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Urteil Zivilkammer (SO)

Zusammenfassung des Urteils ZKAPP.2006.49: Zivilkammer

Der Fall betrifft eine Anpassung der Renten- oder Altersversorgungsleistungen an die Inflation, die von N.________ gegen die Pensionskasse des Kantons Waadt (CPEV) eingereicht wurde. Nachdem N.________ seine Klage zurückgezogen hat, wird die Angelegenheit vom Richter aufgrund des Rückzugs der Klage aus dem Register gestrichen. Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Entschädigungen zugesprochen.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZKAPP.2006.49

Kanton:SO
Fallnummer:ZKAPP.2006.49
Instanz:Zivilkammer
Abteilung:-
Zivilkammer Entscheid ZKAPP.2006.49 vom 13.06.2007 (SO)
Datum:13.06.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Feststellungsklage
Schlagwörter : Klage; Quot; Recht; Verfahren; Betreibung; Feststellung; Betreibungen; Appellat; Feststellungsklage; Appellanten; Klageanerkennung; SchKG; Schuld; Forderung; Beklagte; Urteil; Beklagten; Entscheid; Entschädigungsfolgen; Bundesgericht; Schuldner; Gläubiger; Verfahrens; Rechtslage; Klagerückzug; Appellation; Zivilkammer
Rechtsnorm:Art. 85a KG ;
Referenz BGE:120 II 20; 120 II 23; 125 III 149; 125 III 153;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ZKAPP.2006.49

Urteil. Der Beklagte erklärte am 13. März 2007, er habe in der Zwischenzeit beide Betreibungen zurückgezogen. Er beantragte die Abweisung der Appellation, unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Die Appellanten beantragten am 22. März 2007, es sei festzustellen, dass sich der Beklagte der Klage unterzogen habe, unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Die Zivilkammer schreibt die Klage als durch Klageanerkennung erledigt ab, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

Aus den Erwägungen:

5. Auf den 1. Januar 1997 wurde das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs revidiert. Neu wurde ein Art. 85a SchKG geschaffen, wonach ein Betriebener jederzeit im beschleunigten Verfahren feststellen lassen kann, "dass die Schuld nicht nicht mehr besteht". In BGE 125 III 149 ff. hat das Bundesgericht erkannt, dieser Rechtsbehelf stehe erst nach rechtskräftiger Beseitigung des Rechtsvorschlages zur Verfügung. Im vorliegenden Fall haben die Kläger gültig Recht vorgeschlagen. Der Beklagte hat sich bis heute nicht um die Beseitigung dieses Rechtsvorschlages bemüht. Der Rechtsbehelf nach Art. 85a SchKG steht den (angeblichen) Schuldnern somit nach der bundesgerichtlichen Praxis nicht zur Verfügung (wohl aber nach dem wohl überwiegenden Teil der Lehre [Luca Tenchio: Feststellungsklagen und Feststellungsprozess nach Art. 85a SchKG, Diss. Zürich 1999, S. 66 ff.]).

6. Im gleichen Entscheid hat das Bundesgericht jedoch unmissverständlich festgehalten, damit werde keine Praxisänderung gegenüber BGE 120 II 20 ff. eingeleitet. Explizit wird darauf hingewiesen, "dass dem Betriebenen auch nach der Einführung des Art. 85a SchKG die allgemeine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der in Betreibung gesetzten Forderung offen steht" (BGE 125 III 153). Um eine solche Klage im ordentlichen Verfahren handelt es sich vorliegend, was unbestritten blieb und u.a. der vorinstanzliche Verweis ins amtsgerichtliche Verfahren belegt (Klagen nach Art. 85a SchKG sind demgegenüber präsidiell zu führen [§ 10 lit. b des Gesetzes über die Gerichtsorganisation, GO, BGS 125.12]). Auf eine Feststellungsklage ist einzutreten, wenn ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung besteht (SOG 2001 Nr. 13, ebenfalls eine negative Feststellungsklage betreffend).

Prozessual ist dabei zu beachten, dass gemäss § 203 Abs. 3 ZPO (Zivilprozessordnung, BGS 221.1) dem Urteil der Tatbestand zugrunde zu legen ist, "wie er zur Zeit der Ausfällung vorliegt". Wird appelliert, so gilt als Urteilszeitpunkt das Datum des obergerichtlichen Entscheides, denn das Rechtsmittel ist devolutiv, vollkommen und reformatorisch. Nova sind ausdrücklich zugelassen (§ 296 ZPO). Durch § 203 Abs. 3 ZPO wird bewusst das römisch-rechtliche Litispendenzprinzip verworfen, wonach derjenige Sachverhalt massgebend wäre, wie er sich zur Zeit der Klageeinreichung präsentierte. Demzufolge sind die Überlegungen des Appellaten, seine Betreibungen seien zum damaligen Zeitpunkt legitim gewesen, obsolet. Dass die Betreibungen "rechtmässig" waren, steht ausser Zweifel und wurde auch gar nie bestritten.

7. In einer (positiven) Feststellungsklage betreffend Forderung, soweit diese überhaupt zulässig ist, behauptet der Kläger, der Beklagte schulde ihm einen bestimmten Geldbetrag. Der Beklagte anerkennt die Klage, wenn er explizit zumindest konkludent (SOG 1994 Nr. 13, für den umgekehrten, aber analog zu behandelnden Fall des Klagerückzuges) konzediert, das sei richtig. In einer negativen Feststellungsklage betreffend Forderung klagt der (angebliche) Schuldner. Er behauptet, er schulde einem namentlich genannten Gläubiger dem Beklagten nichts. Die Klage ist demzufolge wegen Klageanerkennung abzuschreiben, wenn dieser Beklagte mindestens konkludent erklärt, er fordere vom Kläger nichts.

