Zusammenfassung des Urteils Nr. 93/2010/18A: Obergericht
Die A. Stiftung erstattete Strafanzeige gegen B., wohnhaft in D., wegen Urkundenfälschung. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl entschied jedoch, keine Strafuntersuchung einzuleiten. Die Stiftung legte Beschwerde ein, da sie die Urkundenqualität der eidesstattlichen Versicherung aus Deutschland annimmt. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab, da die Urkundenqualität nicht gegeben sei und somit keine Straftat vorliege. Die Gerichtskosten von CHF 1'200.-- sind von der Beschwerdeführerin zu tragen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 93/2010/18A |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 23.12.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 8a Abs. 1 und Abs. 2 SchKG; Art. 12 GebV SchKG Gebührenpflicht für Akteneinsicht |
Schlagwörter : | SchKG; Akten; Gebühr; Betreibungs; Einsicht; Akteneinsicht; Betreibungsamt; Verfahren; Gebühren; Person; Recht; Einsichtsrecht; Schuldnerin; Kostenvorschuss; Bundesgesetz; Konkurs; Verfahrens; Kopien; Personen; Leistung; Kostenvorschusses; Regelung; Vorlegung; Auskünfte; Franken; Interesse; Schuldbetreibung; Iqbal; Verfahrensbeteiligte; Anspruch |
Rechtsnorm: | Art. 29 BV ;Art. 73 KG ;Art. 8a KG ; |
Referenz BGE: | 122 I 112; 132 II 494; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht.
Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 8a Abs. 1 und Abs. 2 SchKG; Art. 12 GebV SchKG. Gebührenpflicht für Akteneinsicht (OGE 93/2010/18 vom 23. Dezember 2010)Für die Akteneinsicht von Personen, die an einem Betreibungsverfahren beteiligt sind, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
In einem Retentionsverfahren ersuchte die Schuldnerin das Betreibungsamt Klettgau um Akteneinsicht. Dieses verlangte einen Kostenvorschuss von Fr. 200.-. Hierüber beschwerte sich die Schuldnerin beim Obergericht. Dieses hiess die Beschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
2.- Das Betreibungsamt stützt seine Aufforderung zur Leistung des verlangten Kostenvorschusses auf Art. 12 Abs. 1 und 2 GebV SchKG1. Diese Regelung hat folgenden Wortlaut:
Die Gebühr für die Vorlegung von Akten für Auskünfte aus Akten beträgt 9 Franken. Die Vorlegung von Forderungstiteln (Art. 73 SchKG) und Auskünfte darüber sind gebührenfrei.
Übersteigt der Zeitaufwand eine halbe Stunde, so erhöht sich die Gebühr um 40 Franken für jede weitere halbe Stunde.
Nach Art. 8a Abs. 1 SchKG2 kann jede Person, die ein Interesse glaubhaft macht, die Protokolle und Register der Betreibungsund der Konkursämter einsehen und sich Auszüge daraus geben lassen. Für diese Art der allgemeinen Einsicht hat die Gebührenregelung von Art. 12 GebV SchKG durchaus ihre sachliche Rechtfertigung.3 Ginge es hier um eine derartige Akteneinsicht beliebiger Personen, so wäre am Vorgehen des Betreibungsamts nichts auszusetzen.
Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 23. September 1996 (GebV SchKG, SR 281.35).
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG, SR 281.1).
Yasmin Iqbal, SchKG und Verfassung - untersteht auch die Zwangsvollstreckung dem Grundrechtsschutz, Diss. Zürich 2005, Ziff. 4.1.3, S. 86.
Im vorliegenden Fall handelt es sich indessen um die Einsicht einer juristischen Person, die als Schuldnerin und Beschwerdeführerin am Verfahren beteiligt ist. Damit stellt sich die Frage, ob die Regelung von Art. 12 Abs. 1 und 2 GebV SchKG auf Verfahrensbeteiligte überhaupt anwendbar sei.
Der in Art. 29 Abs. 2 BV4 verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst unter anderem das Recht, Einsicht in alle Akten zu nehmen, die geeignet sind, Grundlage des Entscheids zu bilden.5 Bei Vertretung durch einen besonderer Aufsicht unterstehenden Rechtsanwalt ist in diesem Recht die Zustellung der Akten an diesen mitenthalten.6
Dieser grundrechtliche Anspruch eines Verfahrensbeteiligten darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass für die Akteneinsicht eine Gebühr erhoben wird. Das in Art. 8a SchKG aufgestellte Erfordernis eines schutzwürdigen Interesses weist darauf hin, dass mit dieser Bestimmung das Einsichtsrecht ausserhalb eines Verfahrens geregelt werden sollte und nicht an ein hängiges gedacht wurde. Art. 8a Abs. 2 SchKG verdeutlicht, dass dieses allgemeine Einsichtsrecht auf Dritte zugeschnitten ist. Daher kann sich Art. 12 GebV SchKG nur auf das Akteneinsichtsrecht eines Aussenstehenden auf ein abgeschlossenes Verfahren beziehen. Auch das Einsichtsrecht der Parteien und ihrer Vertreter wird in jedem anderen Straf-, Ziviloder Verwaltungsprozess kostenlos gewährt. 7
Kann aber Art. 12 GebV SchKG im Verfahren der Beschwerdeführerin für deren Einsichtsrecht nicht zum Zug kommen, so erweist sich die angefochtene Anordnung, womit die Beschwerdeführerin zur Leistung eines Kostenvorschusses aufgefordert wird, als unzulässig. Sie ist daher in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Sodann ist das Betreibungsamt anzuweisen, dem Anwalt der Beschwerdeführerin die verlangten Akten ohne weiteres zuzustellen.
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101).
5 BGE 132 II 494 E. 3.2.
6 BGE 122 I 112 f. E. 2b.
7 Entscheid der Aufsichtsbehörde des Kantons Thurgau vom 1. November 1995, E. 3b, RBOG 1995, S. 125. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht am 9. Januar 1996 ab. Iqbal, Ziff. 4.1.3, S. 87 ff. Allgemein: Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, § 8, N. 74, S. 179. Vgl. Stephan
C. Brunner, Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Bern 2008, Art. 26 N. 50, S. 398.
Das bedeutet, dass das Betreibungsamt auch jene Kosten nicht erheben darf, welche die Beschwerdeführerin anerkannt hatte. Diese braucht somit auch die Gebühr von Fr. 9.- und die Portokosten nicht zu bezahlen.
Für die Herstellung von Kopien könnte eine Gebühr nur dann erhoben werden, wenn die Beschwerdeführerin tatsächlich auch Kopien verlangt hätte. Dem ist aber nicht so. Will das Betreibungsamt aus welchen Gründen auch immer - dem Anwalt der Beschwerdeführerin nur Aktenkopien zustellen, so liegt der Grund dafür nicht auf der Seite der Beschwerdeführerin. Daher dürfte es in einem solchen Fall keine Gebühr für die Kopien verlangen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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