Zusammenfassung des Urteils BKBES.2018.110: Beschwerdekammer
Die Cour de Cassation pénale hat über den Fall von A.Q. entschieden, der wegen verschiedener Straftaten verurteilt wurde. A.Q. wurde zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, einer Geldstrafe und Gerichtskosten in Höhe von 22'134 CHF verurteilt. Er hatte unter anderem seine Ehefrau misshandelt, bedroht und gegen behördliche Anweisungen verstossen. A.Q. ist bekannt für seine Gewalttätigkeit und hatte bereits früher ähnliche Vergehen begangen. Eine psychiatrische Untersuchung diagnostizierte bei ihm eine psychotische Persönlichkeitsstruktur. Das Gericht wies den Rekurs von A.Q. ab und bestätigte das Urteil. Der Betrag der Gerichtskosten bleibt zu seinen Lasten.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | BKBES.2018.110 |
Instanz: | Beschwerdekammer |
Abteilung: | - |
Datum: | 20.12.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft |
Schlagwörter : | Staatsanwaltschaft; Beschuldigte; Tatfolgen; Hausverbot; Polizei; Mutter; Heizung; Schwester; Schuld; Verhalten; Urteil; Anzeige; Beschuldigten; Verfolgung; Nichtanhandnahme; Voraussetzungen; Verfahren; Täter; Verschulden; Präsidentin; Jeger; Oberrichter; Gerichtsschreiberin; Riechsteiner; Nichtanhandnahmeverfügung; Beschwerdekammer; Obergerichts; Hausfriedensbruch |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 135 IV 130; |
Kommentar: | Donatsch, Heim, Weder, Heimgartner, Isenring, Kommentar zum StGB, 2018 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Es wirken mit:
Präsidentin Jeger
Oberrichter Frey
Oberrichter Müller
Gerichtsschreiberin Riechsteiner
In Sachen
A.___,
Beschwerdeführer
gegen
1. Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin
2. B.___,
Beschuldigte
betreffend Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft
zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:
I.
1. Am 8. März 2018 stellte A.___ beim Polizeiposten [ ] Strafantrag gegen seine Schwester B.___. Diese soll sich am 26. Januar 2018 auf sein Grundstück in [ ] begeben und dadurch gegen ein bestehendes Hausverbot verstossen bzw. einen Hausfriedensbruch begangen haben. Als Nachweis reichte er der Polizei Ausdrucke seiner Überwachungskamera ein.
2. Diese Strafanzeige nahm die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 20. Juli 2018 basierend auf Art. 52 StGB nicht an die Hand. Die Staatsanwaltschaft erwog, vorliegend seien die Schuld und Tatfolgen gering, da die Beschuldigte den vom Hausverbot umfassten Bereich nur einmal und für kurze Zeit betreten habe, um ihrer Mutter wegen einer defekten Heizung zu helfen. Die Privatsphäre von A.___ sei kaum tangiert worden.
3. Gegen diese Nichtanhandnahmeverfügung erhob A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) am 30. Juli 2018 Beschwerde und wandte ein, der Hausfriedensbruch sei nicht im Zusammenhang mit einer defekten Heizung begangen worden, da diese an einem anderen Datum defekt gewesen sei. Nachdem der Beschwerdeführer die Sicherheitsleistung von CHF 800.00 erbracht hatte, beantragte die Staatsanwaltschaft in ihrer Eingabe vom 13. August 2018 die Abweisung der Beschwerde und teilte mit, auf Vernehmlassung zu verzichten. Die Beschuldigte erklärte in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2018, ihre Mutter habe sich an sie gewandt, als die Heizanlage nicht funktioniert habe. Da ihre Mutter gesundheitlich angeschlagen und auf Hilfe angewiesen sei, habe sie den Beschwerdeführer angerufen und ihn auf eine notwendige Heizungsreparatur angesprochen. Weil der Beschwerdeführer nicht mit ihr habe telefonieren wollen, habe sie die Liegenschaft betreten, um ihren Bruder persönlich auf die Sache anzusprechen und um ihrer Mutter zu helfen. Sie sei von einem Notfall ausgegangen. Der Beschwerdeführer hingegen bestritt in seiner Stellungnahme vom 3. September 2018 erneut, dass die Heizung überhaupt defekt gewesen sei und machte weitere Ausführungen zu Unstimmigkeiten zwischen ihm und der Beschuldigten.
II.
