E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 63/2013/21: Obergericht

Der Gesuchsteller hat die Revision eines Strafbefehls des Stadtrichteramtes Zürich beantragt, der aufgrund von Missbrauch einer Fernmeldeanlage ergangen war. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied jedoch, dass das Revisionsgesuch offensichtlich unbegründet ist und wies es ab. Der Gesuchsteller hatte bereits mehrere erfolglose Revisionsgesuche eingereicht. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 300 wurden dem Gesuchsteller auferlegt. Der Entscheid wurde am 14. Juni 2019 vom Oberrichter lic. iur. R. Naef gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 63/2013/21

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 63/2013/21
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 63/2013/21 vom 20.06.2014 (SH)
Datum:20.06.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 41 ATSG; § 15 KVD; § 15 Abs 2 KVV/SH Prämienverbilligung; Wiederherstellung der Antragsfrist
Schlagwörter : Frist; Prämien; Prämienverbilligung; Wiederherstellung; Recht; Ausgleichskasse; Frist; Hindernis; Krankenversicherung; Anspruch; Antrag; Einreichung; Gesuch; Verfahren; Obergericht; Fristwiederherstellung; Person; KVV/SH; Personen; Bundesgesetz; Krankheit; Unterstützung; Wiederherstellungsgr; Wegfall; Hindernisses; Schaffhausen; Vollzug; Bestimmungen
Rechtsnorm:Art. 1 AHVG ;Art. 41 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 63/2013/21

Art. 41 ATSG; § 15 KVD; § 15 Abs 2 KVV/SH. Prämienverbilligung; Wiederherstellung der Antragsfrist (OGE 63/2013/21 vom 20. Juni 2014)

Veröffentlichung im Amtsbericht

Die Frist zur Einreichung des Prämienverbilligungsgesuchs kann wiederhergestellt werden. Für das Wiederherstellungsverfahren ist Art. 41 ATSG als subsidiäres kantonales Verfahrensrecht sinngemäss anwendbar.

Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der Krankheitszustand des Versicherten einen Wiederherstellungsgrund dargestellt habe. Der Versicherte hat jedenfalls nach Wegfall des Hindernisses nicht rechtzeitig um Wiederherstellung ersucht.

Am 16. Januar 2013 stellte X. beim Sozialversicherungsamt Schaffhausen/AHV-Ausgleichskasse das Gesuch um Prämienverbilligung in der Krankenversicherung für das Jahr 2012. Die Ausgleichskasse verfügte hierauf, X. stehe wegen verspäteter Einreichung des Anmeldeformulars keine Prämienverbilligung zu. Eine hiegegen gerichtete Einsprache wies sie ab. X. erhob Beschwerde ans Obergericht; er ersuchte unter anderem um Wiederherstellung der Anmeldefrist. Das Obergericht wies die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2.- a) Anspruch auf Prämienverbilligung haben Personen mit steuerrechtlichem Wohnsitz im Kanton Schaffhausen, die durch die Prämien der obligatorischen Krankenversicherung stark belastet sind (§ 9 Abs. 1 KVD1).

Die kantonale Steuerbehörde stellt der AHV-Ausgleichskasse die zur Ermittlung der Beitragsberechtigung benötigten Steuerund Personendaten derjenigen Personen, die nach ihrem Kenntnisstand Anspruch auf Prämienverbilligung haben, zur Verfügung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KVD). Personen, die dabei nicht berücksichtigt wurden und einen Anspruch geltend machen wollen, müssen bei der Ausgleichskasse ein Antragsformular einfordern (§ 15 Abs. 1 KVD). Die Anträge sind innerhalb der durch Verordnung des Regierungsrats festgelegten Frist bei der Ausgleichskasse einzureichen (§ 15 Abs. 2 KVD).

  1. Dekret über den Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes vom 10. Juni 1996 (KVD, SHR 832.110).

    Beim Vorliegen wichtiger Gründe kann die ordentliche Frist durch die Ausgleichskasse erstreckt werden (§ 15 Abs. 2 KVV/SH2). Wird innerhalb der gesetzten Frist kein Antrag eingereicht, ist der Anspruch auf Prämienverbilligung verwirkt (§ 15 Abs. 3 KVD).

    Für die hier in Frage stehende Prämienverbilligung 2012 war die ordentliche Frist zur Einreichung der Anträge der 30. Juni 2012. Letzte Nachfrist beim Vorliegen wichtiger Gründe war der 15. August 2012 (Anhang Ziff. 4 Abs. 1 lit. b und lit. c KVV/SH, Fassung vom 13. Dezember 20113).

    1. Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf Prämienverbilligung für 2012 unbestrittenermassen erst am 16. Januar 2013 und damit rund fünf Monate nach Ablauf der festgesetzten letzten Nachfrist eingereicht. Vom Zeitablauf her war der Anspruch somit grundsätzlich verwirkt.

