Zusammenfassung des Urteils VSBES.2013.82: Versicherungsgericht
Die Cour des poursuites et faillites des Kantonsgerichts tagt, um über einen Einspruch von Q.________ aus Apples und Y.________ SA aus Lausanne gegen die Entscheidung der Präsidentin des Bezirksgerichts La Côte zu entscheiden, die Beschwerde gegen die Weigerung des AMTS FÜR BETREIBUNG UND KONKURSE MORGES-AUBONNE abzuweisen, einen neuen Verteilungsplan im Rahmen der Zwangsvollstreckungen gegen R.________ aus Apples zu erstellen. Der Richter ist M. Muller, und die Gerichtskosten betragen CHF 0. Die verliernde Partei ist männlich und die beteiligten Parteien sind die BANQUE CANTONALE VAUDOISE und die BANQUE CANTONALE DE ZURICH.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2013.82 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 22.11.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gutachtenstelle |
Schlagwörter : | Gutachter; Gutachterstelle; Fragen; Gutachten; IV-Stelle; Begutachtung; Vergabe; Urteil; Invalidenversicherung; Disziplinen; Gutachtens; Gutachterstellen; Katalog; Fragenkatalog; Vorgaben; Fachdisziplinen; Zufallsprinzip; Einwendungen; Verfahren; SuisseMED@P; Kapazitäten; Auswahl; Punkte; Hinsicht; Verfügung; Bundesamt; Sozialversicherungen |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 132 V 220; 137 V 210; 137 V 257; 138 V 275; |
Kommentar: | - |
In zeitlicher Hinsicht sind diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts gelten (BGE 132 V 220; 131 V 11 und 109, 127 V 467). Die angefochtene Verfügung erging am 18. Februar 2013, weshalb die am 1. März 2012 in Kraft getretene Fassung von Art. 72bis Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV, SR 831.201), die die Umsetzung der Vorgaben von BGE 137 V 210 bezweckt, hier anwendbar ist. Demnach haben medizinische Gutachten, an denen drei und mehr Fachdisziplinen beteiligt sind (sog. polydisziplinäre Gutachten), bei einer Gutachterstelle zu erfolgen, mit der das Bundesamt für Sozialversicherungen eine Vereinbarung getroffen hat (Abs. 1). Die Vergabe der Begutachtungsaufträge erfolgt nach dem Zufallsprinzip (Abs. 2).
Gegen die Anordnung eines Gutachtens durch die IV-Stelle können beschwerdeweise materielle Einwendungen erhoben werden, z.B., dass die in Aussicht genommene Begutachtung nicht notwendig sei, weil sie mit Blick auf einen bereits umfassend abgeklärten Sachverhalt bloss einer «second opinion» entspräche. Zulässig sind weiter formelle Einwände in dem Sinne, die bundesrechtlichen Vorgaben bei der Einholung eines Gutachtens seien verletzt worden. Nach wie vor gerügt werden können zudem personenbezogene Ausstandsgründe. Nicht zu hören ist dagegen das Vorbringen, die Abgeltung der Gutachten aus Mitteln der Invalidenversicherung führe zu einer Befangenheit der Gutachterstellen (BGE 137 V 257).
Will die IV-Stelle eine Expertise einholen, so gibt sie dem Versicherten in einem ersten Schritt die Art der Begutachtung (polyoder monobzw. bidisziplinär) sowie die vorgesehenen Fachdisziplinen und Gutachterfragen bekannt. In diesem Stadium kann die versicherte Person vorab (nicht personenbezogene) materielle Einwendungen gegen eine Begutachtung an sich gegen Art und Umfang der Begutachtung vorbringen (z.B. unzutreffende Wahl der medizinischen Disziplinen). In einem zweiten Verfahrensschritt teilt die IV-Stelle dem Versicherten die ausgewählte Gutachterstelle (bzw. bei monound bidisziplinären Expertisen den die Gutachter) und die Namen der Sachverständigen mit jeweiligem Facharzttitel mit, worauf materielle formelle personenbezogene Einwendungen möglich sind (Urteil des Bundesgerichts 9C_207/2012 E. 5.2.2.2, unter Hinweis auf Rz 2080 ff. Kreisschreiben über das Verfahren in der Invalidenversicherung [KSVI]).
