Zusammenfassung des Urteils Nr. 66/2017/8: Obergericht
Der Beschuldigte A. wurde wegen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Zwei bedingte Geldstrafen wurden widerrufen. Die Kosten des Verfahrens belaufen sich auf insgesamt Fr. 20'608.-. Die Berufung des Beschuldigten wurde abgewiesen, und die Kosten des Berufungsverfahrens wurden ihm auferlegt. Der Richter ist männlich.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 66/2017/8 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 05.10.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Grundstückgewinnsteuer; Verlustverrechnung bei nachträglich parzellierten Grundstücken - Art. 127 Abs. 2 BV; Art. 2 Abs. 1 lit. d und Art. 12 Abs. 1 und Abs. 4 StHG; Art. 110 Abs. 1, Art. 115, Art. 117 Abs. 4 und Art. 118 Abs. 3 StG. Wurden Grundstücke als Teil eines Ganzen erworben, soll grundsätzlich nur ein Nettogewinn, der sich bei der Veräusserung des ganzen Grundstückkomplexes ergäbe, der Grundstückgewinnsteuer unterliegen. |
Schlagwörter : | Grundstück; Steuer; Grundstückgewinn; Verlust; Gewinn; Grundstückgewinnsteuer; Kanton; Verlustverrechnung; Veräusserung; Parzelle; Grundstücke; Einkommen; Grundstückgewinne; Einkommens; Steuergesetz; Erwerbs; Kantone; Grundstücks; Grundstücken; Ehefrau; Parzellen; Anlagekosten; Gewinne; Einkommenssteuer; Verkauf; Leistungsfähigkeit; Verluste; Privat; Steuerverwaltung |
Rechtsnorm: | Art. 127 BV ; |
Referenz BGE: | 140 I 114; |
Kommentar: | Sutter, Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungs- recht, Zürich, Art. 124 ZGB, 1999 |
Abs. 4 StHG; Art. 110 Abs. 1, Art. 115, Art. 117 Abs. 4 und Art. 118 Abs. 3 StG.
Wurden Grundstücke als Teil eines Ganzen erworben, soll grundsätzlich nur ein Nettogewinn, der sich bei der Veräusserung des ganzen Grundstückkomplexes ergäbe, der Grundstückgewinnsteuer unterliegen.
OGE 66/2017/8 vom 5. Oktober 2018 Veröffentlichung im Amtsbericht
SachverhaltX. und seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau erwarben am 30. März 2007 zu je ½ Miteigentum das Grundstück A zu einem Preis von Fr. 1'300'000.-. Mit Schreiben vom 4. August 2015 kündigte die Bank das Hypothekardarlehen, das sie für die Liegenschaft gewährt hatte, und forderte die Rückzahlung des Darlehensbetrags von Fr. 1'037'650.bis 23. September 2015. Nachdem ein Wiederverkauf zum Preis von Fr. 1'300'000.- nicht gelungen war, entschieden sich X. und seine damalige Ehefrau, das Grundstück in zwei Parzellen aufzuteilen und diese getrennt zu verkaufen. Dementsprechend wurde das Grundstück - nach einem weiteren gescheiterten Verkaufsversuch am 8. Juli 2016 in die neue Parzelle B und die verbleibende Parzelle A aufgeteilt und für Fr. 811'038.bzw. Fr. 378'962.verkauft.