    2. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, er habe Anspruch auf Wiederherstellung der Frist, weil er im fraglichen Zeitraum aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, seine Verantwortung wahrzunehmen und dem Antragsprinzip gerecht zu werden.

      Die Ausgleichskasse macht dagegen geltend, die vorgesehene letzte Nachfrist für die Antragsstellung schliesse eine nachträgliche Wiederherstellung der Frist aus. Diese Spezialbestimmung gehe den allgemeinen Bestimmungen über die Wiederherstellung einer Frist vor. Der Gesetzgeber hätte auf das Gewähren einer Nachfrist verzichten können, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt noch zu prüfen wäre, ob allenfalls Gründe für das Wiederherstellen einer (ausserordentlichen) Frist vorlägen.

      Das Obergericht hat schon bei anderer Gelegenheit darauf hingewiesen, dass die speziellen Vorschriften über die Ansetzung der Frist zur Einreichung des Gesuchs um Prämienverbilligung den allgemeinen Verfahrensbestimmungen über das Ansetzen von Fristen vorgehen. Dabei wird aber gemäss Wortlaut lediglich die - nur beschränkt mögliche - Erstreckung dieser spezifischen Frist geregelt. Nicht geregelt wird die allfällige Wiederherstellung der Frist, wenn sie nicht eingehalten wird. Zwischen Fristerstreckung und Fristwiederherstellung ist zu unterscheiden. Aus dem Umstand als solchem, dass die Möglichkeit einer Fristwiederherstellung im Krankenversicherungsdekret und in der Vollzugsverordnung nicht erwähnt wird, kann nicht geschlossen werden, dass eine Wiederherstellung nach Ablauf der Nachfrist nicht mehr möglich sei. Vielmehr entspricht es einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass eine nicht gewahrte Frist unter bestimmten Voraussetzungen wiederherge-

  2. Verordnung über den Vollzug des Krankenversicherungsgesetzes vom 9. Juli 1996 (KVV/SH, SHR 832.111).

3 ABl 2011, S. 1738.

stellt werden kann. Deshalb ist die Fristwiederherstellung auch zulässig, wenn das Gesetz sie nicht vorsieht.4 Nach der Rechtsprechung des Obergerichts ist daher eine Wiederherstellung der Frist zur Einreichung des Prämienverbilligungsgesuchs prinzipiell zulässig.5 Es besteht kein Grund, diese Praxis hier in Frage zu stellen.

  1. Das Verfahren zur Durchführung der Prämienverbilligung richtet sich nach kantonalem Recht. Insbesondere ist das eidgenössische ATSG6 mit den darin geregelten Verfahrensbestimmungen grundsätzlich nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 2 lit. c KVG7). Das Obergericht ist daher seinerzeit ohne nähere Prüfung davon ausgegangen, dass für die Fristwiederherstellung die für das kantonale verwaltungsinterne Verfahren geltende Bestimmung von Art. 11 VRG8 analog anwendbar sei. Ob das tatsächlich zutreffe, war insoweit unerheblich, als die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung ohnehin nicht als erfüllt betrachtet wurden.

    Im Kanton Schaffhausen wird die Durchführung der Prämienverbilligung insbesondere im Krankenversicherungsdekret geregelt. Soweit dieses keine Regelung enthält, werden die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung9 sinngemäss angewendet (§ 26 KVD). Dieses bezeichnet seinerseits die Bestimmungen des ATSG als anwendbar, soweit es nicht ausdrücklich eine Abweichung davon vorsieht (Art. 1 Abs. 1 AHVG). Auf das kantonale Prämienverbilligungsverfahren ist demnach das ATSG als subsidiäres kantonales Verfahrensrecht sinngemäss dennoch anwendbar.

  2. Ist die gesuchstellende Person ihre Vertretung unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese wieder hergestellt, sofern sie unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 41 ATSG).

    1. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. A., Zürich/Basel/Genf 2009, Art. 41 N. 4, S. 526, mit Hinweisen.

    2. OGE 63/2013/3 vom 31. Dezember 2013, E. 2c; vgl. schon OGE 63/2011/2 vom 14. Dezember 2012, E. 2b.

    3. Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG, SR 830.1).

    4. Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG, SR 832.10).

    5. Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, SHR 172.200).

    6. Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG, SR 831.10).

