Zusammenfassung des Urteils VSBES.2005.42: Versicherungsgericht
Eine Frau namens N.________ hat eine Invalidenversicherungsleistung beantragt, da sie aufgrund einer Bandscheibenhernie arbeitsunfähig ist. Die medizinischen Gutachten sind widersprüchlich, aber der Bericht des Dr. B.________, des SMR, wird als massgeblich angesehen. Es wird festgestellt, dass N.________ ab August 2005 zu 100% arbeitsunfähig ist, mit einer 25%igen Leistungsminderung in einer angepassten Tätigkeit. Es wird entschieden, dass sie ab dem 1. August 2006 Anspruch auf eine Viertelrente hat. Die OAI hat vorgeschlagen, dass sie leichte industrielle Tätigkeiten ausführen könnte. Die Vergleichseinkommen werden berechnet, und ihr Invaliditätsgrad wird auf 44,91% festgelegt. N.________ hat Anspruch auf eine Viertelrente ab dem 1. August 2006. Es werden keine Gerichtskosten erhoben, und N.________ erhält eine Entschädigung von 1.500 CHF für die Anwaltskosten.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2005.42 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.04.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Parteientschädigung / unentgeltliche Rechtsverbeiständung |
Schlagwörter : | Parteientschädigung; Entschädigung; Einsprache; Einspracheverfahren; Versicherungsgericht; Sozialversicherung; Rechtspflege; Verfahren; Entschädigungen; Mehrwertsteuer; Verbeiständung; Rechtsbeistand; Stunden; Urteil; Obsiegen; Verwaltungsverfahren; Kieser; Eidgenössische; Rechtsbeistände; Parteientschädigungen; Stundenansatz; Gesetzes; Rechtsbeistandes; Verordnung; Tarif; Eidgenössischen; Materialien; Voraussetzungen; Gutheissung; ängig |
Rechtsnorm: | Art. 37 ATSG ;Art. 52 ATSG ;Art. 55 ATSG ;Art. 61 ATSG ; |
Referenz BGE: | 126 V 439; 127 V 61; 130 V 573; |
Kommentar: | - |
Betrachtet man den Wortlaut des Gesetzes, so äussert sich Art. 37 Abs. 4 ATSG nicht dazu, wie die Bemühungen des Rechtsbeistandes zu vergüten sind. Deshalb ist gemäss Art. 55 Abs. 1 ATSG subsidiär Art. 65 Abs. 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR.172.021) bzw. der gestützt darauf ergangene Art. 12a der bundesrätlichen Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren (SR.172.041.0) anwendbar (s. Kieser, a.a.O., N 22 zu Art. 37 ATSG). Demnach bemisst sich die Anwaltsentschädigung einer Partei, die im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren unentgeltlich verbeiständet ist, nach dem Tarif für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht, wobei der dortige Höchstbetrag (Fr. 15'000.-gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a des Tarifs über die Entschädigungen an die Gegenpartei für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht, SR 173.119.2) im Einspracheverfahren um die Hälfte zu kürzen ist. Rz 2058 des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherung über die Rechtspflege in der AHV, der IV, der EO und bei den EL (KSRP, in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung) ergänzt dazu, dass Juristen als unentgeltliche Rechtsbeistände im Einspracheverfahren grundsätzlich mit Fr. 160.-pro Stunde (nebst Mehrwertsteuer) zu entschädigen sind. Art. 52 Abs. 3 Satz 2 ATSG wiederum spricht in allgemeiner Weise von Parteientschädigungen, was an sich nicht auf die Entschädigung von unentgeltlichen Rechtsbeiständen beschränkt sein muss. Genau dies war aber die Absicht des Gesetzgebers: Folgt man den Materialien, denen bei einem derart jungen Gesetz entscheidende Bedeutung zukommt (BGE 126 V 439), so soll nur dann, wenn die Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung vorliegen, auch bei einer Gutheissung der Einsprache eine Entschädigung ausgerichtet werden können; die in der Lehre teils vertretene Auffassung, Art. 52 Abs. 3 ATSG lasse eine Parteientschädigung bei besonderen Umständen auch unabhängig von einer unentgeltlichen Verbeiständung zu (so Kieser, a.a.O., N 28 zu Art. 52 ATSG), ist in der Rechtsprechung bislang nicht bestätigt worden (BGE 130 V 573). Wenn aber eine Entschädigung im Einspracheverfahren nur in Frage kommt, wenn die Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung