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Urteil Versicherungsgericht (SO)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2003.239: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer hatte nach dem Konkurs der D. AG keine arbeitgeberähnliche Stellung mehr inne und löste auch seine Verbindungen zu anderen Unternehmen auf. Es wird diskutiert, ob er Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat, da er in den Einzelunternehmungen seiner Ehefrau zeichnungsberechtigt war. Es wird festgestellt, dass die Handelsregistereinträge keine eindeutigen Hinweise auf eine Mitarbeit im Betrieb liefern. Das Gericht entscheidet, dass der Beschwerdeführer möglicherweise Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat und weist den Fall zur weiteren Klärung an die Arbeitslosenversicherungsbehörden zurück.

Urteilsdetails des Kantongerichts VSBES.2003.239

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2003.239
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:-
Versicherungsgericht Entscheid VSBES.2003.239 vom 14.06.2004 (SO)
Datum:14.06.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verneinung der Anspruchsberechtigung wegen arbeitgeberähnlicher Stellung
Schlagwörter : Stellung; Anspruch; Drittbetrieb; Handelsregister; Ehegatte; Arbeitslosenentschädigung; Betrieb; Anspruchs; Urteil; Konkurs; Einzelzeichnungsberechtigung; Einzelunternehmung; Beschwerdeführers; Person; Verdienstausfall; Praxis; Umgehung; Konkurseröffnung; Gesellschafter; Geschäftsführer; Ehefrau; Unternehmung; Ehegatten; Arbeitslosenversicherung; Arbeitsausfall; Jäggi; ähnten
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts VSBES.2003.239

Urteil C 373/00 des EVG vom 19. März 2002; ARV 2002, S. 183-185). Vorliegend wurde der Konkurs nicht mangels Aktiven eingestellt, sondern durchgeführt und mit Verlustschein abgeschlossen. Daher hatte der Beschwerdeführer mit Konkurseröffnung ab dem 7. Juni 2001 in der D. AG keine arbeitgeberähnliche Stellung mehr inne.

c) Der Beschwerdeführer liess sich ferner am 5. September 2001 als Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelzeichnungsberechtigung der S. GmbH im Handelsregister löschen unter gleichzeitiger Übertragung der Stammanteile an seine Ehefrau. Damit wurden sämtliche Verbindungen zur S. GmbH unterbrochen. Lediglich die Tatsache, dass die Ehefrau das Unternehmen weiterführt, lässt den Beschwerdeführer noch nicht in arbeitgeberähnlicher Stellung erscheinen. Auch weisen die Akten nicht darauf hin, dass der Beschwerdeführer als mitarbeitender Ehegatte zu qualifizieren wäre. Im Gegenteil lässt sich anführen, dass M. im Jahre 2001 Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 31'410.00 versteuerte, was zugleich der Lohnsumme entspricht, die dieser im Jahr 2001 noch bei der D. AG verdiente. Dies bedeutet e contrario, dass der Beschwerdeführer bei der S. GmbH keinen Lohn erzielte, was zumindest ein Indiz dafür bildet, dass er in dieser GmbH auch nicht mitarbeitete.

d) Bei der N. GmbH liess sich der Beschwerdeführer ebenfalls als Gesellschafter und Geschäftsführer mit Kollektivunterschrift zu Zweien und einer Stammeinlage von Fr. 3'000.-aus dem Handelsregister löschen. Auch zu dieser Unternehmung bestand somit ab Anfang September 2001 keine Verbindung im Sinne einer arbeitgeberähnlichen Stellung der Stellung eines mitarbeitenden Ehegatten mehr.

