Zusammenfassung des Urteils SGSTA.1995.52: Steuergericht
Ein Mann namens M.________ arbeitete als Koch für die Stiftung X.________ von Februar 1990 bis Oktober 2006. Nachdem er arbeitslos wurde, beantragte er Arbeitslosenentschädigung, die ihm zunächst gewährt wurde, aber später abgelehnt wurde, da er die Voraussetzungen nicht erfüllte. Er legte Widerspruch ein, der jedoch abgelehnt wurde. Er reichte eine Beschwerde ein, die schliesslich zugunsten von M.________ entschieden wurde. Die Gerichtskosten betrugen 1'000 CHF.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.1995.52 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.07.1996 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Einkommen oder Grundstückgewinn |
Schlagwörter : | Grundstück; Einsprache; Einkommen; Steuer; Grundstückgewinn; Liegenschaft; Entschädigung; Zahlung; Gestaltungsplan; Einräumung; Grundstückgewinnsteuer; Rekurrent; Urteil; Grundstücks; Firma; Recht; Entscheid; Vorinstanz; Substanz; Entgelt; Baueinsprache; Beeinträchtigung; Steuerpflichtigen; Bestimmungen; Grenzbaurecht; Rückzug; Veranlagung; Rekurs; Rekurrenten |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Sachverhalt:
1. Der Steuerpflichtige ist Eigentümer der Liegenschaft GB Nr. 1047. Anfangs 1990 wurde der Gestaltungsplan C-Neubau aufgelegt, welcher die Überbauung des gesamten benachbarten Grundstücks des Steuerpflichtigen bis an die gemeinsame Grundstückgrenze vorsah. Das Bauprojekt bedingte die Zustimmung des Steuerpflichtigen und die Einräumung eines Grenzbaurechts/Näherbaurechts. Nach ersten Verhandlungen mit der Bauherrschaft, bei welchen jedoch hinsichtlich einer Entschädigung keine Einigung erzielt wurde, erhob der Steuerpflichtige am 15. Februar 1990 gegen den Gestaltungsplan C-Neubau Einsprache. Er stellte das Begehren, der aufgelegte Gestaltungsplan sei in bezug auf Grenzabstand und Grünflächenziffer nach gesetzlichen Bestimmungen anzupassen.
Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Firma C. als Bauherrin erzielten die Parteien am 5. Oktober 1990 eine Einigung dahingehend, dass der Steuerpflichtige seine Einsprache gegen den Gestaltungsplan zurückziehe, er ein gegenseitiges Grenzbaurecht entsprechend des Gestaltungsplans einräume und die Firma C. ihm einen Betrag von Fr. 120'000.-bezahle. In der Folge zog der Steuerpflichtige seine Einsprache zurück. Mitte April 1992 erfolgte die Zahlung in der Höhe von Fr. 122'500.--.
2. Die Veranlagungsbehörde besteuerte diesen Mittelzufluss im Steuerjahr 1993 als Einkommen, indem sie die Zahlung unter § 31 lit. d StG subsumierte: Der Steuerpflichtige habe durch den Rückzug der Einsprache auf ein Recht verzichtet, respektive dieses nicht ausgeübt. Hiefür sei eine Entschädigung entrichtet worden, die nach der bisherigen Praxis steuerbares Einkommen darstelle. Gegen die entsprechende Veranlagung vom 31. Mai 1995 erhob der Steuerpflichtige am 30. Juni 1995 Einsprache, die mit Entscheid vom 9. August 1995 abgewiesen wurde.
3. Am 7. September 1995 erhob der Steuerpflichtige formund fristgerecht Rekurs mit dem Begehren, die ihm vergütete Entschädigung von Fr. 122'500.-sei der Grundstückgewinnsteuer gem. StG Art. 49 Abs. 2 lit. c zu unterstellen.
Erwägungen:
1. Rekursthema ist die Qualifizierung der von der Firma C. an den Rekurrenten geleisteten Zahlung hinsichtlich ihres Rechtsgrundes. Erfolgte sie zum Ausgleich eines Minderwerts, der durch die Belastung der Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit verursacht wurde, unterliegt sie entgegen der Meinung der Vorinstanz - der Grundstückgewinnsteuer. Ergibt die Prüfung des Sachverhalts aber, dass die Firma C. dem Rekurrenten lediglich sein Einspracherecht abgekauft hat, stellt diese Abfindung steuerbares Einkommen dar.
2. Die Vorinstanz beruft sich unter Hinweis auf die geltende Praxis auf zwei Entscheide des KSG, bei welchen Zahlungen im Zusammenhang mit zurückgezogenen Einsprachen als Einkommen erfasst wurden: Zum einen auf das Urteil des KSG vom 23. Oktober 1989 (KSGE 1989, Nr. 8), zum anderen auf das Urteil des KSG vom 12. Januar 1975 (KSGE 1975, Nr. 4). Keine Erwähnung findet das hier nicht minder interessierende Urteil des KSG vom 25. März 1991 (KSGE 1991, Nr. 13), welches die Einräumung einer Dienstbarkeit auf einem Grundstück gegen Entgelt grundsätzlich als Grundstückgewinnsteuertatbestand qualifiziert. Auf diese Präjudizien wird im einzelnen einzugehen sein.
