Zusammenfassung des Urteils VSBES.2017.145: Versicherungsgericht
Die Chambre des Tutelles des Kantonsgerichts tagt, um über den Entzug der elterlichen Autorität von B.X.________ zu entscheiden, die derzeit keinen bekannten Wohnsitz hat, über ihren Sohn A.X.________. Nach Prüfung der Fakten und des Rechts entscheidet das Gericht, dass die elterliche Autorität von B.X.________ über ihren Sohn A.X.________ entzogen wird, da sie sich seit mehr als drei Jahren nicht um ihn gekümmert hat. Das Gericht überträgt den Fall an das Friedensgericht des Bezirks Nyon zur Ernennung eines Vormunds für das Kind. Kosten entstehen keine.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2017.145 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.12.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Invalidenrente |
Schlagwörter : | Arbeit; Schmerz; Schmerzen; IV-Nr; Schulter; Untersuchung; Beschwerden; Gutachten; Beurteilung; Bericht; Schmerzstörung; Diagnose; Urteil; Arbeitsfähigkeit; Arbeitsunfähigkeit; Recht; Bundesgericht; Befunde; Leistung; ünden |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ; |
Referenz BGE: | 124 V 108; 126 V 75; 128 V 133; 129 V 222; 141 V 281; |
Kommentar: | Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 2015 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Präsident Flückiger
Oberrichter Marti
Oberrichter Kiefer
Gerichtsschreiber Haldemann
A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Altermatt
Beschwerdeführer
gegen
IV-Stelle Kt. Solothurn, Postfach, 4501 Solothurn
Beschwerdegegnerin
betreffend Invalidenrente (Verfügung vom 27. April 2017)
zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:
I.
1. Der Versicherte A.___ (fortan: Beschwerdeführer), geb. 1978, meldete sich am 7. Oktober 2015 bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn (fortan: Beschwerdegegnerin) zum Leistungsbezug an (IV-Stelle Beleg / IV-Nr. 2). Diese verneinte mit Verfügung vom 27. April 2017 einen Anspruch auf eine Invalidenrente sowie auf berufliche Massnahmen, da keine Invalidität vorliege (Aktenseite / A.S. 1 ff.).
2. Am 29. Mai 2017 lässt der Beschwerdeführer beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (fortan: Versicherungsgericht) Beschwerde erheben und folgende Rechtsbegehren stellen (A.S. 6 ff.):
1. Es sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 27. April 2017 aufzuheben und es sei ein gerichtliches medizinisches Gutachten zur Frage der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers anzuordnen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge.
Die Beschwerdegegnerin verzichtet mit Eingabe vom 14. September 2017 auf eine Beschwerdeantwort und beantragt die Abweisung der Beschwerde (A.S. 22).
Der Vertreter des Beschwerdeführers reicht am 4. Oktober 2017 eine Kostennote ein (A.S. 25 ff.). Diese geht am 9. Oktober 2017 zur Kenntnisnahme an die Beschwerdegegnerin (A.S. 28), welche sich in der Folge nicht dazu äussert.
II.
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen (zulässiges Anfechtungsobjekt, Einhaltung von Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, Legitimation) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente sowie auf berufliche Massnahmen.
Bei der Beurteilung des Falles ist grundsätzlich auf den Sachverhalt abzustellen, der bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung am 27. April 2017 eingetreten ist (BGE 121 V 362 E. 1b S. 366).
2.
2.1 In zeitlicher Hinsicht sind vorbehältlich besonderer übergangsrechtlicher Regelungen grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220, 131 V 107 E. 1 S. 109). Im vorliegenden Fall könnte der Rentenanspruch frühestens per April 2016 entstanden sein (s. E. II. 2.2 hiernach). Somit ist die Rechtslage ab 1. Januar 2012, nach der 6. IV-Revision, massgebend.
2.2 Als Invalidität im Sinne des Gesetzes gilt die voraussichtlich bleibende längere Zeit andauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts / ATSG, SR 830.1). Sie kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit Unfall sein (Art. 4 Abs. 1 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung / IVG, SR 831.20). Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit sind ausschliesslich die aus objektiver Sicht nicht überwindbaren Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen (Art. 7 Abs. 2 ATSG, in Kraft seit 1. Januar 2008).
Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die (s. Art. 28 Abs. 1 IVG, in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung)
a) ihre Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern können,
b) während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig gewesen sind, und
c) nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid sind.
Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit bedingte, volle teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten (Art. 6 ATSG). Das Wartejahr gilt als eröffnet, sobald eine solche Arbeitsunfähigkeit von mindestens 20 % eingetreten ist (Ulrich Meyer / Marco Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 3. Aufl., Zürich / Basel / Genf 2014, S. 303), was hier am 15. April 2015 der Fall war (IV-Nr. 5 S. 1). Der Rentenanspruch entsteht indes frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs im Sinne von Art. 29 Abs. 1 ATSG (s. Art. 29 Abs. 1 IVG, in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). Hier wäre dies freilich, angesichts der Anmeldung vom 7. Oktober 2015 (IV-Nr. 2), am 1. April 2016, also zeitgleich mit dem Ablauf des Wartejahres.
Bei einem Invaliditätsgrad ab 40 % besteht Anspruch auf eine Viertelsrente, ab 50 % auf eine halbe Rente, ab 60 % auf eine Dreiviertelsrente und ab 70 % auf eine ganze Rente (Art. 28 Abs. 2 IVG, in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung).
Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird nach Art. 16 ATSG das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Der Einkommensvergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommensdifferenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt. Insoweit die fraglichen Erwerbseinkommen ziffernmässig nicht genau ermittelt werden können, sind sie nach Massgabe der im Einzelfall bekannten Umstände zu schätzen und sind die so gewonnenen Annäherungswerte miteinander zu vergleichen (allgemeine Methode des Einkommensvergleichs).
2.3 Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung auf Unterlagen angewiesen, die Arztpersonen und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung gestellt haben. Aufgabe des Arztes ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren bilden die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 196, 105 V 156 E. 1 S. 158 f.).
Der im Sozialversicherungsrecht massgebende Beweisgrad ist derjenige der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 117 V 194 f. E. 3.b). Weiter gilt für das gesamte Verwaltungsund Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Dieser verlangt eine umfassende, inhaltsbezogene, verantwortliche und der behördlichen Begründungspflicht genügende Prüfung aller Beweismittel (BGE 140 V 193 E. 3.1 S. 195), unabhängig von ihrer Herkunft und ohne Bindung an förmliche Beweisregeln (BGE 137 V 210 E. 3.4.1.1 S. 248). Der Sozialversicherungsrichter hat alle Beweismittel objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Insbesondere darf er bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum er auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt.
Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten d.h. der Anamnese abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und in seinen Schlussfolgerungen begründet ist. Für den Beweiswert ist grundsätzlich nicht ausschlaggebend, ob die eingereichte resp. in Auftrag gegebene ärztliche Stellungnahme als Bericht Gutachten bezeichnet wird (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160). Die Rechtsprechung erachtet es jedoch als mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung vereinbar, in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten Richtlinien für die Beweiswürdigung aufzustellen (BGE 125 V 351 E. 3b S. 352). So ist einem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten medizinischen Gutachten durch externe Spezialärzte, welches auf Grund eingehender Beobachtungen und Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten erstellt wurde und bei der Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen gelangt, in der Beweiswürdigung volle Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 137 V 210 E. 2.2.2 S. 232, 125 V 351 E. 3b/bb S. 353). Andererseits ist der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen mitunter eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125V 351 E. 3b/cc S. 353).
2.4 Im Sozialversicherungsverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz, d.h. die Versicherung resp. das Gericht haben von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende Klarheit besteht. Der Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern wird durch die Mitwirkungspflichten des Versicherten relativiert (BGE 125 V 193 E. 2 S. 195, 122 V 157 E. 1a S. 158). Ein Teilgehalt der Mitwirkungspflicht besteht in der Teilnahme am Beweisverfahren (Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, 3. Aufl., Zürich 2015, Art. 43 N 86).
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Die Parteien tragen mithin im Sozialversicherungsverfahren in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf dem Wege der Beweiserhebung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 261 E. 3b S. 264).
Führen die von Amtes wegen vorzunehmenden Abklärungen die Verwaltung das Gericht bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung, ein bestimmter Sachverhalt sei als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten und es könnten weitere Beweismassnahmen an diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern, so ist auf die Abnahme weiterer Beweise zu verzichten. Gleiches gilt, wenn der Sachverhalt, den eine Partei beweisen will, nicht rechtserheblich erscheint (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360, 125 V 193 E. 2 S. 195, 122 V 157 E. 1d S. 162). In einer solchen antizipierten Beweiswürdigung liegt kein Verstoss gegen das in Art. 29 Abs. 2 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) gewährleistete rechtliche Gehör (SVR 2003 AHV Nr. 4 E. 4.2.1, 2001 IV Nr. 10 E. 4b; s.a. die zu Art. 4 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 119 V 335 E. 3c S. 344). Das Fairnessgebot von Art. 6 Ziff. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) gewährt in diesem Zusammenhang keinen zusätzlichen Schutz (BGE 124 V 90 E. 4b S. 94). Bleiben jedoch erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit und / der Richtigkeit der bisher getroffenen Tatsachenfeststellung bestehen, ist weiter zu ermitteln, soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil des Bundesgerichts 9C_407/2015 vom 22. April 2016 E. 3.1).
3.
3.1 Der Beschwerdeführer war seit dem 1. Januar 2015 bei der B.___ AG als Produktionsmitarbeiter beschäftigt (IV-Nr. 9 S. 2). Zu seinen Aufgaben gehörte das Einlegen von beschichteten Gummiwalzen und Rollen in eine Maschine, das Auslösen des (von Fachleuten programmierten) Schleifvorgangs sowie anschliessend die Entnahme, die Kontrolle und das Verpacken der Teile. Die Arbeitgeberin beschrieb die Tätigkeit als nicht anstrengend belastend, da es Pausen gebe und automatisch zwischen verschiedenen Maschinen rotiert werde (S. 7). Andererseits vermerkte sie, der Beschwerdeführer müsse oft stehen bei der Arbeit (drei bis 5,25 von 8 Stunden); manchmal seien Gewichte bis 10 kg zu heben, selten auch bis 25 kg (S. 6).
