Zusammenfassung des Urteils Nr. 93/2006/32: Obergericht
Der Beschuldigte A. wurde des mehrfachen Betrugs schuldig gesprochen und zu gemeinnütziger Arbeit und einer Geldstrafe verurteilt. Zudem muss er der Privatklägerin B. Schadenersatz zahlen. Verschiedene Gegenstände wurden eingezogen und zur Deckung der Verfahrenskosten verwertet. Die Kosten des Verfahrens und der amtlichen Verteidigung werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Gerichtsgebühr und die Kosten der amtlichen Verteidigung werden festgesetzt. Einige beschlagnahmte Gegenstände werden an bestimmte Parteien herausgegeben oder verwertet. Ein Reisekoffer wird vernichtet. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse übernommen werden.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 93/2006/32 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 19.09.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 158 SchKG; Art. 120 VZG. Pfandausfallschein |
Schlagwörter : | Pfand; Forderung; Pfandausfall; Pfandausfallschein; Gläubiger; Betreibung; Recht; Forderungen; SchKG; Rechtsvorschlag; Schuldner; Betrag; Lastenbereinigungsverfahren; Pfandgläubiger; Pfandausfallscheins; Gläubigerin; Rechtsöffnung; Konkurs; Betreibungsamt; Bundesgericht; Differenz; Nettopfanderlös; Schuldbetreibung; Pfandgläubigern; Lastenverzeichnis; üsse |
Rechtsnorm: | Art. 158 KG ; |
Referenz BGE: | 118 III 23; 41 III 92; 85 III 142; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Art. 158 SchKG; Art. 120 VZG. Pfandausfallschein (OGE 93/2006/32 vom 19. September 2008)Der Gläubiger kann lediglich einen Pfandausfallschein verlangen, soweit er seine Forderung in Betreibung gesetzt hat und ein allfälliger Rechtsvorschlag beseitigt wurde.
Die Gläubigerin betreibt den Schuldner auf Grundpfandverwertung über einen Betrag von Fr. 417'000.- nebst Zins und Kosten. Als Forderungsurkunde bzw. Grund der Forderung führte die Gläubigerin im Betreibungsbegehren Schuldbriefe im Nominalbetrag von total Fr. 467'000.auf. Nach erhobenen Rechtsvorschlag erteilte der Einzelrichter des Kantonsgerichts der Gläubigerin provisorische Rechtsöffnung im Umfang von Fr. 417'000.- nebst Zins und Kosten. Im Lastenbereinigungsverfahren meldete die Gläubigerin eine Forderung von Fr. 467'000.- nebst Zins und Kosten an. Nach der Grundstückversteigerung stellte das Konkursamt den Pfandausfallschein aus, wobei es den Pfandausfall als Differenz zwischen dem Nettopfanderlös und dem im Lastenbereinigungsverfahren angemeldeten Betrag berechnete. Die hierauf erhobene Beschwerde des Schuldners gegen den Pfandausfallschein hiess das Obergericht gut.
Aus den Erwägungen:
2.- Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten nicht verwertet werden deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus (Art. 158 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 [SchKG, SR 281.1]; Art. 120 Satz 1 der Verordnung des Bundesgerichts über die Zwangsverwertung von Grundstücken vom 23. April 1920 [VZG, SR 281.42]). Den übrigen Pfandgläubigern wird lediglich eine Bescheinigung des Inhalts ausgestellt, dass ihre Forderungen ungedeckt geblieben sind (Art. 120 Satz 2 VZG).
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die [Gläubigerin] nicht von Anfang an im vollen Umfang der ihr übereigneten Schuldbriefe Rechts-
öffnung verlangt habe. Das Kantonsgericht habe lediglich im Umfang von Fr. 417'000.plus Zins und Kosten Rechtsöffnung erteilt. Demgegenüber gehe der Pfandausfallschein von einer Grundforderung von Fr. 467'000.aus, was zu einem um Fr. 50'000.plus Zins überhöhten ungedeckten Betrag führe. Es gehe angesichts der Wirkung eines Pfandausfallscheins nicht an, dass ein Gläubiger auf diesem Umweg mehr erhalte, als ihm im Rechtsöffnungsentscheid zugesprochen worden sei, selbst wenn die Schuldbriefforderung auf einen höheren Betrag laute.