5. a) Es bleibt zu befinden über die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in den Einzelunternehmungen V. L. sowie M. L., deren Inhaberin seine Ehefrau ist, Einzelzeichnungsberechtigung aufweist. Im Gegensatz zu mitarbeitenden Verwaltungsräten einer AG, geschäftsführenden Gesellschaftern geschäftsführenden Dritten einer GmbH, bei denen sich die arbeitgeberähnliche Stellung von Gesetzes wegen ergibt (Art. 716 ff., 811 bis 815 sowie 827 Obligationenrecht, OR, SR 220), kann ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung im Fall der im Handelsregister eingetragenen Zeichnungsberechtigung für eine Einzelunternehmung nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden (Thomas Nussbaumer: Arbeitslosenversicherung, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel/Genf/München 1998, N 380; Regina Jäggi: Eingeschränkter Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bei arbeitgeberähnlicher Stellung durch analoge Anwendung von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG, in: SZS 48/2004, S. 10). Vielmehr ist zu prüfen, ob dem Einzelzeichnungsberechtigten aufgrund der internen betrieblichen Struktur der finanziellen Beteiligung eine arbeitgeberähnliche Stellung zukommt. Mitarbeitende Ehegatten sind auch dann von der Anspruchsberechtigung ausgenommen, wenn sie keine arbeitgeberähnlichen Eigenschaften aufweisen. Vorliegend bestehen ausser dem Handelsregistereintrag welcher freilich nur eine Vertretungsbefugnis, nicht jedoch eine Pflicht zum Tätigwerden statuiert keine Indizien, die auf eine Mitarbeit im Betrieb schliessen lassen würden (z.B. Bescheinigungen über die Abrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen, Arbeitsvertrag, Lohnausweis, entsprechender Briefkopf, Visitenkarte o. Ä.). Es bleibt damit unklar, ob der Beschwerdeführer als mitarbeitender Ehegatte zu qualifizieren ist. Auch kann nicht schlüssig beantwortet werden, ob er sich aufgrund der Einzelzeichnungsberechtigung allenfalls in arbeitgeberähnlicher Stellung befunden hat. Dabei dürfte jedenfalls der Verdacht der Öffentlichen Arbeitslosenkasse, dass der Beschwerdeführer die Tätigkeit bei der konkursiten D. AG in Form der Einzelunternehmung M. L. weiterzuführen beabsichtigte, kaum zutreffen, zumal die Tätigkeit bei der D. AG an das Engagement des Mutterkonzerns gebunden und mit erheblichem Kapitalbedarf verbunden war und eine Unternehmensform ohne Haftungsbeschränkung kaum eine gangbare Möglichkeit der Weiterführung gewesen wäre. Ausserdem war die besagte Einzelfirma inklusive der Einzelzeichnungsberechtigung des Beschwerdeführers bereits seit 1995 im Handelsregister eingetragen.

b) Demnach wäre die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen zurückzuweisen. Davon kann vorliegend jedoch abgesehen werden. Denn es entspricht einem Teil der Lehre und der zürcherischen Rechtsprechung, dass der Anspruch wegen arbeitgeberähnlicher Stellung nur bei Vorliegen der folgenden drei Voraussetzungen verneint werden kann: 1. Eine arbeitgeberähnliche Stellung der versicherten Person deren Ehegatten, welche auch im Zeitpunkt der Anspruchserhebung noch besteht; 2. eine Arbeitnehmertätigkeit für den gleichen Betrieb, welche in der Folge ganz teilweise gekündigt wurde, sodass ein Arbeitsausfall und auch ein Verdienstausfall entstanden sind; 3. Die Erhebung eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen für diesen erlittenen Verdienstausfall (Jäggi, a.a.O., S. 9 ff.). Hier liegt, wie bereits erörtert wurde, ab Konkurseröffnung keine arbeitgeberähnliche Stellung in der D. AG mehr vor. Einzig aufgrund der beendeten Tätigkeit bei dieser Unternehmung hat der Beschwerdeführer jedoch Leistungen der Arbeitslosenversicherung beantragt. Nach der erwähnten Lehrmeinung würden die Handelsregistereinträge des Beschwerdeführers in den besagten Einzelunternehmungen selbst bei Bejahen einer arbeitgeberähnlichen Stellung in diesen ohne Einfluss auf die Anspruchsberechtigung des Beschwerdeführers bleiben. Einen Schritt in diese Richtung hat auch das EVG im Urteil C 171/03 vom 31. März 2004 getan und sogar das seco statuiert in AM/ALV-Praxis 2003/4 Blatt 4/1, dass ein Arbeitsausfall in einem Drittbetrieb trotz Vorliegens einer arbeitgeberähnlichen Stellung in einem anderen Betrieb geltend gemacht werden könne, wenn der Versicherte im Drittbetrieb einer mindestens zwölfmonatigen beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei wobei das seco unter Drittbetrieb allerdings lediglich einen Betrieb versteht, in dem die versicherte Person keine arbeitgeberähnliche Stellung gehabt hat.