Ab dem 15. April 2015 war der Beschwerdeführer krankheitshalber zu 100 % arbeitsunfähig geschrieben (IV-Nr. 5 S. 1). Die im weiteren Verlauf angebotene Rückkehr an den Arbeitsplatz im Umfang von 50 % lehnte er ab (IV-Nr. 9 S. 2 + 3). Die Arbeitgeberin löste das Arbeitsverhältnis per 31. Dezember 2015 auf, wofür sie wirtschaftliche Gründe anführte (S. 17).
Auf telefonische Nachfrage hin erteilte die Arbeitgeberin folgende Auskünfte:
· 16. März 2017 (IV-Nr. 65 S. 13): Der Beschwerdeführer sei Springer gewesen. Er habe Rollen und Walzen geklebt und geleimt. Dabei habe er nicht den ganzen Tag an der gleichen Maschine sein müssen. Es habe auch die Möglichkeit bestanden, sitzend zu arbeiten. Man habe Rücksicht auf die Mitarbeiter genommen, aber der Beschwerdeführer habe dies nicht gewollt.
· 17. März 2017 (IV-Nr. 65 S. 12): Seit seiner Festanstellung habe der Beschwerdeführer nicht mehr gut gearbeitet. Die Arbeit als Operateur sei sehr leicht gewesen. Der Beschwerdeführer habe Teile von 1 bis 2 kg einund ausspannen müssen. Dies sei zu 90 % stehend geschehen, doch habe man sich zur Entlastung setzen dürfen. Es sei keine repetitive Tätigkeit gewesen, nur sehr selten habe der Beschwerdeführer für maximal eine halbe Woche die gleiche Arbeit gemacht.
3.2 Dr. med. C.___, Oberärztin Neurologie am [Spital] D.___, diagnostizierte im Bericht vom 23. Mai 2015 (IV-Nr. 5 S. 18 f.) Nacken- / Schulterschmerzen rechts, bei Schulterbewegung von paravertebral (ca. Th4) nach kranial und in den lateralen Oberarm ziehend:
· Einschränkung in Elevation, Abduktion und Innenrotation der Schulter, diffuse / diskrete Hypästhesie der gesamten rechten Körperhälfte
· Exazerbation nach Hebetrauma vor sechs Wochen
· MR der Halswirbelsäule vom 13. Mai 2015: Geringfügige Diskusprotrusionen C4/5 und C5/6 medianbetont ohne Kompromittierung der neuralen Strukturen, kein Myelopathiesignal, unveränderte Streckhaltung der Halswirbelsäule
· Neurographien vom 11. Mai 2015: Keine Hinweise für Large-Fiber-Polyneuropathie
· MR des Schädels vom 10. Juni 2015: Unauffällig
Für die beschriebenen Schmerzen fänden sich aktuell keine erklärenden Befunde.
Der Bericht des [Spitals] D.___, Klinik für Orthopädie und Traumatologie, vom 24. Juni 2015 (IV-Nr. 5 S. 12 ff.) nennt folgende Diagnosen:
1. Unklare Schulterschmerzen rechts, differentialdiagnostisch Neuropathie des Nervus supraspinatus, Rotatorenmanschetten-Läsion.
2. Polyneuropathie unklarer Genese mit Diskopathie C4/5 und C5/6 ohne neurale Kompression.
Die Berichte vom 9. und 31. Juli 2015 sowie 20. Januar 2016 (IV-Nr. 19 S. 5 ff.) präzisierten, es liege ein subacromiales Impingement der rechten Schulter vor. Die Rotatorenmanschette sei intakt. Es handle sich lediglich um eine Tendinopathie / Bursitis. Seit der Infiltration habe der Beschwerdeführer weniger Schmerzen und könne die Schulter viel besser bewegen. Bis 8. August 2015 habe man eine Arbeitsunfähigkeit attestiert.
Dr. med. E.___ stellte in seinem Bericht vom 14. Juli 2015 (IV-Nr. 5 S. 15 f.) folgende Diagnosen:
1. Therapieresistente rechtsseitige Kopfschmerzen unklarer Genese mit
- Ausweitung in Nacken, Schulter, Arm und Bein rechts unklarer Genese
- Hypästhesie der gesamten rechten Körperseite unklarer Genese
2. Geringe Diskusprotrusion C4/5 und C5/6 medialbetont ohne Neurokompression
Eine Arbeitsunfähigkeit habe vom 15. April bis 30. Juni 2015 bestanden. Zur präzisen Beurteilung brauche es eine arbeitsmedizinische Abklärung. Eine körperlich leichte Tätigkeit könnte sich positiv auswirken.
Dr. med. F.___, Spezialarzt FMH für physikalische Medizin und Rehabilitation, diagnostizierte in seinem Bericht vom 14. Juli 2015 (IV-Nr. 5 S. 8 ff.) eine schmerzhafte rechte Körperhälfte mit / bei
· tendinöser Schulterperiarthropathie (vor allem Supraspinatustyp) mit Impingementsymptomatik rechts
· diskretem cervikovertebralem Schmerzsyndrom
· Tendenz zur Schmerzausweitung
· ängstlicher Persönlichkeit
· Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung
· Verdacht auf psychosoziale Problematik
· Nikotinabusus
Bei der Untersuchung zeige der Beschwerdeführer insgesamt nur diskrete Befunde, welche die Intensität der Beschwerden und die Arbeitsunfähigkeit seit drei Monaten nicht erklären könnten. Gegenüber der Krankentaggeldversicherung gab Dr. med. F.___ demgegenüber am 28. Juli 2015 an (IV-Nr. 5 S. 5 ff.), die Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf liege vorläufig bei 100 %. Auch eine leichtere Tätigkeit sei nicht zumutbar. Für Zweifel an den Beschwerden gebe es keinen Anlass. Die Schmerzen behinderten den Beschwerdeführer bei seiner ausschliesslich stehenden Tätigkeit. Er habe Probleme beim Heben von Lasten. Im Bericht vom 25. Februar 2016 (IV-Nr. 27) wiederum führte Dr. med. F.___ aus, Überkopfarbeiten und monotone Haltungen provozierten Schmerzen. Die bisherige Tätigkeit sei acht Stunden täglich zumutbar, bei Überkopfarbeiten mit einer um 10 bis 20 % verminderten Leistung. Eine angepasste Arbeit wäre ohne Leistungseinbusse möglich.
3.3 Beim Intake-Gespräch vom 4. November 2015 (IV-Nr. 10) gab der Beschwerdeführer an, er würde trotz Schmerzen gerne arbeiten, brauche aber Unterstützung. Er sei nicht sicher, ob eine leichte Arbeit gehe, man müsse es versuchen.
Im Auftrag der Krankentaggeldversicherung erstatteten Dr. med. G.___, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, und Prof. Dr. med. H.___, Facharzt für Neurologie FMH. am 14. Dezember 2015 (IV-Nr. 11 S. 2 ff.) ein psychiatrisches Gutachten. Darin gelangten sie zum Schluss, dass keine Anhaltspunkte für eine die Arbeitsfähigkeit mindernde psychische Erkrankung bestünden (S. 10). Dr. med. I.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH beim Regionalen Ärztlichen Dienst der Invalidenversicherung (RAD), hielt indes in seiner Stellungnahme vom 10. Februar 2016 (IV-Nr. 22 S. 2 f.) dafür, dieses psychiatrische Gutachten vermöge nicht zu überzeugen. Er empfehle eine polydisziplinäre Begutachtung.
Dr. med. J.___, Ärztin für Innere Medizin FMH, stellte in ihrem Bericht vom 25. Mai 2016 (IV-Nr. 43 S. 5 ff.) folgende Diagnosen:
A) Mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
1. Depression mit Angststörung bei psychosozialer Belastungssituation (Ehescheidung infolge chronischen Ehekonflikts, Autismus-Diagnose des einzigen Kindes, Existenzängste wegen Niederlassungsbewilligung).
2. Chronisches cervicovertebrales Schmerzsyndrom mit Ausstrahlung in den rechten Arm, mit konsekutivem Schwächegefühl des rechten Arms.
3. Atypische Cervicalgien rechts
4. Subakromiales Impingementsyndrom der rechten Schulter, differentialdiagnostisch tendinöser Ätiologie, Neuropathie des Nervus supraspinatus
5. Epicondylitis radii rechts
B) Ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:
1. Status nach Hepatitis C
2. Status nach Eradikationstherapie (Dezember 2015)
3. Chronische Knieschmerzen rechts
4. Coxalgie rechts
5. Hypovitaminose D und B12
6. Dyslipidämie
7. Rezidivierende aphtoide Läsionen im Intimbereich und enoral, differentialdiagnostisch M. Behçet, herpetiform
Sie betreue den Beschwerdeführer seit Ende Oktober 2015. Nach dem 31. Dezember 2015 habe sie keine Arbeitsunfähigkeit mehr attestiert. Aus internistischer Sicht stehe eine somatoforme Schmerzstörung bei schwerer Depression im Vordergrund. Der Beschwerdeführer sei durch die Schwäche und die Schmerzen der rechten Körperseite, vor allem der oberen Extremität mit Ausstrahlung in den Kopf, sehr stark eingeschränkt. Jede Bewegung führe zu einer Zunahme der Schmerzen. Die bisherige Tätigkeit sei derzeit nicht zumutbar. Die Schmerzen liessen sich durch eine wechselbelastende Tätigkeit, mit Hilfsmitteln zur Reduktion der Hebelast auf max. 10 kg, ohne Verrichtungen in monotoner repetitiver vorgebeugter Haltung sowie ohne Fliessbandund Schichtarbeit, vermindern. Wenn dies gelinge, und der psychische Zustand sich stabilisieren lasse, sei eine leichte körperliche Tätigkeit vollzeitlich, d.h. täglich acht Stunden, ohne Leistungseinbusse möglich.
