Zusammenfassung des Urteils SGNEB.1999.8: Steuergericht
Der Fall betrifft eine Anpassung der Rente oder Pension von N.________ bei der Caisse de pensions de l'État de Vaud (CPEV) aufgrund der Inflation ab dem 1. Januar 2009. Nach einer vorübergehenden Aussetzung des Falls wurde die Anhörung am 30. September 2009 wieder aufgenommen. N.________ zog schliesslich seine Klage zurück, woraufhin der Richter entschied, den Fall abzuschliessen, ohne Gerichtskosten oder Entschädigungen zu erheben. Die Entscheidung wurde an N.________ und die Caisse de pensions de l'État de Vaud (CPEV) zugestellt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGNEB.1999.8 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 13.12.1999 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Veranlagungsverfahren; öffentliches Inventar |
Schlagwörter : | Steuer; Inventar; Erbschaft; Veranlagung; Verkehrswert; Rekurrent; Amtschreiber; Schätzung; Erben; Steuerverwaltung; Amtschreiberei; Erbschaftsinventar; Lasstaxe; Erbschaftssteuer; Inventars; Einsprache; Liegenschaft; Forderung; Unterzeichnung; Zeitpunkt; Tatsachen; Bemessung; Mitwirkung; Rekurrenten; Verkehrswerts; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 553 ZGB ;Art. 609 ZGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Sachverhalt:
1. Am 6. November 1997 unterzeichnete X. als eingesetzter Alleinerbe das öffentliche Inventar über den Vermögensnachlass der am 21. November 1996 verstorbenen A.. Nach der Berichtigung vom 3. Februar 1998 verblieb ein reiner Nachlass von Fr. 333175.10.
Auf dieser Grundlage wurde X. mit Datum vom 17. März 1998 die Veranlagungsverfügung für Gebühren/Auslagen sowie Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer im Gesamtbetrag von Fr. 110804.65 zugestellt. Dagegen liess X. bei der Kantonalen Steuerverwaltung Einsprache erheben. In teilweiser Gutheissung dieser Einsprache wurde die Verfügung vom 17. März 1998 aufgehoben und ein steuerbarer Nachlass von Fr. 252475.10 festgestellt. Die Reduktion kam dadurch zustande, dass der Schmuck der Erblasserin nun mit dem Verkehrswert statt mit dem Wiederbeschaffungswert gemäss Inventar bewertet wurde. Im Übrigen wurde die Einsprache abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Zum einen wurde die Liegenschaft GB Wangen b. Olten Nr. Y. weiterhin mit Fr. 777850.-- (gemäss Erbschaftsinventar) bemessen, zum anderen wurde eine Forderung von B. bei den Passiven (wie im Erbschaftsinventar) nicht berücksichtigt. Dem Alleinerben wurde für Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer ein Betrag von Fr. 61029.85 in Rechnung gestellt.
2. Gegen diesen Einspracheentscheid liess X. beim Kantonalen Steuergericht mit Zuschrift vom 20. August 1999 durch seinen Vertreter Rekurs erheben mit den Rechtsbegehren, es sei der reine Nachlass von Fr. 252475.10 auf Fr. 50108.50 zu reduzieren und die Nachlasstaxe sowie die Erbschaftssteuer entsprechend anzupassen; des Weiteren sei dem Antragsteller die unentgeltliche Prozessführung und Parteivertretung zu gewähren; alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gegenpartei.
In der Begründung wurde insbesondere angeführt, dass der Verkehrswert der Liegenschaft GB Wangen b. Olten Nr. Y. nicht Fr. 778850.--, sondern nur etwa Fr. 600000.-betragen habe. Den anwendbaren Gesetzesbestimmungen folgend sei aber der Verkehrswert massgebend. Zwar wird nicht bestritten, dass der Rekurrent in Ziff. 9 der Schlusserklärungen des Erbschaftsinventars (S. 38 f.) eine Erklärung unterzeichnet hat, dergemäss er den in die Vermögensrechnung aufgenommenen Verkehrswert der Liegenschaft in Wangen b. Olten hinsichtlich der Berechnung des steuerbaren Nachlasses anerkenne. Es wird nun aber geltend gemacht, dass der Rekurrent im vorliegenden Falle aus verschiedenen Gründen nicht darauf zu behaften sei.
