Zusammenfassung des Urteils Nr. 63/2012/9: Obergericht
X. beantragte bei der AHV-Ausgleichskasse Schaffhausen die Übernahme des Tagessatzes für eine heroingestützte Behandlung im Rahmen der Ergänzungsleistungen. Die Ausgleichskasse lehnte das Gesuch ab, woraufhin X. Beschwerde einreichte. Das Obergericht wies die Beschwerde ab, da die heroingestützte Behandlung nicht unter die Leistungen gemäss Art. 14 ELG fiel. Es handelte sich um einen persönlichen Beitrag, der nicht durch Ergänzungsleistungen abgedeckt wurde. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 63/2012/9 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.04.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 ELG; Art. 5 Abs. 1 ELG/SH; § 7 sowie § 14 Abs. 1 und Abs. 3 ELV/SH Keine Ergänzungsleistungen bei heroin-gestützten Behandlungen |
Schlagwörter : | Behandlung; Ergänzungsleistung; Ergänzungsleistungen; Leistung; Kanton; ELV/SH; Betreuung; Schaffhausen; Tagessatz; Krankheit; Teilnehmer; Pflege; Krankheits; Behinderungskosten; Kantone; Verordnung; Stadt; Ausgleichskasse; Vergütung; Regierungsrat; Krankenversicherung; Hilfe; Bundesgesetz; ELG/SH; Sozialhilfe; Teilnehmerinnen |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts Heroingestützte Behandlung in der Stadt Schaffhausen müssen einen Selbstbeitrag leisten. Dabei handelt es sich weder um Pflegeund Betreuungskosten noch um einen Selbstbehalt der Krankenversicherung, für welche Ergänzungsleistungen ausgerichtet werden, sondern um einen von jedem Teilnehmenden zu leistenden persönlichen Beitrag.
X. ersuchte die AHV-Ausgleichskasse Schaffhausen um Übernahme des Tagessatzes für die heroingestützte Behandlung im Rahmen der Ergänzungsleistungen. Die Ausgleichskasse wies das Gesuch und die hierauf erhobene Einsprache ab. Gegen den Einspracheentscheid erhob X. Beschwerde ans Obergericht mit dem Antrag, den Tagessatz von Fr. 5.für die heroingestützte Behandlung zurückzuerstatten. Das Obergericht wies die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
2.- a) Nach Art. 4 Abs. 1 lit. c ELG1 haben Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn sie Anspruch haben auf eine Rente eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung.
Die Ergänzungsleistungen bestehen gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG aus der Vergütung von Krankheitsund Behinderungskosten. Die Kantone vergüten den Bezügerinnen und Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung ausgewiesene, im laufenden Jahr entstandene Kosten u.a. für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen (Art. 14 Abs. 1 lit. b ELG). Die Kantone bezeichnen die Kosten, die nach Abs. 1 vergütet werden können. Sie können die Vergütung auf im Rahmen einer wirtschaftlichen und zweck-
Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung vom 6. Oktober 2006 (ELG, SR 831.30).
mässigen Leistungserbringung erforderliche Ausgaben beschränken (Art. 14 Abs. 2 ELG).
Gemäss Art. 5 Abs. 1 ELG/SH2 besteht der Anspruch auf Vergütung der ausgewiesenen Krankheitsund Behinderungskosten gemäss Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes im Rahmen einer zweckmässigen und wirtschaftlichen Leistungserbringung. Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten.
§ 14 Abs. 1 ELV/SH3 sieht vor, dass Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause, die infolge Alter, Invalidität, Unfall Krankheit notwendig ist und von öffentlichen gemeinnützigen Trägern erbracht wird, vergütet werden. Pflegeund Betreuungskosten, die in einem öffentlichen gemeinnützigen Tagesheim, Tagesspital Ambulatorium entstanden sind, werden ebenfalls vergütet (§ 14 Abs. 3 ELV/SH).
Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, bei der heroingestützten Behandlung handle es sich um Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung, welche in einem öffentlichen Spital bzw. Ambulatorium anfallen. Es handle sich hierbei nicht nur um eine Leistung unter dem Titel Arztkosten. Das Spezifische und Einzigartige dieser Behandlung sei die psychosoziale Betreuung durch ein interdisziplinäres Team. Die ärztliche Leistung sei ein kleiner Teil eines Gesamtpakets.
Die AHV-Ausgleichskasse machte im ablehnenden Entscheid geltend, bei der heroingestützten Behandlung handle es sich um eine Leistung unter dem Titel Arztkosten, welche mit Ausnahme der Zahnarztkosten und von Franchise und Selbstbehalt nach KVG4 vom ELG nicht erfasst werde. Daher dürften für die Kosten der heroingestützten Behandlung keine Ergänzungsleistungen ausgerichtet werden. In der Stellungnahme zur Beschwerde wies die AHV-Ausgleichskasse darauf hin, dass sich die heroingestützte Behandlung keiner der Leistungen nach Art. 14 Abs. 1 ELG zuordnen lasse. Ein Hinweis auf die Art und Weise der Finanzierung der heroingestützten Be-
handlung lasse sich den Schaffhauser Richtlinien für die Bemessung der Sozialhilfe für das Jahr 2011 entnehmen.