3. Bevor die bisherige Rechtsprechung zur Beurteilung des vorliegenden Falles herangezogen wird, ist zunächst vom Wortlaut der geltenden Gesetzesbestimmungen auszugehen. Der Einkommenssteuer gemäss § 21 ff. StG unterliegen als übrige Einkünfte Entschädigungen für die Nichtausübung eines Rechts (§ 31 lit. d StG). Dieser Gesetzesbestimmung allein kann keine weitergehende, respektive exemplifikatorische Ausführung entnommen werde. Die im Wortlaut sehr kurz gehaltene Bestimmung bedarf sicherlich der Konkretisierung, und es obliegt der Rechtsprechung, typisierte Sachverhalte herauszubilden, welche unter diese Norm zu subsumieren sind. Insbesondere fallen hierunter Inkonvenienzentschädigungen, Ersatzeinkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit, Reuegelder und Abfindungen für den Verzicht auf eine stille Beteiligung (ASA 34 S. 290 ff.) Auch die Abgeltung für den Rückzug die Nichtausübung einer Baueinsprache kann beim Empfänger Einkommen darstellen, wenn lediglich dieser Verzicht, der dem Bauherrn neue Projektierungsund Baueingabekosten, unter Umständen auch eine mehrjährige Bauverzögerung mit hohen Ertragsausfällen (AGVE 1988 S. 498 ff.) erspart, abgegolten wird.
4. Im Gegensatz zu § 31 Bst. d StG regelt § 49 Abs. 2 Bst. c StG umfassend und abschliessend, dass der Grundstückgewinnsteuer veräusserungsähnliche Tatbestände unterliegen, darunter die Belastung eines Grundstückes mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten öffentllich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen, wenn diese die unbeschränkte Bewirtschaftung den Veräusserungswert des Grundstückes dauernd und wesentlich beeinträchtigen und dafür ein Entgelt entrichtet wird. Die Rechtsfolgevoraussetzungen dieser Bestimmungen sind weit präziser als jene des § 31 Bst. d StG, ohne dass dadurch aber das Verhältnis der Bestimmungen zueinander geklärt wäre. Auf der Suche nach geeigneten Abgrenzungskriterien muss man sich vor Augen halten, dass die Grundstückgewinnsteuer in gewisser Weise einen Spezialtatbestand darstellt, da Kapitalgewinne auf Privatvermögen ansonst sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei der kantonalen Steuer steuerfrei sind. Bei Privatliegenschaften hat der kantonale Gesetzgeber diese steuerliche Begünstigung durchbrochen und eine Sondersteuer eingeführt. Es kann daher gesagt werden, dass beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen primär diese speziellere Norm anzuwenden ist. Mangelt es an den Tatbestandsvoraussetzungen, ist zu prüfen, ob allenfalls die Bestimmung von § 31 Bst. d StG dennoch Anwendung findet (AGVE 1988, S. 498 ff.).
Die Lehre bedient sich zur Beurteilung der Frage, wann Einkommen (Ertrag) und wann Gewinn vorliegt, der Kriterien Substanzschonung und Substanzverzehr. Einkommen (Ertrag) liegt vor bei laufenden Früchten, welche die Substanz nicht antasten, wogegen beim Gewinn das Vermögen anoder aufgezehrt wird (Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, Zürich 1992, S. 148, mit weiteren Hinweisen). Die Errichtung von Dienstbarkeiten zulasten eines Grundstücks kann unter bestimmten Voraussetzungen als veräusserungsähnlicher Tatbestand gelten. Neben den eigentlichen Veräusserungsentgelten bilden Einkünfte aus dinglichen Gebrauchsoder Nutzungsüberlassungsverträgen infolge eines Substanzverzehrs dann nicht mehr Vermögenserträge, wenn die Dienstbarkeiten auf unbeschränkte Zeit abgeschlossen werden und die Entschädigung in Form einer Einmalleistung erfolgt (Blumenstein/Locher, System des Steuerrechts, Zürich 1992, S. 151, mit weiteren Hinweisen). Zusammenfassend lässt sich festhalten: Der Tatbestand der Grundstückgewinnsteuer (49 Abs. 2 Bst. c StG) bildet in gewisser Weise lex specialis zur Einkommenssteuer (§ 31 lit. d StG). Ein Entgelt, das bei Einräumung einer belastenden Dienstbarkeit entrichtet wird, stellt dann Grundstückgewinn dar, wenn die Belastung den Veräusserungswert der Liegenschaft dauernd und wesentlich beeinträchtigt, so dass vom Ergebnis her eine eigentliche Teilveräusserung stattfindet.
