Zusammenfassung des Urteils Nr. 66/2007/15: Obergericht
Der Beschuldigte wurde wegen mehrfacher grober Verletzung der Verkehrsregeln verurteilt und zu einer Geldstrafe sowie zum Vollzug einer Reststrafe im Strafvollzug verurteilt. Er legte Berufung ein, die jedoch zunächst nicht angenommen wurde. Das Bundesgericht hob diese Entscheidung aufgrund unzureichender Zustellung des Urteils auf und wies den Fall zurück. Da der Aufenthaltsort des Beschuldigten unbekannt war, wurde das Urteil im Amtsblatt veröffentlicht. Der Beschuldigte reichte jedoch nicht fristgerecht eine schriftliche Berufungserklärung ein, weshalb auf die Berufung nicht eingetreten wurde. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt. Der Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 66/2007/15 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 21.12.2007 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 12 StHG; Art. 111 lit. d und Art. 113 Abs. 1 lit. a StG; Art. 59a Abs. 2 Ziff. 4 aStG. Nachträglicher Wegfall von Voraussetzungen eines Steueraufschubs |
Schlagwörter : | Steuer; Grundstück; Veräusserung; Kanton; Steueraufschub; Zweck; Rückwirkung; Grundstückgewinn; Kantone; Besteuerung; Grundstücke; Steuern; Grundstückgewinnsteuer; Handänderung; Steuergesetz; Grundstücks; Gewinn; Steuerpflicht; Regelung; Verbesserung; Zweckentfremdung; Ersatzobjekt; Recht; Sachverhalt; Wegfall; Voraussetzungen; Veranlagung; Harmonisierung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 102 Ia 32; |
Kommentar: | Kaufmann, Richner, Frei, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2006 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Art. 12 StHG; Art. 111 lit. d und Art. 113 Abs. 1 lit. a StG; Art. 59a Abs. 2 Ziff. 4 aStG. Nachträglicher Wegfall von Voraussetzungen eines Steueraufschubs (OGE 66/2007/15 vom 21. Dezember 2007)Art. 111 lit. d StG ist bundesrechtswidrig. Bei einem nachträglichen Wegfall von Voraussetzungen eines Steueraufschubs ist hingegen die Nachveranlagung gemäss Art. 113 Abs. 1 lit. a StG möglich, dessen Anwendung im vorliegenden Fall jedoch eine unzulässige Rückwirkung darstellt.
Die Steuerverwaltung der Stadt Schaffhausen gewährte dem Verkäufer mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke für den erzielten Grundstückgewinn einen Steueraufschub zufolge Ersatzbeschaffung. Im Dezember 2005, rund 31 Jahre nach dem Verkauf des ersten Grundstücks und rund 23 Jahren nach Verkauf des letzten, wurde der fragliche Landwirtschaftsbetrieb an Dritte verpachtet. Die Steuerverwaltung veranlagte daraufhin die latenten Grundstückgewinnsteuern. Die hiergegen erhobene Einsprache wies die Kantonale Steuerkommission Schaffhausen ab. Das Obergericht hiess den gegen den Einspracheentscheid erhobenen Rekurs gut.
Aus den Erwägungen:
.- Art. 2 Abs. 1 lit. d i.V.m. Art. 12 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG, SR 642.14) verpflichtet die Kantone, eine Grundstückgewinnsteuer zu erheben. Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen Wertzuwachsgewinne auf Grundstücken, die bei der Handänderung bzw. Veräusserung eines Grundstücks erzielt werden. Gegenstand der Steuer ist nicht die Veräusserung, sondern der dabei erzielte Gewinn. Gemäss Art. 12 Abs. 2 StHG wird die Steuerpflicht durch jede Veräusserung eines Grundstücks begründet. Der Begriff Veräusserung umfasst grundsätzlich alle zivilrechtlich vorgesehenen Arten der Eigentumsübertragung sowie die aufgrund des öffentlichen Rechts vorgesehenen Formen des Eigentumsübergangs. Mit dem Begriff der Veräusserung sind nur jene Eigentumsübergänge gemeint, die entgeltlich sind und einen Gewinn abwerfen (Bernhard Zwahlen, Basler Kommentar, StHG, 2. A., Basel/Genf/München 2002, Art. 12 N. 31 f.,
S. 230). Der Tatbestand der Veräusserung wird sodann durch folgende gleichgestellte Vorgänge erweitert: wirtschaftliche Handänderung, Einbringung ins Geschäftsvermögen, Belastung mit Dienstbarkeiten und Eigentumsbeschränkungen, Übertragung von Beteiligungsrechten sowie Planungsmehrwerte (Art. 12 Abs. 2 lit. a-e StHG). Die Aufzählung der die Steuerpflicht begründenden Tatbestände in Art. 12 Abs. 2 StHG ist abschliessend (Botschaft des Bundesrats zu den Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer vom 25. Mai 1983, BBl 1983 III 100).