X. und seine damalige Ehefrau gaben in der Steuererklärung für die Grundstückgewinnsteuer Anlagekosten von insgesamt Fr. 1'336'713.sowie einen Verkaufserlös von Fr. 1'190'000.an und errechneten einen Verlust von Fr. 146'713.-. Die Kantonale Steuerverwaltung ermittelte demgegenüber den Gewinn für die Parzellen gesondert. Dabei ging sie vom effektiven Erwerbspreis von Fr. 1'300'000.aus und teilte diesen auf die beiden Parzellen entsprechend deren Wertverhältnis auf, wie es der Berechnung des im Zeitpunkt des Erwerbs gültigen Steuerwerts von Fr. 833'000.zugrunde gelegt worden war. Dementsprechend ging die Steuerverwaltung in Bezug auf die Parzelle B von einem Verlust aus, während sie für die Parzelle A einen Gewinn ermittelte. Hieraus ergaben sich für X. und seine damalige Ehefrau Grundstückgewinnsteuern von Fr. 82'537.35. Eine Einsprache von X. hiess die Kantonale Steuerkommission teilweise gut; sie legte für die Parzelle A einen tieferen Gewinn fest. Das Obergericht hiess den hierauf erhobenen Rekurs von X. gut.
Aus den ErwägungenGemäss Art. 2 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG, SR 642.14) erheben die Kantone eine Grundstückgewinnsteuer. Dieser unterliegen Gewinne, die sich bei Veräusserung eines Grundstücks des Privatvermögens eines landoder forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie von Anteilen daran ergeben, soweit der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt (Art. 12 Abs. 1 StHG). Die Kantone können die Grundstückgewinne auch auf Gewinnen aus der Veräusserung von Grundstücken des Geschäftsvermögens des Steuerpflichtigen erheben (Art. 12 Abs. 4 StHG). Dabei können die Kantone entweder alle Grundstückgewinne mit einer besonderen Einkommenssteuer erfassen (das sogenannte monistische System) aber wie im Kanton Schaffhausen - die Grundstückgewinne des Geschäftsvermögens mit der ordentlichen Einkommensoder Gewinnsteuer und die Gewinne auf den privaten Grundstücken mit einer besonderen Einkommenssteuer erfassen (das sogenannte dualistische System).
Die Frage der Zulässigkeit einer Verlustverrechnung stellt sich vorliegend zwar nur, wenn aus dem Verkauf eines der parzellierten Grundstücke überhaupt ein Gewinn resultierte. Der Rekurrent macht denn auch geltend, bei sachgemässer Festsetzung des Erwerbspreises der veräusserten Parzellen resultiere bei beiden Parzellen ein Verlust. Wie es sich damit verhält, braucht jedoch nicht abschliessend geprüft zu werden; denn selbst wenn in Übereinstimmung mit der Steuerverwaltung - davon auszugehen wäre, dass das eine Grundstück verlustbringend und das andere gewinnbringend veräussert wurde, ist wie es nachfolgend zu zeigen gilt - die Verlustverrechnung zuzulassen.
Die Grundstückgewinnsteuer gilt als Spezialsteuer, weil mit ihr nur ein Teil des Einkommens besteuert wird, nämlich der anlässlich einer Handänderung erzielte Gewinn. Sie ist in erster Linie eine Objektsteuer. Es wird somit bei der Erfassung von Grundstückgewinnen im Gegensatz zu den als Subjektsteuern ausgestalteten direkten Steuern vom Einkommen und Vermögen nicht die gesamte (allgemeine) wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person berücksichtigt. Vielmehr bemisst sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit allein nach der Höhe des Gewinns auf dem Objekt, das heisst auf dem veräusserten Grundstück (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., Zürich 2013, VB zu §§ 216-226a N. 18 ff., S. 1798 f.; BGer 2C_747/2010 vom 7. Oktober 2011 E. 5.2). Allerdings äussert sich Art. 12 StHG selbst nicht zur Frage, ob die Grundstückgewinnsteuer nur als Objektsteuer ob sie auch als besondere subjektive Einkommenssteuer ausgestaltbar sein kann. Wenn die Grundstückgewinnsteuer als besondere subjektive Einkommenssteuer
ausgestaltet werden kann, so ist auch für sie die subjektive Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person massgebend. Als ganz konkrete Auswirkung kann sich die Frage stellen, ob unter anderem Verlustverrechnungsmöglichkeiten zulässig seien nicht. Art. 12 StHG regelt die Frage der Verlustanrechnung jedenfalls nicht (vgl. Zwahlen/Nyffenegger, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinde, 3. A., Basel 2017, Art. 12 N. 7, S. 408; BGer 2C_799/2008 vom 9. April