Die heroingestützte Behandlung (HeGeBe) beinhaltet eine strikt reglementierte und kontrollierte Verabreichung von Diacetylmorphin, eingebettet in eine umfassende ärztliche Behandlung und Betreuung.5 Sie wurde im Be-
Gesetz über Ergänzungsleistungen zur AHV und IV vom 4. Juni 2007 (ELG/SH, SHR 831.300).
Verordnung über Ergänzungsleistungen zur AHV und IV vom 27. November 2007 (ELV/SH, SHR 831.301).
Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG, SR 832.10).
Vgl. http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/00629/00799/index.htmllang=de .
täubungsmittelgesetz verankert,6 und nach Ziffer 8 des Anhangs 1 der KLV7 hat die Krankenversicherung unter gewissen Voraussetzungen eine Leistungspflicht für die heroingestützte Behandlung. Unbestritten ist, dass der Tagessatz von Fr. 5.- (Tagespauschale) für die heroingestützte Behandlung aber keine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ist und diese Kosten daher nicht durch die Krankenkasse abgedeckt werden.
Art. 14 Abs. 1 ELG enthält unter dem Titel Krankheitsund Behinderungskosten einen Katalog von Leistungen, die von den Kantonen zu vergüten sind. Der Bund schreibt den Kantonen vor, in welchem Umfang sie diese Kosten mindestens übernehmen müssen (Art. 14 Abs. 3 ELG). Der Tagessatz für die heroingestützte Behandlung fällt gemäss dem Wortlaut der erwähnten Bestimmung nicht in diesen Leistungskatalog. Ebenso wenig fällt er in den Leistungskatalog der kantonalen Regelung der Ergänzungsleistungen. Gemäss Art. 14 Abs. 2 ELG bezeichnen die Kantone die Kosten, die nach Absatz 1 vergütet werden können. Die Einzelheiten über die zu vergütenden Krankheitsund Behinderungskosten sind nach Art. 5 Abs. 1 ELG/SH auf kantonaler Verordnungsstufe geregelt in den §§ 3 ff. ELV/SH. Gemäss der NFAUmsetzungsvorlage des Regierungsrats liegt es in der Ermächtigung des Regierungsrats, die entsprechenden Ausführungsbestimmungen zu erlassen, nachdem von der Aufhebung der Verordnung über die Vergütung von Krankheitsund Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen8 auszugehen sei.9 Der Wortlaut von § 14 ELV/SH entspricht weitgehend jenem von Art. 13 ELKV, welcher sich wiederum gemäss der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL), Stand 1. Januar 2007, auf die Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause, welche die Spitex ähnliche Organisationen erbringen, bezieht.10 Somit lässt sich aufgrund dieser Materialien der Tagessatz für die heroingestützte Behandlung entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht unter § 14 Abs. 3 ELV/SH subsumieren.
Art. 3e Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe vom 3. Oktober 1951 (Betäubungsmittelgesetz, BetmG, SR 812.121).
Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom
29. September 1995 (Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV, SR 832.112.31).
Verordnung über die Vergütung von Krankheitsund Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen vom 29. Dezember 1997 (ELKV, SR 831.301.1), gültig bis 31. Dezember
2007.
Vorlage des Regierungsrats vom 9. Januar 2007: Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Kantonsrat über die Umsetzung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen (NFA) im Kanton Schaffhausen und über die Finanzierungsentflechtung zwischen Kanton und Gemeinden im Rahmen der Einführung der NFA [NFA-Umsetzungsvorlage], Ziff. 4: Erläuterungen zum Gesetz über die Ergänzungsleistungen.
WEL, Ziff. 7.8.
Im Abstimmungsmagazin der Volksabstimmung vom 2. Dezember 2001 über die heroingestützte Behandlung in der Stadt Schaffhausen wurde im Zusammenhang mit der Finanzierung dieses Projekts ausgeführt, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projekts seien mit einem Tagesbeitrag an den Kosten der Behandlung zu beteiligen. Art. 5 lit. a der im Juli 2008 aufgehobenen Verordnung des Grossen Stadtrats über die heroingestützte Behandlung schwer heroinabhängiger Personen in der Stadt Schaffhausen (RSS 890.1) sah hierzu vor, dass das Programm unter anderem durch einen persönlichen Teilnahmebeitrag der Programmteilnehmerinnen und -teilnehmer (Tagespauschale) von Fr. 20.finanziert werde.11 Diese Tagespauschale wurde in der Folge auf Fr. 5.herabgesetzt, jedoch blieb es dabei, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Selbstbeitrag leisten müssen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Selbstbehalt der Krankenversicherung, welcher nach § 7 ELV/SH zu übernehmen wäre, sondern um einen von jedem Teilnehmenden zu leistenden persönlichen Beitrag.
Da es sich somit beim Tagessatz von Fr. 5.- um einen persönlichen Teilnahmebeitrag handelt, sind keine Ergänzungsleistungen auszurichten. Der Tagessatz kann aber wie die Ausgleichskasse vorbrachte gemäss den Schaffhauser Richtlinien für die Bemessung der Sozialhilfe 2011 zu Lasten der Sozialhilfe übernommen werden, soweit die betroffene Person bereits sozialhilfeabhängig ist.12
d) Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet; sie ist abzuweisen.
Abstimmungsmagazin der Volksabstimmung vom 2. Dezember 2001 über die heroingestützte Behandlung in der Stadt Schaffhausen.
Kanton Schaffhausen, Departement des Innern, Schaffhauser Richtlinien für die Bemessung der Sozialhilfe für die Jahre 2011 + 2012, B.9.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.