Art. 111 lit. d des Gesetzes über die direkten Steuern vom 20. März 2000 (StG, SHR 641.100), wonach der nachträgliche Wegfall von Voraussetzungen, die einen Steueraufschub nach Art. 113 begründet haben, Handänderungen an Grundstücken gleichgestellt sind, verstösst gegen die abschliessende Aufzählung in Art. 12 Abs. 2 StHG. Diese Regelung ist damit steuerharmonisierungsbzw. bundesrechtswidrig. Sie ist daher nicht anwendbar. Zu prüfen ist hingegen noch, ob eine diesem Ergebnis entsprechende Regelung allenfalls aufgrund der Regeln über den Steueraufschub zulässig ist.
.- Gemäss Art. 12 Abs. 3 StHG ist die Besteuerung in bestimmten Fällen aufzuschieben, unter anderem bei vollständiger teilweiser Veräusserung eines landoder forstwirtschaftlichen Grundstücks, soweit der Veräusserungserlös innert angemessener Frist zum Erwerb eines selbstbewirtschafteten Ersatzgrundstücks zur Verbesserung der eigenen, selbstbewirtschafteten landoder forstwirtschaftlichen Grundstücke verwendet wird (lit. d). Die Aufzählung der Aufschubstatbestände in Art. 12 Abs. 3 StHG ist ebenfalls abschliessend (Botschaft des Bundesrats zu den Bundesgesetzen über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie über die direkte Bundessteuer vom 25. Mai 1983, BBl 1983 III 102). Das Steuerharmonisierungsgesetz schliesst demgegenüber eine nachträgliche Besteuerung des aufgeschobenen Gewinns bei einer definitiven Zweckentfremdung des Ersatzgrundstücks nicht aus (Nachveranlagung). Eine definitive Zweckentfremdung liegt vor, wenn das Ersatzgrundstück dauernd zumindest auf unbestimmte Zeit nicht mehr dem privilegierten Zweck entsprechend genutzt wird.
Dementsprechend sieht Art. 113 Abs. 1 lit. a StG bei Rechtsgeschäften zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Betriebsgrundlage einen Steueraufschub vor, soweit der dabei erzielt Erlös innert dreier Jahre vor nach der Veräusserung zur Beschaffung einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz verwendet wird. Die aufgeschobene Besteuerung wird allerdings durchgeführt, wenn das Ersatzobjekt nicht mehr dieser Verbesserung dient. Eine solche Nachveranlagung sehen auch andere Kantone vor, so zum Beispiel der Kanton Zürich und der Kanton Thurgau. Beide Kantone nehmen je-
doch nur dann eine nachträgliche Besteuerung vor, wenn die Zweckentfremdung innert 5 Jahren seit der Handänderung am ursprünglichen Grundstück erfolgt. Eine Zweckentfremdung nach Ablauf dieser Frist bleibt ohne steuerliche Folgen in der Annahme, der Steuerpflichtige habe nach dieser Zeitdauer den Tatbeweis erbracht, dass er tatsächlich eine Ersatzbeschaffung vornehmen wollte (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., Zürich 2006, § 216 N. 296, S. 1587, sowie § 129 Abs. 4 des Steuergesetzes des Kantons Thurgau vom 14. September 1992 [RB 640.1]). Demgegenüber sieht die Regelung im Schaffhauser Steuergesetz keine zeitliche Begrenzung vor. Es stellt sich somit zwar die Frage, ob eine solche Regelung, wonach ein Steueraufschub nur bestehe, solange das Eratzobjekt dem privilegierten Zweck entsprechend genutzt wird, zweckmässig und sachgerecht ist, so dass auch noch nach Jahrzehnten seit der Handänderung am ursprünglichen Grundstück nachveranlagt werden kann, ob es nicht vielmehr genügen muss, dass der Steuerpflichtige das Ersatzobjekt während einer angemessenen Zeit dementsprechend nutzt. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, stellt doch wie es nachfolgend zu zeigen gilt - die Anwendung von Art. 113 Abs. 1 lit. a StG jedenfalls im vorliegenden Fall eine unzulässige Rückwirkung dar.
