Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2015.49: Steuergericht
Der Versicherte, A. Q.________, wurde vom RAV aufgefordert, zu einem Beratungs- und Follow-up-Gespräch zu erscheinen, dem er jedoch unentschuldigt fernblieb. Daraufhin wurde sein Anspruch auf Insolvenzentschädigung für fünf Tage ausgesetzt. Nachdem er Einspruch erhob und seine Version der Ereignisse nachwies, wurde die Entscheidung bestätigt, da er ein Risiko eingegangen sei, indem er ein fehleranfälliges Fahrzeug für das Treffen benutzt habe. Q.________ legte daraufhin Rekurs ein, der schliesslich erfolgreich war, da sein Verhalten nicht als Desinteresse angesehen wurde und die Suspendierung aufgehoben wurde. Das Gerichtsurteil wurde ohne Kosten oder Entschädigungen gefällt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.2015.49 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 29.08.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Staatssteuer 2013 |
Schlagwörter : | Kanton; Steuer; Rekurrentin; Solothurn; Betriebsstätte; Steueramt; Einrichtungen; Rechtsprechung; Urteil; Gewinn; Doppelbesteuerung; Voraussetzung; Kantonale; Besteuerung; Steuerausscheidung; Baustelle; Voraussetzungen; Steuerumgehung; Hauptsteuerdomizil; Bauherrin; Person; Veranlagung; Kapital; Grundstücke; Bauherrschaft; Unternehmen; Anlagen; ätzlich |
Rechtsnorm: | Art. 127 BV ;Art. 51 DBG ; |
Referenz BGE: | 110 Ia 190; 134 I 303; |
Kommentar: | - |
2.2 Mit Vernehmlassung vom 21. September 2015 beantragte das Kantonale Steueramt die vollumfängliche kostenfällige Abweisung des Rekurses. Zur Begründung wird im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, die Steuerpflichtige sei nach der Sitzverlegung von B. nach A. (Kanton F.) im Jahr 2010 aufgrund einer durch die Steuerverwaltung des Kantons F. zugestellten Veranlagungsverfügung ins Steuerregister aufgenommen worden. Dabei sei unter den betroffenen Kantonen im Verhältnis der TU-Bauten eine Ausscheidung des steuerbaren Kapitals gemäss der Jahresrechnung 2010 vorgenommen worden, woraufhin die Gesellschaft durch den Kanton Solothurn entsprechend veranlagt worden sei. In den folgenden Jahren 2011 und 2012 seien in den Selbstdeklarationen der Steuerpflichtigen keine Steuerausscheidungen für den Kanton Solothurn mehr vorgenommen worden. Am 7. Juli 2014 sei daraufhin die Gesellschaft für die Steuerperioden 2011 und 2012 veranlagt worden, wobei aufgrund fehlender TU-Gewinne nur das Kapital anteilsmässig besteuert wurde. Diese Veranlagungen seien in Rechtskraft erwachsen. Zweck einer Steuerausscheidung sei die Besteuerung des Gewinnes einer Unternehmung am Ort, wo diese erwirtschaftet würden. Wenn ein Unternehmen eine Betriebsstätte in einem anderen Kanton/Staat als dem Sitz habe, sei der Betriebsstättenkanton berechtigt, diesen Gewinn zu besteuern. Als solche würden gemäss Art. 51 Abs. 2 DBG und § 3 Abs. 1 VV StG Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Werkstätten, Verkaufsstellen, selbständige Vertretungen sowie Bauund Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer gelten. Würden von einem Totalunternehmer Teile des Auftrags an Subunternehmer vergeben, so würden die Zeiten des Subunternehmers auf der Baustelle dem Totalunternehmer zugerechnet. Die Aufteilung der Erträge und Gewinnungskosten auf die Liegenschaftskantone sei bei interkantonalen Generalunternehmungen gängige Praxis. Da die Rekurrentin sich als solche vertraglich verpflichtet habe, sei sie steuerlich entsprechend zu behandeln, und nicht als Dienstleistungsunternehmen. Zudem erstaune die Aussage, dass die Rekurrentin angeblich Ressourcen der Y. Architekten AG verwende und deshalb im Kanton G. über eine Betriebsstätte verfüge, da die