Zusammenfassung des Urteils SGBST.1996.11: Steuergericht
Der Steuerpflichtige hatte die Selbsttaxation 1995 nicht fristgerecht eingereicht, woraufhin ihm die direkte Bundessteuer 1995/1996 eröffnet wurde. Die Vertreterin des Steuerpflichtigen legte Einspruch ein und forderte eine Reduzierung des steuerbaren Einkommens. Trotz einer Nachfrist und Einspracheverhandlung wurde der Einspruch abgelehnt. Es kam zu einer Berichtigung aufgrund eines Schreibversehens. Die Beschwerde der Vertreterin führte schliesslich dazu, dass das Einkommen des Steuerpflichtigen herabgesetzt wurde. Das Steuergericht entschied, dass das Einkommen für 1994 korrigiert und für die Veranlagungsperiode 1995/1996 neu festgesetzt werden soll.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGBST.1996.11 |
Instanz: | Steuergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 12.05.1997 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Form- und Fristanforderung an eine Einsprache |
Schlagwörter : | Einsprache; Frist; Selbsttaxation; Einkommen; Veranlagung; Ermessen; Vertreterin; Antrag; Beweismittel; Recht; Bundessteuer; BdBSt; Steuerpflichtigen; Ermessensveranlagung; Einspracheentscheid; Erwerbstätigkeit; Begründung; Frist; Einspracheprotokoll; Entscheid; Rechtsprechung; Einsprachefrist; Einspracheentscheides; Unrichtigkeit; Känzig/Behnisch; Urteil |
Rechtsnorm: | Art. 132 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Jung, Agner, Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich, Art. 132 DBG; Art. 101 BdBSt, 1995 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Sachverhalt:
1. a) Trotz eingeschriebener Mahnung hatte der Steuerpflichtige in der Eingabefrist keine Selbsttaxation 1995 eingereicht. Am 20. Oktober 1995 wurde ihm die direkte Bundessteuer 1995/1996 nach Ermessen eröffnet. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wurde auf Fr. 200'000.-festgesetzt. Das steuerbare Einkommen betrug Fr. 187'500.--.
b) Mit Schreiben vom 20. November 1995 erhob die Vertreterin des Steuerpflichtigen Einsprache gegen die Ermessensveranlagung. Sie stellt den Antrag, das steuerbare Einkommen sei von Fr. 187'500.-auf Fr. 50'000.-zu reduzieren. Als Begründung wurde u.a. angeführt, vor dem Zuzug in den Kanton Solothurn sei der Steuerpflichtige im Kanton Aargau mit einem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von Fr. 30'000.-veranlagt worden. Die Höhe der Ermessensveranlagung sei unklar. Vermutlich resultiere diese aus einem hochgespielten Pressebericht, welcher nicht mit den Tatsachen übereinstimme. Der Steuerpflichtige sei für die Vertreterin ein neuer Kunde. Die Veranlagung sei aufgrund eines noch zu erstellenden Abschlusses vorzunehmen. Dafür und für die Beibringung einer Selbsttaxation wurde um eine Frist von 30 Tagen ersucht.
c) Mit Schreiben vom 4. Juni 1996 wurde dem Steuerpflichtigen eine Nachfrist bis zum 18. Juni 1996 für die Einreichung der Selbsttaxation mit dem belegmässigen Nachweis sämtlicher Positionen angesetzt. Gleichzeitig wurde der Steuerpflichtige und seine Vertreterin zur Einspracheverhandlung auf den 18. Juni 1996 eingeladen.
d) Der Steuerpflichtige und seine Vertreterin erschienen am 18. Juni 1996 zur Einspracheverhandlung. Sie brachten eine Selbsttaxation bei, welche auf den 12. Juni 1996 datiert war. Als Beweismittel legten sie u.a. die Detailbuchhaltung und die Buchungsbelege vor. Nach Ueberprüfung der vorgelegten Unterlagen wurde festgestellt, dass die Buchhaltung nicht beweiskräftig war. Der Steuerpflichtige und seine Vertreterin stellten den Antrag, das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit auf Fr. 90'000.-festzusetzen.
2. a) Mit dem Einspracheprotokoll vom 19. Juni 1996 wurde auf die Einsprache nicht eingetreten. Dieser Entscheid wurde mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes begründet, welches mehrfach entschieden hat, dass innerhalb der Einsprachefrist eine Selbsttaxation eingereicht werden muss und die Ansetzung einer Nachfrist nicht zulässig ist.
b) Mit der Veranlagung des Einspracheentscheides vom 8. Juli 1996 wurde versehentlich das selbständige Erwerbseinkommen des Bemessungsjahres 1993, entgegen dem Entscheid des Einspracheprotokolles, auf Fr. 120'000.-herabgesetzt. Es wurde irrtümlich ein steuerbares Einkommen von Fr. 145'700.-eröffnet.
c) Mit Schreiben vom 17. Juli 1996 erhob die Vertreterin des Steuerpflichtigen Beschwerde gegen den Einspracheentscheid. Sie stellte den Antrag, das steuerbare Einkommen von Fr. 185'700.-sei auf Fr. 105'700.-herabzusetzen.