2009 E. 3.3).
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind sämtliche Verluste mit allfälligen Veräusserungsgewinnen aus Geschäftsgrundstücken verrechenbar. Das Bundesgericht trägt damit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung (BGE 140 I 114 E. 2.3.2 S. 118; 137 I 145 E. 4.2 und 4.3 S. 150 f.; BGer
2C_1080/2014 vom 5. Juli 2016 E. 5.5). Auch wenn in Bezug auf Privatund Geschäftsvermögen nicht dieselben Steuergrundsätze gelten, weist diese Rechtsprechung gemäss Lehre zumindest darauf hin, dass die Grundstückgewinnsteuer eigentlich eine auf das Steuersubjekt ausgerichtete besondere Einkommenssteuer sein muss und keine reine Objektsteuer mehr darstellt (vgl. Zwahlen/Nyffenegger, Art. 12 N. 8, 11 und 59, S. 408 f. und 424).
Gemäss Art. 110 Abs. 1 des Gesetzes über die direkten Steuern vom
20. März 2000 (StG, SHR 641.100) wird die Grundstückgewinnsteuer auf den Gewinnen erhoben, die bei der Veräusserung von im Kanton gelegenen Grundstücken des Privatvermögens von Anteilen an solchen erzielt werden. Grundstückgewinn ist der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) übersteigt (Art. 115 StG). Der Grundstückgewinn stellt demnach eine wirtschaftliche Grösse dar und ist als Nettogewinn zu verstehen.
Mit der parzellenweisen Veräusserung von Grundstücken befassen sich lediglich Art. 117 Abs. 4 und Art. 118 Abs. 3 StG. Danach ist bei parzellenweiser Veräusserung der Gesamterwerbspreis nach dem Wertverhältnis im Zeitpunkt des Erwerbs anteilsmässig anzurechnen (Art. 117 Abs. 4 StG). Zudem sind nur Aufwendungen anrechenbar, soweit sie die veräusserte Parzelle betreffen; unausscheidbare Aufwendungen sind anteilsmässig anrechenbar (Art. 118 Abs. 3 StG). Eine Bestimmung, wonach bei parzellenweiser Veräusserung Verluste verrechnet werden können, enthält das Gesetz nicht. Es schliesst eine Verlustverrechnung jedoch auch nicht ausdrücklich aus, zumal das Gesetz nirgends bestimmt, dass die Grundstückgewinnsteuer für den Gewinn, der sich aus jeder Veräusserung ergebe, allein berechnet werden müsse. Demgegenüber enthält zum Beispiel § 224 des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juni 1997 (LS 631.1) in Abs. 1 und Abs. 2 zwar mit Art. 117 Abs. 4 und Art. 118 Abs. 3 StG übereinstimmende Rege-
lungen, bestimmt in Abs. 3 jedoch ausdrücklich, dass Verluste aus Teilveräusserungen nach vollständiger Veräusserung des Grundstücks den Anlagekosten der mit Gewinn veräusserten Parzelle anteilsmässig zugerechnet werden können. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Bestimmung im Schaffhauser Steuerrecht ist nicht der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Verlustverrechnung bewusst nicht habe gewähren wollen. Ein Blick in die massgeblichen Protokolle der Spezialkommission und des Kantonsrats betreffend das geltende Steuergesetz zeigt nämlich, dass die Möglichkeit einer Verlustverrechnung in den Diskussionen sowohl in der Kommission als auch im Rat nie thematisiert wurde. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber diese Rechtsfrage stillschweigend im negativen Sinn mitentschieden hat (qualifiziertes Schweigen). Vielmehr hat der Gesetzgeber es unterlassen, die Verlustverrechnung zu regeln, obwohl er es hätte tun sollen; mithin liegt eine echte Lücke im Steuergesetz vor (vgl. BGE 143 187 E. 3.2). Aus den vom Rekurrenten eingereichten Unterlagen geht hervor, dass gemäss dem vor 1. Januar 2001 geltenden Steuergesetz (aStG) bei der Steuer auf Kapitalgewinnen des Privatvermögens Verluste verrechnet werden konnten. Der damalige Gesetzgeber wollte bei der Steuer auf Grundstückgewinnen keine restriktivere Lösung und hielt die Verlustverrechnung für selbstverständlich. Art. 117 Abs. 4 und Art. 118 Abs. 3 StG entsprechen der Regelung von Art. 59h aStG. Es ist daher auch im geltenden Steuergesetz von der Zulässigkeit der Verlustverrechnung auszugehen.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Praxis des Kantons Aargau, welche unter Geltung des alten Grundstückgewinnsteuergesetzes die Verrechnung von Grundstücksverlusten mit Grundstückgewinnen zugelassen hat, obwohl jenes Gesetz keine entsprechende Vorschrift enthielt (Marianne Klöti-Weber, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz,
4. A., Muri-Bern 2015, § 108 N. 9, S. 1391 mit Hinweis). Diese Praxis betrifft zwar die Zeit vor der bundesrechtlichen Steuerharmonisierung, allerdings ist nur (aber immerhin) die bundesrechtliche Verpflichtung zur Erhebung einer Grundstückgewinnsteuer in allen Kantonen realisiert. Kantonale Autonomie besteht aber weiterhin bezüglich des Systems zur Erfassung der Grundstückgewinne.
Die Zulässigkeit einer Verlustverrechnung überzeugt nicht zuletzt auch deshalb, weil die Verlustverrechnungsmöglichkeit bei parzellenweiser Veräusserung auf der Vorstellung beruht, dass der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit eines einheitlichen Grundbesitzes Rechnung zu tragen ist, da Teilgewinne für den Veräusserer insoweit Scheingewinne sind, als er am gleichen Wirtschaftsgut Teilverluste erleidet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N. 11, S. 2009). Auch ist nicht einzusehen, weshalb der bezüglich Geschäftsgrundstücken mit höchstrichterlicher
Rechtsprechung sichergestellte Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV; vgl. vorstehende E. 4.1 letzter Abschnitt) bei erzielten Gewinnen bzw. Verlusten auf Privatliegenschaften zumindest in Konstellationen, in denen nichts darauf hindeutet, dass die Parzellierung rechtsmissbräuchlich im Hinblick auf eine Steuerumgehung erfolgt sein könnte - nicht gelten soll.
Vorliegend entstanden die verkauften Grundstücke A und B durch die nachträgliche Parzellierung ein und desselben Grundstücks. Unstreitig stehen Anlagekosten von insgesamt Fr. 1'336'713.einem Verkaufserlös von insgesamt Fr. 1'190'000.gegenüber. Dadurch erlitten der Rekurrent und seine damalige Ehefrau bei der Veräusserung des ganzen Grundstückkomplexes gesamthaft einen Verlust. Demgegenüber ermittelte die Steuerverwaltung einen fiktiven Gewinn anstelle des tatsächlich realisierten Verlusts.
In Fällen wie vorliegend, in denen Grundstücke seinerzeit als Teil eines Ganzen erworben worden sind, ist nach dem Gesagten davon auszugehen, dass grundsätzlich nur ein Nettogewinn, der sich bei der Veräusserung des ganzen Grundstückkomplexes ergäbe, der Grundstückgewinnsteuer unterliegen soll. Die Verrechnung von Grundstücksverlust mit Grundstückgewinn ist daher vorliegend zuzulassen, zumal nichts darauf hindeutet, dass die Parzellierung rechtsmissbräuchlich erfolgt sein könnte.
Infolge Verlustverrechnung ergibt sich, dass dem Rekurrenten aus dem Verkauf der Grundstücke A und B kein Grundstückgewinn entstanden ist. [ ]
Der Rekurs erweist sich demzufolge als begründet; er ist gutzuheissen.
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