Zusammenfassung des Urteils SGSTA.1995.34: Steuergericht
A. S. hat eine Invalidenrente beantragt und das Amt für Invalidenversicherung des Kantons Waadt hat ihm einen Vorentwurf zur Rentenannahme zugesandt, der ihm eine volle Rente auf Basis einer Invaliditätsquote von 80% ab dem 1. Juni 2006 zuspricht. Später hat das Amt eine Entscheidung getroffen, die die monatliche Rente auf 1'331 CHF für den Antragsteller und 532 CHF für jedes seiner drei Kinder festlegt. A. S. hat die Z.________ Rechtsschutzversicherung beauftragt, bei der kantonalen Ausgleichskasse AVS nach Einzelheiten zur Berechnung der Rente zu fragen. Der Rechtsanwalt von A. S. hat dann einen Rekurs eingereicht, um die Entscheidung anzufechten und eine Neuberechnung zu verlangen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.1995.34 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 26.02.1996 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Steuerpflicht nach Pfandverwertung |
Schlagwörter : | Steuer; Grundstück; Grundstückgewinnsteuer; Rekurrentin; Merkblatt; Grundpfand; Pfandrecht; Betreibung; Steuern; Handänderung; Urkunde; Quot; Forderung; Pfandrechte; Amtschreiberei; Veräusserung; Veranlagung; Auskünfte; Grundstückgewinnsteuern; Konkurs; Spezial; Urteil; Grundpfandverwertung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 75 I 107; |
Kommentar: | - |
Sachverhalt:
1. A. war Eigentümer vom Grundstück GB Nr. 5919, welches am 2. September 1988 im Rahmen einer Betreibung auf Grundpfandverwertung versteigert und vom Grundpfandgläubiger B. erworben wurde. Der Gewinn aus dieser Veräusserung wurde mit Fr. 544'788.-- und einer Steuer von Fr. 168'462.70 ermittelt. Die rechtskräftig gewordene Forderung war nicht einbringlich; die Betreibungsbemühungen endeten mit einem Verlustschein des Staates über Fr. 172'529.-- (inkl. Zinsen und Kosten).
Am 14. Dezember 1988 verkaufte B. das Grundstück GB Nr. 5919 an die X. AG; er bezahlte die aus dem Verkauf resultierende Grundstückgewinnsteuer. Die Kantonale Steuerverwaltung liess am 25. April 1989 superprovisorisch und am 14. Juni 1989 vorläufig für die Steuerforderung aus der Handänderung vom 2. September 1988 (Grundpfandverwertung) ein Grundpfandrecht eintragen. Sie stellte am 14. März 1991 fest, dass die Forderung von Fr. 172'529.10 definitiv uneinbringlich sei, und verfügte ein gesetzliches Grundpfandrecht gemäss § 59 Abs. 4 Gesetz über die Staatsund Gemeindesteuern (StG) auf GB Nr. 5919 für Fr. 168'426.70 nebst Zins zu 6% seit 28. Februar 1989 und Betreibungskosten Fr. 200.50. Die Einsprache gegen die Verfügung wurde am 28. April 1995 (Versand) abgewiesen.
2. Mit Rekurs vom 31. Mai 1995 machte der Vertreter der X. AG geltend, wenn bei der Pfandverwertung ebenfalls die Grundstückgewinnsteuer vorgesehen wäre, müsste das Institut entsprechend ausgestaltet sein (z.B. sofortige Veranlagung, kurze Fristen usw.). Es dürfe nicht eintreten, was hier versucht werde, dass die Rekurrentin erst Monate später überhaupt informiert werde. B. habe eine Abrechnung über das gesamte Liegenschaftensteigerungsverfahren erhalten und davon ausgehen dürfen, dass alle Forderungen erledigt seien. StVO Nr. 2 verlange in § 4 Abs. 1 eine ausdrückliche und detaillierte Information der Kaufvertragsparteien über Pfandrechte und insbesondere das Pfandrecht für sämtliche noch nicht bezahlte Steuern aus wirtschaftlicher und zivilrechtlicher Handänderung, selbst wenn die Steuern noch nicht veranlagt seien. Die Urkunde müsse auch festhalten, dass die Parteien von der Amtschreiberei Auskünfte über veranlagte, aber nicht bezahlte Steuern und hängige Verfahren verlangen könnten. Die bei Vertragsunterzeichnung anwesenden Personen seien nicht über hängige Steuern informiert und nicht auf das gesetzliche Pfandrecht aufmerksam gemacht worden. Die Rekurrentin habe auch das Merkblatt "Steuerliche Hinweise zu Grundstückgeschäfte" vom 11. September 1987 nicht erhalten. Offenbar existierten verschiedene Merkblätter. Die - öffentliche - Aufklärungspflicht wäre nur dann erfüllt gewesen, wenn die Käuferin aufgrund von erhaltenen Informationen hätte davon ausgehen müssen, allfällige Grundstückgewinnsteuern auch für frühere Übertragungen übernehmen zu müssen.