Schliesslich wird gerügt, dass die Forderung B. bei der Berechnung des Nachlasses nicht in Abzug gebracht worden sei. Entsprechend der Wahrscheinlichkeit eines Forderungsprozesses sei sie doch wenigstens zur Hälfte, was einem Betrag von Fr. 24516.60 entspricht, bei den Passiven zu berücksichtigen. Der Prozess sei bisher nur deshalb unterblieben, weil der Rekurrent über keine Aktiven verfüge.
3. In ihrer Vernehmlassung vom 6. September 1999 stellt die Steuerverwaltung den Antrag, der Rekurs sei kostenfällig abzuweisen. Der Rekurrent hält in seiner Rückäusserung vom 7. Oktober 1999 an seinen Anträgen fest. Am 1. Dezember 1999 reicht der Rekurrent Unterlagen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein.
Erwägungen:
1. ...
2. Angefochten ist der Einspracheentscheid der Kantonalen Steuerverwaltung vom 21. Juli 1999. Materiell zu prüfen ist, ob eine Erbenerklärung, dergemäss der Verkehrswert einer Liegenschaft bezüglich der Berechnung des steuerbaren Nachlasses anerkannt wird, für die Berechnung von Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer unumstösslich ist ob allenfalls unter den gegebenen Voraussetzungen bei der Steuerveranlagung vom Inventarswert abzuweichen ist (Erw. 4). Danach ist zu untersuchen, ob die Forderung Wegleiter (mindestens teilweise) zu passivieren ist (Erw. 5), obwohl der Alleinerbe die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inventars mit der Unterzeichnung anerkannt hat. Schliesslich ist im Rahmen des Kostenentscheides über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu befinden (Erw. 6). Vorab wird auch zum besseren Verständnis - das Verfahren erläutert, wie im Kanton Solothurn Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer veranlagt werden, und es wird die Frage nach der Rechtmässigkeit dieses Vorgehens beantwortet (Erw. 3).
3.a) Im Kanton Solothurn wird nach jedem Todesfall, wenn der Verstorbene Vermögen hinterlassen hat, ein Inventar aufgenommen (§ 171 Abs. 1 des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches; EG ZGB, BGS 211.1). Der Gemeindepräsident nimmt eine Schätzung der verzeichneten Gegenstände vor (§ 179 Abs. 1 EG ZGB). Der Amtschreiber lädt die Erben und einen allfälligen Willensvollstrecker innert nützlicher Frist zur Inventarisationsverhandlung ein (§ 186 Abs. 1 EG ZGB). An dieser gibt der Amtschreiber den Erben vom Inhalte des Inventars Kenntnis. Allfällige Einwendungen und Vorbehalte sucht er zu beseitigen. Wenn dies nicht möglich ist, so merkt er sie im Inventar an. Das Inventar ist von den Erben zu unterzeichnen, selbst wenn über Einzelheiten keine Einigung erzielt werden konnte (§ 189 Abs. 1 und 2 EG ZGB). Bis zur Unterzeichnung des Inventars durch die Erben und den Amtschreiber kann der Amtschreiber auf Antrag der Erben anstelle der Schätzung des Gemeindepräsidenten eine neue Schätzung anordnen. Grundstücke sind durch die Bezirksschätzungskommission nach dem Gebäudeversicherungsgesetz (BGS 618.111) neu zu schätzen (§ 192 Abs. 1 und 2 EG ZGB). Können sich die Erben über den Wert trotz neuer Schätzung nicht einigen, sind sie durch den Amtschreiber an den [Zivil-] Richter zu weisen (§ 192 Abs. 3 EG ZGB).
In allen Fällen hat vor dem Amtschreiber eine Teilungsverhandlung stattzufinden, an der die Teilung der Erbschaft anzustreben ist. Die Teilung einer Erbschaft ist von den Beteiligten zu unterzeichnen. Kommt die Teilung nicht zustande, hält dies der Amtschreiber im Inventar fest (§ 219 EG ZGB). Können sich die Erben über den Anrechnungswert der Grundstücke nicht verständigen, so lässt ihn der Amtschreiber durch einen mehrere Sachverständige festlegen (§ 222 Abs. 1 EG ZGB).
