Zusammenfassung des Urteils STAPA.2001.56: Strafkammer
Ein Gerichtsverfahren bezüglich einer Versicherungsangelegenheit wurde vor dem Cour des Assurances Sociales des Kantons Waadt verhandelt. Der Richter, Herr Jomini, entschied, dass die Kosten des Verfahrens von der Versicherungsgesellschaft Hotela, Caisse-maladie et accidents de la société suisse des hôteliers in Höhe von 2'500 CHF zu tragen sind. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, da der Streitwert unter 30'000 CHF lag. Die Entscheidung wurde den beteiligten Anwälten und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STAPA.2001.56 |
Instanz: | Strafkammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 19.06.2002 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Strassenverkehrsgesetz / Fahren in angetrunkenem Zustand; Strafzumessung |
Schlagwörter : | Beschuldigte; Rückfall; Alkohol; Beschuldigten; Bundesgericht; Medien; Prognose; Urteil; Entscheid; Zustand; Lenker; Gesinnung; Vollzug; Täters; Gesamtwürdigung; Obergericht; Wochen; Entzug; Führerausweis; Kurses; Gewährung; Steuer; Fahrens; Tatumstände; ültige |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 100 IV 132; 104 IV 39; 115 IV 81; 118 IV 100; |
Kommentar: | - |
Im Entscheid BGE 115 IV 81 führte das Bundesgericht aus, die Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei Fahren in angetrunkenem Zustand sei gegenüber einem einschlägig vorbestraften Lenker nicht notwendigerweise ausgeschlossen. In BGE 118 IV 100 f. hielt das Bundesgericht fest, dass Motorfahrzeugführer in der Regel eine hemmungsund rücksichtslose Gesinnung bekunden, wenn sie trotz des allgemein bekannten Wissens um die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit und trotz häufiger und eindringlicher Warnungen in den Medien durch Angetrunkenheit am Steuer Leben und Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer erheblich gefährden; gleichzeitig betonte das Bundesgericht aber, dass auch im Strassenverkehr beim Entscheid über den bedingten Strafvollzug in erster Linie der Grundsatz der Spezialprävention massgeblich sei. Für eine allfällige Gewährung des bedingten Strafvollzugs seien somit auch beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand die Tatumstände, das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen, zu berücksichtigen, d.h. es seien die gleichen Kriterien anzuwenden wie bei anderen Delikten. Die Besonderheit des Straftatbestandes und gegebenenfalls, dass es sich um einen Rückfall handle, stellten nur Umstände dar, die neben anderen bei der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen seien. Diesbezüglich hat sich die Strafkammer des Obergerichtes der Rechtsprechung des Bundesgerichtes angeschlossen, indem es festhielt, der Entscheid über die Prognose sei auf Grund einer umfassenden und ausgewogenen Gesamtwürdigung von Tatumständen und Täterpersönlichkeit vorzunehmen; ein Rückfall innert fünf Jahren seit einer früheren Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand stelle allerdings ein äusserst gewichtiges Indiz für die Uneinsichtigkeit des Fehlbaren dar, welches kaum je eine gute Prognose erlaube (SOG 1992, Nr. 21).
Schon in der früheren Bundesgerichtspraxis taucht die Wendung auf, eine gute Prognose könne u.a. auf einem "ernst zu nehmenden Abstinenzversprechen" beruhen (BGE 104 IV 39), während die blosse Beteuerung, auf das Fahren verzichten zu wollen, nicht genüge (BGE 100 IV 132). Dem hat sich das Obergericht angeschlossen indem es entschied, eine Erklärung des Täters, er trinke im Prinzip nichts mehr bzw. er verzichte "weitgehend auf Alkohol", reiche nicht aus; erforderlich sei vielmehr ein radikaler Gesinnungswandel, der sich nach aussen manifestieren müsse (SOG 1987, Nr. 12).
bb) Nach der geschilderten Rechtsprechung ist es fraglich, ob dem Beschuldigten eine gute Prognose gestellt werden kann.