Die Steuerverwaltung führte dazu aus, mit der Pfandverwertung erfolge keine Generalexekution, sondern bloss die Zwangsverwertung des Pfandes. Solche Spezialexekutionen seien im Gesetz nicht von der Besteuerung ausgenommen. Die Rekurrentin habe ausdrücklich für den Erhalt des Merkblattes vom 11. September 1987 quittiert. Sie hätte sich also bei der zuständigen Behörde über allfällige hängige Steuern erkundigen können.
Erwägungen:
1. Die Grundstückgewinnsteuer war rechtskräftig veranlagt worden, bevor das gesetzliche Grundpfandrecht auf der Liegenschaft der Rekurrentin eingetragen wurde. Letztere konnte sich deshalb zu Bestand und Höhe der Steuerforderung im früheren Verfahren nicht äussern und kann dies daher nachholen (Urteil KSG vom 18. März 1991 i.S. B.M; BGE 75 I 107). Darüber hinaus kann sie die spezifischen Voraussetzungen eines gesetzlichen Pfandrechts gemäss § 59 Abs. 4 StG bestreiten.
Die Rekurrentin bestreitet die Höhe der unbezahlt gebliebenen Steuerforderung nicht, macht aber geltend, es hätte gar keine Grundstückgewinnsteuer veranlagt werden dürfen, weil nach § 49 Abs. 3 StG eine Veräusserung im Konkurs durch Nachlassvertrag nur dann eine Steuerpflicht begründe, wenn die Gläubiger, deren Forderungen durch Grundpfand auf solothurnischen Grundstücken gesichert seien, volle Deckung erhalten hätten. Diese Bestimmung sei analog auf Veräusserungen in Spezialexekutionen anzuwenden. Im Gegensatz zu § 209 Abs. 2 StG, wo der Gesetzgeber generell vom Erwerb im Zwangsvollstreckungsverfahren zur Abwendung drohender Zwangsvollstreckung spricht, ist in § 49 Abs. 3 ausdrücklich nur von Konkurs Nachlassvertrag die Rede. Eine Versteigerung in einer Betreibung auf Pfändung Pfandverwertung löst dem Wortlaut des Steuergesetzes nach die Steuerpflicht aus. Das ist nicht zu beanstanden. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Spezialund Generalexekution hat gute Gründe. Im Gegensatz zur Generalexekution werden bei der Spezialexekution nur die gepfändeten Sachen verwertet. Dass ein Grundstück im Rahmen einer Betreibung auf Grundpfandverwertung versteigert wird, bedeutet keineswegs, dass der Schuldner zahlungsunfähig überschuldet wäre, wie das bei einem Konkurs der Fall ist. Vermögensverschiebungen mit dem einzigen Zweck, den Fiskus um seine Forderung zu prellen, wären durchaus denkbar.
Dass die Veranlagungsbehörde vorliegend, wo das Grundstück weder in einem Konkurs noch unter einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung versteigert wurde, eine steuerbegründende Veräusserung erblickte, ist richtig und entspricht im übrigen auch dem Willen des Gesetzgebers (Protokoll der kantonsrätlichen Kommission über die Sitzung vom 2. Juli 1984, S. 140 unten). § 59 Abs. 4 StG setzt für die Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandes voraus, dass die Bezahlung der geschuldeten Steuer gefährdet ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend offensichtlich gegeben; der Steuerschuldner war erfolglos betrieben worden. Das zuständige Betreibungsamt konnte weder übriges Vermögen noch künftigen Lohn pfänden; der Steuerschuldner war nachgewiesenermassen mittellos. Es besteht nicht nur die Gefahr, sondern es ist - nach menschlichem Ermessen sicher, dass die veranlagte Steuer nicht bezahlt wird.
Der Regierungsrat erliess in der Steuerverordnung Nr. 2 § 4 die Ausführungsbestimmungen zu § 59 Abs. 4 StG und verpflichtete die Amtsschreibereien dazu, die Parteien ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass der Fiskus innert drei Monaten seit Fälligkeit der Steuer die Errichtung eines gesetzlichen Pfandrechtes am veräusserten Grundstück verlangen kann, und zwar ausdrücklich für alle noch nicht bezahlten Grundstückgewinnsteuern aus allen zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Handänderungen seit dem 1. Januar 1986, selbst wenn die Steuern noch nicht veranlagt wurden. Weiter hat die Amtschreiberei den Erwerber darauf aufmerksam zu machen, dass er bei der Veranlagungsbehörde Auskunft über die veranlagten, aber noch nicht bezahlten Grundstückgewinnsteuern und über allenfalls hängige Verfahren verlangen kann. Diese Auskünfte sind gemäss § 5 der Steuerverordnung Nr. 2 kostenlos zu erteilen, wenn nachgewiesen ist, dass der Anfrager im Einverständnis des Grundeigentümers handelt das Grundstück voraussichtlich erwerben wird. Es ist zwischen den Parteien unbestritten, dass die genannten Hinweise und Auskünfte erfolgen müssen, wenn später ein gesetzliches Pfandrecht eingetragen werden soll. Das von der Rekurrentin eingereichte Merkblatt vom 11. September 1987 wird auch von den Amtschreibereien verwendet und enthält die von Gesetzund Verordnungsgeber verlangten Angaben und Hinweise sowie eine Liste der auskunfterteilenden Veranlagungsbehörden.
