Zusammenfassung des Urteils Nr. 63/2017/45: Obergericht
Der Beschuldigte wurde freigesprochen vom Vorwurf der mehrfachen Veruntreuung, aber schuldig gesprochen wegen Veruntreuung, Geldwäsche und Urkundenfälschung. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, deren Vollzug aufgeschoben wurde. Zudem wurde ihm die Zahlung von Schadenersatz auferlegt. Die Gerichtskosten und Anwaltskosten wurden ebenfalls festgelegt.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 63/2017/45 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 24.05.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Individuelle Prämienverbilligung; Nichteinreichung der Steuererklärung; Ermessensveranlagung - Art. 21 Abs. 4 ATSG; Art. 1 Abs. 2 lit. c, Art. 4 Abs. 2 lit. c sowie Art. 65 Abs. 1 und Abs. 3 KVG; Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 KVG/SH; § 10, § 12 Abs. 2 und 3 sowie § 14 KVD; § 13 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 KVV/SH; Art. 5 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 1 VRG. Gemäss § 14 Abs. 1 KVV/SH entfällt der Prämienverbilligungsanspruch bei pflichtwidrig nicht eingereichter Steuererklärung. Weist eine steuerliche Ermessensveranlagung weder ein steuerbares Einkommen noch ein steuerbares Vermögen aus und bescheinigt sie folglich bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse, ist die Anwendung von § 14 Abs. 1 KVV/SH überspitzt formalistisch (E. 5.3). Offen gelassen, ob eine Verknüpfung von steuerrechtlichen Versäumnissen und dem Anspruch auf Prämienverbilligung grundsätzlich bundesrechtskonform ist und ob die Regelung in einer Verordnung eine genügende gesetzliche Grundlage darstellt (E. 5.3 und E. 6). |
Schlagwörter : | Prämien; Steuer; Prämienverbilligung; Anspruch; AHV-Ausgleichskasse; Ermessen; Person; Ermessensveranlagung; Steuererklärung; Verhältnisse; Kanton; KVV/SH; Krankenversicherung; Reichung; Mitwirkung; Recht; Mitwirkungspflicht; Einkommen; Personen; Sachverhalt; Verhältnissen; Vollzug; Anspruchs; Prämienverbilligungsanspruch; Pflicht; Einreichung; Kantone; Krankenversicherungsgesetzes; Frist |
Rechtsnorm: | Art. 1 KVG ;Art. 21 ATSG ;Art. 29 BV ;Art. 65 KVG ;Art. 97 KVG ; |
Referenz BGE: | 142 V 152; 145 I 26; |
Kommentar: | - |
sowie Art. 65 Abs. 1 und Abs. 3 KVG; Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 KVG/SH; § 10, § 12
Abs. 2 und 3 sowie § 14 KVD; § 13 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 KVV/SH; Art. 5 Abs. 1
und Art. 44 Abs. 1 VRG.
Gemäss § 14 Abs. 1 KVV/SH entfällt der Prämienverbilligungsanspruch bei pflichtwidrig nicht eingereichter Steuererklärung. Weist eine steuerliche Ermessensveranlagung weder ein steuerbares Einkommen noch ein steuerbares Vermögen aus und bescheinigt sie folglich bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse, ist die Anwendung von § 14 Abs. 1 KVV/SH überspitzt formalistisch (E. 5.3).
Offen gelassen, ob eine Verknüpfung von steuerrechtlichen Versäumnissen und dem Anspruch auf Prämienverbilligung grundsätzlich bundesrechtskonform ist und ob die Regelung in einer Verordnung eine genügende gesetzliche Grundlage darstellt (E. 5.3 und E. 6).
OGE 63/2017/45 vom 24. Mai 2019
Veröffentlichung im Amtsbericht
SachverhaltX. beantragte die Zusprechung der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung für das Jahr 2017. Die AHV-Ausgleichskasse stellte fest, dass kein Anspruch auf Individuelle Prämienverbilligung (IPV) bestehe, da X. seiner Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 2015 nicht fristgerecht nachgekommen sei. Dagegen erhob X. Einsprache, die von der AHV-Ausgleichskasse abgewiesen wurde. Die von X. dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht gut und stellte fest, dass X. für das Jahr 2017 Anspruch auf Individuelle Prämienverbilligung hat.