Med. pract. K.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, hielt in seinem Bericht vom 6. Juni 2016 (IV-Nr. 47 S. 2 f.) fest, er habe den Beschwerdeführer vom 28. April 2015 bis 21. Januar 2016 wegen einer mittelgradigen depressiven Episode mit sozialphobischen Symptomen behandelt. Danach habe der Beschwerdeführer die Therapie beendet; ob die «allfällige gewisse Zustandsverbesserung» in der Folge angehalten habe, sei ihm nicht bekannt. Wegen der somatisch bedingten Arbeitsunfähigkeit habe er auf eine Krankschreibung aus psychiatrischen Gründen verzichtet. Die mittelgradige depressive Episode hätte bei einer Rückkehr an den Arbeitsplatz sicher einige Mühe bereitet. Er unterstütze aber eine Wiederaufnahme der Arbeit, da davon eine Verbesserung der depressiven Symptome zu erwarten sei.
3.4
3.4.1 Dem Gutachten der Begutachtungsstelle L.___ vom 30. August 2016 (IV-Nr. 51.1) lassen sich folgende Diagnosen entnehmen (S. 61 f.):
A) Mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit
- Keine
B) Ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit
1. Zervikothorakales Syndrom mit myofaszialem Schultergürtelsyndrom rechts bei/mit:
- Status nach Verhebetrauma (April 2015)
- gering degenerativen Veränderungen ohne Neurokompression Myelopathie
- beginnender Tendinopathie der Supraspinatussehne
- klinisch Rippenblockierungen III-VI rechts
- segmentaler Dysfunktion des thorakolumbalen Übergangs
- reaktiven Tendomyosen Erector trunci und adhärente scapulo-thorakale Gleitebene
- diskreter Bandscheibenprotrusion Th2 - 4 sowie 6 und 10 ohne Neurokompression Myelopathie, leicht degenerative Veränderungen lumbal ohne Neurokompression
- geringer Kettentendomyosen am rechten Arm
2. Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Symptomen (F45.41)
3. Status nach Hepatitis C; fehlender Nachweis HCV-RNA in PCR (Mai 2015)
4. Nikotinabusus (15 pack years)
3.4.2 Anlässlich der Untersuchung vom 24. Mai 2016 durch med. pract. M.___, Fachärztin für Innere Medizin FMH, gab der Beschwerdeführer an, es gehe ihm schlecht, da er ständig Schmerzen und keine Kraft habe (S. 18). Er leide seit drei Jahren an Schmerzen im rechten Nacken (neun bis zehn von zehn Punkten auf der visuellen Analogskala / VAS), zwischen der Brustwirbelsäule und dem rechten Schulterblatt (7/10 VAS), unter dem rechten dorsalen Rippenbogen (7/10 VAS) und über der rechten Hüfte (7/10 VAS). Die Schmerzen seien täglich vorhanden, sie kämen und gingen ohne Auslöser. Weiter würden Kopfschmerzen auftreten, welche durch die Nackenschmerzen ausgelöst und bis in das rechte Auge aufsteigen würden (9/10 VAS), sowie Schmerzen im rechten Bein im Bereich der Hüfte (7-8/10 VAS), des Oberschenkels (6/10 VAS) und des Fusses (7/10 VAS). Die Beschwerden im Bein würden vor allem durch Stehen ausgelöst; nach fünf Minuten halte er die Schmerzen nicht mehr aus und müsse sich hinsetzen (S. 19 f.). Ausserdem bestünden eine nicht näher definierte Kraftlosigkeit im rechten Bein, welches nach fünf Minuten Stehen müde werde, beidseitige Schulterschmerzen, wodurch der Kopf automatisch auf die rechte Seite kippe, sowie Schmerzen und subjektive Kraftminderung im rechten Unterarm, sobald er nur eine kleine Flasche hebe (5/10 VAS). Die ganze rechte Seite sei kraftlos. Hinzu komme ein Druck über der Halswirbelsäule, der bis in den Hinterkopf ziehe. Zudem leide er seit 3,5 Jahren unter einer Sozialphobie. Wenn er Menschen begegne, so ab zwei bis drei Personen, habe er ein Beklemmungsgefühl und könne nicht tief durchatmen, was starke Kopfschmerzen verursache. Im Frühjahr des letzten Jahres habe er auf der Arbeit einen Schleifstein angehoben, worauf sich die Nackenschmerzen verschlechtert hätten und die übrige Schmerzsymptomatik eingestellt habe. Subjektiv fühle sich der Beschwerdeführer in der bisherigen Tätigkeit nicht mehr arbeitsfähig, könne sich aber eine leichte Arbeit von 40 bis 50 % vorstellen. Wegen der Schmerzen habe er schon viele Medikamente, u.a. Cymbalta genommen, jedoch habe nichts wirklich geholfen (S. 20).
Med. pract. M.___ stellte fest, es sei keine Depressivität ersichtlich (S. 21). Während der Anamneseerhebung sitze der Beschwerdeführer entspannt, ohne ersichtlichen Leidensdruck schmerzbedingte Positionswechsel, während 80 Minuten und nach einer zehnminütigen Pause noch einmal für 20 Minuten auf dem Sprechzimmerstuhl. Das Ausziehen erfolge speditiv und ohne besondere Schonbewegungen. Insgesamt sei das Bewegungsmuster unauffällig, der Gang hinkfrei und flüssig (S.22). Die subjektive Kraftminderung in Armen und Beinen lasse sich in der körperlichen Untersuchung nicht bestätigen. Es fänden sich verschiedene Diskrepanzen (S. 23 f.): Der Beschwerdeführer sei mit dem Auto angereist und könne einen Schaltwagen fahren. Die soziale Phobie werde bei der psychiatrischen Exploration nicht mehr bzw. nur abgeschwächt angegeben. Dort beschreibe der Beschwerdeführer Cymbalta als hilfreich, während er hier eine Wirkung verneine. Weiter berichte er, er könne wegen der Schmerzen die Spülmaschine nicht einund ausräumen, sei jedoch ohne Probleme in der Lage, dies bei Waschmaschine und Trockner zu tun, welche auf dem Fussboden stünden (s. dazu S. 17). Zudem gebe der Beschwerdeführer an, in der Nacht, auch wenn er zum Wasserlassen aufstehe, keine Schmerzen zu haben. Der internistischen Gutachterin erzähle der Beschwerdeführer, er fahre seit letztem Jahr kein Velo mehr, beim Rheumatologen hingegen, er fahre jetzt mit Freude mit dem E-Bike. Bei der Arbeitsanamnese würden hier höhere Gewichtsbelastungen genannt als beim Rheumatologen und im Fragebogen der Arbeitgeberin. Die Sensibilitätsstörungen würden bei den einzelnen Gutachtern unterschiedlich beschrieben, sowohl was die Stärke als auch die Ausdehnung betreffe. Die Beschreibung bleibe vage. Die Schmerzen würden ebenfalls unterschiedlich angegeben; insbesondere die rechtsseitigen Kopfschmerzen, die nach einer Zahnbehandlung begonnen hätten, würden nur gegenüber der psychiatrischen Expertin erwähnt.
3.4.3 Bei der Untersuchung durch Dr. med. N.___, Facharzt für Rheumatologie FMH, am 25. Mai 2016 erklärte der Beschwerdeführer, er verspüre seit etwa drei bis vier Jahren Beschwerden im Bereich des dorso-kranialen Schultergürtels. Im April 2015 habe er den gut 30 kg schweren Schleifstein aus der Maschine herausgenommen und diesen mit im Ellbogen flektierten Armen auf einen Tisch abstellen wollen, als er gemerkt habe, dass die Kraft dazu nicht reiche. Er habe deshalb eine Flexions- / Rotationsbewegung des Rumpfes mit angewinkeltem rechtem Arm gemacht (analog der Kugelstösser-Stellung) und so den Stein am Herunterfallen gehindert. Bei dieser Bewegung habe er einen Stich leicht paravertebral rechts von zervikal bis gegen lumbal rechts und nach kranial bis gegen den Stirnbereich rechts verspürt; die Atmung sei für gut eine Viertelstunde «blockiert» gewesen. Er habe dann die Arbeit unterbrochen und über die Stuhllehne wiederholte Male eine Extension der Wirbelsäule ausgeführt. Nachher habe er Mühe bei Bewegungen und Belastungen mit dem rechten Arm gehabt; der Versuch einer anderen Arbeit in der Leimerei habe nicht geklappt (S. 27). Nach dem Arbeitsunfall verstärkt hätten sich die zervikalen Beschwerden rechts mit etwas paravertebral rechts lokalisierbaren Schmerzen bis gegen den rechten Beckenkamm und punktuell unter der rechten Scapula, dies vor allem beim längeren Stehen sowie verstärkt nach Bewegungen und Belastungen wie der ärztlichen Untersuchung. Spontan neige er den Kopf etwas zur rechten Seite. Die Beweglichkeit sei eigentlich nicht eingeschränkt. Hinsichtlich des rechten Schultergürtels könne er zwar letztlich alle Bewegungen ausführen, vermeide aber wegen der Schmerzen Aktivitäten über Schultergürtelhöhe den Schürzengriff. Seitens des Rückens seien bei mehr wenig konstant vorhandenen, paravertebral rechts lokalisierten Beschwerden alle Bewegungen ohne akute Exazerbationen möglich. Er habe noch geringe diffuse Ausstrahlungen in das rechte Bein (S. 28). Nach dem Verhebetrauma habe er vorwiegend Beschwerden im rechten Schultergürtel gehabt, mit der Zeit auch am rechten Arm im Bereiche des Biceps brachii und über den proximalen Handund Fingerextensoren, jedoch nur leicht und ohne relevante Behinderung im Alltag. Aktivitäten mit der rechten Hand seien wenig schmerzhaft und möglich. Die laufende Physiotheraple habe er wegen der familiären Probleme und Zeitmangel unterbrechen müssen. Vorgesehen sei jetzt ein Termin bei einem Chiropraktor. Zwei Akupunkturversuche hätten eine Besserung gebracht und er wolle dies weiterführen. Er nehme Cymbalta (morgens 60 mg), Palexia Retard (1-0-1) und Palexia 50 mg (0-1-0). Er bringe seinen Sohn in die Krippe, z.T. werde dieser dann von seiner Frau abgeholt. Nebst Haushaltarbeiten beschäftige er sich mit dem Computer. Das Fischen, sein wichtigstes Hobby, sei zurzeit nicht möglich, ebenso sei wegen der rechten Schulter Schwimmen ungünstig (S. 29).