Gemäss § 241 Abs. 1 StG werden Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer von der Kantonalen Steuerverwaltung veranlagt; die Veranlagung wird von der Amtschreiberei vorbereitet. Unter Vorbehalt abweichender Vorschriften des Gesetzes über die Staatsund Gemeindesteuern gilt das nach den zivilrechtlichen Bestimmungen errichtete Inventar als Erbschaftsinventar (§ 173 Abs. 3 StG).
b) Nach dem Gesagten wird klar, dass die Aufgabe der Amtschreiberei bezüglich der Inventarisation eine dreifache ist: Vorab wird das Sicherungsinventar (vgl. Art. 553 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches; ZGB, SR 210), welches vom Gemeindepräsident aufgenommen wurde, ausgefertigt, allenfalls ergänzt und korrigiert. Sodann dient diese bereinigte Fassung als Grundlage für die Bemessung der Nachlasstaxe und der Erbschaftssteuer gemäss §§ 217 ff. und 223 ff. StG. In diesem Sinne dient das (zivilrechtliche) Sicherungsinventar mitsamt Verkehrswertschätzungen per Todestag als Steuerinventar. Schliesslich wird bei mehreren Erben ein Erbteilungsvertrag unter behördlicher Mitwirkung angestrebt (vgl. Art. 609 ZGB), bei dem in der Regel die inventarisierten Schätzungswerte angerechnet werden (vgl. Art. 607 Abs. 2 i.V.m. 617 ZGB).
Für die vorliegende Rechtssache ist die Erkenntnis wichtig, dass das Erbschaftsinventar, welches vorab zivilrechtliche Wirkungen zeitigt, auch der Vorbereitung der Steuerveranlagung dient (§ 241 Abs. 1 StG). Die Steuerverwaltung erstellt also selber kein separates Steuerinventar. In der Praxis geht dies so vor sich, dass die Amtschreiberei fortlaufend solche Rechtsgeschäfte, die Nebensteuern begründen, der Steuerverwaltung meldet. Insbesondere bereitet sie auch die Veranlagung der Nachlasstaxe und der Erbschaftssteuern vor, indem sie die steuerbaren Erbteile bzw. Vermächtnisse, die entsprechende Steuerklasse und - daraus resultierend - die jeweiligen Steuerbetreffnisse feststellt und der Kantonalen Steuerverwaltung anzeigt. Nach der Genehmigung durch die Kantonale Steuerverwaltung eröffnet die Amtschreiberei die Veranlagungen den Abgabepflichtigen (vgl. § 1 ff der Steuerverordnung Nr. 4, BGS 614.159.04). Gegen die Veranlagungsverfügung können der Steuerpflichtige und das Finanz-Departement bei der Kantonalen Steuerverwaltung Einsprache, gegen deren Einspracheentscheid Rekurs beim Kantonalen Steuergericht erheben (§ 242 StG).
c) An dieser Stelle ist zu erörtern, ob die geschilderte Praxis überhaupt gesetzeskonform ist. § 241 StG besagt eindeutig, dass Nachlasstaxe und Erbschaftssteuern von der Kantonalen Verwaltung veranlagt werden. Die Amtschreiberei wirkt bloss vorbereitend mit. In § 2 Abs. 2 der Steuerverordnung Nr. 4 ist hierzu festgehalten, dass die Amtschreiberei die Veranlagungen dieser Nebensteuern eröffnet. Diese Praxis, wonach die Amtschreiberei die Veranlagung eröffnet, lässt sich solange aufrecht erhalten, als die Steuerverwaltung die von der Amtschreiberei erstellte Kostenrechnung vorgängig visiert und genehmigt. Dadurch bleibt die Steuerverwaltung verfügende Behörde, auch wenn der Entscheid schliesslich durch die Amtschreiberei quasi als verlängerter Arm der Steuerverwaltung eröffnet wird.
Im vorliegenden Fall fehlt jedoch ein entsprechendes Visum der Kantonalen Steuerverwaltung (vgl. Beleg 4 c). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Amtschreiberei Olten-Gösgen ihre Kompetenz überschritten hat, indem sie dem Rekurrenten die selbst erstellte Veranlagung der Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer ohne Genehmigung seitens der Steuerverwaltung eröffnet hat; sie darf wie oben festgestellt - die Veranlagung nur eröffnen, nicht jedoch selber verfügen. Weil vorliegend mit der Amtschreiberei die unzuständige Behörde verfügt hat, ist die Eröffnung der Veranlagung mangelhaft. Dem Rekurrent ist daraus jedoch kein Nachteil erwachsen, nachdem er innert der Rechtsmittelfrist bei der Kantonalen Steuerverwaltung Einsprache eingelegt hat. Die zuständige Behörde konnte auf die Veranlagung zurückkommen und selber einen Einspracheentscheid fällen, womit der Mangel geheilt wurde.
Als Zwischenresultat kann daher festgehalten werden, dass der Einspracheentscheid der Kantonalen Steuerverwaltung nicht schon aus formellen Gründen aufzuheben ist. Die Eröffnung der Veranlagung für Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer war zwar fehlerhaft, brachte aber dem Rekurrenten keine Nachteile.
