Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2011.105: Steuergericht
Die Chambre des recours des Kantonsgerichts behandelt den Einspruch von P.________ SA aus Genf gegen das Urteil des Mietgerichts vom 5. Mai 2009 in einem Mietstreit mit L.________ in Lausanne. Das Mietgericht entschied, dass der Fall zur erneuten Vermittlung an die Schlichtungskommission für Mietstreitigkeiten im Bezirk Lausanne zurückverwiesen wird. P.________ SA legte Rekurs ein und forderte die Änderung des Urteils. Die Chambre des recours wies den Rekurs ab und bestätigte das Urteil. Die Gerichtskosten für die zweite Instanz belaufen sich auf 590 CHF.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.2011.105 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 19.08.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Bindungswirkung von Steuerrulings |
Schlagwörter : | Schuldzinsen; Kanton; Bundesgericht; Kantons; Staats; Freiburg; Rekurrent; Urteil; Einsprache; Staatssteuer; Ruling; Solothurn; Kantonsgericht; Abzug; Bezug; Darlehen; Einspracheentscheide; Kantonsgerichts; Entscheid; Schuldzinsenabzug; Quot; Bundessteuer; Steuerumgehung; Gesellschaft; Rekurs; Steuergericht; Bundesgerichts |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 138 II 545; |
Kommentar: | - |
Sachverhalt
1. Der Steuerpflichtige X. deklarierte in den Steuererklärungen 2005 bzw. 2006 im Zu-sammenhang mit dem Anlageprodukt A. Schulden in der Höhe von CHF 937'806 (2005) bzw. CHF 2'789'792 (2006) sowie Schuldzinsen in der Höhe von CHF 83'343 (2005) bzw. CHF 106'313 (2006). In den definitiven Veranlagungen der Staatsund der direkten Bundessteuer 2005 und 2006 vom 9. Februar 2007 bzw. 8. Oktober 2010 liess die Veranlagungsbehörde (im Folgenden: VB) die Schuldzinsen nicht zum Abzug zu.
2. Mit Schreiben vom 7. März 2007 bzw. 29. Oktober 2010 erhob X. Einsprache an die VB und machte u.a. geltend, die Schuldzinsen seien gemäss Selbstdeklaration zum Abzug zuzulassen. Mit Einspracheentscheiden vom 4. August bzw. 5. August 2011 hiess die VB soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse - die Einsprache betreffend Gewährung des Schuldzinsenabzuges von CHF 83'343 (2005) bzw. CHF 106'313 (2006) in Bezug auf die direkte Bundessteuer gut, wies sie aber in Bezug auf die Staatssteuer ab. Die VB begründete beide Einspracheentscheide identisch damit, das Kantonsgericht Freiburg habe sich kürzlich in einem Urteil ausführlich mit dem Anlageprodukt A. auseinandergesetzt und sei zum Schluss gekommen, aufgrund der gesamten Umstände liege eine Steuerumgehung vor, weshalb die deklarierten Schuldzinsen nicht abgezogen werden könnten. Da die Eidgenössische Steuerverwaltung (im Folgenden: ESTV) mit der entsprechenden Gesellschaft ein Ruling unterzeichnet habe, seien bei der direkten Bundessteuer die Schuldzinsen bis zum Widerruf des Rulings anfangs 2008 steuerlich trotzdem abzugsberechtigt und damit die Einsprache in diesem Punkt gutzuheissen. Das von der ESTV unterzeichnete Ruling habe jedoch mangels Zuständigkeit keine bindende Wirkung für den Kanton Solothurn, weshalb die Einsprache in Bezug auf die Staatssteuer abzuweisen sei.