Während der anderthalbstündigen Anamnese sitze der Beschwerdeführer an und für sich ruhig, ohne sichtoder hörbare Schmerzäusserungen auf dem Sprechzimmerstuhl; zwischendurch mache er auch während der körperlichen Untersuchung aktiv eine Extension der Brustwirbelsäule. Das allgemeine Bewegungsverhalten sowie der Positionswechsel auf der Untersuchungsliege seien unauffällig; beim Ausziehen des T-Shirts werde der rechte Arm deutlich weniger eleviert (S. 29).
Bei einem vorbestehendem leichten Schmerzsyndrom im Bereich des dorso-kranialen Schultergürtels habe der Beschwerdeführer im April 2015 auf der Arbeit ein eigentliches Verhebetrauma erlitten: Beim Herausnehmen eines etwa 30 kg schweren Schleifsteins aus der CNC-Maschine in Supinationsstellung beider Arme habe er gemerkt, dass er zu wenig Kraft habe, den Stein auf ein höheres Gestell zu platzieren. Um den Stein nicht fallen zu lassen, habe er eine Flexionsresp. leichte Rotationsstellung des Oberkörpers eingenommen und den Schleifstein mit angewinkeltem Arm und rechter Hand massiv unterstützt (gemäss Demonstration wie die Wurfstellung eines Kugelstössers) und ihn dann mit letzter Kraft auf das Gestell angehoben. Unmittelbar nach diesem Kraftakt habe es ihm für etwa eine Viertelstunde den Atem «verschlagen», und er habe einen linienförmigen Schmerz leicht paravertebral rechts von zervikal bis gegen lumbal verspürt. Die versuchsweise Wiederaufnahme einer leichteren Tätigkeit in der Leimerei sei wegen Schmerzen im rechten Schultergürtel nicht mehr möglich gewesen. Seit dem 15. April 2015 sei er anhaltend arbeitsunfähig. Aktuell verspüre er nach wie vor Beschwerden zervikal rechts mit den beschriebenen Ausstrahlungen paravertebral rechts nach Belastungen sowie häufiger Lateralflexion des Kopfes nach rechts (was einer Entlastungshaltung entspreche). Die aktive Schulterbeweglichkeit rechts sei endphasig gering eingeschränkt und etwas schmerzhaft. Die Rückenschmerzen verspüre der Beschwerdeführer diffus paravertebral rechts bis zum Beckenkamm und eher punktförmig umschrieben unter dem rechten Schulterblatt. Aktuell lägen nur geringe Ausstrahlungen ins rechte Bein vor. Die leichten Ausstrahlungen in den rechten Arm über den proximalen Extensor carpi radialis blieben ohne wesentliche manuelle Behinderungen bei etwas verminderter Kraftentfaltung (S. 32 f.). Die angegebenen Beschwerden seien unter Mitberücksichtigung der Untersuchungsbefunde bezüglich Art und Lokalisation konsistent und auch bei wiederholter Untersuchung nachweisbar; es ergäben sich keinerlei Hinweise für eine Symptomausweitung gar Aggravation. Durch die Körperhaltung beim Verhebetrauma liessen sich die beschriebenen Befunde rein pathomechanisch nachvollziehbar erklären. Dies betreffe sowohl die akute Überlastung der rechten Schulter tendomyotischer und ligamentärer Natur, die vorübergehende «Atemblockierung» als Ausdruck akuter Rippenblockierungen bei sehr unergonomischer Haltung mit Kraftimpuls sowie die schwer nachvollziehbaren zervikolumbal beschriebenen Beschwerden paravertebral rechts. Diese Befunde des Bewegungsapparates seien aber keine ausreichende Begründung für eine jetzt seit einem Jahr anhaltende vollständige Arbeitsunfähigkeit. Hierzu seien versicherungsrechtlich nicht zu berücksichtigende zusätzliche Elemente der persönlichen und soziofamiliären Situation zu erwähnen: Der Beschwerdeführer habe immer wieder Angst vor einer ernsthaften Erkrankung und hoffe, dass man durch weitere bildgebende Abklärungen sicher die Ursache seiner Beschwerden definieren könne (was illusorisch sei). Nebst diesem ängstlichen Vermeidungsverhalten sei die gravierende soziofamiliäre Situation zu berücksichtigen: Der Sohn des Beschwerdeführers leide an einem juvenilen Autismus. Als Folge dieser einschneidenden Diagnose habe die Ehefrau ihn und den Sohn verlassen, so dass er jetzt gezwungenermassen das Sorgerecht ausüben müsse. Der Beschwerdeführer wäre als Hausmann, Vater eines schwerbehinderten Kindes und mit voller Erwerbstätigkeit klar überfordert (S. 33).
Für den grössten Teil der Arbeitsabläufe am letzten Arbeitsplatz wäre eine Wiederaufnahme der Tätigkeit mit langsamer Steigerung vorerst halbtags rheumatologisch zumutbar. Das gelegentliche Heben schwerer Gewichte sei ungünstig. Der genaue Anteil müsste durch eine Arbeitsplatzabklärung evaluiert werden. Für Verweistätigkeiten bestünden folgende qualitativen Einschränkungen: Wegen der Schultergürtelproblematik keine häufigen rotatorisch und elevatorisch belastenden Arbeiten mit dem rechten Arm, keine Tätigkeiten ausschliesslich im Stehen und Gehen, keine anhaltenden Tätigkeiten in einer unergonomischen Rückenhaltung und keine stereotyp-belastenden manuellen Arbeiten mit der rechten Hand. Für solche Tätigkeiten gelte ab Mitte Juli 2015 ganztags eine volle Arbeitsfähigkeit ohne Leistungseinbusse. Wegen der schwierigen soziofamiliären Situation sei dies eine rein theoretische Beurteilung, die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sei praktisch ausgeschlossen. Falls die Betreuungssituation mit seinem Kind befriedigend gelöst werde, sei der Beschwerdeführer allenfalls interessiert an einer Umschulung in Richtung Informatiker Programmierer (S. 34 + 35).
Therapeutische Massnahmen seien weiterhin indiziert, vordringlich die jetzt vom Hausarzt eingeleitete chiropraktische Behandlung. Das beschriebene Problem sollte mit chiropraktisch-/osteopathisch-/manual-therapeutischen Massnahmen unter Miteinbezug spezifischer physiotherapeutischer Techniken wie Weichteilbehandlung befriedigend gelöst werden können. Auf Grund der bildgebenden Abklärungen und des beschriebenen Befundes seien persistierende körperliche Einschränkungen des ganzen Achsenskelettes und Schultergürtels unwahrscheinlich. Die medikamentöse Behandlung sei vor kurzem geändert worden und müsse jetzt zuerst auf Grund des Verlaufes beurteilt werden (S. 34).
3.4.4 Anlässlich der Untersuchung durch Dr. med. O.___, Facharzt für Neurologie FMH, am 2. Juni 2016 beklagte der Beschwerdeführer «Schmerzen der rechten Seite»; er deute dabei in erster Linie auf die rechte Nackenhälfte sowie auch auf die Region zwischen dem rechten Schulterblatt und der Wirbelsäule. Diese Schmerzen würden seit einem Jahr bestehen, vorher habe er nur etwas Schmerzen im Bereich des rechten Nackens gehabt. Die Schmerzen seien akut «eingeschossen», als er an seinem Arbeitsplatz einen Schleifstein falsch gehoben habe. Es handle sich um einen Dauerschmerz (überwiegend 6/10 VAS mit Exazerbationen bis 9/10 VAS). Er könne nicht angeben, was die Schmerzen verstärke. Lediglich durch Tramadol hätten sich die Beschwerden etwas gebessert. Hilfreich sei auch Akupunktur gewesen (S. 36). Neben den Nackenbeschwerden habe er dauerhafte Schmerzen im Bereich der rechten Leiste, die zum gleichen Zeitpunkt begonnen hätten und entlang der Innenseite des rechten Oberschenkels zögen (4-5/10 VAS mit Exazerbationen bis 9/10). Bereits nach ein bis zwei Minuten Stehen sowie fünf bis zehn Minuten Gehen komme es zu einer massiven Schmerzzunahme. In der rechten Schulter habe er eine Spritze bekommen, die die Beweglichkeit verbessert habe. Die Physiotherapie-Serien im letzten Jahr hätten nur ein paar Stunden geholfen. Ein selbst erlerntes physiotherapeutisches Übungsprogramm könne er auf Grund einer Schmerzzunahme nicht durchführen. Dies gelte auch für die Arbeit. Sein Arbeitsplatz als Produktionsarbeiter sei überwiegend stehend. Das Heben schwerer Lasten sei nur selten erforderlich gewesen. Es sei versucht worden, ihm eine andere Arbeit zu geben, was auch nicht funktioniert habe (S. 37).
Der Beschwerdeführer zeige ein flüssiges unauffälliges Gangbild auf dem Weg vom Wartebereich in das Untersuchungszimmer. Er sitze während der einstündigen Anamnese ohne erkennbare Schmerzäusserungen, ohne erkennbare Schonhaltung und ohne Haltungswechsel auf einem Stuhl. Der Kopf werde spontan frei in alle Richtungen bewegt (S. 38).