Das Betreibungsamt hält dem entgegen, dass die Grundpfandgläubiger im Rahmen des Schuldenrufs ihre pfandgesicherten Forderungen anzumelden hätten. Das Betreibungsamt sei nicht legitimiert, eine angemeldete Forderung bzw. ein Pfandrecht auf den materiellrechtlichen Bestand hin zu prüfen. Vielmehr sei dies Sache des Zivilrichters im Rahmen des Lastenbereinigungsverfahrens. Im vorliegenden Fall seien weder das Lastenverzeichnis noch die gestützt darauf erstellte Verteilungsliste angefochten worden, und die Höhe der angemeldeten Forderungen bzw. Pfandrechte sei damit rechtskräftig festgelegt. Die jetzige Beanstandung des Beschwerdeführers, dass die Forderung schlicht um Fr. 50'000.zu hoch sei, sei verspätet und hätte im Lastenbereinigungsverfahren vorgebracht werden müssen.
Strittig ist, ob sich der Pfandausfall aus der Differenz vom Nettopfanderlös und dem Betrag der in Betreibung gesetzten Forderung aus der Differenz vom Nettopfanderlös und dem Nominalbetrag der Schuldbriefforderungen berechnet.
Soweit ersichtlich, hat sich das Bundesgericht letztmals mit Entscheid vom 28. Dezember 1998 zu dieser Frage geäussert (BGE 7B.305/1998 vom
28. Dezember 1998, zitiert in: Insolvenzund Wirtschaftsrecht [IWIR] 1999,
S. 86 f.). Es führte aus, dass gemäss BGE 41 III 92 E. 4 sogar demjenigen Grundpfandgläubiger, dessen Pfand sich bei einer von anderer Seite (d.h. von einem vorgehenden Pfandgläubiger) angehobenen Pfandbetreibung als ungenügend erwiesen habe, das Recht auf einen Pfandausfallschein mit den in Art. 158 SchKG vorgesehenen Wirkungen zuzuerkennen sei. Umso mehr müsse daher der Anspruch auf einen Pfandausfallschein demjenigen Gläubiger zustehen, der tatsächlich betrieben habe, jedoch für eine kleinere Forderung als die pfandgesicherte, welche in der Folge zur Kollokation angemeldet werde. Die in der Lehre geäusserte Ansicht, es könne einzig für die in Betreibung gesetzte Forderung ein Pfandausfallschein verlangt werden, möge zwar Anlass zur Diskussion geben; es könne aber keine Rede davon sein, dass ein Pfandausfallschein, der die zur Kollokation angemeldete Forderung abzüglich des Pfanderlöses als Pfandausfall angebe, im Sinn von Art. 22 Abs. 1
SchKG nichtig sei. Zur Frage der Anfechtbarkeit hatte sich das Bundesgericht nicht zu äussern.
Demgegenüber vertritt die Lehre überwiegend die Ansicht, dass der Gläubiger nur für die in Betreibung gesetzten Forderungen einen Pfandausfallschein verlangen könne. aArt. 120 VZG (in der Fassung vom 23. April 1920 [BS 3 156 f.]) habe neben dem betreibenden Gläubiger auch den nachgehenden Pfandgläubigern, die selbst nicht auf Pfandverwertung betrieben hätten, (für ihre fälligen Forderungen) die Ausstellung eines Pfandausfallscheins zugestanden. Dagegen sage der seit dem 1. Januar 1997 in Kraft stehende revidierte Art. 120 VZG klar, dass der Pfandausfallschein dem betreibenden Pfandgläubiger auszustellen sei; den übrigen Pfandgläubigern werde aber lediglich eine Bescheinigung des Inhalts ausgestellt, dass ihre Forderungen ungedeckt geblieben seien (Philipp Kunz, VZG 120 - neu und umstritten, IWIR 1998, S. 97 f.; Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungsund Konkursrechts, 8. A., Bern 2008, § 33 N. 42, S. 310; Bernheim/Känzig, Basler Kommentar, SchKG II, Basel/Genf/München 1998, Art. 158 N. 14, S. 1642; a. M. nach wie vor: Jaeger/Walder/Kull, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Art. 89-158, 5. A., Zürich 2006, Art. 158 N. 5, S. 465). Die Wirkung eines Pfandausfallscheins - der Gläubiger kann für die