3. Gegen die beiden Einspracheentscheide der VB vom 4. August bzw. 5. August 2011 erhebt X. (im Folgenden: Rekurrent) mit Eingabe vom 31. August 2011 Rekurs beim Kantonalen Steuergericht. Er beantragt, die beiden Einspracheentscheide seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass die noch nicht zum Abzug zugelassenen privaten Schuldzinsen in der Höhe von CHF 83'343 (2005) bzw. CHF 106'313 (2006) auch für die Staatssteuern abzugsfähig seien. Weiter beantragt er, die Behandlung des Rekurses sei zurückzustellen, bis das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht bezüglich des oben erwähnten Entscheides des Freiburger Kantonsgerichts abgeschlossen sei. Zur Begründung bringt der Rekurrent im Wesentlichen vor, das mit der ESTV abgeschlossene Ruling habe auch für die Staatssteuern im Kanton Solothurn Bindungswirkung. Die Steuerverwaltung des Kantons Solothurn sei damit an die entsprechenden Feststellungen der ESTV gebunden. Dies ergebe sich auch aus dem Prinzip der vertikalen Steuerharmonisierung. Schliesslich spreche auch der Vertrauensschutz für eine Anwendung des Rulings in Bezug auf die kantonalen Steuern, habe doch die ESTV durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass das Ruling auch für die Kantonssteuern gelte. In materieller Hinsicht führt der Rekurrent aus, die geltend gemachten Schuldzinsen seien zum Abzug zuzulassen. Es liege keine Steuerumgehung vor. Der Rekurrent setzt sich sodann ausführlich mit dem erwähnten Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 27. Mai 2011 auseinander und legt im Einzelnen dar, warum dessen Annahme einer Steuerumgehung nicht zutreffend sei. Insgesamt seien die vom Kantonsgericht Freiburg kritisierten Elemente weder ungewöhnlich, sachwidrig, absonderlich noch völlig unangemessen.
4. Mit Verfügung vom 14. Oktober 2011 hat der Präsident des Steuergerichts - nach Einholung einer zustimmenden Stellungnahme der VB - das Verfahren antragsgemäss bis zum Entscheid des Bundesgerichts in einem ähnlich gelagerten Fall (d.h. des erwähnten Verfahrens betr. Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 27.5.2011) sistiert. Mit Eingabe vom 27. November 2012 hat die VB dem Steuergericht mitgeteilt, das Bundesgericht habe in der erwähnten Sache ein Urteil gefällt, weshalb die Sistierung des Verfahrens aufzuheben sei. Mit Verfügung vom 1. Februar 2013 hat der Präsident des Steuergerichts die Sistierung aufgehoben.
Mit Vernehmlassung vom 14. Februar 2013 beantragt die VB Solothurn die Abweisung des Rekurses. Sie verweist auf die beiden Einspracheentscheide vom 4. August bzw. 5. August 2011 sowie auf das Urteil des Bundesgerichts 2C_565/2011 vom 26. Oktober 2012 (inzwischen publiziert: BGE 138 II 545). Das Bundesgericht habe das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg bestätigt und betreffend die Staatssteuer festgehalten, dass der Schuldzinsenabzug nicht zulässig sei. Die massgeblichen gesetzlichen Grundlagen entsprächen den Solothurner Bestimmungen, weshalb die Schuldzinsen auch im vorliegenden Fall nicht abzugsfähig seien. Zudem sei das Bundesgericht im gleichen Entscheid zum Schluss gekommen, dass das fragliche Ruling der ESTV für den Bereich der Staatssteuer keine Bindungswirkung habe.
Der Rekurrent hat auf die Vernehmlassung der VB nicht mehr repliziert.
Erwägungen
2. Der Rekurrent macht vorab geltend, der Schuldzinsenabzug sei schon deswegen zu bejahen, weil in dieser Sache übereinstimmende Rulings der ESTV (sowie einiger kantonaler Steuerbehörden) ergangen seien, welche das gewählte Vorgehen als zulässig und den geltend gemachten Abzug als rechtskonform eingestuft hätten. Dagegen hat die VB indessen überzeugend festgehalten, dass im hier zu beurteilenden Bereich der Staatsund Gemeindesteuern einzig die Steuerbehörden des Kantons Solothurn zuständig gewesen wären, im Vorfeld über die Zulässigkeit eines gegebenenfalls problematischen Sachverhalts zu befinden. Da diese Behörden jedoch nicht angefragt wurden, sind sie nun durch die Zusagen anderer Steuerverwaltungen nicht gebunden.
