Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2011.237: Zivilkammer
Die Chambre des recours du Tribunal cantonal hat über einen Rechtsstreit zwischen Z.________ und P.________ verhandelt, bei dem es um die Annullierung einer Kündigung eines Mietvertrags ging. Der Richter, M. Colombini, leitete die Verhandlung, bei der es um die Aussetzung des Verfahrens aufgrund einer strafrechtlichen Verfolgung ging. Letztendlich wurde entschieden, dass die Aussetzung des Verfahrens nicht gerechtfertigt war, und die Kosten des Verfahrens wurden festgelegt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBES.2011.237 |
Instanz: | Zivilkammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 09.02.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Unentgeltliche Rechtspflege, Noven, Kosten |
Schlagwörter : | Bundesgericht; Rechtspflege; Urteil; Bundesgerichts; Gesuch; Entscheid; Kanton; Obergericht; Gesuchs; Unterhaltsbeiträge; Zivilkammer; Beschwerdeverfahren; Obergerichts; Instanz; Gesuchsverfahren; Kantons; Praxis; Gerichtskosten; Rechtsprechung; Zeitpunkt; Überschuss; Amtsgerichtspräsident; Grundsatzentscheid; Abteilung; Urteilen; Alfred; Bühler |
Rechtsnorm: | Art. 119 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; 137 III 470; |
Kommentar: | - |
4. Der Beschwerdeführer lässt ausführen, mit dem Amtsgerichtspräsidenten sei davon auszugehen, der Beschwerdeführer verfüge, wenn er die vereinbarten Unterhaltsbeiträge nicht bezahle, über einen Überschuss von CHF 1171.00. Da nun feststeht, dass der Amtsgerichtspräsident aufgrund der vorliegenden Akten im Moment der Entscheidung keine Unterhaltsbeiträge einrechnen konnte, ist der errechnete Überschuss von CHF 1171.00 nicht zu beanstanden. Die Beschwerde dringt demnach nicht durch und ist abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten wird.
Ob der Beschwerdeführer mittlerweile die Unterhaltsbeiträge bezahlt, was gegebenenfalls tatsächlich eine Bewilligung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege nach sich ziehen könnte, wäre durch den Gerichtspräsidenten (auf entsprechendes Gesuch hin) zu prüfen.
5. Art. 119 Abs. 6 ZPO sieht vor, dass ausser bei Bösoder Mutwilligkeit im Verfahren um die unentgeltliche Rechtspflege keine Gerichtskosten erhoben werden. Dies wurde bisher von der Zivilkammer so verstanden, dass auch das Beschwerdeverfahren gegen einen Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege der ersten Instanz kostenlos sei. Andere Kantone sind der Auffassung, Art. 119 Abs. 6 ZPO betreffe einzig das Gesuchsverfahren (Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 16. Mai 2011, Ziff. II N 9; Entscheid des Obergerichts Schaffhausen vom 13. Mai 2011; Entscheid der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 25. Juli 2011, 11. November 2011 und 24. November 2011, wobei die Praxis im Kanton Zürich offenbar nicht einheitlich ist: vgl. Verfügung der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürichs vom 23. November 2011 und Urteil vom 30. November 2011).
Das Bundesgericht hat am 27. September 2011 in Fünferbesetzung einen Grundsatzentscheid getroffen. Es hält fest, aus dem Wortlaut von Art. 119 Abs. 6 ZPO ergebe sich nicht, ob die Kostenlosigkeit auch für das Rechtsmittelverfahren gelten solle. Aus der Entstehungsgeschichte und insbesondere der systematischen Stellung der Bestimmung folge jedoch, dass sie einzig das Gesuchsverfahren vor der ersten zweiten Instanz betreffe. Daran vermöge auch der Sinn und Zweck der Norm nichts zu ändern (so sei beispielsweise auch vor dem Bundesgericht unter der Geltung des Bundesgerichtsgesetzes das Beschwerdeverfahren gegen einen abweisenden kantonalen Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege grundsätzlich kostenpflichtig). Das Bundesgericht hat folglich festgehalten, dass einzig das Gesuchsverfahren unter Art. 119 Abs. 6 ZPO fällt und demnach grundsätzlich kostenlos ist, hingegen nicht das Beschwerdeverfahren gegen einen die unentgeltliche Rechtspflege abweisenden entziehenden Entscheid der ersten Instanz (BGE 137 III 470). Diesen Grundsatzentscheid der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat zwischenzeitlich die I. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts bestätigt (Urteil des Bundesgerichts 4A_507/2011 E. 3.3).
Demgemäss ist die Praxis des Obergerichts an die Rechtsprechung des Bundesgerichts anzupassen. Neu können im Beschwerdeverfahren über die unentgeltliche Rechtspflege Kosten erhoben werden. Da es sich um eine Praxisänderung handelt und die Parteien davon keine Kenntnis hatten, wird im vorliegenden Fall ausnahmsweise darauf verzichtet, Kosten zu erheben.
Obergericht Zivilkammer, Urteil vom 9. Februar 2012 (ZKBES.2011.237)
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