2. In Ziffer 2 der besonderen Verabredungen zum Kaufvertrag zwischen der Rekurrentin und B. findet sich folgender Passus: "Mit der Unterzeichnung dieser Urkunde bestätigt die Käuferin, dass sie durch die Amtschreiberei auf das Bestehen und die Tragweite der gesetzlichen Pfandrechte für die Handänderungssteuer und die Gebühren sowie für eine allfällige Grundstückgewinnsteuer hingewiesen worden ist. Das diesbezügliche Merkblatt der Kantonalen Steuerverwaltung hat sie erhalten." Im Rekurs bestreitet die Rekurrentin dennoch, das (richtige) Merkblatt erhalten zu haben. Die öffentliche Urkunde liefert den Beweis dafür, dass die Rekurrentin resp. ihr Vertreter vor der Unterzeichnung der Urkunde, also vor Abschluss des Rechtsgeschäfts, ein Merkblatt über "das Bestehen und die Tragweite der gesetzlichen Pfandrechte für die Handänderungssteuer und die Gebühren sowie für eine allfällige Grundstückgewinnsteuer" erhalten hat. Um das (als Urkunde 6) zu den Akten gegebene Merkblatt kann es sich dabei kaum handeln. In diesem ist nämlich im Gegensatz zu dem (gem. Urk.7) ordentlichen Merkblatt von der Handänderungssteuer nicht die Rede. Es muss davon ausgegangen werden, dass das Merkblatt vom 11. September 1987 YS/Is ausgehändigt wurde. Den Gegenbeweis konnte die Rekurrentin nicht erbringen. Zur Beweisführung insbesondere untauglich sind die im wesentlichen gleichlautenden Bestätigungen der Herren B. , X. und C. vom 17. Mai und 26. August 1991, die mehr als 2 ½ Jahre nach Beurkundung ausgestellt wurden und im Widerspruch zum Wortlaut der öffentlichen Urkunde stehen.
Sich über allfällig noch bestehende Grundstückgewinnsteuerforderungen zu erkundigen, ist nach der Solothurnischen Rechtsordnung Sache des Käufers. Zu diesem Zweck erhält er das genannte Merkblatt, auf dem die auskunfterteilenden Steuerbehörden aufgeführt sind. Die Amtschreibereien können solche Auskünfte nicht erteilen, müssen dies daher auch nicht von sich aus tun. Dass die Rekurrentin vom Grundbuchverwalter auf die damals gar noch nicht veranlagte Grundstückgewinnsteuer nicht hingewiesen worden ist, hilft ihr deshalb nicht weiter. Anlässlich der Steigerung vom 2. September 1988 leistete B. entsprechend den Steigerungsbestimmungen eine Akontozahlung von Fr. 50'000.--. Mit Schreiben vom 16. September und 2. November 1988 wurde ihm seitens des Betreibungsamtes mitgeteilt, die Anzahlung könne ihm zur Gänze, letztlich allerdings nur teilweise zurückerstattet werden. Damit sei über das ganze Steigerungsverfahren abgerechnet; die Kosten der Verwertung und Eigentumsübertragung seien gedeckt und der Erlös auf die Grundpfandgläubiger verteilt. In keinem der beiden Schreiben war von Steuern im allgemeinen und Grundstückgewinnsteuern im speziellen die Rede. Wenn die Rekurrentin nach Vorlage des erwähnten Merkblattes dennoch annahm, alles sei erledigt und sie müsse insbesondere nicht mehr mit der Geltendmachung von gesetzlichen Pfandrechten rechnen, ist sie in diesem unberechtigten Vertrauen nicht zu schützen. Ganz abgesehen davon, dass sie niemals annehmen durfte, die Betreibungsämter wüssten über hängige abgeschlossene Steuerveranlagungsverfahren Bescheid.
Der Rekurs, mit welchem auch die Steuerpflicht an sich bestritten wurde, ist abzuweisen.
Steuergericht, Urteil vom 26. Februar 1996
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