 E. 3.2; 5A_175/2008 E. 5.1 f.; 2C_241/2008 E. 4.6; vgl. zu Art. 4 aBV: BGE 125 I 164). Entsprechende kantonale Bestimmungen und vorliegend der noch auf § 110 Abs. 1 ZPO-SO (ausser Kraft) zurückgreifende § 9 EG ZPO könnten jedoch der Einsetzung eines ausserkantonalen unentgeltlichen Rechtsbeistands, zu dem bereits ein besonderes Vertrauensverhältnis im Sinne der Rechtsprechung bestehe, nicht entgegen stehen (BGE 113 Ia 69 E. 5c; Urteile des Bundesgerichts 5A_623/2010 E. 2; 5A_175/2008 E. 5.1; 1P.378/1995 E. 3c und 4). Das Bundesgericht stellte auch fest, dass die Gegenrechtsliste nicht einheitlich gehandhabt wird, da der vom Beschwerdeführer bezeichnete Rechtsanwalt im Kanton bereits als unentgeltlicher Rechtsbeistand in anderen Verfahren bestellt wurde (Urteil des Bundesgerichts 2C_797/2013 E. 2.2.2.).
5.3 Mit dem Bundesgericht ist davon auszugehen, dass es nicht zwingend eine Gegenrechtsvereinbarung mit einem anderen Kanton braucht, um einen Rechtsanwalt aus einem anderen Kanton als unentgeltlichen Rechtsbeistand einer Prozesspartei im Kanton Solothurn einzusetzen. Vielmehr muss der andere Kanton einfach Gegenrecht halten, so wie es in § 9 Abs. 1 EG ZPO festgehalten ist. Bei Fehlen eines Gegenrechts ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung trotzdem die ausnahmsweise Einsetzung als unentgeltlicher Rechtsbeistand möglich, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt besteht der Anwalt sich bereits in einem vorangegangen Verfahren mit der Sache befasst hat (BGE 113 Ia 69 E. 5c), und ferner, wenn der Mandant die Sprache des Gerichts und des ihm bestellten Anwalts nicht versteht, so dass er sich in der Wahrung seiner Rechte beeinträchtigt vorkommen müsste (BGE 95 I 409 E. 5, zit. im Urteil des Bundesgerichts 5A_175/2008 E. 5.1). In diesem Entscheid (BGE 95 I 409) wird festgehalten, dass besondere Verhältnisse auch dann vorliegen können, wenn die Partei im Ausland wohnt und sich zur Führung des Prozesses an einen ganz bestimmten Richter wenden muss, währenddem sie bereits den Anwalt ihrer Wahl mit Instruktionen versehen hat, dessen Kosten sie selbst zu tragen hätte, wenn ihr ein anderer Armenanwalt bestellt würde. Das müsse umso mehr gelten, wenn sie die Sprache des Gerichts und des ihr bestellten Armenanwalts nicht versteht und sich deshalb in der Wahrung ihrer Rechte beeinträchtigt vorkommen müsste (BGE 95 I 409 E. 5).
5.4 Im Schreiben des Kantonsgerichtspräsidenten des Kantons Schwyz wird bestätigt, dass auch Rechtsanwälte aus dem Kanton Solothurn vor dem Kantonsgericht Schwyz grundsätzlich zugelassen werden können, solange die Mandatsausübung nicht unwirtschaftlich wird. Vorbehalten bleibe der Ermessensspielraum der unteren Instanzen innerhalb des durch Verfassung, Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesgerichts vorgegebenen Rahmens. Damit wird grundsätzlich Gegenrecht im Sinne von § 9 Abs. 1 EG ZPO vom Kanton Schwyz gehalten und das Gesuch um Verbeiständung der Beschwerdeführerin kann nicht bloss aufgrund der Herkunft der Vertreterin abgewiesen werden.
Zudem kann festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Ausland (Kirgistan) lebt und bereits die Anwältin ihrer Wahl mit Instruktionen versehen hat, dessen Kosten sie selbst zu tragen hätte, wenn ihr ein anderer Armenanwalt bestellt würde. Der Prozess ist ohnehin vor der Vorinstanz schon erledigt und abgeschrieben. Die Beschwerdeführerin spricht russisch und ist der deutschen Sprache nur geringfügig mächtig. Der Fall ist damit vergleichbar mit dem durch das Bundesgericht entschiedenen Fall (BGE 95 I 409). Auch aufgrund dieser besonderen Verhältnisse drängt sich auf, die unentgeltliche Verbeiständung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu gewähren.
Ob die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung erfüllt sind, hat die Vorinstanz nicht geprüft. Die Akten gehen deshalb zurück an die Vorinstanz. Bei der Prüfung der Voraussetzungen wird das Argument der Wirtschaftlichkeit nicht gegen die Bestellung von Rechtsanwältin S. als unentgeltliche Rechtsbeiständin sprechen können, verzichtet sie doch gemäss ihren eigenen Ausführungen in der Honorarnote in Fällen von URP auf Kosten, die aufgrund der grösseren Distanz entstehen.
Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 17. Dezember 2013 ((ZKBES.2013.143)
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