4. Der Rekurrent macht hauptsächlich geltend, für die Liegenschaft GB Wangen b. Olten Nr. Y. sei nicht die Schätzung von Fr. 778850.-massgebend, sondern ein Verkehrswert von etwa Fr. 600000.--.
a) Letztmals hatte das Kantonale Steuergericht am 22. September 1997 Gelegenheit, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und inwieweit eine Schätzung anfechtbar ist, wenn das entsprechende Erbschaftsinventar bereits unterzeichnet worden ist (KSGE 1997 Nr. 14). Es kam zum Schluss, dass der Wert (einer Liegenschaft) im Rechtsmittelverfahren gegen die Veranlagung von Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer nicht mehr angefochten werden kann, wenn die Erben den Verkehrswert im Erbschaftsinventar ausdrücklich als richtig anerkannt haben. Es besteht in solchen Fällen gemäss Ansicht des Steuergerichts kein Spielraum für eine nachträgliche Verkehrswertkorrektur.
Unklar bleibt, ob in jenem Verfahren gerügt wurde, dass sich der Verkehrswert seit dem Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges bis zur Unterzeichnung des Inventars (z.B. aus konjunkturellen Gründen) vermindert hatte und dass die Bemessung nach dem geringeren Wert zu erfolgen habe, ob geltend gemacht wurde, dass für den Zeitpunkt des Erbganges ein zu hoher Verkehrswert ins Inventar aufgenommen worden wäre.
Was den ersten Fall der (z.B. konjunkturellen) Wertverminderung betrifft, kann vollumfänglich auf das zitierte Urteil abgestellt werden. Die klare gesetzliche Regelung (§§ 219, 220 und 227 StG) lässt keine andere Lösung zu, als dass bei der Bemessung auf den Verkehrswert im Zeitpunkt des Erbganges abzustellen ist. Nachträgliche Änderungen des Verkehrswerts haben bei der Bemessung der Erbschaftssteuer und der Nachlasstaxe unberücksichtigt zu bleiben. Soweit der Rekurrent dies vorliegend geltend machen will, ist seine Beschwerde abzuweisen.
Weniger deutlich äussert sich das besagte Urteil zum zweiten Punkt, ob bei der Steuerveranlagung vom Schätzungswert gemäss Erbschaftsinventar abzuweichen ist, wenn dieser mit dem wirklichen Wert im Zeitpunkt des Erbganges tatsächlich nicht übereinstimmt bzw. ob dieser Einwand überhaupt zu hören ist. Es erscheint gerechtfertigt, diese Frage in Ergänzung der bisherigen Praxis vertieft zu erörtern.
b) Im Regelfalle - unter dem Vorbehalt von § 173 Abs. 3 StG gilt im Kanton Solothurn, dass das zivilrechtliche und das steuerliche Erbschaftsinventar, welches unter Mitwirkung der Amtschreiberei entstanden und von den Erben unterzeichnet worden ist, bis zur Eröffnung der Veranlagung identisch sind, unbesehen davon, ob auch eine Teilung der Erbschaft erreicht werden konnte. Diese Identität gilt auch für die im Inventar vorgenommenen Schätzungen:
Für die zivilrechtliche Seite überlässt der Bund die Inventarisation einschliesslich den Schätzungen den Kantonen (vgl. Art. 553 ZGB). Gemäss § 193 EG ZGB erlässt der Regierungsrat die näheren Vorschriften bezüglich der Schätzungsgrundsätze. Der Regierungsrat hat diese Kompetenz in der Verordnung über die Inventaraufnahme und Schätzung im Erbgang (InvV, BGS 212.331) wahrgenommen. Zusammenfassend gilt, dass der Verkehrswert festzustellen ist, also derjenige Wert, der in normalen Verhältnissen im Verkaufsfall erzielt werden könnte (§ 40 InvV). Diese Regel gilt für Bauland (§ 44 InvV: ortsüblicher Preis), Wohngebäude (§ 45 InvV: baulicher Zustand), allenfalls landwirtschaftliche Grundstücke (§ 49 InvV), Fahrhabe (§ 54 Abs. 3 InvV) sowie Wertpapiere und Edelmetalle (§ 55 InvV: Kursund Handelswert). Als Ausnahme davon ist im Bereich der landwirtschaftlichen Grundstücke und Fahrhabe unter Umständen der Ertragsoder der Nutzwert anwendbar.
