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Urteil Steuergericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:SGSEK.2017.4
Instanz:Steuergericht
Abteilung:-
Steuergericht Entscheid SGSEK.2017.4 vom 24.04.2017 (SO)
Datum:24.04.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Erlass, Konkursschulden
Schlagwörter : Erlass; Rekurrent; Beschwerde; Staat; Kanton; Steuern; Bundessteuer; Gläubiger; Staats; Steuergericht; Konkurs; Schuldner; Gesuch; Mietzins; Recht; Praxis; Erlassabteilung; Rekurs; Gewährt; Grundbetrag; Rekurrenten; Betreibung; Beschwerdeführer; Staatssteuer; Ergänzungsleistungen; Teilweise; Steuergerichts; Vorinstanz; Finanzdepartement
Rechtsnorm: Art. 167 DBG ; Art. 265 KG ;
Referenz BGE:136 III 51; 139 III 498;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 24. April 2017

Es wirken mit:

Präsident: Müller

Richter: Roberti, Winiger

Sekretär: Hatzinger

In Sachen SGSEK.2017.4

A

gegen

Finanzdepartement

betreffend Staatsund Bundessteuer 2015/ Erlass



den Akten entnommen:

1. Der Steuerpflichtige A ersuchte am 10. Oktober 2016 um Erlass der Staatsund Bundessteuer 2015 von CHF 338.20 und CHF 54.35. Das Gesuch wurde begründet mit finanziellen Schwierigkeiten, v.a. infolge ungenügenden Renteneinkommens (AHV und EL).

Mit Verfügung vom 12. Januar 2017 wies die Erlassabteilung des Finanzdepartements das Gesuch ab. Zur Begründung wurde v.a. angeführt, mit einem verbleibenden Freibetrag von CHF 183 könnte dem Steuerpflichtigen gemäss Praxis der Erlassabteilung ein Teilerlass gewährt werden (EL-Bezüger). Allerdings bestünden beim Steuerpflichtigen Schulden beim Kanton Bern in Höhe von CHF 605.50 und CHF 27880.25. Zudem habe die X AG eine Betreibung im Gesamtbetrag von CHF 71432.50 eingeleitet. Ein Erlass könne damit nur bei einer Gesamtsanierung gewährt werden. Bei Vorliegen eines Sanierungsplans könne sich der Steuerpflichtige erneut an die Erlassabteilung wenden.

2. Gegen diese Verfügung wandte sich der Steuerpflichtige (nachfolgend: Rekurrent) mit Rekurs und Beschwerde vom 11. Februar 2017 (Postaufgabe) an das Kantonale Steuergericht. Der Rekurrent verlangte zuerst die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Zur Begründung machte er v.a. geltend, infolge einiger Herzinfarkte seit 1997 zu 100 % invalide zu sein. Sein Geschäft habe er aufgeben müssen. Dies habe zum Konkurs geführt. Seither lebe er von der IV resp. seit 2011 von der AHV. Andere Einkommen habe er nicht, ausser Ergänzungsleistungen seit 2016. Auch würden die anfallenden Unkosten der Invalidität nicht vergütet. Er könne nicht alleine einkaufen gehen, er brauche ein Fahrzeug. Zudem habe er ein Beatmungsgerät und leide an Diabetes. Ausserdem seien die Angaben zum Mietzins nicht korrekt. Bei den Betreibungen gehe es um Forderungen der Gläubiger aus den Konkursverlustscheinen. Der Rekurrent verwies auf einen Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Bern. Er ersuchte um Erlass der Steuern 2015.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2017 beantragte die Erlassabteilung (Vorinstanz) die Abweisung des Rekurses, unter Verweis auf die Vorakten und insbesondere auf die Erwägungen in der angefochtenen Verfügung.

Mit Stellungnahme vom 6. März 2017 (Postaufgabe) hielt der Rekurrent an seinen bisherigen Ausführungen fest.

Das Steuergericht zieht in Erwägung:

1. Rekurs (betreffend Staatssteuer) und Beschwerde (betreffend Bundessteuer) erfolgten formund fristgerecht. Das Steuergericht ist sachlich zuständig (§ 182 Abs. 2 des Gesetzes über die Staatsund Gemeindesteuern, StG, BGS 614.11; § 14 Abs. 4 der Vollzugsverordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, BGS 613.31). Auf die Rechtsmittel ist einzutreten.