Es kann in diesem Zusammenhang vollumfänglich auf BGE 138 II 545 verwiesen wer-den. Soweit der Rekurrent eine massgebliche Bindungswirkung im Zusammenhang mit dem Ruling der ESTV annimmt, ist ihm entgegenzuhalten, dass die in Art. 102 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) vorgesehene Aufsichtsfunktion der ESTV nur die direkte Bundessteuer betrifft. Im vorliegend zu beurteilenden Bereich der Staatssteuer kann eine Stellungnahme der ESTV für den Kanton Solothurn selbst unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht verbindlich sein. Daran ändert auch nichts, dass die Anwendung des kantonalen Steuerrechts den zwingenden Vorgaben des Harmonisierungsrechts unterworfen und die ESTV dazu berufen ist, die Einhaltung dieser Vorgaben (mit) zu gewährleisten (BGE 138 II 545 E. 2.2 S. 548). Damit trifft auch die Behauptung des Rekurrenten, das Steueramt des Kantons Solothurn habe die Fachkompetenz der ESTV zur Klärung der vorliegenden Spezialfrage "zumindest implizit" anerkannt, nicht zu.
Im Ergebnis ist somit nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz dem Ruling der ESTV für den Bereich der Staatssteuer die vom Rekurrenten behauptete Bindungswirkung abgesprochen hat.
3.1 Gemäss § 41 Abs. 1 lit. a StG können von den Einkünften die privaten Schuldzinsen im Umfang der nach den §§ 26 und 27 steuerbaren Vermögenserträge und weiterer CHF 50'000 abgezogen werden; davon ausgenommen sind die Schuldzinsen für Darlehen, die eine Kapitalgesellschaft einer an ihrem Kapital massgeblich beteiligten ihr sonst nahestehenden natürlichen Person zu Bedingungen gewährt, die erheblich von den im Geschäftsverkehr unter Dritten üblichen Bedingungen abweichen. Diese Regelung stimmt im Wesentlichen mit Art. 9 Abs. 2 lit. a StHG und Art. 33 Abs. 1 lit. a Satz 1 DBG wie auch mit Art. 34 Abs. 1 lit. a des Gesetzes des Kantons Freiburg vom 6. Juni 2000 über die direkten Kantonssteuern (DStG/FR) - überein (vgl. BGE 138 II 545 E. 3.1 S. 548 f.).
3.2 Das Bundesgericht hat sich im Entscheid BGE 138 II 545 ausführlich mit der steuerlichen Klassifizierung und Behandlung von A.-Anlagevehikeln in Bezug auf die Staatssteuern im Kanton Freiburg auseinandergesetzt und im Ergebnis die Beschwerde gegen das erwähnte Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 27. Mai 2011 abgewiesen, soweit es darauf eintrat.
Das Bundesgericht hat dabei u.a. ausgeführt, im Rahmen von Art. 34 Abs. 1 lit. a DStG/FR (der wie erwähnt mit § 41 Abs. 1 lit. a StG übereinstimmt) geht es vorab um "Schuldzinsen für Pseudodarlehen", d.h. um Fälle, in denen sich Pflichtige mit einer be-herrschenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von dieser formell Darlehen ein-räumen lassen, deren Zweck letztlich darin liegt, bei der Gesellschaft angehäufte Gewinne steuerfrei in das persönliche Vermögen zu überführen und dabei gleichzeitig noch vom Abzug der vereinbarten Schuldzinsen zu profitieren. Der Ausschluss der Abzugsfähigkeit soll aber keineswegs nur gegenüber direkten Anteilsinhabern bei der Darlehensgeberin gelten, sondern auch für Kredite an nahestehende Personen, d.h. solche, zu denen wirtschaftliche persönliche (u.a. verwandtschaftliche) Verbindungen bestehen, welche nach den gesamten Umständen als eigentlicher Grund der zu besteuernden Leistung betrachtet werden müssen. Nahestehend sind auch Personen, denen der Aktionär erlaubt, die Gesellschaft wie eine eigene zu benutzen. Der Wortlaut von Art. 34 Abs. 1 lit. a Satz 2 DStG/FR bezieht sich auf "sonstwie nahestehende Personen". Diese weite Formulierung stimmt einerseits mit dem Zweck von Art. 9 Abs. 2 lit. a StHG und Art. 34 Abs. 1 lit. a DStG/FR insgesamt überein, in bestimmten Fällen ungerechtfertigte Inanspruchnahmen des Schuldzinsenabzugs auch noch dort zu verhindern, wo die Beschränkung von Satz 1 zu kurz greift. Andererseits wird deutlich, dass im hier massgeblichen Spezialbereich keine engere Betrachtungsweise als im Rahmen der allgemeinen Praxis gelten soll: Als nahestehende Personen der kreditgewährenden Gesellschaft können hier ebenfalls all diejenigen eingestuft werden, zu denen wirtschaftliche persönliche Verbindungen irgendwelcher Art bestehen, solange diese nur nach den gesamten Umständen als ursächlich für die unübliche Darlehensgestaltung zu betrachten sind (BGE 138 II 545 E. 3.4 S. 551).