Es lägen keine neurologischen Diagnosen vor (S. 40). Ungewöhnlich sei, dass der Beschwerdeführer kaum anzugeben vermöge, welche Massnahmen, Tätigkeiten usw. die Schmerzen verstärken besserten. Die Aussage, er könne nicht lange stehen und es komme nach ein bis zwei Minuten zu einer massiven Schmerzzunahme, sei nicht nachvollziehbar, da der Beschwerdeführer hier während der gesamten Anamnese und körperlichen Untersuchung in keiner Weise schmerzgeplagt wirke, auch nicht bei den ausführlichen Standund Gangversuchen. Diskrepant sei auch, dass der Beschwerdeführer trotz seiner vorgebrachten massiven Einschränkungen problemlos mit dem Auto fahre, z.B. auch zu diesem Untersuchungstermin. Zu erwähnen sei, dass er aktuell keine Kopfschmerzen beklage und die in der Begutachtung an anderer Stelle beschriebene Sozialphobie hier nicht erwähnt werde. Im neurologischen Befund seien keine objektivierbaren Defizite festzustellen. Der Hirnnervenbefund sei normal. Bei seitengleich mittellebhaftem Reflexniveau und fehlenden Paresen gebe es keine Hinweise auf eine radikuläre nervale Schädigung, die die Beschwerden erkläre. Die Sensibilitätsstörungen der rechten Körperhälfte würden im Gesicht sehr wechselnd vorgebracht. Beim rechten Arm und rechten rechte Bein könne der Beschwerdeführer nicht angeben, ob er mehr weniger spüre. Am Rumpf werde das Gefühl als «fast normal» bezeichnet. Auch hier falle wieder eine sehr vage Beschreibung auf. Diese Sensibilitätsstörungen liessen sich nicht einer Läsion des zentralen peripheren Nervensystems zuordnen, da sie nicht einem typischen lnnervationsgebiet eines Nervs einer Wurzel entsprächen. Aus theoretischer Sicht wäre eine zentrale Läsion denkbar, ein entsprechendes MRI des Neurokraniums sei jedoch unauffällig (S. 41). Die Schmerzen in der rechten Leiste könnten zumindest theoretisch durch eine Affektion entsprechender Nerven erklärt sein. Der Lokalbefund sei hier jedoch normal. Das aktuell angegebene sensible Defizit werde in dieser Art nirgends in den Akten erwähnt. Der Cremasterreflex sei seitengleich erhältlich. Zudem liessen sich die Schmerzen nicht valide reproduzierbar nachweisen, wie es bei einer Nervenläsion (z.B. N. genitofemoralis o.ä.) zu erwarten wäre. Bei fehlender Voroperation und nicht dokumentierter Pathologie im Bereich der Leiste sei ein entsprechendes Schmerzsyndrom durch eine Affektion der genannten Nerven sehr unwahrscheinlich. Man sehe diese Problematik im Rahmen des allgemeinen Schmerzsyndroms.
Zusammengefasst lasse sich beim Beschwerdeführer keine neurologische Erkrankung diagnostizieren, welche die Beschwerden erkläre. Anamnestisch und in der neurologischen Untersuchung ergäben sich deutlich Diskrepanzen. Damit sei die Arbeitsfähigkeit als Produktionsmitarbeiter sowie für sämtliche infrage kommenden Verweistätigkeiten aus neurologischer Sicht nicht eingeschränkt. Die Beurteilung von Dr. med. C.___ sei nachvollziehbar und decke sich mit den heutigen Untersuchungsbefunden (S. 42).
3.4.5 Bei der psychiatrischen Untersuchung durch Dr. med. P.___, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, am 7. Juni 2016 berichtete der Beschwerdeführer, er habe die psychiatrische Behandlung vor vier Monaten aus Zeitmangel beendet, obwohl ihm die Gespräche geholfen hätten. Seit April 2015 leide er an schwankenden, aber ständig vorhandenen, stechenden / ziehenden Schmerzen in der rechten Körperseite, welche vom Kopf über den Nacken bis ins Schulterblatt und kurz darunter reichten (6-7/10 VAS). Im Kopf bestehe auf der rechten Seite ein diffuses Druckgefühl. Die Schmerzen würden den Beschwerdeführer an Zahnschmerzen erinnern, sie seien auch kurze Zeit nach einer Zahnreparatur erstmals in dieser Form aufgetreten. Der Schmerz in der rechten Körperhälfte nehme beim Stehen nach ein bis zwei Minuten zu, ebenso beim Gehen, sodass er sich setzen müsse. Bestimmte Bewegungen würden ihm wegen der Schmerzen schwerfallen, wie z.B. eine volle Flasche zu halten die Zähne zu putzen, deswegen tue er viel mit links. Für die plötzliche Verstärkung der Schmerzen habe er keinen Auslöser bemerkt (S. 43). Mit Tramal habe er auf Empfehlung des Hausarztes aufgehört. Ein etwas anderer, dumpf-ziehender Schmerz gehe beidseits vom Beckenkamm aus und ziehe innen an den Oberschenkeln entlang bis zum Knie und manchmal auch in den Fuss (7/10 VAS). Vor neun Monaten sei er durch die Kopfschmerzen nervös und angespannt geworden. Er sei gereizt gewesen und habe das Bedürfnis gehabt, alleine zu sein. Er habe sich bedrückt gefühlt, aber nicht traurig. Ein Angstgefühl habe er nicht verspürt, vielleicht eine leichte innere Unruhe und Rastlosigkeit. Durch das Cymbalta habe sich diese Nervosität gelegt, er sei innerlich ruhiger. Die Schmerzen hätten sein Leben zur «Katastrophe» gemacht. Er könne keinen Sport mehr treiben, wenn er Muskeln anspanne, dann tue es ihm sehr weh. Auch andere Dinge wie Angeln, die er gerne gemacht habe, könne er nicht mehr tun. Sobald die Schmerzen sich verstärkten, lege er sich auf die linke Seite auf das Sofa, auch wenn ihm der Kopf im Liegen mehr wehtue. Wenn er schlafe und wieder aufwache, sei der Schmerz für kurze Zeit nicht vorhanden. Er könne nicht glauben, dass sein Körper weitestgehend in Ordnung sei (S. 44). Als Ressourcen würden Schwimmen, Angeln und Velofahren genannt. Was die sozialen Kontakte angehe, so habe der Beschwerdeführer zwei gute Freunde in der Türkei, zu denen er telefonischen Kontakt pflege. Er habe viele Bekannte, auch ehemalige Arbeitskollegen. Er habe sich immer mit allen gut verstanden, aber seit sechs Monaten mit niemandem mehr Kontakt aufgenommen. Er habe neu einen guten Kontakt dem Mann seiner jüngeren Schwester, die in Kürze in die Schweiz komme. Mit den Verwandten seiner Frau sei es schwierig, aber jemand aus der Familie helfe ihm beim Putzen der Wohnung (S. 46). Er wolle eben nicht mehr so viel hinausgehen, habe die Menschen nicht mehr so gern. Das sei früher anderes gewesen. Er sei motiviert, wieder eine Behandlung aufzunehmen, und werde das mit seiner Hausärztin besprechen. Er wolle wieder arbeiten und sei sehr daran interessiert, einen Beruf zu erlernen, z.B. im Bereich Informatik. Auch den Teppichhandel würde er gerne wieder betreiben. Momentan könne er sich auf Grund der Beschwerden schwer vorstellen, dass er wieder voll arbeitsfähig sein werde. Er fühle sich körperlich sehr krank und psychisch nicht krank (S. 47).
Er sei in der Türkei bei den Eltern aufgewachsen und habe eine gute Kindheit verbracht. Zu zwei Halbbrüdern habe er noch telefonischen Kontakt (S. 47). Ausserdem habe er zwei leibliche Schwestern. 2009 habe er geheiratet und 2013 sei sein Sohn zur Welt gekommen. Ein Kinderpsychiater habe bei diesem die Diagnose «frühkindlicher Autismus» gestellt. Vor drei Monaten sei seine Frau bei ihm ausgezogen. Er habe vor, das Sorgerecht für das Kind zu erhalten, weil es bei ihm leben solle. Mit Hilfe einer Heilpädagogin habe er ein Tagesheim gefunden, in dem sein Sohn an drei Vormittagen von 7:00 bis 12:00 Uhr betreut werde. Ausserdem komme jemand vom Roten Kreuz, der an fünf Tagen pro Woche für einen halben Tag nach dem Kind schaue. Er selbst könne sich zu Hause ansonsten gut beschäftigen, schaue fern, beschäftige sich am Computer und sei vielseitig interessiert, u.a. an den Nachrichten. Ab und zu gehe er kurz nach draussen, wobei ihm langes Gehen wegen der Beschwerden nicht möglich sei. Im Haushalt behelfe er sich mit einem Staubsauger-Roboter (S. 48). Einkaufen und Kochen erledige er gerne. In der Alltagsverrichtung er habe keine Probleme (S. 49).