c) Das EVG hat diesen Gedanken im erwähnten Urteil C 171/03 ebenfalls aufgenommen. Dort galt es indessen im Einklang mit der AM/ALV-Praxis des seco nur zu entscheiden, ob eine Person, die in einem Drittbetrieb ohne arbeitgeberähnliche Stellung tätig war und daneben in einer eigenen Unternehmung noch eine arbeitgeberähnliche Stellung innehatte, aus der Tätigkeit beim Drittbetrieb einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung geltend machen könne. Das EVG äusserte sich nicht zum vorliegenden, ähnlich gelagerten Fall, in dem eine Person sich zwar in einem Drittbetrieb in arbeitgeberähnlicher Stellung befunden hat, diese jedoch nachweislich aufgegeben hat und sich nunmehr noch in einer bereits seit längerer Zeit parallel existierenden arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit befindet. Wichtiger war es dem EVG, darauf hinzuweisen, dass eine Tätigkeit in einem Drittbetrieb längere Zeit ausgeübt werden müsse, um missbräuchliche Praktiken zu verhindern, wobei es offen liess, ob die 12 Monate des seco angemessen seien.

d) Der Beschwerdeführer war vom 1. August 1998 bis 30. April 2001 als Geschäftsführer der D. AG tätig, wobei er ab Datum der Konkurseröffnung am 7. Juni 2001 den Nachweis der definitiven Aufgabe der arbeitgeberähnlichen Stellung erbracht hat. Es ist indessen nicht einzusehen, weshalb ein Versicherter, der während drei Jahren Beiträge in arbeitgeberähnlicher Position geleistet hat, anders behandelt werden sollte als ein Versicherter in zwölfmonatiger gewöhnlicher Arbeitnehmerstellung, wenn sich nicht konkrete Hinweise darauf ergeben, dass die dreijährige Tätigkeit im Drittbetrieb in rechtsmissbräuchlicher Absicht angetreten worden ist. Denn ratio legis der AM/ALV-Praxis des seco und der neusten Praxis des EVG ist in Übereinstimmung mit der erwähnten Zürcher Rechtsprechung und der Ansicht von Jäggi (a.a.O., S. 9 f.) gerade, dass für eine Umgehung der Kurzarbeit u.a. eine Arbeitnehmertätigkeit für den gleichen Betrieb vorliegt, welche in der Folge ganz teilweise gekündigt wurde, sodass ein Arbeitsausfall und auch ein Verdienstausfall entstanden sind (Voraussetzung 2) und dass ein Anspruch auf Versicherungsleistungen für diesen erlittenen Verdienstausfall erhoben wird (Voraussetzung 3; vgl. Ziff. II.5.b hiervor), es sei denn, die Tätigkeit im Drittbetrieb sei in rechtsmissbräuchlicher Weise angetreten worden.

6. Mit Blick darauf, dass vorliegend von der Wiedererwägung eines formell rechtskräftigen Entscheides über die Umgehungsproblematik der Kurzarbeit auszugehen ist (die Kasse hat ab September 2001 ohne weiteres Arbeitslosenentschädigung ausbezahlt, weshalb sie zuvor notwendigerweise formlos entschieden haben musste, dass keine Umgehung der Kurzarbeitsbestimmungen vorliegt), und dass das Gericht zu beurteilen hat, ob der im September 2001 getroffene Entscheid zweifellos unrichtig ist, sind die Verfügung vom 21. Mai 2003 und der angefochtene Einspracheentscheid vom 18. Juli 2003 zu Unrecht erlassen worden. Denn es lässt sich nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Sicherheit sagen, dass der Entscheid aus dem Jahr 2001 zweifellos unrichtig war. Es drängen sich vielmehr im Sinne der vorangehenden Erörterungen starke Zweifel auf, ob die Arbeitslosenkasse im Jahre 2001 nicht zu Recht davon ausgegangen ist, dass kein Umgehungstatbestand vorliegt. In Gutheissung der Beschwerde sind die Verfügung vom 21. Mai 2003 sowie der Einspracheentscheid vom 18. Juli 2003 deshalb aufzuheben. Die Streitsache geht zurück an die Arbeitslosenversicherungsbehörden, damit diese Dauer und Umfang des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung bestimmen.

 

Versicherungsgericht, Urteil vom 14. Juni 2004 (VSBES.2003.239)



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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