3.3 Die Vorinstanz hat sich für die beiden Einspracheentscheide zu Recht auf das inzwischen rechtskräftige - Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 27. Mai 2011 berufen. Das Bundesgericht hat im erwähnten Entscheid bereits gestützt auf die spezifischen kantonalrechtlichen Grundlagen (die im Kanton Freiburg mit der Regelung im Kanton Solothurn übereinstimmen) den beantragten Schuldzinsenabzug verweigert, weshalb es sich nicht mehr näher mit der Thematik der Steuerumgehung befasst hat (BGE 138 II 545 E. 4.3 S. 555). Die Schlussfolgerungen des Bundesgerichts, wonach im Fall der A.-Anlagevehikel einerseits die deklarierten Schuldzinsen auf Darlehen beruhen, deren Ausgestaltung erheblich von den sonst im Geschäftsverkehr unter Dritten üblichen Bedingungen abweichen (BGE 138 II 545 E. 4.2.1 S. 553) und andererseits angenommen werden muss, dass die hier massgeblichen Darlehen unter Nahestehenden gewährt wurden (BGE 138 II 545 E. 4.2.2 S. 554), können ohne Einschränkungen auf das vorliegende Rekursverfahren angewendet werden. Danach ist bei der notwendigen Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls vom sog. General Partner auszugehen. Dabei ergibt sich die anzunehmende Beziehungsnähe nicht nur aus der erheblichen Abweichung der Darlehensgestaltung gegenüber den unter Unabhängigen und Marktverhältnissen geltenden Geschäftsbedingungen. Durch die den Investoren gebotene Möglichkeit, über die vom General Partner beherrschten Gesellschaften zu verfügen, wurde eine besondere Beziehungsnähe geschaffen. Diese Beziehungsnähe, ohne welche die erheblichen Abweichungen von den Marktbedingungen nicht zugestanden worden wären, muss somit als wesentliche Ursache der unüblichen Geschäftsbedingungen betrachtet werden. Die Schlussfolgerungen des Bundesgerichts führen gleichfalls zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Schuldzinsen für die Staatssteuern 2005 und 2006 nicht abzugsfähig sind.
Der Rekurrent hat denn auch gar nie Bezug genommen auf die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung, obwohl er den Sistierungsantrag in der Rekursschrift noch damit begründete, ein Fall mit analogen Fragen sei vor Bundesgericht hängig und man solle zuwarten, bis Klarheit über die Entscheidung des Bundesgerichts bezüglich Schuldzinsenabzug herrsche. Seine Ausführungen befassen sich deshalb materiell nur mit dem Thema Steuerumgehung, was aber gemäss Bundesgericht gar nicht entscheidrelevant war. Auf jeden Fall bringt der Rekurrent nichts vor, was darauf schliessen liesse, dass die ausführlichen und überzeugenden bundesgerichtlichen Erwägungen, auf welche im Übrigen verwiesen wird, in Bezug auf die A.-Anlagevehikel im vorliegenden Fall unzutreffend sein könnten.
Steuergericht, Urteil vom 19. August 2013
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