Letztgenannte für ihre Leistungen angeblich ja drittvergleichskonform Rechnung stelle. Es sei zwar korrekt, dass die Rekurrentin im Kanton Solothurn über keine Anlagen und Einrichtungen verfüge, dies sei jedoch auch am Sitz in A. nicht der Fall. Somit sei nicht nachvollziehbar, weshalb der gesamte Gewinn der Rekurrentin am Sitz zu besteuern sei. Die an Subunternehmer ausgelagerten Aktivitäten seien der jeweiligen Baustelle zuzuweisen, so dass die Rekurrentin indirekt im Kanton Solothurn über Anlagen und Einrichtungen verfügt habe. Die Bauzeiten würden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Betriebsstätte erfüllen, und der Fall sei nicht identisch mit jenem im Entscheid 2C_518/2010, da die Rekurrentin an ihrem Sitz über keinerlei Substanz verfüge. Hinzu komme, dass die Rekurrentin nach den TU-Werkverträgen auch Verpflichtungen eingegangen sei, die grundsätzlich dem Grundeigentümer obliegen würden, so dass sie sich wie die Eigentümerin der Landparzellen und Bauwerke verhalten habe. Es handle sich um eine nicht dem ordentlichen Standard entsprechende vertragliche Regelung, welche bewusst getroffen worden sei, um die steuerliche Anknüpfung aufgrund des Grundeigentums zu umgehen. Gemeinsam mit er Tatsache, dass die Rekurrentin keine eigene Wertschöpfung erbringe, jedoch die Gewinne trotzdem durch die Konzernstruktur und mittels einer Briefkastenfirma an einen billigeren Standort transferiert würden, liege deshalb eine missbräuchliche Steuerumgehung der Rekurrentin vor, welche zur Folge hat, dass zur Besteuerung von einem abweichenden, sachgemässen Sachverhalt auszugehen ist.
2.3 Mit Verfügung vom 22. September 2015 wurde der Rekurrentin Frist zur allfälligen Stellungnahme gesetzt. Innert erstreckter Frist ging die Stellungnahme der Rekurrentin am 26. Oktober 2015 ein. Darin wird im Wesentlichen an den Standpunkten des Rekurses festgehalten. Zudem wird im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, frühere Veranlagungen seien für spätere Veranlagungen nicht relevant. Die Steuerausscheidung im Jahr 2010 habe mangels Grundeigentums als Anknüpfungspunkt nicht der gängigen Praxis entsprochen, auch wenn sie akzeptiert worden sei. Zudem sei die Steuerausscheidung zwischen den Kantonen G. und F. betreffend Hauptsteuerdomizil für das vorliegende Verfahren nicht relevant, und betreffe den Kanton Solothurn nicht. Für das Vorliegen einer Betriebsstätte könnten Leistungen von unabhängigen Unternehmen nicht der Rekurrentin zugerechnet werden. Die Voraussetzungen der Praxis wären jedoch auch sonst nicht gegeben, da keine über mehrere Jahre bestehenden Grossbaustellen bestanden. Die Vertragsgestaltung sei im wirtschaftlichen Interesse der Bauherrin gelegen, indem möglichst alle Risiken der TU abgewälzt würden und eine umfassende Kostensicherheit bestand. Gleichzeitig habe das von Beginn an bestehende Grundeigentum der Bauherrin auch höhere Sicherheit geboten. Es sei nie vorgesehen gewesen, dass die Rekurrentin Eigentümerin der Grundstücke werde. Der direkte Erwerb der Baulandparzellen durch die Bauherrin sei somit alles andere als absonderlich. Entsprechend liege keine Steuerumgehung vor.
2.4 Diese Stellungnahme wurde am 27. Oktober 2015 dem Kantonalen Steueramt zur Kenntnisnahme zugestellt.
Aus den Erwägungen:
2. Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten, weil sie nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot; vgl. BGE 134 I 303 E. 2.1 m. Hinw.). Vorliegend besteht die Problematik einer aktuellen Doppelbesteuerung: sowohl der Kanton Solothurn als auch der Sitzkanton F. haben eine Besteuerung der im Kanton Solothurn erzielten Umsätze der Rekurrentin sowie der Projekte im Kanton betreffenden Kapitals verfügt.