Für die Bemessung der Nachlasstaxe und Erbschaftssteuer ist § 220 Abs. 1 StG anwendbar, welcher den Verkehrswert für massgebend erklärt. In Anwendung von § 173 Abs. 3 StG ist es unzweifelhaft gerechtfertigt, auch beim Steuerinventar auf die obengenannten Bemessungsgrundsätze der Inventarisationsverordnung abzustellen. Allfällige Abweichungen könnten sich höchstenfalls aus § 220 Abs. 2 und 3 StG ergeben.
Damit steht zwar fest, dass die Bemessungsgrundsätze für das zivilrechtliche und das steuerliche Erbschaftsinventar grundsätzlich identisch sind. Es lässt sich also grundsätzlich nichts daran aussetzen, wenn bei der Veranlagung der Erbschaftssteuer und der Nachlasstaxe auf das (zivilrechtliche) Erbschaftsinventar abgestellt wird. Zu erörtern bleibt im Folgenden jedoch noch die Überprüfbarkeit einer Verkehrswertschätzung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens. Auszugehen ist davon, dass die Erben das Inventar unterzeichnet und die Schätzung ausdrücklich anerkannt haben.
c) Grundsätzlich gibt es für die Veranlagung einer Steuer drei Möglichkeiten (vgl. dazu Höhn, Steuerrecht Band II, 1999, § 51 N. 11 ff.): Zum einen gibt es die Selbstveranlagung, bei der das Steuersubjekt den steuerbaren Betrag berechnet und die Steuer von sich aus abliefert; die zuständige Behörde überprüft die Selbstveranlagung nachträglich (vgl. auch Locher, System des Steuerrechts, 1995, § S. 384 ff.). Bei der amtlichen Veranlagung - der zweiten Form - nimmt die Steuerbehörde die Veranlagung von sich aus vor, ohne dass es eines vorausgehenden Handelns des Steuersubjektes bedarf (vgl. Locher, a.a.O., S. 386 f.). Wenn diese beiden Elemente kombiniert werden, spricht man drittens von gemischter Veranlagung. Dabei deklariert das Steuersubjekt seine Steuerfaktoren, die Steuer wird aber nach durchgeführter Untersuchung von Amtes wegen festgesetzt (vgl. Höhn, a.a.O., § 51 N. 13). Dieses Taxationssystem kommt vor allem bei den Direkten Einkommenssteuern zur Anwendung.
Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich unzweifelhaft um eine gemischte Veranlagung. Mit ihrer Unterschrift zum Erbschaftsinventar deklarieren die Erben einerseits alle ihnen bekannten Nachlassgegenstände. Zum anderen geben sie auch eine diesbezügliche (Verkehrswert-) Schätzung an in Kenntnis, dass die Veranlagung danach erfolgen wird. Die Steuerbehörde setzt alsdann im Einschätzungsverfahren Bestand und Umfang der Steuerforderung fest (Veranlagungsverfügung). Im Prinzip einigen sich die Erben und die Steuerverwaltung unter Mitwirkung der Amtschreiberei und weiterer Hilfsorgane auf einen bestimmten Verkehrswert.
Obwohl nirgends ausdrücklich festgelegt, muss aber auch im kantonalen Einschätzungsverfahren die Untersuchungsmaxime gelten. Das heisst, dass die Behörde den wirklichen Sachverhalt abzuklären hat. Dabei sind insbesondere auch Tatsachen, die für eine Entlastung des Steuerschuldners sprechen, in Betracht zu ziehen, und zwar auch dann, wenn jener sie nicht ausdrücklich hervorgehoben hat (Locher, a.a.O., S. 378). Die Untersuchungspflicht ist aber nicht unbegrenzt. Die Veranlagungsbehörde darf davon ausgehen, dass der Steuerpflichtige die zu seiner Entlastung notwendigen Angaben grundsätzlich von sich aus anbringt (Locher, a.a.O., S. 378). Damit wird das Institut Mitwirkungspflicht umschrieben. Anstatt den massgebenden Sachverhalt durch amtliche Untersuchung unter Benützung der gesetzlichen Feststellungsmittel zu eruieren, nimmt die Veranlagungsbehörde auch etwa Bestand und Beschaffenheit einzelner Tatsachen nach Massgabe einer mit dem Steuerpflichtigen getroffenen Verständigung als gegeben an (sog. Verständigungsprinzip in der Steuerverwaltung). Es handelt sich dabei nicht um eine Steuerabmachung, welche die materielle Gestaltung der Steuerforderung betrifft, sondern lediglich um eine besondere Art der Tatsachenermittlung. Eine solche Verständigung darf nur stattfinden, soweit sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist und nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des materiellen Steuerrechts steht (Locher, a.a.O., S. 379 f.).