2. Anspruch auf Erlass der Steuern besteht, wenn sich der Steuerpflichtige aufgrund besonderer Verhältnisse in einer wirtschaftlichen Notlage befindet, so dass für ihn die Bezahlung der Steuern zu einer grossen Härte würde (§ 182 Abs. 1 StG). Gemäss feststehender Praxis des Steuergerichts und des Finanzdepartements sind die monatlich festen Lebenshaltungskosten, berechnet nach den Ansätzen zur Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums, dem monatlichen Einkommen gegenüberzustellen. Dabei sind gemäss § 9 Abs. 1 der Steuerverordnung Nr. 11: Zahlungserleichterungen, Erlass und Abschreibungen (StVO Nr. 11, BGS 614.159.11) die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Beurteilung des Gesuchs sowie die Aussichten für die Zukunft massgebend. Ergibt diese Gegenüberstellung einen Freibetrag, mit welchem die Steuerschuld abbezahlt werden kann, ist das Erlassgesuch abzuweisen. Andernfalls ist ein Teilerlass oder ein vollständiger Erlass der Steuern zu gewähren.

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum ist nicht für alle Schuldner gleich. Es wird auf die persönliche Situation bezogen berechnet und setzt sich zusammen aus dem pau-schalen Grundbetrag und individuellen Zuschlägen. Beim Grundbetrag handelt es sich um einen Erfahrungswert für Nahrung, Kleidung, Wäsche, Körperund Gesundheitspflege, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Kulturelles und Auslagen für Beleuchtung und Koch-strom bzw. Gas. Ebenfalls im Grundbetrag enthalten sind die Kosten für Telefon, Radio, Fernsehen und Zeitungen. Die Zuschläge zum Grundbetrag (z.B. Mietzins) sind klar definiert und teilweise durch Höchstbeträge limitiert, wie etwa Krankenkassenprämien, die nur in Höhe der jeweiligen Grundversicherung berücksichtigt werden können oder Mietzinse, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse und persönlichen Bedürfnisse angemessen sein müssen. Es entspricht der konstanten und langjährigen Praxis des Steuergerichts, die Zahlung von ausstehenden Steuern dann als zumutbar zu betrachten, wenn der errechnete Freibetrag ausreicht, um die Steuerschulden innert 1 Jahres zu bezahlen.

3.1 Der Rekurrent hat ein Einkommen von CHF 2298 (AHV-Rente und EL) und Ausgaben von total CHF 2115 laut Vorinstanz. Dabei wurden folgende Beträge berücksichtigt: CHF 1200 als monatlicher Grundbetrag des alleinstehenden Schuldners, CHF 690 an Mietzins (analog Ausgleichskasse), CHF 81 an Krankenkassenprämien KVG (Differenz Prämienverbilligung), CHF 74 an zusätzlichen Gesundheitskosten und CHF 70 an Rückstellungen für die laufenden Steuern. Es verbleibt damit ein Überschuss von CHF 183 gemäss Berechnung der Vorinstanz. Der Steuerausstand beträgt rund CHF 338 (Staat) und rund CHF 54 (Bund).

Gemäss Praxis der Erlassabteilung wird bei Fällen wie hier mit Bezügern von Ergänzungsleistungen und beim vorliegenden Freibetrag von CHF 183 an sich ein Teilerlass von 50 % gewährt. Diese Praxis hat die Vorinstanz hier indessen nicht angewendet, weil von der X AG und vom Kanton Bern Schulden von CHF 71432.50 (X AG) bzw. CHF 605.50 und CHF 27880.25 (Kanton Bern) betrieben worden seien.

3.2 Der Grundsatz, dass ein Erlass nicht andern Gläubigern zugutekommen darf, ist grundsätzlich unbestritten. So sieht das Gesetz vor, dass ein Erlass nicht gewährt wird, wenn er in erheblichem Ausmass nicht dem Gesuchsteller, sondern seinen Gläubigern zu Gute käme (vgl. § 9 Abs. 2 StVO Nr. 11; siehe auch Art. 167 Abs. 2 DBG). Es darf nicht sein, dass der Staat die Steuern erlässt und die übrigen Gläubiger dadurch besser gestellt und schneller befriedigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine solche Befriedigung der

Gläubiger auch tatsächlich stattfindet. Ein Erlass basiert ausserdem auf der Idee, einem in Not geratenen Steuerpflichtigen durch Schulderlass bei der Überwindung der Schwierigkeiten zu helfen und so zu ermöglichen, sämtlichen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Dies ist aber nicht möglich, wenn neben den Steuerschulden noch weitere Schulden bestehen. In einem solchen Fall kann gemäss konstanter Praxis des Steuergerichts nur eine Gesamtsanierung zum Ziel führen.

