Zusammenfassung des Urteils Nr. 66/1999/20: Obergericht
Ein Richter entscheidet über einen Fall bezüglich Grundstücksgewinn bei Nutzungsabtretung. Es geht darum, wie der steuerbare Erlös aus der Nutzungsabtretung berechnet werden soll. Eine Baugesellschaft zahlte den Ehegatten K. für die Nutzungsabtretung einer Bodenfläche eine Vergütung, was zu einer Steuererhebung führte. Der Rekurs von K. wurde vom Obergericht gutgeheissen, da die Belastung eines Grundstücks mit Dienstbarkeiten steuerlich als Teilveräusserung zu behandeln ist. Der Gewinn aus der Nutzungsabtretung unterliegt somit der Grundstückgewinnsteuer.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 66/1999/20 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 05.05.2000 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 59a Abs. 1 Ziff. 3, Art. 59d, Art. 59g und Art. 59h Abs. 1 StG. Grundstückgewinn bei Nutzungsabtretung |
Schlagwörter : | Grundstück; Grundstücks; Belastung; Grundstückgewinn; Erlös; Erwerbs; Zuppinger; Nutzungsabtretung; Liegenschaft; Eigentümer; Erwerbspreis; Veräusserung; Grundstücke; Gewinn; Dienstbarkeiten; Rekurrent; /Zuppinger/Schärrer; Teilanlagewert; Grundstücken; Bewirtschaftung; Entgelt; Grundsatz; Zeitpunkt; Kommentar; Grundsteuern; Reimann/Zuppinger/Schärrer; Grundstückgewinns; Verhältnis; Eigentumsrechte |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Bei einer dinglichen Belastung eines Grundstücks werden die Eigentumsrechte aufgespalten. Steuerlich ist dies als Teilveräusserung zu behandeln (E. 2a).
Um den steuerbaren Erlös aus der Nutzungsabtretung zu berechnen, ist der Teilanlagewert für das Nutzungsrecht zu ermitteln und dem Teilerlös (Nutzungsabgeltung) gegenüberzustellen (E. 2b).
Im Jahre 1995 schlossen H., Eigentümer der Liegenschaft GB Nr. 2..., und die Ehegatten K., Miteigentümer der Liegenschaft GB Nr. 1..., sowie die Einwohnergemeinde einen Dienstbarkeitsvertrag betreffend eine Ausnützungsbeschränkung ab. Darin verpflichtete sich der jeweilige Eigentümer der Liegenschaft GB Nr. 1..., zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Liegenschaft GB Nr. 2... bei einer allfälligen Überbauung Nutzungserweiterung von GB Nr. 1... die Ausnützung von 113 m2 Bodenfläche der belasteten Liegenschaft zu unterlassen. Im weitern wurde vereinbart, die Dienstbarkeit werde unentgeltlich eingeräumt. Die Baugesellschaft L. entrichtete jedoch den Ehegatten K. für die Nutzungsabtretung eine Vergütung von Fr. 24'000.-. Auf diesem Betrag erhob die Steuerbehörde die Grundstückgewinnsteuer. Eine hiegegen gerichtete Einsprache wies die kantonale Steuerkommission ab. Das Obergericht hiess dagegen den von K. hierauf erhobenen Rekurs gut.
Aus den Erwägungen:
2.- Handänderungen an Grundstücken sind Belastungen von Grundstücken mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen gleichgestellt, sofern diese die unbeschränkte Bewirtschaftung Veräusserung der Grundstücke dauernd und wesentlich beeinträchtigen und die Belastung gegen Entgelt erfolgt (Art. 59a Abs. 1 Ziff. 3 des Gesetzes über die direkten Steuern vom 17. Dezember 1956 [StG, SHR 641.100]). Dieser Grundsatz ist unbestritten. Umstritten ist jedoch, ob der Rekurrent einen Grundstückgewinn erzielt hat.
Grundstückgewinn ist der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) übersteigt (Art. 59d StG). Als Erlös gilt der Kaufpreis mit Einschluss aller weiteren Leistungen, die der Erwerber für die Übereignung des Grundstücks zu erbringen hat (Art. 59g StG). Bei parzellenweiser Veräusserung ist der Gesamterwerbspreis nach dem Wertverhältnis im Zeitpunkt des Erwerbs anteilsmässig anzurechnen (Art. 59h Abs. 1 StG). Hinsichtlich der Belastung einer Liegenschaft mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen enthält das Gesetz keine besondere Bestimmung über die Gewinnermittlung.