Was die vorliegende Sachlage betrifft, anerkennt der Erbe mit Unterzeichnung des Inventars die darin enthaltenen Verkehrswerte. Für die Steuerverwaltung sind diese Werte allerdings nur insofern bindend, als nicht nachträgliche Feststellungen die Unrichtigkeit ihrer Voraussetzungen ergeben (vgl. auch Locher, a.a.O., S. 380 mit Hinweis). Daraus folgt, dass das steuerliche Erbschaftsinventar mit der entsprechenden Veranlagung vom zivilrechtlichen Inventar abweichen kann, wenn die Veranlagungsbehörde die von den Erben vorgeschlagenen Schätzungswerte nicht anerkennt. Auf der anderen Seite können sich die Erben nach der Unterzeichnung grundsätzlich nicht mehr auf die Unrichtigkeit der von ihnen anerkannten Schätzungen berufen. Es kommt der Verletzung einer Mitwirkungsobliegenheit gleich, wenn sie ein Inventar unterzeichnen, ohne sich von den tatsächlichen Gegebenheiten selber überzeugt zu haben. Diesbezüglich ist die Untersuchungsmaxime begrenzt.
d) Nicht von der Hand zu weisen ist, dass Erben im Rahmen der Erbschaftsverhandlung vor der Amtschreiberei häufig zum ersten Mal genauere Kenntnis von den Nachlassgegenständen und ihren Schätzungen erhalten. Man könnte auch kaum verlangen, dass jeder Erbe im Voraus weitreichende Erhebungen bezüglich der Schätzungen anzustellen habe. Aber gerade für den Fall, wo gegenüber den Schätzungen Vorbehalte bestehen, sieht das Gesetz Lösungen vor. Zum einen kann nämlich bis zur Unterzeichnung des Inventars auf Antrag der Erben eine neue Schätzung angeordnet werden (vgl. § 192 Abs. 1 EG ZGB). Das hätte allerdings den Nachteil, dass das Inventar (noch) nicht unterzeichnet werden kann. Deshalb ist zum anderen die Möglichkeit vorgesehen, das Inventar wohl zu unterzeichnen, aber einen Vorbehalt eine Einwendung anzubringen (vgl. § 189 Abs. 1 EG ZGB). In diesem Zusammenhang liest sich auch § 174 Abs. 2 StG, wonach Tatsachen, die für die Steuerveranlagung von Bedeutung sind, festzustellen und im Inventar anzumerken sind. Das heisst mit anderen Worten, dass es den Erben durchaus möglich ist, das Inventar zu unterzeichnen, ohne sich aber bezüglich ihrer Vorbehalte (z.B. Verkehrswertschätzung) binden zu lassen. In diesen Fällen hätte die Veranlagungsbehörde den wirklichen Sachverhalt festzustellen und erst danach zu verfügen. Man befände sich dann im Bereich der uneingeschränkten Untersuchungsmaxime. Weil diese im vorliegenden Fall gerade nicht zur Anwendung kommt und die Verkehrswertanerkennung des Rekurrenten bindend ist, kann auf eine anerkannte Verkehrswertschätzung im Rechtsmittelverfahren sofern nicht ausserordentliche Gründe vorgebracht werden können - nicht mehr zurückgekommen werden.
e) Der Rekurrent macht nun bezüglich seiner Unterschrift unter das öffentliche Inventar Irrtum und bezüglich der Verkehrswertbestimmung durch die Amtschreiberei bzw. die Vorinstanz Widerrechtlichkeit und Unsittlichkeit geltend. Wie oben ausgeführt, hätte der Rekurrent entweder eine neue Schätzung eine diesbezügliche Anmerkung im Inventar verlangen sollen. Unterzeichnet der Erbe jedoch vorbehaltlos, so kommt dem Inventar eine prozessual vergleichbare Bedeutung zu wie einer an sich selbständig anfechtbaren, jedoch in Rechtskraft erwachsenen Verfügung. Rechtskräftig anfechtbare Verfügungen können unter der Voraussetzung von § 28 Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG) bzw. im Steuerrecht unter den Revisionsvoraussetzungen (vgl. § 165 StG) noch einmal überprüft werden. Relevant bzw. zu prüfen sind folgende zwei Revisionsgründe:
- Erhebliche Tatsachen entscheidende Beweismittel werden entdeckt.