Der Beschuldigte ist beruflich und gesellschaftlich integriert, geniesst einen guten Leumund und macht einen vernünftigen Eindruck. Er weist zudem nur eine einzige Vorstrafe auf, nämlich diejenige von 1998. Diese ist jedoch einschlägig. Erschwerend kommt hinzu, dass der Beschuldigte bereits nach etwas mehr als zwei Jahren rückfällig wurde, also deutlich vor Ablauf der Fünfjahresfrist gemäss der obergerichtlichen Praxis, und nur wenige Wochen nach Ende der zweijährigen Probezeit. Die bedingte Freiheitsstrafe hinterliess demnach, obwohl sie noch mit einer Busse verbunden worden war, keinen bleibenden Eindruck. Der Beschuldigte ist gewiss kein Alkoholiker, wie die Arztzeugnisse belegen. Äusserst bedenklich ist allerdings, dass er in zwei Fällen ohne einen halbwegs nachvollziehbaren Grund Alkohol konsumierte, obwohl er mit dem Auto unterwegs war. Der heute zu beurteilende Rückfall unterscheidet sich dabei in seiner Art kaum von der Ersttat zwei Jahre zuvor. Der Beschuldigte behauptet nicht, er sei zum Alkoholkonsum gedrängt worden, und er befand sich auch nicht in einer veritablen Krisenoder Stresssituation, die ihn wider besseres Wissen zum Trinken hätte verleiten können. Es mag zwar durchaus zutreffen, dass der Beschuldigte gespannt darauf wartete, ob seine Tochter den Schönheitswettbewerb gewinnen würde; sein Verhalten wird dadurch aber kaum verständlicher, standen doch keine gewichtigen Interessen auf dem Spiel. Der Umstand, dass der Beschuldigte aus einem derart banalen Anlass über die Stränge schlug, lässt vielmehr starke Zweifel an seiner Charakterfestigkeit aufkommen.
Der Beschuldigte erklärte heute, ein weiterer Rückfall werde gewiss nicht vorkommen. Er verweist dazu einmal auf den einjährigen Entzug des Führerausweises, der ihm grosse Probleme bereitet habe. In der Tat ist der Beschuldigte von seiner beruflichen Situation her besonders entzugsempfindlich. Dies war allerdings bereits damals der Fall, als ihm der Führerausweis nach der ersten Trunkenheitsfahrt für drei Monate entzogen worden war. Dennoch vermochte diese Administrativmassnahme den Beschuldigten nicht davon abzuhalten, erneut unter Alkoholeinfluss ein Auto zu lenken, so dass auch vom zweiten Entzug, selbst wenn dieser länger ausfiel, keine durchschlagende Wirkung erwartet werden darf. Was andererseits den Medienrummel angeht, der sich nach dem Rückfall abspielte, so liess dieser den Beschuldigten sicher nicht kalt. Dabei handelt es sich aber um ein einmaliges, abgeschlossenes Vorkommnis, das sich bei einem erneuten Rückfall kaum wiederholen würde; bezeichnenderweise zeigen die Medien am vorliegenden Appellationsverfahren bereits kein Interesse mehr. Vor diesem Hintergrund lässt sich schwerlich behaupten, die Angst vor öffentlicher Anprangerung sorge dafür, dass sich der Beschuldigte in Zukunft wohl verhalte. Abschliessend ist zur Frage der Tatfolgen darauf hinzuweisen, dass ein Unfall anlässlich einer Trunkenheitsfahrt, zumal wenn er zu Verletzungen des Täters führt, geeignet ist, eine abschreckende Wirkung zu entfalten. An einem solchen eindrücklichen Vorkommnis fehlt es aber im Fall des Beschuldigten, der anlässlich einer Routinekontrolle ertappt wurde.