Bei einer dinglichen Belastung des Grundstücks kann von einer Veräusserung nicht gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um eine Aufspaltung der Eigentumsrechte. Ein wesentlicher Teil der Rechte am Grundeigentum geht auf den Eigentümer des begünstigten Grundstücks über, während dem Eigentümer des belasteten Grundstücks oft nur ein kleiner Rest seiner Herrschaftsbefugnisse verbleibt. Wirtschaftlich ist kein Unterschied zwischen den Veräusserungsgewinnen und den Belastungsgewinnen auszumachen, sofern die Belastung eines Grundstücks mit einer privatrechtlichen Dienstbarkeit die unbeschränkte Bewirtschaftung den Veräusserungswert des Grundstücks dauernd und wesentlich beeinträchtigt und die Belastung gegen Entgelt erfolgt (Ferdinand Zuppinger, Grundstückgewinnund Vermögenssteuer, ASA 61 [1992/93], S. 316; s. auch Bernhard Zwahlen in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], Basel und Frankfurt am Main 1997, Art. 12 N. 37 f.,
S. 194; Ferdinand Zuppinger, Die zürcherische Grundstückgewinn- und Handänderungssteuer, Zürich 1956, [zit. Grundsteuern], S. 31 f.).
Die dingliche Belastung eines Grundstücks mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten ist daher steuerlich als Teilveräusserung zu behandeln (Baur/KlötiWeber/Koch/Meier/Ursprung, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, MuriBern 1991, § 78 N. 1, S. 770; s. auch Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Band IV, Zürich 1966, § 169 N. 15, S. 301). Dabei ist der Gewinn bezüglich des veräusserten Teils zu ermitteln. Während der Erlös des veräusserten Teils in der Regel bekannt ist, muss der auf den veräusserten Grundstücksteil entfallende Teilanlagewert bestimmt werden, denn für die Bestimmung des Grundstückgewinns können einander nur Werte gegenübergestellt werden, die umfänglich und inhaltlich gleiche Grundstücke bzw. Rechte daran betreffen. Dies folgt aus dem Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse (Baur/Klöti-Weber/Koch/Meier/Ursprung, § 78
N. 2, 3, S. 770, mit Hinweisen; Zuppinger, Grundsteuern, S. 56; Rei-
mann/Zuppinger/Schärrer, § 169 N. 1, S. 296, und N. 15, S. 301). Die Auffassung der Steuerkommission, wonach die Ermittlung des Teilanlagewertes bei der Belastung von Grundstücken mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten entbehrlich sein soll, widerspricht dem Gesetz.
Durch die vorliegend vereinbarte Nutzungsabtretung wird die bauliche Nutzung des belasteten Grundstücks des Rekurrenten auf einer Teilfläche von 113 m2 ausgeschlossen; dies kommt einem teilweisen Bauverbot gleich. Der Rekurrent bestreitet nicht, dass durch die Einräumung der privatrechtlichen Dienstbarkeit (Nutzungsabtretung) die Bewirtschaftung seines Grundstücks dauernd und wesentlich beeinträchtigt wurde und er dafür ein Entgelt erhalten hat. Damit wurde ein Teil des Liegenschaftenwertes realisiert. Der Gewinn - nicht aber, wie die Steuerbehörden angenommen haben, der Erlös - unterliegt daher gemäss Art. 59a Abs. 1 Ziff. 3 StG der Grundstückgewinnsteuer.
Der Erlös aus der Abtretung der Nutzung an einer Bodenfläche von 113 m2 beträgt Fr. 24'000.-, mithin rund Fr. 212.-/m2. Der Erwerbspreis des Grundstücks im Jahre 1994 betrug unbestrittenermassen Fr. 310.-/m2 bzw. nach den veränderten Berechnungen des Rekurrenten in der Duplik rund Fr. 300.-/m2. Der für die Gewinnberechnung massgebende Erwerbspreis entspricht nun aber nicht einfach dem seinerzeit für das Grundstück bezahlten Preis bzw. dem Verkehrswert des Grundstücks, da ja das Grundstück nicht veräussert wird (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 165 N. 49, S. 232). Entsprechend dem Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse ist dem Erlös aus der Nutzungsabtretung der Wert dieser Nutzung im Zeitpunkt des Erwerbs gegenüberzustellen. Der massgebende Erwerbspreis wird in der Regel in der Weise ermittelt, dass die für die Belastung bezahlte Entschädigung in Relation gebracht wird mit dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt der Belastung. Der Erwerbspreis des Grundstücks wird dann im gleichen Verhältnis auf die entsprechenden Nutzungsrechte einerseits und auf die restlichen Eigentümerrechte andererseits verlegt (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 165 N. 49, S. 232; Zuppinger, Grundsteuern, S. 82).
[Aus der Nutzungsabtretung ergibt sich kein Gewinn, da der Erlös den anrechenbaren Erwerbspreis nicht übersteigt.]
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