- Die erkennende Verwaltungsbehörde hat erhebliche Tatsachen entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren bekannt sein mussten, ausser acht gelassen sie hat in anderer Weise wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt.
Vor dem Abschluss der Inventarisierung liess der Rekurrent von der C. Immobilien AG eine Liegenschaftenschätzung durchführen. Diese datiert vom 3. September 1997 und kam zu einem Verkehrswert von Fr. 630000.--. Der Rekurrent hatte im Zeitpunkt der Erbenverhandlung Kenntnis von dieser Schätzung. Es war der Rekurrent selber, der diese Expertise in Auftrag gegeben hatte. Als Bewertungsgrund ist in der Schätzung folgendes vermerkt: Die Bewertung der Liegenschaft dient als Grundlage für die Preisbestimmung des aktuellen Verkehrswertes bezüglich der Erbschaftsübernahme. Unter diesen Umständen muss die Ausführung auf Seite 9 in der Rekursschrift als Schutzbehauptung betrachtet werden, wonach der Rekurrent das Inventar nicht unterzeichnet hätte, wenn er sich darüber im Klaren gewesen wäre, dass der Verkehrswert der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Erbganges maximal Fr. 600000.-betragen hätte. Zumindest aber hätte der Rekurrent bei der Inventarisierung auf die von ihm selber ca. drei Monate vorher in Auftrag gegebene Schätzung aufmerksam machen müssen.
Der Rekurrent kann sich somit in Anlehnung an die oben erwähnten Revisionsgründe - nicht auf neu entdeckte erhebliche Tatsachen entscheidende Beweismittel berufen. Aus demselben Grund kann er auch nicht erfolgreich den Irrtumstatbestand anrufen. Der Rekurrent muss sich im Gegenteil vorwerfen lassen, seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht vollumfänglich nachgekommen zu sein.
Andrerseits ist auch keine Pflichtwidrigkeit bzw. eine wesentliche Verletzung eines Verfahrensgrundsatzes seitens der inventarisierenden Behörde erkennbar. Auch wenn sie Kenntnis von der genannten Verkehrswertschätzung gehabt haben sollte, kann ihr nicht unterstellt werden, dass sie von der Verkehrswertschätzung im Inventar von Fr. 777850.-zugunsten des Rekurrenten hätte abweichen müssen. Zum einen bewegte sich die Schätzung, zurückgerechnet auf den Todestag im November 1996, angesichts des Versicherungswertes von Fr. 725250.-- und einer Hypothekarschuld von Fr. 550000.-- durchaus im Rahmen des Üblichen. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass der Rekurrent durch die Amtschreiberei in pflichtwidriger Weise dazu angehalten worden wäre, das Inventar zu unterzeichnen. Das müsste etwa dann bejaht werden, wenn der Rekurrent vom Sachbearbeiter der Amtschreiberei falsche Auskünfte erhalten hätte, z.B. dass das Inventar sofort bzw. ohne Abänderung unterzeichnet werden muss, dass keine Vorbehalte angebracht werden können dass die Unterzeichnung ohne Belang sei für die Bemessung der Nachlasstaxe der Erbschaftssteuer. Entsprechende Hinweise fehlen jedoch, weshalb die Argumente des Rekurrenten nicht durchdringen.
Schliesslich macht der Rekurrent geltend, die Veranlagung sei widerrechtlich bzw. die Anerkennung des Verkehrswertes im Inventar durch den Rekurrenten unsittlich, da eine Gesamtsteuerbelastung von mehr als 300% vorliege. Bei dieser Berechnung geht der Rekurrent aber von einem falschen Verkehrswert aus. Massgebend ist für die Steuerbelastung nicht eine Verkehrswertschatzung, welche ausserhalb des Verfahrens und nicht auf den Zeitpunkt des Todestages hin erstellt worden ist. Es ist gerichtsnotorisch, dass allgemein die Verkehrswerte von Objekten wie der fraglichen Liegenschaft im Jahre 1997 tendenziell noch gesunken sind. Der Einwand verfängt deshalb nicht.