.- Echte Rückwirkung liegt vor, wenn neues Recht auf einen Sachverhalt angewendet wird, der sich abschliessend vor Inkrafttreten dieses Rechts verwirklicht hat. Die echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig; niemandem sollen Verpflichtungen auferlegt werden, die sich aus Normen ergeben, welche ihm zum Zeitpunkt, als sich der Sachverhalt verwirklichte, nicht bekannt sein konnten, mit denen er also nicht rechnen konnte und musste (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. A., Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 329 f., S. 66). Von Rückwirkung eines Steuergesetzes wird dann gesprochen, wenn das Bestehen einer Steuerpflicht an Sachverhalte anknüpft, die sich vor dem Inkrafttreten des Gesetzes verwirklicht haben (BGE 102 Ia 32 f. E. 3a).
Die Grundstückgewinnsteuerpflicht des Ehemanns der Rekurrentin bzw. nunmehr der Rekurrentin selbst wurde bezüglich der vorliegend in Frage stehenden Grundstücke unmittelbar durch die Veräusserungen in den Jahren 1974, 1979 und 1982 begründet, mithin unter dem vor dem 1. Januar 2001 geltenden Gesetz über die direkten Steuern vom 17. Dezember 1956 (aStG, OS 19, S. 212 ff.). Allerdings wurde die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben. Aus Art. 59a Abs. 2 Ziff. 4 aStG ging jedoch nicht hervor, dass ein Steueraufschub nur bestehe, solange das Ersatzobjekt dem privilegierten Zweck entsprechend genutzt wird. Es genügte daher, wenn dies während einer angemessenen Zeit der Fall war (vgl. OGE vom 30. April 1999 i.S. B., E. 2c aa, Amtsbericht 1999, S. 156). Demnach wäre vorliegend, würde noch das alte
Steuergesetz gelten, eine Besteuerung der aufgeschobenen Gewinne nicht möglich, wäre doch auf jeden Fall von einer eine angemessene Zeit dauernden privilegierten Nutzung auszugehen. Dementsprechend blieb denn auch eine Verpachtung wesentlicher Teile des Betriebs unter altem Recht steuerrechtlich ohne Folgen. Demgegenüber bestimmt nunmehr Art. 113 Abs. 1 lit. a StG neu, dass die aufgeschobene Besteuerung durchgeführt wird, wenn das Ersatzobjekt nicht mehr der Verbesserung der landwirtschaftlichen Betriebsgrundlagen dient. Der Steueraufschub besteht mithin nur, solange das Eratzobjekt dem privilegierten Zweck entsprechend genutzt wird. Diese Bestimmung vorliegend anzuwenden, würde jedoch bedeuten, dass neues Recht auf einen Sachverhalt angewendet wird, der sich abschliessend vor Inkrafttreten dieses Rechts verwirklicht hat. Der Rekurrentin würde damit eine Verpflichtung auferlegt, die sich aus Normen ergeben, welche ihr zum Zeitpunkt der die Steuerpflicht begründenden Veräusserungen nicht bekannt sein konnten. Demzufolge liegt jedoch eine echte Rückwirkung vor, welche unzulässig ist.
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