      Das Gesetz lässt demnach die Wiederherstellung nur zu, wenn der Partei (und gegebenenfalls ihrer Vertretung) kein Vorwurf gemacht werden kann. Ein Krankheitszustand bildet nach der Rechtsprechung ein unverschuldetes, zur Wiederherstellung führendes Hindernis, wenn und solange er jegliches auf die Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht. Die Erkrankung muss derart sein, dass der Rechtsuchende durch sie davon abgehalten wird, innert Frist selbst zu handeln eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen. Demzufolge dauert das Hindernis nur solange an, als der Betroffene wegen seiner körperlichen geistigen Beeinträchtigung weder selbst die Rechtshandlung vornehmen noch einen Dritten beauftragen kann. Eine Fristwiederherstellung wird nach der bundesgerichtlichen Praxis nur gewährt, wenn die darum ersuchende Partei klarerweise kein Verschulden an der Säumnis trifft und sie auch bei gewissenhaftem Vorgehen nicht rechtzeitig hätte handeln können. Dabei gilt ein strenger Massstab.10

      Das Hindernis gilt dann als weggefallen, wenn die Fristversäumnis erkannt wird wenn der Grund, durch welchen die Handlungsunfähigkeit verursacht wurde (z.B. Krankheit) weggefallen ist. Im Gesuch ist der Grund, auf den die Fristversäumnis zurückzuführen ist, zu nennen.11

  3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei seit längerer Zeit gesundheitlich angeschlagen Er sei nicht mehr in der Lage gewesen, sich um seine administrativen Pflichten zu kümmern und die Verantwortung für seine materielle Basis zu übernehmen. Daher sei er nicht in der Lage gewesen, dem Antragsprinzip gerecht zu werden. Er habe Briefe nicht geöffnet, weil er sich von der Beantwortung überfordert gefühlt habe. Weil er die Beantwortung des EL-Revisionsfragebogens immer hinausgeschoben habe, sei die Auszahlung der Ergänzungsleistung per 1. Februar 2012 eingestellt worden. Da er bis Januar 2012 die Prämienverbilligung immer über die Ergänzungsleistungen erhalten habe, habe er nicht gewusst, dass er die Prämienverbilligung beim Sozialversicherungsamt hätte beantragen müssen. Erfahrungsgemäss dauere es bei sozialen Destabilisierungen wie beim Beschwerdeführer länger, bis das Umfeld und die Krankheitsbetroffenen selbst reagierten, als für das Einreichen der Prämienverbilligung zur Verfügung stehe. Die Androhung der Wohnungskündigung allein habe nicht ausgereicht, um den Beschwerdeführer zur Inanspruchnahme von Unterstützung zu bewegen. Es habe zusätzlich die Bestrebungen seiner Betreuungspersonen gebraucht, bis er im September 2012 widerstrebend bei der Fachstelle für Gesundheitsförderung, Prävention und Suchtberatung angeklopft und sich entschieden habe, deren Unterstützung anzunehmen und ihr die Einkommensverwaltung zu übergeben.

    1. BGer 6B_318/2012 vom 21. Januar 2013, E. 1.2, mit Hinweisen.

    2. Kieser, Art. 41 N .10, S. 527.

    Der Beschwerdeführer hat sodann ein ärztliches Zeugnis eingereicht. Darin wird ausgeführt, der Beschwerdeführer leide seit vielen Jahren an einer depressiven Erkrankung, welche schliesslich auch zur Arbeitsunfähigkeit und Invalidisierung geführt habe. ... Dadurch sei er in ein apathisches, reaktionsloses Verhalten hineingeraten, wo er sämtliche sozialen und schriftlichen Anforderungen der Umwelt nicht mehr beantwortet habe. Er habe auch keine komplementäre Hilfe aktiv in Anspruch genommen. Durch die eingerichtete Vermögensverwaltung bei der Fachstelle für Gesundheitsförderung, Prävention und Suchtberatung bestehe nun die Hoffnung, die Problemberge nicht noch grösser anwachsen zu lassen.

    Es kann offenbleiben, ob die geschilderten gesundheitlichen Probleme als andauerndes Hindernis zu betrachten seien, welches dem Beschwerdeführer jegliches auf die Fristwahrung gerichtetes Handeln verunmöglicht habe und damit im Grundsatz einen Wiederherstellungsgrund darstelle. Der Beschwerdeführer hat jedenfalls im September 2012 die Unterstützung seiner nunmehrigen Vertreterin angenommen und ihr die Vermögensverwaltung übergeben. Damit ist aber das Hindernis weggefallen. Wieso der Beschwerdeführer das Gesuch um Prämienverbilligung trotz der nunmehrigen Unterstützung durch seine Vertreterin erst vier Monate später stellen konnte, tut er nicht dar. Im Gesuchsformular hat er sodann nicht darauf hingewiesen, aus welchem Grund er die Frist nicht eingehalten habe. Soweit ersichtlich, hat er erst in der Einspracheschrift, d.h. weitere drei Monate später, die seinerzeitigen gesundheitlichen Probleme zum ersten Mal erwähnt.

    Selbst wenn die seinerzeitige gesundheitliche Einschränkung tatsächlich als Wiederherstellungsgrund zu betrachten wäre, ist somit jedenfalls nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer nach Wegfall des Hindernisses rechtzeitig um Wiederherstellung ersucht habe. Die versäumte Eingabefrist kann daher nicht wiederhergestellt werden.

  4. Die Ausgleichskasse ist demnach zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer wegen verspäteter Einreichung des Gesuchs keine Prämienverbilligung zustehe. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet; sie ist abzuweisen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.