Zu den psychiatrische Befunden hielt die Gutachterin fest, der Beschwerdeführer sei selbständig zur Begutachtung angereist. Als sie ihn in der Wartezone abhole, erhebe er sich rasch und mühelos aus der tiefen Sitzgelegenheit. Das Gangbild weise keine Auffälligkeiten auf. Während der gesamten Exploration verhalte sich der Beschwerdeführer kooperativ und sei bemüht, ausführlich Auskunft zu geben. Die Intelligenz werde klinisch als durchschnittlich eingeschätzt. Die Konzentrationsfähigkeit sei ungestört, die Konzentrationsspanne unauffällig. Es fielen keine Merkfähigkeitsoder Gedächtnisstörungen auf. Aufmerksamkeit und Auffassung seien ebenfalls unbeeinträchtigt. Was formale Denkstörungen angehe, zeige sich kein vermehrtes Grübeln und kein Gedankenkreisen. Die Sprache sei flüssig, das Sprechvermögen ungestört. Es fielen weder Denkhemmungen und Blockaden noch umständliches, abschweifendes perseverierendes Denken und Sprechen auf (S. 49). Es bestünden keine Phobien, Panikattacken generalisierte Ängste. Die leichte Anspannung und innere Unruhe im Zusammenhang mit sozialen Ereignissen werde wahrscheinlich durch Schamgefühle hervorgerufen und sei nicht krankheitswertig. Es lägen weder vermehrte Sorgen, Zwänge noch eine vermehrte Beschäftigung mit körperlichen Symptomen vor. Für Wahn, Sinnestäuschen Ich-Störungen gebe es keine Hinweise. Affektiv sei der Beschwerdeführer euthym, ausreichend moduliert und in der Ausprägung der emotionalen Qualitäten unauffällig. Er sei zugewandt und freundlich, könne lachen und lächeln. Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit seien nicht vorhanden. Der Beschwerdeführer sei nicht ratoder hoffnungslos. Anspannung innere Unruhe fehlten in der Untersuchungssituation. Es bestünden leichte Schuldgefühle, aber kein Gefühl von Bestraftsein. Der Schlaf sei ungestört und erholsam, ohne Alpträume. Die zirkadiane Rhythmik präsentiere sich unauffällig. Die Libido fehle seit sechs bis sieben Monaten auch schon länger. Für Selbstoder Fremdgefährdung gebe es keine Hinweise. Eine Persönlichkeitsstörung akzentuierte Persönlichkeitszüge seien nicht ersichtlich (S. 50). Das Introspektionsund Reflexionsvermögen sei kulturell bedingt wahrscheinlich gering ausgeprägt und bei gutem Bildungsniveau und Sprachverständnis knapp ausreichend für eine Psychotherapie. Es entstehe der Eindruck, der Beschwerdeführer sei sich der Herausforderungen als alleinerziehender Vaters eines Sohnes mit einer frühkindlichen autistischen Störung nicht sehr bewusst. Ein körperliches Krankheitsgefühl sei vorhanden, ein psychisches nicht. Das Krankheitsverständnis für die Zusammenhänge von Körper und Psyche im Bereich der somatoformen Störung fehle, wie es bei den meisten Betroffenen der Fall sei. Auf der Hamilton-Depressionsskala ergäben sich vier Punkte, was unter dem Cut-off für leichte Symptome von neun Punkten liege (S. 51). Was die Parameter der funktionellen Leistungsfähigkeit in Anlehnung an das Mini-ICF-APP Rating angehe, seien die verschiedenen Fähigkeiten wie z.B. die Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routinen, die Flexibilität, die Durchhaltefähigkeit die Kontaktfähigkeit zu Dritten nicht beeinträchtigt (S. 51 ff.). Der Medikamentenspiegel von Duloxetin (Cymbalta) liege im Wirkbereich und sei mit der Dosis zu vereinbaren (S. 54).
Zusammenfassend sei der psychiatrische Befund unauffällig. Psychische Faktoren bestünden im Zusammenhang mit dem chronischen Schmerzerleben und der Entwicklung dysfunktionaler Bewältigungsstrategien, z.B. Schonung leichtem sozialem Rückzug (S. 54 f.). Ausserdem lägen chronische Belastungsfaktoren in Form von Schwierigkeiten in der Beziehung zur Ehefrau, zwischen Ehefrau und Kind, durch die Trennung von der Frau sowie durch die autistische Störung des Sohnes vor. Es stehe ein subjektives Schmerzsyndrom im Vordergrund, durch das sich der Beschwerdeführer als nicht leistungsfähig genug erlebe, um arbeiten zu können. Auf Grund der beschriebenen körperlichen Schmerzen und der unzureichenden Erklärbarkeit durch ein somatisches Korrelat komme aus psychiatrischer Sicht eine Diagnose aus der Gruppe der somatoformen Störungen in Frage (lCD-10 F45). Dafür würden die folgenden Kriterien gelten. Die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt, da die Kriterien nicht erfüllt seien: Der Beschwerdeführer beschreibe zwar einerseits den Schmerz als schwer und quälend, was aber in der Untersuchungssituation nicht verifizierbar sei. Andererseits schildere er die emotionalen Konflikte resp. psychosozialen Probleme nicht als so schwerwiegend, um als entscheidende ursächliche Einflüsse zu gelten. Es sei vorstellbar, dass die Situation für den Beschwerdeführer nicht einfach sei, aber sie sei nicht ungewöhnlich. Alltagsund Freizeitaktivitäten seien nahezu unbeeinträchtigt, die persönliche medizinische Zuwendung sei nicht als beträchtlich anzusehen. Die Kriterien einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (F45.41) seien dagegen alle erfüllt (S. 56 f.):
1) Die Beschwerden bestünden mehr als sechs Monate.
2) Die Beschwerden, vor allem der Schmerz, beträfen mehrere anatomische Regionen.
3) Die Beschwerden, vor allem der Schmerz, hätten ihren Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess einer körperlichen Störung.
4) Psychische Faktoren seien in Form der beschriebenen chronischen Belastungsfaktoren gegeben. Sie stünden nicht am Beginn der Erkrankung, seien aber im Verlauf als wichtig für den Schweregrad, die Exazerbation und die Aufrechterhaltung der Schmerzen anzusehen.
5) Der Schmerz verursache in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen und anderen wichtigen Funktionsbereichen.
Klinische Hinweise auf eine depressive Symptomatik ergäben sich in der Exploration nicht. Der Beschwerdeführer beschreibe leichte Symptome, die nicht pathognomisch für eine Depression seien und unter Cymbalta gebessert hätten. Leichte psychische Störungen seien als Teil der chronischen Schmerzstörung zu werten und nicht geeignet, eine eigenständige Diagnose zu begründen (S. 57).
Es sei u.a. auf folgende Diskrepanzen hinzuweisen (S. 57 f.):
· Diskrepanz zum Hauptgutachten, wo sich der Beschwerdeführer als depressiv beschreibe, in der hiesigen Exploration dagegen als psychisch gesund.
· Diskrepanz zwischen dem Ausmass der geklagten Schmerzen und der damit verbundenen Beeinträchtigungen sowie dem hohen Alltagsfunktionsniveau.
· Diskrepanz zwischen dem Hauptgutachten, wonach Cymbalta nicht helfe, und dem Bericht in der Exploration, dass es gut helfe.
· Präsentation einer erheblichen Behinderung, welche nicht im Einklang mit der Verhaltensbeobachtung und dem klinischen Befund stehe und daher nicht plausibel sei.
· Diskrepanz zwischen den Angaben der Arbeitgeberin, wonach der Beschwerdeführer auf Teilzeitangebote nicht eingegangen sei, und der hiesigen Exploration, wo der Beschwerdeführer betone, dass er sehr gerne arbeiten möchte und sich ein Teilzeitpensum vorstellen könne.
· Diskrepanz zum Bericht von Dr. med. F.___, wo die Schmerzen anders als in der vorliegenden Exploration geschildert würden. Ausserdem würden Symptome beschrieben, die leichten psychischen Beschwerden entsprechen könnten, sowie Hinweise auf eine ängstlich-besorgte Persönlichkeit; dieser Eindruck entstehe in der hiesigen Exploration nicht.
Es lägen keine psychiatrischen Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit vor. Die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Symptomen bleibe ohne Auswirkung. Die Arbeitsfähigkeit sei uneingeschränkt. Diese Beurteilung schliesse soziokulturelle Faktoren aus (S. 58). Eine Krankheitseinsicht sei nur teilweise vorhanden und bezogen auf den somatoformen psychosomatischen Aspekt nicht ausreichend. Eine psychiatrische Behandlung der chronischen Schmerzstörung sei im Moment nicht erfolgversprechend. Bei einer störungsspezifischen Behandlung könnten die Bemühungen verstärkt werden, z.B. durch eine tagesklinische Behandlung und / eine interdisziplinäre Schmerzgruppe. Der Beschwerdeführer zeige sich grundlegend aufgeschlossen, wolle lernen und arbeiten. Das seien therapeutisch nutzbare Ressourcen. Wahrscheinlich sei es sinnvoll, im Rahmen dieser beruflichen Wiedereingliederung das Arbeitspensum langsam und leidensangepasst zu steigern. Wenn die Betreuungssituation des Sohnes geklärt sei, sei eine Umschulung und leidensangepasste berufliche Wiedereingliederung mit einem langsam steigenden Arbeitstempo sinnvoll (S. 59).
Das psychiatrische Gutachten von Dr. med. G.___ und Prof Dr. med. H.___ sei schlüssig und gut nachvollziehbar (S. 59). Aus den Beschwerden, welche der behandelnde Psychiater med. pract. K.___ festhalte, lasse sich die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode nicht ableiten. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sei in sich nicht schlüssig, da eine mittelgradige depressive Episode erfahrungsgemäss mindestens eine Arbeitsunfähigkeit von ca. 50 % begründe und relevante Auswirkungen auf die Alltagsfunktionalität (Mini-ICF) habe (S. 61).
3.4.6 Im Hauptgutachten wurde zusammengefasst, unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten sei der Beschwerdeführer aus rheumatologischer Sicht für den grössten Teil der beschriebenen Arbeitsabläufe in der angestammten Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter zu 50 % arbeitsfähig, jedoch ohne Heben von schweren Lasten. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit mit langsamer Steigerung innert sechs Monaten sei zumutbar. Der Anteil der Arbeiten mit Heben von schweren Gewichten und das genaue Pensum müssten durch eine Arbeitsplatzabklärung evaluiert werden. Für eine angepasste Tätigkeit ohne häufige rotatorisch und elevatorisch belastende Arbeiten mit dem rechten Arm, ohne Tätigkeiten ausschliesslich im Stehen und Gehen, ohne anhaltende Tätigkeiten in einer unergonomischen Rückenhaltung und ohne stereotyp-belastende Arbeiten mit der rechten Hand sei der Beschwerdeführer zu 100 % arbeitsfähig. Aus internistischer, neurologischer und psychiatrischer Sicht sei er für die angestammte Tätigkeit sowie für sämtliche infrage kommenden Tätigkeiten zu 100 % arbeitsfähig. Diese Beurteilung gelte seit Mitte Juli 2015. Befunde, die eine Arbeitstätigkeit verhinderten, würden seither in keinem Bericht erwähnt. Der Psychiater med. pract. K.___ habe in seinem Bericht vom 6. Juni 2016 eine Arbeitsaufnahme befürwortet, um den Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen. Davor habe seit dem 15. April 2015 eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit von 100 % bestanden (S. 68).