1. Gemäss Art. 309 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Eröffnung einer Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt, wenn sie Zwangsmassnahmen anordnet sowie wenn sie von der Polizei über schwere Straftaten anderer schwerwiegende Ereignisse informiert wird. Gelangt sie hingegen aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports zum Schluss, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind, Verfahrenshindernisse bestehen gemäss Art. 8 StPO aus Opportunitätsgründen auf eine Strafverfolgung zu verzichten ist, verfügt sie die Nichtanhandnahme (Art. 310 Abs. 1 StPO).
2. Die Staatsanwaltschaft hat in Anwendung von Art. 310 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 8 Abs. 1 StPO und Art. 52 StGB auf die Strafverfolgung verzichtet. Gemäss Art. 52 StGB sehen Staatsanwaltschaft und Gerichte von einer Strafverfolgung ab, wenn Schuld und Tatfolgen gering sind. Von dieser Bestimmung erfasst sind relativ unbedeutende Verhaltensweisen, welche die Schwere und Härte einer Strafe nicht verdienen. Wenn die Voraussetzungen von Art. 52 StGB erfüllt sind, muss die Behörde das Strafverfahren einstellen bzw. von einer Überweisung absehen, mithin ist die Regelung zwingender Natur. Die Voraussetzungen von Geringfügigkeit von Schuld und Tatfolgen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Würdigung des Verschuldens des Täters richtet sich nach den in Art. 47 StGB aufgeführten Strafzumessungskriterien. Der Begriff der Tatfolgen umfasst sämtliche vom Täter verschuldeten Auswirkungen der Tat und nicht nur den tatbestandsmässigen Erfolg. Diese müssen beide gering sein. Im Quervergleich zu typischen unter dieselbe Gesetzesbestimmung fallenden Taten muss das Verhalten des Täters insgesamt vom Verschulden und von den Tatfolgen her als unerheblich erscheinen, so dass die Strafbedürftigkeit offensichtlich fehlt (BGE 135 IV 130 E. 5.3.2 f.).
3. Der Beschwerdeführer schilderte sinngemäss eine längerdauernde Familienstreitigkeit zwischen ihm, seiner Mutter und seiner Schwester. Aufgrund diverser Beleidigungen und Verfehlungen durch seine Schwester habe er ein Hausverbot gegen sie erwirkt. Trotzdem überschreite sie wiederholt die Grenzen, belästige und bestehle ihn. Beim Vorfall vom 30. Juli 2018 habe die Schwester erneut gegen das klare Hausverbot verstossen. Nun wolle er sich dieses Verhalten nicht länger bieten lassen und verlange aus diesem Grund, dass das gerichtliche Hausverbot nun auch effektiv gegen seine Schwester durchgesetzt werde.
4. Die Staatsanwaltschaft hat unter Verweis auf die Erhebungen der Polizei korrekt und überzeugend dargestellt, weshalb es sich vorliegend um einen Fall mit geringfügigem Verschulden und Tatfolgen handelt. Vorliegend hat die Beschuldigte den vom Hausverbot vom 10. Mai 2017 umfassten Bereich nur einmal für eine kurze Zeit betreten und dies einzig, um ihrer Mutter wegen der defekten Heizung zu helfen. Selbst wenn die Heizung zur Tatzeit gar nicht defekt gewesen wäre wie dies der Beschwerdeführer geltend macht ändert dies nichts daran, dass die Privatsphäre des Beschwerdeführers kaum tangiert wurde, insbesondere weil die Beschuldigte auf dem Weg zur Wohnung des Geschädigten geblieben ist und seine Wohnung gar nicht betreten hat. Auch unter diesem Gesichtspunkt handelt es sich um einen Fall von Art. 52 StGB. Besonders plausibel ist der Hinweis der Staatsanwaltschaft, dass das vorliegende Verhalten der Beschuldigten insbesondere im Quervergleich zu typischen unter den Straftatbestand von Art. 186 StGB fallende Taten als geringfügig einzustufen ist. Es erscheint insgesamt als relativ unerheblich, so dass eine Strafbedürftigkeit entfällt (Donatsch, in: Donatsch / Heimgartner / Isenring / Weder [Hrsg.], Kommentar zum StGB, 20. Auflage 2018, Art. 52 N 2 a.E.). Unter den gegebenen Umständen ist bezüglich der vorliegend relevanten Vorwürfe von einer geringen Schuld und unerheblichen Tatfolgen auszugehen.
5. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren somit zu Recht eingestellt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
6. Ausgangsgemäss sind die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO) und mit der geleisteten Prozesskaution zu verrechnen. Der Beschuldigten ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 zu bezahlen.
3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Jeger Riechsteiner
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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