Aus den ErwägungenNach Art. 65 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG, SR 832.10) gewähren die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Die Kantone sorgen dafür, dass bei der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere auf Antrag der versicherten Person, die aktuellsten Einkommensund Familienverhältnisse berücksichtigt werden (Art. 65 Abs. 3 KVG). Die Kantone haben nach Art. 97 Abs. 1 KVG Ausführungsbestimmungen zu Art. 65 KVG zu erlassen.
Gemäss Art. 1 Abs. 1 des kantonalen Krankenversicherungsgesetzes vom
19. Dezember 1994 (KVG/SH, SHR 832.100) richtet der Kanton Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen mit Wohnsitz im Kanton Schaffhausen Beiträge zur Verbilligung der Prämien der Krankenpflege-Grundversicherung aus. Das Dekret über den Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes regelt den Vollzug des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung, wobei der Regierungsrat weitere ergänzende Vorschriften erlassen kann (§ 1 des Dekrets über den Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes vom 10. Juni 1996 [KVD, SHR 832.110]). Ein Anspruch auf Beiträge zur Prämienverbilligung kann geltend gemacht werden, wenn die anrechenbaren Prämien der obligatorischen Krankenversicherung 15% des anrechenbaren Einkommens übersteigen (Art. 1 Abs. 2 KVG/SH i.V.m. § 10 KVD). Massgebend sind die definitiven Steuerwerte für das zweite bei deren Fehlen - das dritte dem Zahlungsjahr vorangehende Jahr. Liegen zum Zeitpunkt der Beitragsberechnung diese Werte nicht vor, wird auf die letzten verfügbaren provisorischen Werte abgestellt (§ 12 Abs. 2 und 3 KVD, § 13 Abs. 1 der Verordnung über den Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes vom 9. Juli 1996 [KVV/SH, SHR 832.111]). Die kantonale Steuerbehörde stellt der AHV-Ausgleichskasse die zur Ermittlung der Beitragsberechtigung benötigten Steuerund Personendaten derjenigen Personen, die nach ihrem Kenntnisstand Anspruch auf Prämienverbilligung haben, zur Verfügung. Soweit erforderlich kann sie dazu andere betroffenen Stellen des Kantons und der Gemeinden heranziehen (§ 14 Abs. 1 KVD). Die AHV-Ausgleichskasse prüft und bearbeitet diese Daten und ermittelt die Höhe der Beiträge. Sie nimmt bei Bedarf zusätzliche Abklärungen vor und fordert bei den Versicherten die für die Auszahlung erforderlichen Angaben ein (§ 14 Abs. 2 KVD). Gemäss § 14 Abs. 3 KVD ist der Anspruch auf Prämienverbilligung verwirkt, wenn die versicherte Person die für die Berechnung bzw. Auszahlung erforderlichen Angaben nicht innert der angesetzten Frist einreicht. § 14 Abs. 1 KVV/SH bestimmt sodann, dass Personen, die für die im Regelfall massgebliche Steuerperiode drei Monate nach Ablauf der ordentlichen Frist ohne bewilligte Fristverlängerung keine Steuererklärung eingereicht haben, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wären, keinen Anspruch auf Prämienverbilligung haben.
3. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer zwar fristgerecht einen Antrag auf Prämienverbilligung für das Jahr 2017 gestellt hatte, indes seiner Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 2015 nicht fristgerecht nachgekommen war. Streitig und zu prüfen ist, ob die AHV-Ausgleichskasse den Leistungsanspruch aus diesem Grund zu Recht verneint hatte.[ ]
Im Bereich der Prämienverbilligung gilt der Untersuchungsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 [VRG, SHR 172.200]; Art. 44 Abs. 1 VRG). Danach haben der Versicherungsträger das Durchführungsorgan und im Beschwerdefall das kantonale Versicherungsgericht von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Rechtserheblich in diesem Sinn sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so anders zu entscheiden ist. Der Untersuchungsgrundsatz wird ergänzt und relativiert durch die Mitwirkungspflicht der Parteien, welche namentlich insoweit greift, als eine Partei das Verfahren durch eigenes Begehren einleitet darin eigene Rechte geltend macht. Die auch im Bereich der Prämienverbilligung geltende Mitwirkungspflicht obliegt der versicherten Person vor allem in Bezug auf Tatsachen, die sie besser kennt als die (Verwaltungsoder Gerichts-)Behörde und welche diese sonst gar nicht nicht mit vernünftigem Aufwand erheben könnte (vgl. für viele: BGer 9C_669/2016 vom 20. Dezember 2016 E. 7.1). Das bei verletzter Mitwirkungspflicht im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2002 (ATSG, SR 830.1) durchzuführende Mahnund Bedenkzeitverfahren (Art. 21 Abs. 4 ATSG) findet zwar in der Prämienverbilligung keine (direkte) Anwendung (Art. 1 Abs. 2 lit. c KVG). Der im Sozialversicherungsrecht allgemein gültige Grundsatz, wonach schwere Rechtsnachteile nur Platz greifen, wenn die versicherte Person vorgängig ausdrücklich und unmissverständlich auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde (vgl. z.B. EVG C 7/03 vom 31. August 2004 E. 5.3.2 mit Hinweisen), gebietet indes generell, dass eine Nachfrist zur hinreichenden Substantiierung bzw. zur Nachreichung von Unterlagen einzuräumen ist. Die Behörden trifft im Verwaltungsverfahren überdies eine Aufklärungspflicht, das heisst, sie sind gehalten, nötigenfalls die Verfahrensbeteiligten geeignet auf die zu beweisende Tatsache hinzuweisen und als Korrelat zur Mitwirkungspflicht der Parteien rechtzeitig und formrichtig angebotene Beweismittel zu rechtserheblichen Tatsachen abzunehmen (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV; BGer 2C_58/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2.2.1 mit Hinweisen).
Aus den Akten ist ersichtlich, dass die Steuerbehörde beim Beschwerdeführer (aufgrund fehlender Mitwirkung im Veranlagungsverfahren) eine Ermessensveranlagung vornahm. Die Steuerrechnung 2015 [ ] lag demnach bei Einreichung des IPV-Antrags [ ] schon längere Zeit vor. Die AHV-Ausgleichskasse liess diese offensichtlich gestützt auf § 14 Abs. 1 KVV/SH unberücksichtigt, weil der Beschwerdeführer unbestritten aufgrund pflichtwidrig nicht eingereichter Steuererklärung ermessensweise veranlagt worden war.
Der Beschwerdeführer machte für sein unentschuldigtes steuerrechtliches Fristversäumnis gesundheitliche Gründe geltend, ohne diese im Verfahren vor der AHV-Ausgleichskasse (und im Übrigen auch nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren) näher zu präzisieren. Obwohl es ihm zumutbar und ohne grossen Aufwand möglich gewesen wäre, Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, z.B. mittels Arztberichten, zu belegen, verwies er im Einwandverfahren einzig auf die IV-Akten und ermächtigte die AHV-Ausgleichskasse zur entsprechenden Akteneinsicht. Im Wissen, dass der AHV-Ausgleichskasse die mit der gesundheitlichen Einschränkung in Zusammenhang stehenden Umstände nicht bekannt waren und sie nur mit einigem Aufwand den massgebenden Sachverhalt ermitteln konnte, wäre der Beschwerdeführer grundsätzlich gehalten gewesen, in Nachachtung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren die geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen rechtsgenüglich nachzuweisen. Indem er dies unterliess, kam er seiner Mitwirkungspflicht jedenfalls nicht hinreichend nach. Allerdings traf auch die AHV-Ausgleichskasse keine weiteren Abklärungen zur Frage, ob die Nichteinreichung der Steuererklärung 2015 auf entschuldbaren Gründen beruht hatte, sondern sie befand hinsichtlich des Prämienverbilligungsanspruchs 2017 ohne Weiterungen - namentlich ohne dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Nachreichung zusätzlicher Unterlagen einzuräumen -, die diesbezüglichen Umstände spielten keine Rolle. Dass die AHV-Ausgleichskasse alle weiteren Abklärungen unterliess, hat seinen Grund in der Prämisse, wonach sie die Verwirkungsfolge von § 14 Abs. 1 KVV/SH als unausweichlich erachtet hatte. Zu prüfen ist im Folgenden, ob dies zutrifft und verneinendenfalls welche Folgen aus einer Mitwirkungspflichtsverletzung bzw. einer fehlenden Nachfristansetzung resultieren.