Der Beschuldigte bringt weiter vor, er trinke nun keinen Alkohol mehr, wenn er das Auto dabei habe. Seine guten Absichten sollen zwar nicht in Abrede gestellt werden. Rein verbale Beteuerungen dieser Art genügen indes nicht. Dies gilt umso mehr, als sich der Beschuldigte bereits anlässlich seiner ersten Verurteilung einsichtig zeigte, ohne dass dies den Rückfall verhindert hätte. Die veränderte Einstellung muss vielmehr dokumentiert werden. Abgesehen von einem endgültigen Verzicht auf den Führerausweis, was beim Beschuldigten aus beruflichen Gründen nicht in Frage kommt, kann dies vor allem durch eine dauernde und umfassende Abstinenzverpflichtung geschehen. Eine solche ist der Beschuldigte nicht eingegangen. Er verweist zwar auf den Kurs für wiederholt alkoholauffällige Lenker, der ihm viel gebracht habe. Der Besuch dieses Kurses ist gewiss sinnvoll und strafmindernd zu berücksichtigen. Allerdings kann ihm nicht das gleiche Gewicht wie einem formellen Abstinenzversprechen zukommen. Ausserdem darf nicht übersehen werden, dass der Beschuldigte diesen Kurs nicht zuletzt auch deshalb absolvierte, um die Entzugsdauer zu verkürzen. Die Bedeutung des Kurses im Rahmen der Gesamtwürdigung ist daher zu relativieren. Demnach bestehen keine ausreichenden Hinweise für einen grundlegenden Gesinnungswandel des Beschuldigten in Bezug auf seine Trinkund Fahrgewohnheiten. Zwar sind durchaus positive Ansätze vorhanden, indem der Beschuldigte sich der Problematik von Alkohol am Steuer stärker bewusst ist und sich um mehr Vorsicht bemüht. Dies vermag aber die Zweifel an seinen Bewährungsaussichten nicht zu zerstreuen. Sowohl die Ersttat von 1997 als auch der Rückfall 2000 beruhen nicht auf einer blossen Unvorsichtigkeit, sondern der Beschuldigte handelte in beiden Fällen vorsätzlich. Der Rückfall ereignete sich nicht in einer Ausnahmesituation; der Beschuldigte besuchte vielmehr ein Lokal, wo er ohne besondere Versuchung und ohne äusseren Druck erneut abstürzte. Dies macht deutlich, dass der Beschuldigte Schwierigkeiten hat, seine guten Absichten langfristig in die Tat umzusetzen. Der Rückfall erscheint mit anderen Worten nicht als eine einmalige, persönlichkeitsfremde Entgleisung, und es besteht nicht genügend Gewähr dafür, dass der Beschuldigte sich künftig des Alkohols enthalten wird, wenn er ein Auto lenken will muss.
d) Eine Würdigung der Gesamtumstände führt somit aus spezialpräventiven Überlegungen zur Gewissheit, dass nur eine unbedingte Freiheitsstrafe den Beschuldigten nachhaltig davon überzeugen kann, dass sich Alkohol und Autofahren nicht vereinbaren lassen. Eine Dauer von sieben Wochen, wie vom Vorderrichter verhängt, erscheint aber als zu hoch. Zu berücksichtigen ist einerseits, dass sich der Beschuldigte seit dem vorinstanzlichen Urteil, d.h. seit mehr als einem Jahr, nichts mehr zu Schulden kommen liess. Andererseits finden die Blossstellung des Beschuldigten durch die Berichterstattung in den Medien sowie der Besuch des Kurses für wiederholt alkoholauffällige Lenker im vorinstanzlichen Urteil keine Erwähnung. Angemessen ist in Berücksichtigung aller Strafzumessungsfaktoren eine Gefängnisstrafe von fünf Wochen.
Obergericht Strafkammer, Urteil vom 19. Juni 2002 (STAPA.2001.56)
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