3.5 Die Beschwerdegegnerin stützt sich bei der Ablehnung des Leistungsbegehrens zu Recht auf das L.___-Gutachten. Dieses geniesst grundsätzlich vollen Beweiswert, da es von unabhängigen Fachärzten stammt, welche den Beschwerdeführer gründlich untersucht, seine Angaben festgehalten sowie die Vorakten berücksichtigt haben.
3.5.1 In somatischer Hinsicht ist die Schlussfolgerung, eine angepasste Tätigkeit sei ganztägig ohne Leistungsminderung möglich, vor dem Hintergrund der objektivierbaren organischen Veränderungen nachvollziehbar. Der Einwand des Beschwerdeführers, gewisse Befunde tauchten in der Diagnoseliste des Gutachtens nicht auf (A.S. 9 f.), trifft zwar an sich zu (Diskusprotrusionen C4/5 und C5/6 sowie L3/4 und L5/S1, Chondrose L4/5, spondylarthrotische Veränderungen L3 bis L5, Impingementsyndrom der rechten Schulter, beginnende AC-Gelenkdegeneration und beginnende Bursitis subakromialis/subdeltoidea). Daraus ergibt sich aber nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers. Einerseits weist der RAD-Arzt Dr. med. I.___ in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2017 (IV-Nr. 62 S. 2) darauf hin, dass das Zumutbarkeitsprofil, wie es im Gutachten umschrieben werde, die fraglichen Befunde berücksichtige. Dies verdient Zustimmung, da das Profil in der Tat die Einhaltung der Rückenergonomie verlangt, längeres Stehen und Gehen ausschliesst sowie den Einsatz des rechten Arms einschränkt. Soweit der Beschwerdeführer Anstoss daran nimmt, dass Dr. med. I.___ über keinen Facharzttitel in den Disziplinen Orthopädie und Rheumatologie verfügt, verkennt er, dass der RAD-Arzt keinen Untersuchungsbericht im Sinne von Art. 49 Abs. 2 Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV, SR 831.201) erstellt hat und deshalb keinen spezifischen Facharzttitel besitzen musste (Urteil des Bundesgerichts 9C_643/2016 vom 18. Januar 2017 E. 4.3). Andererseits ergab die klinische Untersuchung durch die L.___Gutachter keine erheblichen Einschränkungen durch die fraglichen Befunde. Namentlich liegt kein radikuläres Reizoder Ausfallsyndrom vor. Dies korrespondiert mit den Vorakten, wonach es sich nur um leichte degenerative Veränderungen handelt und die Schulterbeschwerden nach einer Infiltration merklich zurückgegangen sind. Hinzu kommt, dass auch die Diskrepanz zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und dem gezeigten Verhalten ein Indiz gegen eine Beeinträchtigung darstellt (Urteil des Bundesgerichts 9C_798/2011 vom 15. Mai 2012 E. 1).
Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, das Gutachten sei in sich widersprüchlich: Wenn für die leichte bisherige Arbeit eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert werde, so gehe es nicht an, für eine dem gleichen Belastungsprofil entsprechende Alternativbeschäftigung eine volle Arbeitsfähigkeit anzunehmen. Dieser Widerspruch lässt sich jedoch auflösen. Die bisherige Arbeit entspricht nur teilweise dem Zumutbarkeitsprofil, indem sie mitunter das Heben von schweren Gewichten erfordert und mehrheitlich stehend ausgeübt wird. Dies ergibt sich einerseits entgegen späteren Aussagen der Arbeitgeberin aus den früheren Angaben im Arbeitgeberfragebogen (IV-Nr. 9 S. 6). Andererseits entspricht es auch der Schilderung des Beschwerdeführers selber, wonach er mehrheitlich stehend gearbeitet und ein Verhebetrauma erlitten habe, als er ein Gewicht von 30 kg gehoben habe. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, für die bisherige Tätigkeit eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit anzunehmen, nicht aber für eine Arbeit, welche dem Profil in jeder Hinsicht angepasst ist. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass auch einige behandelnde Ärzte wie Dr. med. F.___ für eine angepasste Tätigkeit von einer vollen Arbeitsfähigkeit ausgehen und damit das Gutachten stützen. Der Beschwerdeführer macht im Übrigen nicht geltend, aus einem der früheren Arztberichte lasse sich eine Arbeitsunfähigkeit für jede Art von Tätigkeit ableiten.
3.5.2
3.5.2.1 Gegen die Schlussfolgerungen im psychiatrischen Teilgutachten erhebt der Beschwerdeführer zu Recht keine Einwände. Die Expertin hat ihn sorgfältig und eingehend untersucht und ihre Schlussfolgerungen differenziert begründet. Die abweichende Beurteilung von med. pract. K.___ gibt keinen Anlass dazu, vom Gutachten abzurücken. Eine psychiatrische Exploration kann von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen. Sie eröffnet dem begutachtenden Psychiater praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte lege artis vorgegangen ist (Urteile des Bundesgerichts 9C_550/2016 vom 30. Dezember 2016 E. 4.1 und 8C_839/2013 vom 13. März 2014 E. 4.2.2.1). Von einer psychiatrischen Administrativoder Gerichtsexpertise ist deshalb nur dann abzuweichen, wenn die behandelnden Ärzte objektiv feststellbare also nicht rein der subjektiven Interpretation entspringende Gesichtspunkte vorbringen, welche im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung unerkannt ungewürdigt geblieben und geeignet sind, zu einer abweichenden Beurteilung zu führen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_353/2015 vom 24. November 2015 E. 4.1). Dies ist hier nicht der Fall. Die Gutachterin hat sich vielmehr mit der Auffassung von med. pract. K.___ auseinandergesetzt und erläutert, warum sie sie nicht teilt.
3.5.2.2 Die psychiatrische Expertin diagnostiziert eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Das Bundesgericht hat mit Urteil BGE 141 V 281 vom 3. Juni 2015 seine Praxis zur anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und den vergleichbaren unklaren Beschwerdebildern, wozu auch die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren gehört, geändert. Gemäss diesem Urteil soll der Gutachter einerseits stärker darauf achten, die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung etc. so zu begründen, dass die Rechtsanwender nachvollziehen können, ob die klassifikatorischen Vorgaben nach ICD-10 tatsächlich eingehalten sind (Urteil E. 2.1); das Augenmerk ist namentlich auch auf Ausschlussgründe wie Aggravation zu richten (E. 2.2). Andererseits besteht keine Vermutung mehr, dass eine somatoforme Schmerzstörung mit einer Willensanstrengung überwunden werden kann, wovon nur abgewichen werden darf, wenn die sog. Förster-Kriterien erfüllt sind. Neu wird ein strukturierter, normativer, Prüfungsraster angewandt (E. 3.6). Anhand eines Katalogs von Indikatoren erfolgt eine ergebnisoffene symmetrische Beurteilung des unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen) andererseits tatsächlich erreichbaren Leistungsvermögens (E. 4.1.3):
1) Kategorie «funktioneller Schweregrad» (E. 4.3)
a) Komplex «Gesundheitsschädigung» (E. 4.3.1)
- Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde (E. 4.3.1.1)
- Behandlungsund Eingliederungserfolg -resistenz (E. 4.3.1.2)
- Komorbiditäten (E. 4.3.1.3)
b) Komplex «Persönlichkeit» (Persönlichkeitsdiagnostik, persönliche Ressourcen; E. 4.3.2)
c) Komplex «Sozialer Kontext» (E. 4.3.3)
2) Kategorie «Konsistenz» (Gesichtspunkte des Verhaltens; E. 4.4)
- gleichmässige Einschränkung des Aktivitätenniveaus in allen vergleichbaren Lebensbereichen (E. 4.4.1)
- behandlungsund eingliederungsanamnestisch ausgewiesener Leidensdruck (E. 4.4.2)
Das vorliegende Gutachten äussert sich zwar nicht ausdrücklich zu den besagten Indikatoren, enthält aber diejenigen Feststellungen, welche eine schlüssige Beurteilung im Lichte der massgeblichen Indikatoren erlauben (vgl. BGE 141 V 281 E. 8 S. 309):
Einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren fehlt ein diagnoseinhärenter Bezug zum Schweregrad. In diesem Fall hängt der Schweregrad einer Störung von den konkreten funktionellen Auswirkungen ab, insbesondere wie stark die versicherte Person in sozialen, beruflichen anderen wichtigen Funktionsbereichen schmerzbedingt beeinträchtigt ist (Urteil des Bundesgerichts 8C_489/2016 vom 29. November 2016 E. 6.3). Zum Komplex «Gesundheitsschädigung» geht aus dem Gutachten hervor, dass die Ausprägung der Störung nicht besonders schwer ist, bezeichnet Dr. med. P.___ den psychiatrischen Befund doch ausdrücklich als unauffällig (IV-Nr. 51.1 S. 54). Ausserdem präsentieren sich die Parameter der funktionellen Leistungsfähigkeit nach Mini-ICF-APP als durchweg unbeeinträchtigt (S. 51 ff.). Beim Behandlungsund Eingliederungserfolg ist darauf hinzuweisen, dass dieser zwar unbefriedigend ist, aber noch ungenutzte Therapieoptionen bestehen und empfohlen wird, berufliche Eingliederungsmassnahmen an die Hand zu nehmen (S. 68). Psychiatrische Komorbiditäten fehlen, namentlich wird eine depressive Symptomatik verneint. Die somatischen Befunde am Bewegungsapparat wiederum sind diskret (S. 57). Was den Komplex «Persönlichkeit» angeht, so bestehen keine Hinweise auf akzentuierte Persönlichkeitszüge andere Auffälligkeiten, die sich ressourcenhemmend auswirken könnten (S. 50). Zum Komplex «Sozialer Kontext» ist zu bemerken, dass sich der Beschwerdeführer zwar im Kontakt zu anderen Menschen zurückgenommen, aber keineswegs vollständig zurückgezogen hat (s. S. 17 + 55); so weist er etwa auf das gute Verhältnis zum Ehemann der jüngeren Schwester hin (S. 46). Eine Belastung stellt sicher die Betreuung des autistischen Sohns dar, doch erhält der Beschwerdeführer hier Unterstützung und kann den Sohn für einen Teil der Zeit in einem Tagesheim unterbringen (S. 48).