erfüllt sind, so gibt es keinen Anlass, für die Entschädigung bei Obsiegen des Einsprechers auf einen anderen, höheren Stundenansatz abzustellen als bei Unterliegen; die Aussage in den Materialien, normale Parteientschädigungen seien im Einspracheverfahren ausgeschlossen, spricht vielmehr dafür, dass stets der armenrechtliche Stundenansatz gelten soll. Auch aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich nichts anderes: Eine Gleichsetzung der Parteientschädigung, die ausnahmsweise im Einspracheverfahren auszurichten ist, mit der Parteientschädigung im Sozialversicherungsprozess, wie sie jedem obsiegenden Versicherten unabhängig von der unentgeltlichen Rechtspflege zusteht, lässt sich nicht ausmachen. Ein direkter Verweis auf Art. 61 lit. g ATSG, betr. den Entschädigungsanspruch im gerichtlichen Verfahren, fehlt in Art. 52 Abs. 3 ATSG; Art. 61 lit. g ATSG verwendet andererseits nicht den Begriff der Parteientschädigung, sondern spricht vom Ersatz der Parteikosten, weshalb auch unter diesem Blickwinkel keine Verbindung besteht. In die gleiche Richtung weist die Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren, welche in Art. 12a unter dem Titel Verfahren in Sozialversicherungssachen nur die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes regelt, andere Parteientschädigungen im Einspracheverfahren aber mit keinem Wort erwähnt; für das Beschwerdeverfahren ordnet demgegenüber Art. 8 die Parteientschädigung und Art. 9 die Unentgeltliche Rechtspflege. Dies spricht ebenfalls dafür, dass es im Einspracheverfahren, anders als im gerichtlichen Verfahren, nur in Verbindung mit der unentgeltlichen Verbeiständung Anspruch auf eine Entschädigung geben soll. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die zivilprozessuale Praxis im Kanton Solothurn, wonach der unentgeltliche Rechtsbeistand bei Obsiegen eine ordentliche Parteientschädigung erhält, ist von vornherein unbehelflich, denn die kantonale Zivilprozessordnung hat nur für die unentgeltliche Rechtspflege vor dem hiesigen Versicherungsgericht Bedeutung, nicht aber für das vom Bundesrecht beherrschte Einspracheverfahren der Invalidenversicherung.
Soweit der Beschwerdeführer demnach eine ordentliche Parteientschädigung zum gerichtsüblichen Stundenansatz von Fr. 200.-verlangt, ist die Beschwerde unbegründet.
c) Die IV-Stelle beruft sich auf Rz 2058 KSRP, wonach der Ansatz für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand Fr. 160.-pro Stunde nebst Mehrwertsteuer beträgt. Dem ist aber nicht zu folgen: Kreisschreiben und Weisungen sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Er berücksichtigt sie zwar bei seiner Entscheidung, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen, weicht aber insoweit davon ab, als sie mit dem Gesetz nicht vereinbar sind (BGE 127 V 61). Gemäss dem Eidgenössischen Versicherungsgericht haben sich die Vergütungen für unentgeltliche Rechtsbeistände im kantonalen Gerichtsverfahren zwischen Fr. 160.-- und 320.-pro Stunde, einschliesslich Mehrwertsteuer, zu bewegen (s. Kieser, a.a.O., N 92 zu Art. 61 ATSG). Der Einheitstarif gemäss KSRP von Fr. 160.-plus Mehrwertsteuer bewegt sich an der unteren Grenze dieser Bandbreite, ist also recht tief. Er nimmt andererseits keinerlei Rücksicht darauf, dass die Kostenstruktur in der Advokatur regional unterschiedlich ist. Deshalb ist es sachlich richtig, den für solothurnische Gerichte massgeblichen armenrechtlichen Ansatz, d.h. Fr. 170.-pro Stunde, anzuwenden, umso mehr, als sich die anwaltliche Tätigkeit im Einspracheverfahren der Sozialversicherung fachlich und kostenmässig kaum vom Rechtsmittelverfahren vor dem Versicherungsgericht unterscheidet (s. Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. Mai 2004, publ. in: plädoyer 4/2004, S. 69 f.). Die Parteientschädigung des Beschwerdeführers ist daher in teilweiser Gutheissung der Beschwerde auf Fr. 1'010.-festzusetzen:
4,83 Stunden à Fr. 170.-- 821.10
Auslagen 117.55
7,6 % MWSt. 71.35
Versicherungsgericht, Urteil vom 14. April 2005 (VSBES.2005 .42)
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