3. Gemäss Art. 21 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14) sind juristische Personen mit Sitz tatsächlicher Verwaltung ausserhalb des Kantons steuerpflichtig, wenn sie Teilhaber an Geschäftsbetrieben im Kanton sind, im Kanton Betriebsstätten unterhalten an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte diesen wirtschaftlich gleich zu achtende persönliche Nutzungsrechte haben. Dieselben Voraussetzungen gelten gemäss § 85 Abs. 2 StG.
4. Obschon das Kantonale Steueramt das Vorliegen der tatsächlichen Verwaltung der Rekurrentin an deren statutarischem Sitz bezweifelt, wird kein Hauptsteuerdomizil im Kanton Solothurn geltend gemacht, sondern das Vorliegen einer Betriebsstätte, also eines sekundären Steuerdomizils. Der Begriff der Betriebsstätte wird in Art. 21 Abs. 1 lit. b StHG nicht definiert, weshalb dafür auf die gesetzesvertretende Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Doppelbesteuerung zurückzugreifen ist (BGE 134 I 303 E. 1.2 und 2.2; Urteil des Bundesgerichts 2C_518/2010 vom 09.02.2011, E. 4.1 m. w. Hinw.). Diese Rechtsprechung zu Art. 127 Abs. 3 BV und Art. 21 StHG geht abweichenden kantonalen Ausführungsbestimmungen zu Art. 21 lit. b StHG vor (Urteil 2C_518/2010 vom 09.02.2011, E. 4.2).
Gemäss der genannten gesetzesvertretenden Rechtsprechung setzt eine Betriebsstätte ständige körperliche Anlagen Einrichtungen voraus, die Teil des ausserkantonalen Unternehmens bilden und in der dieses eine qualitativ und quantitativ erhebliche Tätigkeit entfaltet (BGE 134 I 303 E. 2.2; Urteil 2C_518/2010 vom 09.02.2011, E. 4.1; Locher, Einführung ins interkantonale Steuerrecht, § 5 c), S. 43 f. m. w. Hinw.).
Nachdem das Bundesgericht während längerer Zeit Anlagen und Einrichtungen auf Baustellen nur als Betriebsstätten anerkannt hatte, wenn diese der Ausführung mehrerer Werkverträge dienten und auf unbestimmte Dauer ausgelegt waren, ist es in BGE 110 Ia 190 dazu übergegangen, sich auch auf die wirtschaftliche Bedeutung des Bauwerks und die Art und Organisation der Einrichtungen an Ort abzustützen (BGE 110 Ia 190 E. 4.c). Dabei hat es ausdrücklich festgehalten, dass von den genannten Voraussetzungen (der Ausführung mehrerer Werkverträge dienend und auf unbestimmte Dauer ausgelegt) nur bei aufwendigen Grossprojekten (Grossüberbauungen, Staudämme etc.) abgewichen werden darf, bei denen eine längere Bauzeit von mehr als bloss einigen wenigen Jahren technisch bedingt ist. Im Urteil 2C_518/2010 vom 9. Februar 2011 hat es diese Rechtsprechung bestätigt und festgehalten, dass jedes Bauprojekt im Kanton bzw. der Gemeinde für sich allein zu betrachten ist und dass das Bauvolumen von etwas über 6 Millionen Franken für ein Projekt deutlich zeige, dass es sich nicht um ein Grossprojekt handle (E. 4.4.2; vgl. auch Locher/Locher, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 8, I D, 2 Nr. 16; ASA 82 S. 647).
Vor diesem Hintergrund steht fest, dass die von der Rekurrentin im Kanton Solothurn durchgeführten Bauprojekte über Mehrfamilienhäuser die Voraussetzungen von Grossprojekten nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht erfüllen. Keine Rolle spielt dabei entgegen der Auffassung des Steueramts, ob die Rekurrentin an ihrem Sitz über Einrichtungen verfügt nicht, da nicht das Hauptsteuerdomizil zur Diskussion steht.