Nach zweimaliger Erstreckung der Frist zur Einreichung der Vernehmlassung stellte die Veranlagungsbehörde am 1. Oktober 1996 das Schreibversehen im Zusammenhang mit der Veranlagung des Einspracheentscheides vom 8. Juli 1996 fest. Da die Veranlagung des Einspracheentscheides nicht mit dem Entscheid im Einspracheprotokoll vom 19. Juni 1996 übereinstimmte, wurde dem Steuerpflichtigen am 1. Oktober 1996 (korrigiert auf den 3. Oktober 1996) eine Berichtigung nach Art. 150 DGB wegen offensichtlichem Schreibversehen zugestellt.
Erwägungen:
1. Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.
2. a) Eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen kann der Steuerpflichtige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Die Einsprache ist zu begründen und muss allfällige Beweismittel nennen (Art. 132 Abs. 3 DGB).
Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu Art. 101 BdBSt, wonach auf Einsprachen allgemeiner Art und ohne Begründung der gestellten Anträge nicht eingetreten wird, ist dem Einsprecher keine Nachfrist zur Verbesserung einer ungenügenden Einsprache anzusetzen (Känzig/Behnisch, Die direkte Bundessteuer, 2. Aufl. III. Teil, N 10 zu Art. 101 BdBSt).
Nach neuem Recht ist die Einsprache im Normalfall nicht mehr zwingend zu begründen (Art. 132 Abs. 1 DGB), sondern nur, wenn die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vorgenommen worden ist. Ebenso sind in diesem Fall allfällige Beweismittel zu nennen (Art. 132 Abs. 3 DBG). Im Unterschied zum alten Recht (Art. 101 Abs. 2 BdBSt) und zum sonst gleichlautenden kantonalen Recht (§ 149 Abs. 4 StG) wird im DBG nicht ausgeführt, was die Folgen einer formell mangelhaften Einsprache sind (vgl. § 149 Abs. 5 StG).
b) Wird die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum alten Bundessteuerrecht auf das neue Verfahrensrecht übertragen, ist auf nicht begründete Einsprachen gegen Ermessensveranlagungen ohne Ansetzung einer Nachfrist zur Verbesserung nicht einzutreten, da es an einem Gültigkeitserfordernis fehlt (Känzig/Behnisch, Nr. 10 zu Art. 101 BdBSt). Enthält die Einsprache Antrag und Begründung, fehlen aber die notwendigen Beweismittel zum Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der Veranlagung, ist dem Einsprecher eine Nachfrist anzusetzen, damit er diese beibringen kann. Erst wenn er dieser Aufforderung innert der gesetzten Frist nicht nachkommt, ist auf die Einsprache nicht einzutreten (Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N 7 zu Art. 132 DBG, Känzig/Behnisch, N 11 zu Art. 101 BdBSt).
c) Die Selbsttaxation hat beim Ablauf der Einsprachefrist nicht vorgelegen. Der Beschwerdeführer und seine Vertreterin haben innerhalb der angesetzten Nachfrist (beinahe sieben Monate nach Ablauf der Einsprachefrist) eine Selbsttaxation mit den dazugehörigen Beweismitteln eingereicht. Der mit dem Einspracheschreiben gestellte Antrag stimmte zahlenmässig in keiner Weise mit der innerhalb der Nachfrist eingereichten Selbsttaxation überein. Die mit dem Einspracheschreiben vom 20. November 1995 in Aussicht gestellte Eingabe der Selbsttaxation wurde nicht eingehalten. Die innerhalb der Nachfrist eingereichten Beweismittel konnten jedoch die offensichtliche Unrichtigkeit der Ermessensveranlagung nachweisen, obwohl die Buchhaltung nicht beweiskräftig war. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wurde für die Staatssteuer 1995 von Fr. 200'000.-auf Fr. 120'000.-herabgesetzt.
3. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist das Einkommen 1994 des Beschwerdeführers auch für die Bundessteuer zu berichtigen und im Sinne der vorstehenden Ausführungen für die Veranlagungsperiode 1995/1996 neu festzusetzen. Die Beschwerde ist in diesem Sinne entsprechend dem Antrag beider Parteien gutzuheissen und die Akten sind zur materiellen Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Steuergericht, Urteil vom 12. Mai 1997
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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