Ausfallforderung innert Monatsfrist direkt das Pfändungsbegehren das Begehren um Konkursandrohung stellen, soweit nicht blosse Pfandhaft bestand (Art. 158 Abs. 2 SchKG) sei dadurch gerechtfertigt, dass der Schuldner im Einleitungsverfahren die Forderung mit Rechtsvorschlag habe bestreiten können. Die Forderungen, welche nicht in Betreibung gesetzt worden seien, hätten das Einleitungsverfahren jedoch nicht durchlaufen. Hierbei sei auch der Hinweis unbehelflich, dass der Schuldner die Forderungen im Rahmen des Lastenbereinigungsverfahrens hätte bestreiten können (Kunz, S. 97 f.; Charles Jaques, Exécution forcée spéciale des cédules hypothécaires, BlSchK 2001, S. 223; gl. M. wohl Kurt Stöckli in der Besprechung des in E. 2b erwähnten BGE 7B.305/1998 vom 28. Dezember 1998, IWIR 1999, S. 87; vgl. auch den Entscheid des Tessiner Appellationsgerichts vom 13. November 2000, E. 3a, teilweise zitiert in: Adrian Staehelin, Basler Kommentar, SchKG, Ergänzungsband, Basel/Genf/München 2005, Art. 158 ad N. 14, S. 138; in diesem Sinn wohl auch BGE 85 III 142 f. E. 2b, wonach der vom Gläubiger nicht beseitigte nachträgliche Rechtsvorschlag selbst dann der Annahme der - unter aArt. 120 VZG für die Ausstellung des Pfandausfallscheins noch vorausgesetzten - Fälligkeit der Forderung entgegenstand, wenn das Lastenverzeichnis nicht angefochten worden war).
Der neueren Lehre, wonach der Gläubiger nur für die in Betreibung gesetzte Forderung einen Pfandausfallschein verlangen kann, ist beizupflichten. Das Bundesgericht hielt sie ausdrücklich für diskussionswürdig. Doch setzte es sich nicht näher damit auseinander, weil es die ihm damals vorgelegte Sache nur unter dem beschränkten Winkel der Nichtigkeit zu beurteilen hatte.
Tatsächlich ist angesichts der Wirkung des Pfandausfallscheins nicht einzusehen, weshalb der Gläubiger, welcher nicht seine ganze Forderung in Betreibung gesetzt hat welcher Bestand und Fälligkeit seiner Forderung im Rechtsöffnungsverfahren nicht vollumfänglich glaubhaft machen konnte, Anspruch auf einen Pfandausfallschein über den vollen Betrag (abzüglich Pfanderlös) haben sollte. Dem Wortlaut von Art. 120 VZG lässt sich dies jedenfalls nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass der Schuldner, der in einer Betreibung kein Recht vorgeschlagen hat dessen Rechtsvorschlag beseitigt worden ist, Bestand und Höhe der Forderung nicht dadurch erneut in Frage stellen kann, dass er im Zeitpunkt der Verwertung durch eine Anfechtung des Lastenverzeichnisses die materiellrechtliche Begründetheit der Forderung und das sie sichernde Grundpfandrecht bestreitet (BGE 118 III 23 f. E. 2a; BGE 7B.153/2001 vom 9. Oktober 2001, E. 2b; BGE 7B.208/2002
vom 10. Dezember 2002, E. 3.1). Ebenso widersinnig erschiene es aber, wenn umgekehrt der Gläubiger, der im Rechtsöffnungsverfahren teilweise unterlegen ist, im Lastenbereinigungsverfahren erneut seine ganze Forderung einbringen und den Schuldner so zwingen könnte, sich nochmals gegen den bestrittenen Forderungsteil zur Wehr setzen zu müssen, ansonsten sie als anerkannt gälte.
Im Übrigen setzt die betragsmässige Beschränkung des Pfandausfallscheins auf die betriebene Forderung nicht voraus, dass das Betreibungsamt diese materiell zu prüfen hätte. Die entsprechenden Bedenken sind daher unbegründet.
Der Gläubiger kann nach dem Gesagten lediglich einen Pfandausfallschein verlangen, soweit er seine Forderung in Betreibung gesetzt hat und ein allfälliger Rechtsvorschlag beseitigt wurde.
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