5. Angewendet auf den vorliegend zu entscheidenden Fall ergibt sich folgendes Bild: Der Umfang der zulasten des Grundstücks errichteten Dienstbarkeit erreicht in casu eine Intensität, welche den Veräusserungswert des Grundstücks dauernd und vor allem wesentlich beeinträchtigt. Dies ist aufgrund der eingereichten Unterlagen und der aus dem Plan ersichtlichen Lage und Beschaffenheit der benachbarten Baute leicht ersichtlich, so dass auf den beantragten Augenschein verzichtet werden kann. Der Baueinsprache vom 15. Juni 1990 (Akten: 3a) lässt sich auf S. 2 bezüglich dieser Beeinträchtigung entnehmen: Würde das Bauprojekt tatsächlich entsprechend dem angefochtenen Gestaltungsplan realisiert, so käme auf die gemeinsame Grundstücksgrenze eine 7,5 m hohe Mauer zu stehen, die gesamte Südseite der Liegenschaft des Einsprechers, sowohl Südfront des Wohnhauses wie Wintergarten und Gartenanlage, in ganz erheblichem Masse beeinträchtigen würde. Die Sonnenund Lichteinstrahlung würde auf dieser Seite der Liegenschaft, der eigentlichen Sonnenseite, auf ein absolutes und untolerierbares Minimum beschränkt.
Die Liegenschaft des Rekurrenten erleidet angesichts der benachbarten Baute einen Minderwert, der sich in einem tieferen Veräusserungsrespektive Verkehrswert niederschlägt. Die Intensität der Beeinträchtigung ist vorliegend zweifellos gegeben. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise lässt sich festhalten, dass aufgrund des auf der Grenze errichteten Gebäudes ein wesentlicher Substanzeingriff erfolgt ist. Steuerlich massgebend und entscheidend ist die Causa der geleisteten Zahlung: Der Mittelzufluss wurde einzig von der Einräumung der Dienstbarkeit abhängig gemacht. Anders als in dem von der Vorinstanz herangezogenen Entscheid des Steuergerichts vom 12. Januar 1975 (KRKE 1975, S. 12) wurde der Dienstbarkeitsvertrag nicht erst zwei Jahre nach erfolgtem Rückzug der Baueinsprache entrichtet. Der Konnex zwischen Bezahlung des Entgelts und der Einräumung des Grenzbaurechts geht klar aus der Vereinbarung vom 5. Oktober 1990 hervor. Der Kausalzusammenhang zwischen Beeinträchtigung der Liegenschaft und Höhe der Entschädigung ist vorliegend ebenfalls gegeben. Anders lag der Fall bei dem von der Vorinstanz zitierten Entscheid des KSG vom 23. Oktober 1989 (KSGE 1989, S. 23): Hier war die Einräumung einer Dienstbarkeit und somit die mögliche Anwendbarkeit von § 49 Abs. 2 lit. c StG nicht zur Diskussion gestanden. Zustimmung verdient der von der Vorinstanz nicht beachtete Entscheid des KSG vom 25. März .1991 (KSGE 1991, Nr. 13), worin es heisst (S. 56): Wollte der Rekurrent sein Grundstück veräussern, würde die Dienstbarkeit mit Sicherheit eine wesentliche Reduktion des Verkaufspreises bewirken. Demnach ist von einer Teilveräusserung auszugehen, und die Gegenleistungen sind als Kapitalbzw. Grundstückgewinn zu betrachten. Schon früher wurde in diesem Sinne entschieden (KRKE 1964, 11 und 1973, 6).
6. Angesichts dieser Sachlage rechtfertigt sich nicht, die geleistete Zahlung einzig darauf zurückführen zu wollen, dass der Rekurrent seine Baueinsprache zurückgezogen hat. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Einsprache erfolgte, nachdem sich die Firma C. anfänglich hinsichtlich einer Entschädigung wenig kooperativ zeigte. Durch die Einsprache gelangte der Rekurrent in eine für ihn günstigere Verhandlungsposition, was aber nichts daran ändert, dass mit der später erfolgten Zahlung ein tatsächlicher Minderwert abgegolten wurde. Nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann hingegen, dass ein gewisser, wenn auch geringer und nicht quantifizierbarer Teil der Gesamtentschädigung auf den Umstand des Einspracherückzugs zurückzuführen ist, nachdem sich die Bauherrschaft bewusst wurde, welche Konsequenzen eine gutgeheissene Einsprache für sie gehabt hätte. Da aber eine derartige Aufteilung an sachgerechten Kriterien scheitert, unterliegt der Gesamtbetrag, der angesichts der massiven Beeinträchtigung der Liegenschaft als angemessen erscheint, der Grundstückgewinnund nicht der Einkommenssteuer. Die Sachlage lässt keine andere Sicht der Dinge zu. Die Veranlagung ist in Gutheissung des Rekurses entsprechend zu ändern.
Steuergericht, Urteil vom 1. Juli 1996
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