2.2 Seit die Vergabe von polydisziplinären Begutachtungsaufträgen gemäss Art. 72bis IVV nach dem Zufallsprinzip erfolgt, d.h. über die elektronische Plattform SuisseMED@P, bleibt hier für Einigungsversuche zwischen der IV-Stelle und dem Versicherten über die Gutachterstelle kein Raum mehr (Urteil des Bundesgerichts 9C_207/2012). Folglich bestand für die Beschwerdegegnerin keine Verpflichtung, sich um eine Einigung zu bemühen und die Vorschläge des Beschwerdeführers zu prüfen. Sein Einwand, die Art und Weise, wie die Vergabe in der Praxis ablaufe, werde dem Zufallsprinzip nicht gerecht, dringt nicht durch. Nach der Auskunft des Bundesamts für Sozialversicherungen vom 6. Juni 2013 erfolgt eine elektronische Zuordnung aus der Liste der verfügbaren medizinischen Abklärungsstellen; diese füllt sich vor jeder Auftragsvergabe mit denjenigen Gutachterstellen, die in den erforderlichen Fachdisziplinen über freie Kapazitäten verfügen und in der Lage sind, das Gutachten in der gewünschten Sprache und der erwarteten Bearbeitungszeit zu verfassen. Sodann erfolgt die Auswahl nach einem programmierten Algorithmus. Welche Stellen bei einer bestimmten Vergabe zur Auswahl standen, ist nicht erkennbar; da keine Mindestanzahl von Gutachterstellen vorgegeben ist, kann es also auch sein, dass bei einer bestimmten Ziehung effektiv nur eine einzige Stelle zur Auswahl stand; dies ist jedoch nicht zu beanstanden. Entscheidend ist nämlich, dass die Vergabe dem Zugriff von aussen entzogen ist und nicht mehr von der Invalidenversicherung (oder anderen Personen) gesteuert bzw. beeinflusst werden kann. Die Zielsetzung von BGE 137 V 210 ist damit verwirklicht worden. Wenn gewisse Gutachterstellen häufiger zum Zug kommen, weil sie über mehr freie Kapazitäten verfügen als andere, so ist dies hinzunehmen. In dieser Hinsicht ist die Beschwerde somit unbegründet.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer zwar mitgeteilt, dass sie eine polydisziplinäre Begutachtung als erforderlich ansieht, es indes versäumt, die vorgesehenen Disziplinen zu nennen; dies ist aber unabdingbar, denn nur so kann der Versicherte die Notwendigkeit einzelner Disziplinen bestreiten aber die Berücksichtigung zusätzlicher Fachrichtungen verlangen. Weiter ist zu beachten, dass die Vergabe über SuisseMED@P darauf beruht, welche Gutachterstelle in den erforderlichen Bereichen über freie Kapazitäten verfügt. Demnach macht eine solche Vergabe erst dann Sinn, wenn der Versicherte Gelegenheit hat, sich zu den vorgesehenen Disziplinen zu äussern. Folglich liegt auch insoweit ein Mangel vor, als die Beschwerdegegnerin bereits eine Gutachterstelle hat auslosen lassen und an dieser festhält. Die angefochtene Verfügung ist daher aus diesem Grund aufzuheben und die Beschwerdegegnerin anzuweisen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, sich zu den vorgesehenen Disziplinen zu äussern, bevor sie den Begutachtungsauftrag über SuisseMED@P neu vergibt.
2.3 Die IV-Stelle unterbreitet dem Versicherten den vorgesehenen Katalog der Expertenfragen zur Stellungnahme (BGE 138 V 275), wobei auch Ergänzungsfragen beantragt werden können. Der Beschwerdeführer hat einen eigentlichen Katalog mit 28 Fragen eingereicht und hält dafür, die Beschwerdegegnerin sei verpflichtet, diesen unverändert der Gutachterstelle zu überweisen.
Eine angemessene Fragestellung trägt zur Qualität eines Gutachtens bei. Namentlich sind allzu viele Fragen zu vermeiden. Der standardisierte Fragenkatalog der Beschwerdegegnerin deckt in der Regel alle zur Beurteilung des Leistungsanspruchs erforderlichen Punkte ab. Allerdings kann es im Einzelfall sinnvoll sein, die eine andere zusätzliche Frage aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund hat der Versicherte keinen Anspruch darauf, dass von ihm formulierte Zusatzfragen in jedem Fall den Gutachtern unterbreitet werden. Insbesondere geht es nicht an, umfassende Fragenkataloge einzureichen, die zwar anders formuliert sind als der Katalog der Invalidenversicherung, aber grundsätzlich die gleichen Punkte abdecken. Beim Entscheid, welche Fragen der Experte letztendlich zu beantworten hat, kommt der IV-Stelle ein weiter Ermessensspielraum zu, in den das Gericht nur mit Zurückhaltung eingreift (vgl. zum Ganzen Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich IV.2013.00184 vom 17.5.2013 E. 3.2 f.). Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin den Fragenkatalog des Beschwerdeführers pauschal abgelehnt hat; denn von ergänzenden Fragen kann hier keine Rede sein. Auch im Hinblick auf die zügige Abwicklung des Verfahrens ist es der IV-Stelle nicht zuzumuten, 28 Fragen (nebst Unterfragen) im Detail daraufhin zu überprüfen, ob diese über ihren eigenen Fragenkatalog hinausgehen nicht. Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt nicht vor. So wäre eine sachgerechte Anfechtung möglich gewesen, d.h., der Beschwerdeführer hätte in seiner Rechtsschrift konkret darlegen können, inwiefern seine Fragen Punkte betreffen, die der Katalog der IV-Stelle nicht abdeckt.
Versicherungsgericht, Urteil vom 22. November 2013 ((VSBES.2013.82)
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