Was die Konsistenz betrifft, nennt die Expertin verschiedene Diskrepanzen und Inkonsistenzen (S. 57 f.), namentlich indem eine Behinderung an den Tag gelegt wird, welche sich nicht objektivieren lässt. Gegen einen Leidensdruck spricht, dass der Beschwerdeführer die laufende Psychotherapie zwar als positiv empfand, sie aber dennoch abbrach (S. 44). Ebenso lehnte er ein Angebot des Arbeitgebers für eine Teilzeitarbeit ab (IV-Nr. 9 S. 3), obwohl er sich als sehr interessiert bezeichnete, wieder zu arbeiten (IV-Nr. 5.1.1 S. 47).
Vor diesem Hintergrund verfügt der Beschwerdeführer insgesamt über genügend Ressourcen, um die Schmerzstörung zu überwinden und eine Arbeitsleistung zu erbringen.
3.5.3 Zusammenfassend kann im Sinne der Erwägungen auf das L.___-Gutachten abgestellt werden. Ein Gerichtsgutachten, wie es der Beschwerdeführer begehrt, ist damit nicht erforderlich. Es ist vielmehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der Beschwerdeführer seit Juli 2015 eine angepasste Tätigkeit vollzeitlich ohne Leistungseinbusse ausüben kann.
4.
4.1 Für den Einkommensvergleich ist auf den Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns abzustellen (BGE 129 V 222 E. 4.3.1 S. 224), hier also das Jahr 2016. Validenund Invalideneinkommen sind auf zeitidentischer Grundlage zu erheben und allfällige rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass zu berücksichtigen.
4.2 Für die Bemessung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne Gesundheitsschaden tatsächlich verdienen würde, und nicht, was sie bestenfalls verdienen könnte (BGE 131 V 51 E. 5.1 S. 53). Die Ermittlung des Valideneinkommens muss so konkret wie möglich erfolgen. Da die bisherige Tätigkeit erfahrungsgemäss fortgesetzt worden wäre, ist in der Regel vom wenn nötig der Teuerung und der Einkommensentwicklung angepassten letzten Verdienst auszugehen, der vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielt wurde. Ausnahmen von diesem Erfahrungssatz müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 135 V 58 E. 3.1 S. 59; Urteil des Bundesgerichts 9C_532/2016 vom 25. November 2016 E. 3.4.1).
Die Entlassung des Beschwerdeführers erfolgte zwar gemäss Kündigungsschreiben aus «wirtschaftlichen Gründen». Aufschlussreich sind jedoch die übrigen Ausführungen im Schreiben (IV-Nr. 9 S. 17):
Leider fehlen seit dem 10. August die von Ihnen versprochenen Arztzeugnisse, sowie die versprochene Information auf die andiskutierten und besprochenen Möglichkeiten für die %-Wiederaufnahme an der Arbeit nach Rücksprache mit Ihrem Hausarzt ( ) Wir bedauern diesen Schritt vornehmen zu müssen, da wir als Firma die Personalstrukturen entsprechend neu planen müssen ( )
Daraus erhellt, dass der Beschwerdeführer letztlich wegen seiner andauernden Arbeitsunfähigkeit, welche zu betrieblichen Schwierigkeiten führte, entlassen wurde. Er verlor seine letzte Stelle also krankheitshalber, weshalb auf das Gehalt an diesem Ort abzustellen ist. Die B.___ AG erklärte im Arbeitgeberfragebogen vom 19. Oktober 2015, der Beschwerdeführer hätte ohne Gesundheitsschaden weiterhin gleich viel verdient (IV-Nr. 9 S. 4 Ziff. 2.11), d.h. im Jahr 2015 insgesamt CHF 55'900.00 (13 x 4'300, s. IV-Nr. 9 S. 9). Angepasst an die Nominallohnentwicklung bis 2016 für Arbeitnehmer im Bereich «Verarbeitendes Gewerbe / Herstellung von Waren» (Tabelle T1.1.10 Lit. C; 2015: 104,0 Indexpunkte, 2016: 104,4 Punkte; s. unter https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/loehne-erwerbseinkommen-arbeitskosten/lohnentwicklung.assetdetail.2347385.html; alle Webseiten besucht am 7. Dezember 2017) ergeben sich CH 56'115.00.
4.3 Da der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht, ist für das Invalideneinkommen die Lohnstrukturerhebung 2014 (LSE) heranzuziehen (BGE 126 V 75 E. 3b S. 76 f.). Dabei ist auf das Kompetenzniveau 2 (praktische Tätigkeiten wie z.B. das Bedienen von Maschinen) abzustellen, bezogen auf den gesamten privaten Sektor (Urteil des Bundesgerichts 8C_717/2014 vom 30. November 2015 E. 5.1): Der Beschwerdeführer ist im Lichte der Schadenminderungspflicht gehalten, seine verbleibende Arbeitskraft in sämtlichen ihm zumutbaren und seinen Fähigkeiten entsprechenden Segmenten des Arbeitsmarktes zur Verfügung zu stellen und bei gegebener Möglichkeit auch tatsächlich zu verwerten. Ein Arbeitnehmer verdiente im Jahr 2014 in diesem Segment des Arbeitsmarktes durchschnittlich CHF 5660.00 pro Monat, einschliesslich Anteil für den 13. Monatslohn (Tabelle TA1_tirage_skill_level, Total). Dieser Tabellenlohn beruht auf einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und ist auf die betriebsübliche durchschnittliche Arbeitszeit aufzurechnen (Urteil des Bundesgerichts 9C_422/2015 vom 7. Dezember 2015 E. 3.3), d.h. im Jahr 2014 für den gesamten privaten Sektor 41,7 Stunden (Tabelle «Betriebsübliche Arbeitszeit nach Wirtschaftsabteilungen», Lit. A-S, https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/erwerbstaetigkeit-arbeitszeit/arbeitszeit/normalarbeitsstunden-statistik-betriebsuebliche-arbeitszeit.assetdetail.2967272.html). Auf diese Weise ergibt sich ein Betrag von CHF 70807.00. Passt man diesen bis zum Jahr 2016 (für das noch keine LSE vorliegt) an die Nominallohnentwicklung für Arbeitnehmer an (Tab. T1.1.10 Lit. B-S; 2014: 103,2 Indexpunkte, 2016: 104,1 Punkte), beläuft sich das Invalideneinkommen auf CHF 71425.00.
Praxisgemäss ist es beim Invalideneinkommen zulässig, vom nach Tabellenwerten ermittelten Durchschnittslohn Abzüge von bis zu 25 % vorzunehmen, um besonderen beruflichen persönlichen Umständen einer versicherten Person wie leidensbedingte Einschränkung, Alter, Nationalität Beschäftigungsgrad Rechnung zu tragen, welche sich erfahrungsgemäss auf die Lohnhöhe auswirken können (BGE 126 V 75 E. 5a/cc S. 78 und E. 5b S. 79). Was die Höhe des Abzugs angeht, so ist nicht für jedes in Betracht fallende Merkmal separat eine Reduktion vorzunehmen, weil damit Wechselwirkungen ausgeblendet würden; vielmehr ist der Einfluss aller Merkmale auf das Invalideneinkommen unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen (a.a.O., E. 5b/bb S. 80). Im vorliegenden Fall würde sich aber auch mit dem maximalen Abzug von insgesamt 25 % nichts ändern. Mit einem Invalideneinkommen von diesfalls CHF 53'569.00 ergäbe sich gemessen am Valideneinkommen von CHF 56'115.00 ein Invaliditätsgrad von 4,53 %, der weder Anspruch auf eine Invalidenrente noch auf eine Umschulung (welche einen Invaliditätsgrad von mindestens 20 % voraussetzt, s. BGE 124 V 108 E. 2b S. 110 f.) vermittelt.
5. Zusammenfassend stellt sich die Beschwerde als unbegründet heraus und ist abzuweisen.
6. Bei diesem Verfahrensausgang steht dem Beschwerdeführer keine Parteient-schädigung zu.
Die Beschwerdegegnerin hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. etwa BGE 128 V 133 E. 5b, 126 V 150 E. 4a).
7. Das Beschwerdeverfahren vor dem Versicherungsgericht ist kostenpflichtig, sofern es sich um Streitigkeiten betreffend die Bewilligung Verweigerung von Leistungen der Invalidenversicherung handelt. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von CHF 200.00 bis 1000.00 festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG).
Im vorliegenden Fall hat der unterlegene Beschwerdeführer die Verfahrenskosten von CHF 600.00 zu bezahlen. Dieser Betrag wird mit dem geleisteten Kostenvorschuss in Höhe von CHF 600.00 verrechnet.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Verfahrenskosten von CHF 600.00 zu bezahlen. Dieser Betrag wird mit dem geleisteten Kostenvorschuss in Höhe von CHF 600.00 verrechnet.
Rechtsmittel
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vorund Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Der Präsident Der Gerichtsschreiber
Flückiger Haldemann
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