Die Kantone haben bei der Regelung der Frage, was unter bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen i.S.v. Art. 65 KVG zu verstehen ist, einen erheblichen Spielraum. Sie dürfen aber keine zusätzlichen sachfremden Voraussetzungen festlegen, die mit der Zielsetzung von Art. 65 KVG im Widerspruch stehen. Diese besteht wie eingangs erwähnt darin, Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen eine Verbilligung ihrer Krankenkassenprämien zu gewähren und dadurch die Prämien für untere und mittlere Einkommen zu verbilligen (vorangehende E. 2.1; vgl. dazu auch den per 1. Januar 2019 in Kraft getretenen, hier nicht anwendbaren Art. 65 Abs. 1bis KVG und BGE 145 I 26 E. 8.3 S. 47 ff.).
Das Obergericht hat im Entscheid OGE 63/2010/76 vom 14. Januar 2011 festgestellt, dass Personen, die keine Steuerklärung einreichen, es mit ihrer Säumnis der kantonalen Steuerbehörde verunmöglichen, der AHV-Ausgleichskasse die
zur Ermittlung der Beitragsberechtigung benötigten aktuellen Steuerund Personendaten zu liefern. Das ist nicht in Frage zu stellen. Sodann ist die Veranlagungsbehörde im Rahmen der Ermessensveranlagung zwar praxisgemäss verpflichtet, die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen so vorzunehmen, dass sie dem realen Sachverhalt und der materiellen Wahrheit möglichst nahe kommt und der Pflichtige selbst bei unklarem Sachverhalt möglichst wirklichkeitsnah gemäss seiner tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit veranlagt wird (vgl. BGer 2C_679/2016 vom 11. Juli 2017 E. 4.2.2 mit Hinweisen). Gleichwohl vermag eine Ermessensveranlagung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht exakt widerzuspiegeln. Letztere darf aber insoweit nicht vernachlässigt werden, als die Prämienverbilligung den in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bevölkerungsgruppen Entlastung bringen soll (vorangehende E. 2.1 und 5.1).
Nach § 14 Abs. 1 KVV/SH entfällt der Prämienverbilligungsanspruch bei pflichtwidrig nicht fristgerecht eingereichter Steuererklärung. Gemäss Auffassung der AHV-Ausgleichskasse gilt dies ungeachtet der konkreten Umstände in jedem Fall. Im Ergebnis ist die Regelung von § 14 Abs. 1 KVV/SH zwar nicht singulär. So wird beispielsweise im Kanton Solothurn eine Ermessensveranlagung (ohne Differenzierung nach den entsprechenden Ursachen) als Grund für das Entfallen des Prämienverbilligungsanspruchs gesehen. § 89 Abs. 3 Sozialgesetz des Kantons Solothurn vom 31. Januar 2007 (BGS 831.1) bestimmt, dass Personen, welche nach Ermessen steuerlich veranlagt werden, keinen Anspruch auf Prämienverbilligung haben. Anderes gilt dagegen etwa im Kanton Schwyz, wo der seit 25. September 2018 in Kraft stehende § 9 Abs. 1a der Vollzugsverordnung zum Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 4. Dezember 2012 (SRSZ 361.111) vorsieht, dass für die Anspruchsprüfung auch auf Ermessenveranlagungen abgestellt werden kann.
Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den steuerrechtlichen Pflichten an sich und dem für die Entstehung des Anspruchs auf Prämienverbilligung kausalen Faktor bescheidener wirtschaftlicher Verhältnisse liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Ob eine Verknüpfung von steuerrechtlichen Versäumnissen und dem Anspruch auf Prämienverbilligung grundsätzlich bundesrechtskonform ist, braucht vorliegend indes nicht abschliessend geklärt zu werden. Werden bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse selbst durch die Ermessensveranlagung bescheinigt, was dann ohne weiteres zutrifft, wenn die Ermessensveranlagung weder ein steuerbares Einkommen noch ein steuerbares Vermögen ausweist, ist nicht zu sehen, wie sich eine Verweigerung der Prämienverbilligung einzig und allein wegen pflichtwidriger Nichteinreichung der Steuererklärung mit dem bundesrechtlichen Zweck der Prämienverbilligung in Einklang bringen liesse. Bei einer solchen Ausgangslage
erscheint die Anwendung von § 14 Abs. 1 KVV als überspitzt formalistisch (vgl. Art. 29 Abs. 1 BV; BGE 142 V 152 E. 4.2 S. 158 mit Hinweisen). Dabei gilt es zusätzlich zu bedenken, dass eine Ermessensveranlagung, welche weder ein steuerbares Einkommen noch ein steuerbares Vermögen ausweist, vom Steuerpflichtigen mangels Rechtsschutzinteresse nicht angefochten werden und er keine ordentliche Steuerveranlagung verlangen könnte. Auch insoweit ist für solche Fälle eine besondere Betrachtungsweise angezeigt, welche einen automatischen Verlust des Anspruchs auf Prämienverbilligung verbietet (vgl. dazu VG SO, SOG 2005 Nr. 28 [VSBES.2005.155] vom 5. August 2005).
Im konkreten Fall liegen nebst dem vom Beschwerdeführer zu bezahlenden Steuerbetrag für das Steuerjahr 2015 auch die Schlussrechnungen für die Jahre 2016 und 2017 in den Akten. Demnach waren in allen drei Steuerjahren lediglich die bei fehlendem steuerbarem Einkommen und Vermögen zu entrichtenden Personalsteuern auf Kantonsund Gemeindeebene von je Fr. 30.geschuldet. Für das hier relevante Steuerjahr 2015 bescheinigte daher bereits die Ermessensveranlagung für sich allein das Vorliegen bescheidener wirtschaftlicher Verhältnisse hinreichend. Dies steht im Übrigen auch im Einklang mit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten langjährigen Erwerbslosigkeit aus gesundheitlichen Gründen und insbesondere mit dem von der AHV-Ausgleichskasse nicht in Frage gestellten Umstand, dass sich der Beschwerdeführer im Jahr 2014 in tagesklinischer Behandlung sowie von Juni 2015 bis anfangs 2016 in einem Integrationsprogramm der IV befunden habe. Bei dieser Ausgangslage mit durch die Ermessensveranlagung bescheinigten - und aus den übrigen Umständen ebenfalls ersichtlichen bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse verbietet es sich, allein wegen einer nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärung von einer Verwirkung des IPV-Anspruchs auszugehen. Vor diesem Hintergrund spielt daher auch keine weitere Rolle, ob die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers einen entschuldbaren Grund für die verspätete Einreichung der Steuererklärung 2015 zu bilden vermocht hätten, der Beschwerdeführer diesbezüglich seine Mitwirkungspflicht verletzt die AHV-Ausgleichskasse zu Unrecht keine Nachfrist zur Substantiierung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen angesetzt hatte. Ebenfalls offen gelassen werden kann die vom Obergericht im Entscheid OGE 63/2010/76 vom 14. Januar 2011 aufgeworfene Frage, ob § 14 KVV/SH eine genügende gesetzliche Grundlage darstellt und ob diese Verordnungsbestimmung mit übergeordnetem Recht vereinbar ist.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund bescheidener wirtschaftlicher Verhältnisse für das Jahr 2017 Anspruch auf IPV hat. Die Beschwerde ist demzufolge in dem Sinne gutzuheissen, dass der angefochtene Einspracheentscheid [ ] aufzuheben und die AHV-Ausgleichskasse
anzuweisen ist, die Höhe der Prämienverbilligung für das Jahr 2017 zu berechnen und entsprechend zu verfügen.
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