Ergänzend sei erwähnt, dass angesichts der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch die weitere Voraussetzung der Zuordnung der Baustelleneinrichtungen an die Rekurrentin im Lichte des bestehenden Beweisergebnisses - die Durchführung sämtlicher Bauarbeiten durch unabhängige Drittfirmen wurde durch das Steueramt nicht bestritten zweifelhaft erscheint. Weitere Betrachtungen dazu erübrigen sich jedoch, da bereits die Dauerhaftigkeit der Einrichtungen nicht gegeben ist. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die Rekurrentin im Steuerjahr 2013 nicht über eine Betriebsstätte im Kanton Solothurn verfügt hat.
5. Das Kantonale Steueramt hat zudem in der Vernehmlassung vom 25. September 2015 geltend gemacht, dass der Rekurrentin eine Steuerumgehung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorzuwerfen sei.
Dies wird zum einen damit begründet, dass es sich bei der Rekurrentin um eine Gesell-schaft ohne eigenes Personal handle, welche lediglich für Vertragsabschlüsse dazwischengeschaltet werde. Die wichtigen geschäftlichen Funktionen würden durch die Y. Architekten AG mit Sitz in B. vorgenommen.
Angesichts der Tatsache, dass die Gesellschaft nicht über eigenes Personal verfügt, und mit der Schwestergesellschaft Y. Architekten AG eine weitgehende Überschneidung der Organe besteht, kann in der Tat in Zweifel gezogen werden, ob der statutarische Sitz der Rekurrentin auch steuerrechtlich als Hauptsteuerdomizil zu betrachten ist, ob die tatsächliche Verwaltung sich vielmehr im Kanton G. befindet. Da dies jedoch für den Kanton Solothurn keine Steuerersparnis ergibt ein Hauptsteuerdomizil im Kanton Solothurn steht ausser Frage kann daraus auch keine Steuerumgehung für die Veranlagung im Kanton Solothurn angenommen werden.
Zum anderen macht das Steueramt geltend, die mit der Bauherrschaft abgeschlossenen Werkverträge zu den Überbauungen im Kanton Solothurn stellten eine ungewöhnliche und absonderliche Regelung dar, da sich die Rekurrentin Verpflichtungen habe überbinden lassen, die grundsätzlich dem Grundeigentümer obliegen würden. Damit habe sie sich wie die Eigentümerin der Landparzellen und Bauwerke verhalten. Die betreffenden Liegenschaften seien jedoch nicht von ihr, sondern von der Bauherrin zu Eigentum erworben worden, um die entsprechende Steuerpflicht (Sekundärdomizil aufgrund Grundeigentums) der Rekurrentin zu umgehen.
Angesichts der Tatsache, dass von Beginn weg vorgesehen war, dass die Bauherrschaft nach der Fertigstellung Eigentümerin der Liegenschaften werden soll, erscheint der direkte Erwerb der Grundstücke durch die Bauherrin von der Drittverkäuferin sowohl wirtschaftlich als auch steuerrechtlich sinnvoll und keineswegs absonderlich. Der Rekurrentin ist beizupflichten, dass bei dieser Konstellation vielmehr ein dazwischengeschalteter Erwerb durch die Unternehmerin (mit den zusätzlich anfallenden Umtrieben und Kosten) aussergewöhnlich erschiene. Dass sich die Rekurrentin dazu verpflichten liess, gewisse Kosten und Lasten der Eigentümerschaft trotzdem zu übernehmen, und insbesondere den Landpreis zu verzinsen, vermag diese Feststellung nicht umzustossen. Die Ausführungen der Rekurrentin, dass diese Regelungen einem Bedürfnis der Bauherrschaft entsprechen würden, erscheinen vielmehr schlüssig und nachvollziehbar. Auch aus diesem Grund ist somit keine Steuerumgehung ersichtlich.
Steuergericht, Urteil vom 29. August 2016 (SGSTA.2015.49)
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