Im vorliegenden Fall bestehen aufgrund der Unterlagen und Angaben indessen nur alte Konkursforderungen, die neu betrieben worden sind; es geht dabei um eingeleitete Betreibungen der X AG und des Kantons Bern. In einem Konkurs wird das gesamte Vermögen des Schuldners zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger herangezogen. Bei der Verteilung erhält jeder Gläubiger für den ungedeckt bleibenden Betrag seiner Forderung einen Verlustschein (Art. 265 Abs. 1 SchKG, SR 281.1). Indessen kann gestützt auf diesen eine neue Betreibung nur eingeleitet werden, wenn der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist (vgl. Art. 265 Abs. 2 SchKG). Dabei soll sich der Schuldner wirtschaftlich und sozial erholen können (vgl. Bundesgerichtsentscheid BGE 139 III 498 E. 2.2.4). Der ehemalige Konkursit soll standesgemäss leben und eine neue Existenz aufbauen können (vgl. BGE 136 III 51 E. 3.1). Die erwähnten Konkursforderungen müssen nach dem Gesagten nicht bezahlt werden, wenn der Schuldner nicht zu neuem Vermögen gekommen ist. Dies ist hier beim Rekurrenten anhand der Unterlagen und Angaben der Fall. Alte, nicht beglichene Konkursschulden hindern demnach einen Erlass nicht. Insofern können die weiteren Gläubiger (X AG und Kanton Bern) nicht bevorzugt werden, wenn der Schuldner wie hier der Rekurrent mit dem Einwand fehlenden neuen Vermögens durchdringt. Aufgrund der Unterlagen wurde im Übrigen auch im Kanton Bern für die kantonalen Steuern und die direkte Bundessteuer 2013 und 2014 ein Erlass gewährt.

Der Überschuss bei der Gegenüberstellung von Einkommen (CHF 2298) und Ausgaben (CHF 2115) beträgt nach dem Gesagten CHF 183. Dabei ist zu beachten, dass im konkreten Fall bei Bezug von Ergänzungsleistungen der Mietzins wie bei entsprechenden Berechnung der kantonalen Ausgleichskasse berücksichtigt wird. Dies entspricht vorliegend auch dem effektiven Mietzins gemäss Mietvertrag über CHF 690. Zudem wurden hier zusätzliche Gesundheitskosten anerkannt (CHF 74). Wird ausserdem die Miete für den Auto-Parkplatz berücksichtigt, da es sich beim Fahrzeug des Rekurrenten um ein Kompetenzgut handelt (Verlustscheine vom 14.3.2016 und 11.10.2016; Arztzeugnis vom 26.1.2016), können mit dem Überschuss (CHF 183 bzw. CHF 138) die Steuerausstände vom Rekurrenten als Bezüger von Ergänzungsleistungen innert nützlicher Frist nicht beglichen werden. Es ist daher gerechtfertigt, einen Erlass von 50 % zu gewähren.

3.3 Somit sind nach dem Gesagten Rekurs und Beschwerde teilweise begründet und daher teilweise gutzuheissen. Der Rekurrent schuldet noch Staatssteuern 2015 von CHF 169.10 (alt: CHF 338.20) und direkte Bundessteuern 2015 von CHF 27.15 (alt: CHF 54.35).

4. Bei diesem Verfahrensausgang rechtfertigt es sich im vorliegenden Fall, keine Kosten zu erheben. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos.


Demnach wird erkannt:

1.      In teilweiser Gutheissung von Rekurs und Beschwerde werden dem Rekurrenten/ Beschwerdeführer die Staatssteuer 2015 von CHF 338.20 und die direkte Bundessteuer 2015 von CHF 54.35 zu 50 % erlassen. Der Rekurrent/ Beschwerdeführer schuldet noch Staatssteuern 2015 von CHF 169.10 und direkte Bundessteuern 2015 von CHF 27.15.

2.      Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.      Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos.

Im Namen des Steuergerichts

Der Präsident: Der Sekretär:

Dr. Th. A. Müller W. Hatzinger

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten.

Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an:

- Rekurrenten/ Beschwerdeführer (eingeschrieben)

- Finanzdepartement (mit Erlassakten)

- KStA, Recht und Gesetzgebung

- VB

- Steuerregisterführer der EG

Expediert am:



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