5. Vom Rekurrent wird geltend gemacht, die im Erbschaftsinventar nicht enthaltene Forderung von B. sei bei der Veranlagung von Erbschaftssteuer und Nachlasstaxe als Abzug zu berücksichtigen.
a) Gemäss § 83 Abs. 6 und 7 InvV sind die Grundpfandschulden, die laufenden Schulden und die Todesfallkosten gesondert und Wert Todestag aufzurechnen. § 221 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 219 StG besagt, dass die Schulden des Erblassers, welche nach dem Zeitpunkt des Erbganges zu bemessen sind, von den Aktiven des Rücklasses abzuziehen sind. Diese Normen decken sich ihrem Inhalte nach, weshalb das nach den zivilrechtlichen Bestimmungen errichtete Inventar als (steuerliches) Erbschaftsinventar gilt (vgl. § 173 Abs. 3 StG). Somit kann bezüglich Bestand und Vollständigkeit des steuerlichen Erbschaftsinventars und dessen Beziehung zum zivilrechtlichen Inventar sowie bezüglich der Grundsätze des Veranlagungsverfahrens auf Erwägung 4. verwiesen werden.
b) In Ziff. 11 der Schlusserklärungen des unterzeichneten Inventarsakts erklärte der Rekurrent, dass er die Richtigkeit und Vollständigkeit in allen Teilen anerkennt. Diese Klausel ist so auszulegen, dass der Bestand und die Höhe der strittigen Forderung Wegleiter im Inventar richtig wiedergegeben sind. Im anderen Falle hätte er gemäss § 189 Abs. 1 EG ZGB und § 174 Abs. 2 StG einen Vorbehalt eine Einwendung anmerken lassen sollen. Wenn aber ein Erbe diese Klausel, obwohl sie nicht seinem Willen entspricht, trotzdem unterzeichnet, verletzt er eine Mitwirkungsobliegenheit im Veranlagungsverfahren. Weil die Untersuchungsmaxime in diesem Sinne eingeschränkt ist, kann im Rechtsmittelverfahren die Rüge, eine Forderung sei (teilweise) zu passivieren, grundsätzlich nicht mehr vorgebracht werden.
Davon ist der Fall zu unterscheiden, wo dem Erben im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Inventars eine Forderung noch gar nicht bekannt war. Liegen nämlich neue erhebliche Tatsachen Beweismittel entdeckt werden, ist eine bereits rechtskräftige Verfügung in Revision zu ziehen (§ 165 Abs. 1 lit. a. VRG). Dies muss selbstverständlich auch dann gelten, wenn es sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, und nicht nur bei neu entdeckten Vermögenswerten des Nachlasses (vgl. § 176 Abs. 4 StG).
c) Revisionsweise könnte auch in diesem Zusammenhang geltend gemacht werden, dass die erkennende Verwaltungsbehörde erhebliche Tatsachen entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren bekannt sein mussten, ausser acht gelassen in anderer Weise wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt hat (vgl. § 165 Abs. 1 lit. b StG). Im vorliegenden Fall ist ein solcher Einwand insoweit nicht zu hören, als dass er bereits im Rahmen der Errichtung des Erbschaftsinventars hätte vorgebracht werden können. Eine sinngemässe Auslegung von § 165 Abs. 2 StG lässt für diesen Revisionsgrund keinen Raum, wenn das Inventar unterzeichnet worden ist. Wer eine Mitwirkungsobliegenheit verletzt, darf sich nicht später auf solche Gründe berufen können, die er schon früher hätte vorbringen müssen.
Schliesslich bleibt wiederum die Rüge, die Amtschreiberei habe sich bei der Vorbereitung der Veranlagung (Errichtung des Inventars) amtspflichtwidrig verhalten (§ 165 Abs. 1 lit. d StG). Eine solche Pflichtwidrigkeit ist analog der Erwägung 4. nicht feststellbar. Sie wäre allenfalls dann zu bejahen gewesen, wenn die Amtschreiberei dem Rekurrenten die Auskunft erteilt hätte, er könne die Nicht-Passivierung im nachfolgenden Steuerveranlagungsverfahren noch geltend machen. Dass der Rekurrent durch eine solche fehlerhafte Information zur Unterzeichnung des Inventars verleitet worden wäre, wurde nicht geltend gemacht und ist auch nicht aktenkundig.
d) Somit ergibt sich zusammenfassend, dass das unterzeichnete Erbschaftsinventar bindend ist bezüglich der darin (nicht) enthalten Aktiven und Passiven. Vorliegend werden keine ausserordentlichen Gründe geltend gemacht, die Anlass für eine Überprüfung des Steuerinventars mit entsprechender Veranlagung bieten würden. Somit erweist sich das Begehren der Rekurrenten, die Forderung Wegleiter (teilweise) zu passivieren, als unbegründet, weshalb der Rekurs auch in diesem Punkt abzuweisen ist.
Steuergericht, Urteil vom 13. Dezember 1999
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