Wie erwähnt hat der Beklagte und Appellat während des obergerichtlichen Verfahrens beide Betreibungen zurückgezogen. Er erklärte dazu, er habe "die letzten Monate für die Abklärung der Rechtslage genutzt. Aufgrund dieser Abklärungen gelangte man nun zum Schluss, dass gegen die Appellanten kein Prozess angehoben wird und dass deshalb die gegen sie erhobenen Betreibungen zurückzuziehen sind." Diese Aussage kann nur als Forderungsverzicht verstanden werden. Würde es sich um eine Anerkennungsklage handeln, wäre also der Gläubiger Kläger, läge offensichtlich ein Klagerückzug vor. Unter den umgekehrten Vorzeichen einer negativen Feststellungsklage liegt analog eine Klageanerkennung vor. Daran ändert wie aufgezeigt (E. 6 in fine) nicht das Geringste, dass die Betreibung "rechtmässig" war. Zu liquidieren sind noch die Prozesskosten.

8. Wer den Prozess verliert, hat die Kosten zu tragen (§ 101 ZPO). Wer die Klage anerkennt, unterliegt. Auch derjenige verliert einen Prozess, der eine Klage erst im Verlauf des Verfahrens auf Grund besserer Einsicht anerkennt, beispielsweise weil in einem neuen Bundesgerichtsentscheid eine bisher unsichere Rechtslage geklärt wird weil ihm ein gewiefter Rechtsanwalt die wahre Rechtslage erörtert. Er wird auch dann kostenpflichtig, wenn er vielleicht durchaus einleuchtende Gründe hatte, die Klage nicht von Anfang an anzuerkennen. Wer klagt umgekehrt eine Klage nicht anerkennt, hat immer ein mehr weniger grosses Prozessrisiko.

9. Zum selben Ergebnis gelangt man im Übrigen, wenn das Verfahren nicht als durch Klageanerkennung erledigt abgeschrieben würde, sondern weil es gegenstandslos geworden ist: Auch hier gilt zuerst wiederum § 203 Abs. 3 ZPO. Massgebend ist also der heutige Sachverhalt. Der Richter hat nach seinem Ermessen über die Tragung der Prozesskosten zu entscheiden (§ 103 Abs. 1 ZPO). Als Kriterien fallen dabei in Betracht (SOG 1990 Nr. 16):

Welche Partei hat das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst

Wer hat die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens verursacht

Wer hätte vermutlich obsiegt

a) Kläger sind die Appellanten. Sofort ist aber zu ergänzen, dass diese (angebliche) Schuldner waren und dass das Gerichtsverfahren unmittelbare Folge der Betreibung durch den Gläubiger und Beklagten war. Wie bei der Aberkennungsklage sind also im vorliegenden Verfahren die Parteirollen vertauscht, Ansprecher der Forderung und grundsätzlich beweisverpflichtet (BGE 120 II 23) ist der Beklagte.

b) Der Beklagte und Appellat hat die Gegenstandslosigkeit verursacht, indem er die Betreibungen gegen die beiden Kläger zurückgezogen und erklärt hat, es werde "gegen die Appellanten kein Prozess angehoben".

c) Die Frage, wer vermutlich obsiegt hätte, ist nur relevant, wenn der Streitgegenstand durch Zufall durch Einwirkung eines Dritten untergegangen ist. Fällt er dagegen durch einen bewussten Akt einer Partei weg, ist namentlich zu prüfen, ob nicht materiell betrachtet ein Klagerückzug eine Klageanerkennung vorliegt. Beispiel: In einem Vindikationsprozess veräussert der Beklagte kurz vor der Hauptverhandlung den umstrittenen Gegenstand einem gutgläubigen Dritten. Der Prozess ist zumindest dann als gegenstandslos abzuschreiben, wenn das Rechtsbegehren des Klägers lediglich auf Zuweisung des Eigentums an dieser Sache gelautet hatte. So verhält es sich bei Lichte betrachtet im vorliegenden Fall: Die Streitsache ist gegenstandslos geworden, weil der Beklagte und Appellat in appellatorio die mehrfach genannte Erklärung abgegeben und diese durch Rückzug seiner Betreibungen konkludent untermauert hat und zwar ohne irgendeine Mitwirkung seitens der Appellanten, ja ohne ihr (vorgängiges) Wissen. Es war die alleinige und souveräne Entscheidung des Beklagten, so zu handeln. Dafür wird er verantwortlich. (...)

10. Das Verfahren ist demnach ohne Sachurteil abzuschreiben. Der Beklagte und Appellat wird aus den aufgezeigten Gründen kostenund entschädigungspflichtig. Der erstinstanzliche Entscheid ist unter umgekehrten Vorzeichen zu bestätigen. Die Parteientschädigung an die Kläger ist dem effektiven Aufwand entsprechend für beide Instanzen auf insgesamt Fr. 3'500.-- (inkl. MWSt. und Auslagen), die Urteilsgebühr für das Appellationsverfahren auf Fr. 4'800.-festzusetzen.

Obergericht Zivilkammer; Beschluss vom 13. Juni 2007 (ZKAPP.2006.49)



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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